Smartphone-Apps fürs Auto: Vorteile und Tücken
Mit Remote-Apps für das Smartphone lassen sich bestimmte Fahrzeug-Funktionen fernsteuern und Infos wie der Ladezustand bei E-Autos oder der Standort ablesen. Klingt praktisch, hat aber auch Tücken. Worauf Sie achten sollten.
Remote-Apps: Das Auto via Smartphone fernbedienen
Nützliche Funktionen: Reichweite, Ladedauer, Service-Termin
Vorsicht bei Gebrauchtwagen-Kauf: Apps unbedingt trennen
Mit dem Smartphone die Heizung im Haus steuern, ablesen, wie viel Strom die eigene Photovoltaikanlage gerade erzeugt oder den Rasenmäh-Roboter auf den Weg schicken – über sogenannte Remote-Apps (engl. remote: Fernbedienung) lassen sich vernetzte Geräte ganz bequem fernsteuern bzw. überwachen. Auch im Auto haben Remote-Apps fürs Smartphone längst Einzug gehalten.
Die meisten Hersteller bieten eine entsprechende Software zum Download mit nützlichen Anwendungsmöglichkeiten an. Selbst in der Golfklasse sind solche Angebote inzwischen verbreitet. Voraussetzung ist, dass man einen persönlichen Account beim Autohersteller anlegt und die Hersteller-App bei Google Play oder im App-Store von Apple herunterlädt. Dann lässt sich das Fahrzeug mit dem Smartphone verknüpfen.
Remote-Apps: Was sie können
Welche Funktionen sind über das Smartphone bedienbar? Das ist je nach Hersteller und Modell unterschiedlich. Gängig ist zum Beispiel, dass sich etwa Kilometerstand und Verbrauchswerte ablesen lassen, wann der nächste Kundendienst fällig wird oder wie viel Kraftstoff sich noch im Tank befindet. Manche Hersteller informieren via App auch über Rückrufaktionen, es lässt sich der nächste Händler finden, eine Route planen und direkt ins Auto senden, man kann mobile Online-Dienste buchen oder Software-Updates anstoßen.
Auch das Auto selbst lässt sich manchmal regelrecht fernsteuern. Ist die Garage etwa zu eng, um bequem ein- und auszusteigen, oder man wurde zugeparkt, hilft die Technik. Selbst wenn niemand am Steuer sitzt, rollen manche Modelle via Fingertipp ein paar Meter vor oder zurück. Selbstredend kann man das Fahrzeug auch per App öffnen und schließen.
Wer nicht mehr genau weiß, wo er sein Auto auf einem Großparkplatz abgestellt hat, kann es leichter finden, indem er es hupen lässt oder nachts das Licht anschaltet. Eine GPS-Lokalisierung ermöglicht zudem eine metergenaue Standortbestimmung. In den letzten Jahren hat der Funktionsumfang der Apps deutlich zugenommen.
Bei einem Wagen mit Verbrennungsmotor ist das alles "nice to have", aber nicht zwingend notwendig, so dass sich ein Mehrwert eher nach individuellen Vorlieben und Nutzungsgewohnheiten bemisst.
Smartphone-Apps für Elektroautos
Bei Elektrofahrzeugen sieht es allerdings anders aus: Hier können Smartphone-Apps fürs Auto ungemein hilfreich sein. So lassen sich bequem vom Sofa aus zum Beispiel der aktuelle Ladezustand und die Reichweite einsehen, die Apps zeigen die restliche Ladedauer an oder können das Fahrzeug so programmieren, dass es im Winter vorgeheizt und im Sommer gekühlt wird, wenn es noch am Ladekabel hängt. Die dafür eingesetzte Energie geht dann schon mal nicht auf Kosten der Akkukapazität während der Fahrt. Diese Funktionen sollte nach Meinung des ADAC jede E-Auto-App beherrschen.
Darüber hinausgehend gibt es noch weitere interessante Funktionen, wie eine ADAC Untersuchung verschiedener E-Auto-Apps gezeigt hat. So lässt sich bei diesen Herstellern zum Beispiel die geplante Abfahrtszeit einstellen, und damit im Prinzip, wann der Ladevorgang starten soll. Das ist dann sinnvoll, wenn man einen dynamischen Stromtarif nutzt und möglichst günstig laden möchte.
Auch, wann der Akku voll ist, zeigen die meisten Apps an, und oftmals lässt sich einstellen, wie voll die Batterie tatsächlich geladen werden soll. Schließlich kann ein dauerhaftes Laden auf 100 Prozent der Lebensdauer des Akkus schaden.
Die stärkste Integration und auch Abhängigkeit vom Smartphone findet sich aktuell bei Tesla. Die App ist praktisch die einzige Schnittstelle zwischen Autofahrer, Hersteller und Fahrzeug. Werkstatt-Termine sind ausschließlich über die App buchbar. Sämtliche Servicebelange oder Fahrzeugfunktionen lassen sich darüber steuern.
Die Kosten sind intransparent
Kostenlos ist die Nutzung der Smartphone-Apps in der Regel allerdings nicht – zumindest, wenn man mehr als die oft eingeschränkten Basisfunktionen haben möchte. Die erweiterten Umfänge in der App sind meist nur über einen bestimmten Zeitraum kostenlos zu nutzen, danach fallen Gebühren an. Wie hoch die sind, ist allerdings nicht immer transparent. Hyundai, Tesla und Opel bieten die vollen Funktionen für fünf, acht und zehn Jahre kostenlos an. Die Folgepreise sind Stand heute aber noch nicht bekannt.
Zumindest VW nennt einen Preis für das "We Connect Plus"-Paket (u.a. auch mit Life-Traffic, Online-Navigation, Ladestopp-Planung etc.), das dann nötig ist, wenn nach der zweijährigen kostenfreien Nutzung beispielsweise eine Ladesteuerung oder eine Vorklimatisierung möglich sein soll: Happige 149 Euro sind dafür pro Jahr fällig. Ist es das wirklich wert? Das muss letztendlich jeder selbst entscheiden. Ärgerlich ist aber: Dienste wie "We Connect Plus" lassen sich nur für ein Jahr abschließen.
Der ADAC fordert daher mehr Kostentransparenz seitens der Hersteller. Zudem sollten Grundfunktionen wie die Vorklimatisierung dauerhaft kostenfrei sein.
Wer die App hat, hat die Macht
Die Recherche hat gezeigt: Die Remote-Apps können ganz schön viele Informationen preisgeben. Und bieten auch viele Möglichkeiten, das Auto fernzusteuern. Beides kann zum Problem werden. Nämlich dann, wenn das Fahrzeug eine Vorbesitzerin oder einen Vorbesitzer hatte, die die Verbindung zum Fahrzeug beim Verkauf nicht getrennt haben. Sei es aus Vergesslichkeit, Unwissen oder aus Absicht: Die- oder derjenige kann dann das Auto weiterhin ferngesteuert öffnen, die Position ausspähen und weitere Zugriffe vornehmen. Eine echte Horrorvorstellung!
Darauf sollte man achten
Um das zu verhindern, sollten Sie sich schon beim Erwerb des Wagens schriftlich im Kaufvertrag bestätigen lassen, dass alle Online-Verbindungen zur Vorbesitzerin bzw. dem Vorbesitzer getrennt worden sind.
Trotzdem ist es ratsam, sich zu vergewissern, ob nicht doch jemand Fremdes Zugang zum Fahrzeug hat. Wie man das macht? Suchen Sie den Punkt "Connect-Dienste" oder Ähnliches in den Menüs des Fahrzeugbildschirms. Dort sollte ersichtlich sein, ob eine Verbindung zu einem anderen Nutzer existiert. Trennen Sie diese, wenn möglich. Und/oder setzen Sie das gesamte System auf Werkseinstellungen zurück.
Bei Autos mit Android Automotive gilt: Neben der Verknüpfung mit einem Hersteller-Nutzerkonto können auch noch Google-Accounts im Fahrzeug aktiv sein.
Vier Remote-Apps im ADAC Check
Der ADAC hat stichprobenhaft bei vier Elektroautos überprüft, wie sich eine Verbindung einrichten lässt, wie transparent die Verknüpfung ist und wie leicht sie sich kappen lässt. Die Ergebnisse:
BMW i3s/My BMW
Getestet wurde mit einem BMW i3 mit Erstzulassung April 2020. Um ein neues Smartphone mit dem Auto zu verbinden, ist das Anlegen einer BMW-ID in der App nötig. Dann kann ein Fahrzeug durch Eingabe der Fahrgestellnummer in der App hinzugefügt werden. Zur Bestätigung wird ein Einmal-Code ins Auto geschickt. Dieser ist in der App einzugeben, damit sie mit dem Auto verbunden wird.
Anzeige Ladestand der Antriebsbatterie in Prozent
Restreichweite in Kilometern
Statusmeldungen wie Türen offen
Fahrzeug auf- und zusperren
Hupe/Lichthupe aktivieren
Zeitpläne für Vorklimatisierung und Laden
Bezahlen beim Laden unterwegs
Ladehistorie
Fahrzeugposition in Karte
Fahrzeuginformationen wie Kilometerstand, Fahrgestellnummer usw.
Fahrzeughandbuch
Einbindung der Alexa-Sprachsteuerung
Einblick in Connected-Drive-Verträge
Buchung von Zusatzfunktionen (Apple CarPlay etc.)
Informationen zu Service und Wartung
Stärken:
Im Mitteldisplay des Autos lassen sich alle persönlichen Daten löschen (Kontakte, Adressen, etc.).
Ein Hauptnutzer-Wechsel ist jederzeit möglich.
Ein gelöschter Hauptnutzer hat ab sofort keinen Zugriff mehr auf das Auto.
Hinweis auf einen bereits vorhandenen Nutzer in der App und Möglichkeit, diesen zu ersetzen.
Bei Änderung des Hauptnutzers wird man direkt per E-Mail informiert.
Schwächen:
Keine Anzeige im Auto, ob ein Smartphone mit dem Wagen verbunden ist.
Kein Menüpunkt "auf Werkseinstellungen zurücksetzen" wie bei anderen Autos.
Renault Mégane E-Tech/My-Renault-App
Getestet wurde mit einem Renault Mégane E-Tech mit Erstzulassung Dezember 2022. Um ein neues Smartphone mit dem Auto zu verbinden, muss zuerst ein Nutzeraccount in der "My Renault App" angelegt werden. Nach erfolgter Registrierung kann die FIN-Nummer des Autos in der App hinterlegt werden. Zum Abschluss der Verknüpfung sind die Zugangsdaten des Nutzeraccounts im Fahrzeug einzugeben.
Ladestand der Antriebsbatterie in Prozent
Restreichweite in Kilometern
Lade- und Klimatisierungsplanung
Auflistung der einzelnen Ladevorgänge
Hupe/Lichthupe aktivieren
Fahrzeugstandort auf Karte
Anleitungen
Hinweise zu ökologischer Fahrweise
Übersicht der Verträge
Fahrzeugkonfiguration
Bezahlung an Ladesäulen
Service-Termin vereinbaren
Stärken:
Zurücksetzen auf Werkseinstellungen löscht sämtliche Konten vom Fahrzeug
Im Mitteldisplay des Autos gibt es eine Übersicht der aktiven Konten (My Renault und Google). Diese können dort einzeln entfernt werden
Auto lässt sich auch ohne Google-Account nutzen
Gastprofil schaltet Fahrzeugortung ab
Schwächen:
Keine E-Mail- oder sonstige Benachrichtigung nach Trennung durch die Käuferin bzw. den Käufer
Verwirrend: Neben Fahrerprofilen gibt es noch einen Zugang zu My Renault und Google
Passwörter können im Passwort-Manager von Google gespeichert werden. Hier gilt Vorsicht beim reflexartigen Bestätigen der Speichern-Aufforderung: Die Vorbesitzerin bzw. der Vorbesitzer kann danach über einen noch aktiven Google-Account auf die Passwörter zugreifen
Einrichtungsprozess im Mitteldisplay des Autos nach Zurücksetzen auf Werkseinstellungen entspricht der Einrichtung eines Smartphones. Bei Unaufmerksamkeit werden dadurch unwissentlich sehr viele Daten mit Google geteilt; viel Text im Kleingedruckten
Tesla Model Y/Tesla-App
Getestet wurde mit einem Tesla Model Y mit Erstzulassung September 2022. Um ein neues Smartphone mit dem Auto zu verbinden, muss ein neuer Tesla-Account hinzugefügt werden. Dann das Fahrzeug mit der Smartphone-App verbinden. Das Abschalten der mobilen Datenverbindung und Rücksetzen auf Werkseinstellungen ist allerdings nur mit Nutzerdaten der Verkäuferin bzw. des Verkäufers möglich. Achtung: Die Option ist nicht bei Fuhrparkautos vorhanden.
Tesla-App ist die einzige Schnittstelle zwischen dem Kunden und Tesla
Klimaanlagen-Steuerung
Wächtermodus (umstrittene Video-Umfeldübewachung), Valet-Modus (Parken)
Tempobegrenzung
Öffnen/Schließen (auch Schlüsselkarten-Ersatz)
Frunk/Trunk öffnen
Ladeklappe öffnen und schließen
Bezahlinformationen für Dienstleistungen (Zubehör, Laden, etc.)
Per App ein-/ausparken
Account-Informationen
Service- und Reparaturtermine vereinbaren
Stärken:
Ein Hauptnutzer hat die Hoheit über das Auto
Nutzerwechsel-Prozess erschwert heimliches Verbinden eines fremden Smartphones
Zugang zum Fahrzeug nötig zur Änderung des Hauptnutzers (zum Eintragen eines von der App erzeugten Fahrzeugnamens)
Fahrzeugwechsel erfordert mehrere Authentifizierungsschritte: Zugang zum Fahrzeug zur Umbenennung des Fahrzeugnamens mit einem von der App generierten Einmalnamen, Nachweis durch Hochladen eines Ausweisfotos und eines Eigentumsnachweises
Schwächen:
Bearbeitungszeit von drei bis fünf Tagen für die Dokumente, die zum Nutzerwechsel per App eingereicht werden müssen
Kontakt zur Vorbesitzerin bzw. dem Vorbesitzer nötig für schnelleren Nutzerwechsel
Abschalten der mobilen Datenverbindung und Rücksetzen auf Werkseinstellungen nur mit Nutzerdaten der Verkäuferin bzw. des Verkäufers
Für Eigentumsnachweis werden unterschiedliche Begriffe verwendet: "eine Form von Besitznachweis", "Fotos der Zulassung", "Foto des Besitznachweises", "Eigentumsnachweis"
Unterschied bei privaten und Fuhrpark-Fahrzeugen, bei letzteren kann das Auto nicht selbst aus der App auf eine neue Käuferin oder einen neuen Käufer übertragen werden
VW ID.3/We Connect
Getestet wurde mit einem VW ID.3 mit Erstzulassung Mai 2021. Um ein neues Smartphone mit dem Auto zu verbinden, muss man sich im Wagen befinden. Dazu ist es nötig, einen im Mittelbildschirm des Fahrzeugs angezeigten Einmal-QR-Code zu scannen. Damit soll verhindert werden, dass Personen ohne Zugang zum Auto eine Verbindung herstellen.
Anzeige Reichweite und Akkustand in Prozent
Klimaanlagen-Fernsteuerung (z.B. Abfahrtzeiten zur Vortemperierung)
Ladevoreinstellungen (z.B. Lade-Obergrenze)
Verträge zu Datenpaketen (WLAN-Hotspot) verwalten
Nutzerprofil We Connect ändern
Verbindung zum Fahrzeug löschen
Pannenhilfe rufen
Plug and Charge und Ladetarife Elli aktivieren
VW-Wallboxen steuern
Keine Fahrzeugortung
Stärken:
App-Nutzerwechsel ist jederzeit kurzfristig umsetzbar, auch bei einem bereits vorhandenen Account
Informationen über Nutzerwechsel werden zeitnah per E-Mail sowohl an die Verkäuferin bzw. den Verkäufer als auch an die Käuferin bzw. den Käufer verschickt (Benutzerwechsel)
Wird das Auto in den "Private Modus" gesetzt, dann werden laut Hersteller alle Online-Verbindungen gekappt, und es ist kein App-Zugriff mehr möglich
Hinweis in der Smartphone-App auf vorhandenen Hauptnutzer
Schwächen:
Keine Anzeige im Auto, ob ein Smartphone mit dem Fahrzeug verbunden ist
Oftmals mehrere Versuche notwendig zum Zurücksetzen auf Werkseinstellungen
Missbrauchsgefahr, da beispielsweise bei einer Fahrzeug-Ausleihe einfach der Hauptnutzer gewechselt werden kann
Wenige fiktive Angaben (Nutzername) reichen der App aus zur Erstellung einer Nutzer-ID
Forderungen des ADAC an die Hersteller
Es sollte einen klar ersichtlichen Menüpunkt im Mitteldisplay mit einer Übersicht aller verbundenen Geräte geben.
Im Kaufvertrag sollte die Löschung der Verbindung der Vorbesitzerin bzw. des Vorbesitzers zum Fahrzeug schriftlich bestätigt werden.
Das Rücksetzen auf Werkseinstellungen sollte alle Nutzerkonten vom Auto trennen.
Das Einrichten eines neuen Hauptnutzer-Zugangs (nach Erwerb eines gebrauchten Autos) sollte den Zugriff der Verkäuferin bzw. des Verkäufers auf das Auto automatisch trennen. Speziell bei Tesla-Modellen empfiehlt es sich, den Hauptnutzerwechsel direkt bei der Übernahme eines Gebrauchtwagens mit dem Vorbesitzer durchzuführen.
Die Hersteller sollten die Nutzungsentgelte für die Remote-Zugänge transparent darstellen.
Die Stabilität der Anwendungen muss gewährleistet sein (wichtig für gesteuerte Ladevorgänge nachts).
Apps müssen übersichtlich sein mit Fokus auf wesentliche Funktionen.
Grundlegende App-Funktionen sollten kostenlos zu nutzen sein.
Fachliche Beratung: Manuel Griesmann, Arnulf Thiemel/beide ADAC Technik Zentrum