Dynamischer Stromtarif: E-Auto kostengünstig in Nebenzeiten laden
Mit dynamischen Stromtarifen können Haushalte von den täglichen Preisschwankungen am Energiemarkt profitieren. Wann sich das lohnt und wie viel E-Auto-Besitzer sparen können.
Seit 2025 muss jeder Energieversorger einen dynamischen Stromtarif anbieten
Zeitvariabler Tarif bei cleverer Nutzung und hohem Stromverbrauch oft günstiger
Ohne einen Smart Meter lassen sich die neuen Angebote nicht optimal nutzen
Das Elektroauto zu Hause nicht direkt nach dem Feierabend laden, sondern zu einem günstigeren Tageszeitpunkt – zum Beispiel über Nacht. Mit einem dynamischen Stromtarif, der sich an den regelmäßigen Preisschwankungen an der Strombörse orientiert, ist das vielerorts möglich.
In Verbindung mit einem intelligenten Zähler (Smart Meter) lassen sich intensive Verbräuche automatisch in Stunden verschieben, wenn die Energiemarktpreise niedriger sind. Beim E-Auto-Laden an der Wallbox und beim Einsatz eines Energiemanagementsystems kann das Geld sparen.
Seit Anfang 2025 muss jeder Energieversorger einen dynamischen Stromtarif anbieten. Laut einer Stichprobe des Vergleichsportals Verivox in den 50 größten Städten hat bereits der Großteil der Grundversorger ein solches Angebot. Doch lohnt es sich preislich aktuell nicht für alle Haushalte.
So funktionieren dynamische Stromtarife
Bei dynamischen Stromtarifen gibt es keine festen Arbeitspreise je Kilowattstunde. Deren Anbieter kaufen zu tagesaktuellen Preisen an der Strombörse EPEX Spot ein. Das ist oft billiger als der Terminhandel mit langen Laufzeiten und starren Vereinbarungen. Die Preise aus dem Day-Ahead-Handel der EPEX Spot erfahren Kundinnen und Kunden am Vortag – per Onlineportal oder App. Risikoaufschläge, wie sie Energieunternehmen bei Festpreistarifen einkalkulieren, gibt es nicht.
EPEX Spot: Die Strombörse für den kurzfristigen Handel
Der Stromhandel findet über den Terminmarkt und den Spotmarkt statt. Während die Strombeschaffung für mittel- und langfristige Verträge am Terminmarkt über die European Energy Exchange (EEX) gehandelt wird, wickeln Erzeuger und Versorger den kurzfristigen Day-Ahead-Handel mit Strom über die European Power Exchange (EPEX Spot) ab. Am Sportmarkt der EPEX Spot finden Auktionen statt, bei denen die Vorlaufzeiten vom Kauf bis zur Lieferung ein bis zwei Tage betragen.
Je nach Marktlage variabler Strompreis
Dynamische Stromtarifmodelle setzen sich in der Regel aus einem festen monatlichen Grundpreis und einem variablen Arbeitspreis zusammen, der an die Strombörsenpreise gekoppelt ist. Dazu kommen noch die gesetzlich festgelegten Steuern, Abgaben und Umlagen sowie Entgelte für die Netznutzung und den Stromzähler, die auch bei Verträgen mit Preisgarantien üblich sind. Somit kostet eine Kilowattstunde sogar dann einige Cent, wenn der Börsenstrompreis gegen Null geht.
Hier ein beispielhafter Preisverlauf aus dem Jahr 2023:
Anbieter flexibler Tarife nutzen Ökostrom
Die Preise an der Strombörse EPEX Spot ändern sich je nach Angebot und Nachfrage mehrfach täglich, teilweise stündlich. Einfluss hat auch die Menge der erneuerbaren Energien, die je nach Verfügbarkeit von Wind und Sonne schwankt. An sehr wind- und sonnenreichen Tagen wird der Strom mitunter günstiger verkauft, als er produziert wurde. Denn abgenommen werden muss er trotzdem. Die Anbieter dynamischer Tarife setzen auf diese kurzfristigen Ökostrom-Überschüsse.
Für alle mit hohem Verbrauch geeignet
Ein dynamischer Stromtarif ist in erster Linie für Privathaushalte mit großen Stromverbrauchern wie Elektroautos und Wärmepumpen interessant, die flexibel genug sind, ihren Stromverbrauch an unterschiedliche Tageszeiten anzupassen. Wer die Tiefpreiszeiten eines dynamischen Stromtarifs für eine Batterieladung oder thermische Speicherung nutzt, zahlt in den günstigen Stunden mancherorts bestenfalls nur 20 Cent brutto je Kilowattstunde.
Der Haushaltsstrom zum Festpreistarif kostet für Neukundinnen und Neukunden zwar wieder ungefähr so viel wie vor Beginn der Energiekrise im Jahr 2022: Im bundesweiten Durchschnitt zahlten Haushalte bei Vertragswechsel im Januar 2025 laut den Vergleichsportalen Check24 und Verivox im günstigsten Fall rund 25 bis 28 Cent brutto je Kilowattstunde. Die Preisunterschiede sind allerdings groß und auch ältere Bestandsverträge mit lokalen Grundversorgern sind mit bisweilen mehr als 40 Cent je Kilowattstunde nach wie vor teuer.
Wer zu Hause ein Energiemanagementsystem nutzt und seinen Verbrauch clever verlagert, kann mit dynamischen Stromtarifen im Vergleich zum Grundversorgerpreis zwischen 10 und 35 Prozent sparen. Wer keine Großverbraucher wie ein E-Auto hat und nicht gezielt die günstigen Tageszeiten nutzt, zahlt damit im Monat ähnlich viel wie mit einem Neukundenvertrag zum Festpreistarif. Auf den Internetseiten der Anbieter kann man kalkulieren, ob sich ein Wechsel lohnt. Ein Vergleich dynamischer Stromtarife ist sinnvoll – nicht nur wegen der unterschiedlichen Grundgebühren.
Zu den Beschaffungskosten und üblichen fixen Preiskomponenten erheben manche Anbieter von dynamischen Stromtarifen eine Erfolgsbeteiligung: beispielweise einen Aufschlag von 2 Cent pro Kilowattstunde oder 20 Prozent der Ersparnis gegenüber dem Grundversorgertarif. Auch auf solche Provisionen sollten Verbraucherinnen und Verbraucher neben dem reinen Arbeitspreis achten.
Übersicht: Anbieter dynamischer Stromtarife für private Haushalte
Neben lokalen Grundversorgern bieten diese überregionalen Unternehmen flexible Stromtarife an
Anbieter | Tarif | ||
---|---|---|---|
1KOMMA5° | Dynamic Pulse | ||
Awattar | Hourly, Hourly-Cap und Yearly | ||
E.ON | ÖkoStrom Home & Drive Dynamic | ||
Entega | Dynamischer Stromtarif | ||
Eprimo | PrimaKlima Pur Dynamic | ||
EWE | Zuhause+ Grünstrom 12 dynamisch | ||
Gasag | Strom flex | ||
GP Joule | GP Joule Flex | ||
Green Planet Energy | Ökostrom Flex | ||
Lichtblick | ÖkoStrom Vario | ||
Naturstrom | Naturstrom flex | ||
Octopus | Octopus Heat, Octopus Go | ||
Ostrom | Dynamischer Smart Meter Tarif | ||
Polarstern | Ökostrom flex | ||
Rabot Charge | rabot.charge und rabot.charge smart | ||
Stromee | Stromee Flex | ||
Tibber | Dynamischer Stromtarif | ||
Vattenfall | ÖkoStrom Dynamik | ||
Voltego | Dynamischer Stromtarif | ||
Yippie | Unlimited Yippie Strom |
E-Auto am besten in Nebenzeiten laden
Es rechnet sich vor allem, das E-Auto in den Nebenzeiten des Tages zu laden. Zum Feierabend, wenn viele Menschen Abendessen kochen oder Wäsche waschen, sind die Preise an der Strombörse höher. Nachts, wenn die Mehrheit schläft, fallen sie wieder. Auch nach der Mittagszeit, wenn viele Berufstätige außer Haus sind, und an Wochenenden sind dynamische Stromtarife oft günstiger.
Meist Voraussetzung: ein Smart Meter
Zur stundengenauen Abrechnung dynamischer Stromtarife benötigen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Regel einen intelligenten Stromzähler. Ein solcher Smart Meter erfasst alle 15 Minuten den Stromverbrauch eines Haushalts und überträgt ihn via Internet automatisch an den Energielieferanten und Netzbetreiber. Sie können ihren Energiekonsum somit genau nachvollziehen und ihr Verhalten an den Preisverlauf anpassen.
In den nächsten Jahren sollen digitale Stromzähler weitgehend Standard werden. Pflicht sind Smart Meter bisher nur, wenn man über 6000 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, eine Solaranlage mit über sieben Kilowatt betreibt oder steuerbare Wallboxen und Wärmepumpen. Ab 2025 ist jeder berechtigt, sie zu bekommen. Über ein Energiemanagementsystem lässt sich die Messeinrichtung mit den Smart-Home-Geräten, Wallbox und Wärmepumpe vernetzen und alles mittels App steuern.
Einige Energieanbieter haben variable Stromtarife für Kundinnen und Kunden ohne Smart Meter in Petto. Kalkulationsbasis dafür sind die monatlichen Verbrauchswerte und der durchschnittliche Börsenstrompreis. Die belieferten Haushalte müssen nur jeden Monat den Stand ihres analogen Zählers übermitteln. Die Abrechnung ist ungenauer und das Einsparpotenzial deutlich geringer.
Flexible Preise bringen Risiken mit sich
Dynamische Stromtarife haben nicht nur Vorteile, sondern zuweilen auch Nachteile: Sind die Börsenpreise hoch, tragen Verbraucherinnen und Verbraucher das alleinige finanzielle Risiko. Die Allzeitrekorde während der Energiekrise im Jahr 2022 haben gezeigt, wie teuer das werden kann. In solchen Situationen ist es umso wichtiger, die Entwicklungen an der Strombörse zu beobachten.
Der nur bedingt steuerbare Basisstromverbrauch im Haushalt zum Beispiel durch Computer, Kühlschrank und Lampen wird tagsüber auch gegebenenfalls zu hohen Börsenpreisen abgerechnet.
Nur wenige Anbieter dynamischer Stromtarife bieten ihren Kundinnen und Kunden zum Schutz vor Preisspitzen eine Deckelung der Arbeitspreise an. Nach Ablauf der gesetzlichen Strompreisbremse liegt diese zum Beispiel erst bei 80 Cent pro Kilowattstunde. Falls die Börsenpreise dauerhaft die langlaufenden Festpreistarife übersteigen, kann man zur Not in der Regel monatlich kündigen.
Vorteile und Nachteile auf einen Blick
Pro:
Smart Meter und Apps der Stromanbieter sorgen für transparente und effiziente Verbräuche.
Die Stromkosten lassen sich durch eine Verbrauchsverlagerung in Niedrigpreiszeiten steuern – entweder durch App-Terminierung der Haushaltsgeräte oder manuelle Vorprogrammierung.
Aufgrund des oft günstigen Arbeitspreises von der Strombörse können Haushalte sparen, die viele Kilowattstunden – etwa durch Elektrofahrzeuge und Warmwasserspeicher – verbrauchen.
Contra:
Dynamische Stromtarife erfordern einiges an Vorausplanung und man muss die Börsenpreise regelmäßig im Blick behalten, was einen gewissen zeitlichen Aufwand bedeutet.
Die Betriebskosten für Smart Meter und Provisionen der Stromanbieter können das mögliche Einsparpotential eines dynamischen Stromtarifs schmälern, weshalb ein Vergleich wichtig ist.
Finanzielle Risiken hoher Börsenstrompreise, wie sie während der Energiekrise im Jahr 2022 zu verzeichnen gewesen sind, tragen Verbraucherinnen und Verbraucher in vollem Umfang.
Fachliche Beratung: Manuel Griesmann, Technik Zentrum Landsberg