EU-Reifenlabel: Das müssen Sie wissen

EU-Reifenlabel auf einem Reifen
So sieht das aktualisierte EU-Reifenlabel aus© ISP Grube/Wolfgang Grube [M]

Was hinter den Symbolen auf dem EU-Reifenlabel steckt: Alles zu Rollwiderstand, Nassbremseigenschaft, Außenfahrgeräusch und Wintertauglichkeit.

  • Mit dem EU-Reifenlabel lassen sich Reifen untereinander vergleichen

  • Kriterien: Rollwiderstand, Nassbremseigenschaft, Außenabrollgeräusch

  • Aktualisiertes EU-Reifenlabel mit Schneegrip für Neureifen ab Mai 2021

  • Aber: Die Reifenindustrie klassifiziert ihre Produkte selbst

Schon seit 2012 müssen Pkw-Reifen im Reifenhandel und beim Verkauf – ähnlich wie Waschmaschinen oder Kühlschränke im Elektromarkt – mit einem Label gekennzeichnet sein. Das "Reifenlabel" soll es Reifenkäufern und -käuferinnen ermöglichen, einzelne Eigenschaften der ins Auge gefassten Reifen auf den ersten Blick einzuschätzen bzw. verschiedene Reifenmodelle bezüglich der drei Kriterien Rollwiderstand, Nassbremseigenschaft und Außenfahrgeräusch zu vergleichen. 

Diese drei Informationen enthielt das erste EU-Reifenlabel. Die alte EU-Verordnung wurde jedoch inzwischen überarbeitet und durch die EU-Verordnung 2020/740* ersetzt, mit der auf einem neuen Standardetikett mit Symbolen zusätzlich Informationen zum Schneegrip und (wohl nur für den skandinavischen Markt) zur Eisgriffigkeit dargestellt werden.

Wichtig: Die neue Verordnung gilt nur für Pkw-, Lkw- oder Busreifen, die nach dem 1. Mai 2021 auf den Markt gekommen sind, also auf der Reifenflanke mindestens das Produktionsdatum DOT 1821 (= 18. Kalenderwoche 2021) oder höher aufweisen. Und weil es keine Verpflichtung zur Neukennzeichnung von Reifen gibt, die vor dem 1. Mai 2021 in Verkehr gebracht wurden, können beide Label noch jahrelang in Geschäften oder Läden nebeneinander vorgefunden werden.

Die Kriterien des EU-Reifenlabels

Kunde betrachtet Reifen
Beim Kauf hilft das Reifenlabel bei der Auswahl© Fotolia/Igor Kardasov

Im Gegensatz zum umfassenden Kriterienkatalog des ADAC Reifentests werden bei den Prüfungen zum Reifenlabel nur die rudimentären Reifeneigenschaften Rollwiderstand (Kraftstoff- bzw. Energieeffizienz), Nasshaftung und externes Rollgeräusch berücksichtigt. Im Prinzip haben sich diese Kriterien und das Prüfverfahren (die Reifenhersteller testen selbst) auch beim neuen EU-Label nicht geändert – auch wenn das Spektrum und die Bandbreite der Energieeffizienz- oder Nasshaftungsklassen etwas abweicht und zusätzlich die Kriterien Schnee- und Eisgrip dazukamen.

Zur grundsätzlichen Erklärung der Kriterien bezieht sich dieser Beitrag auf das neue EU-Label, die Unterschiede zum älteren Reifenlabel finden Sie weiter unten. Eine gute Übersicht zu den Label-Inhalten und eine Einschätzung zu deren eingeschränkten Aussagekraft finden Sie auch auf der Website Das Reifenlabel* des Branchenverbands BRV.

So sieht das neue EU-Label aus

EU Reifenlabel neu
Diese Infos findet man auf dem neuen EU-Label© ADAC e.V.

Neben den zentralen Darstellungen der Kraftstoff- bzw. Energieeffizienz (links), der Nasshaftung (rechts) und des externen Rollgeräusches (unten links) ist eine der wichtigsten Neuerungen beim neuen EU-Label der QR-Code oben rechts. Wer diesen mit seinem Smartphone scannt, kommt direkt zu den Detail-Infos des Reifens, die der Hersteller bei der Europäischen Produktdatenbank für Energiekennzeichnung (EPREL) hinterlegt hat. Der Name des Herstellers, die genaue Artikelnummer des Reifens, die Dimension mit Speed- und Lastindex und die Reifenklasse (z.B. C1 für Pkw, Wohnmobile, Busse) komplettieren die Angaben.

Unten rechts kommen bei Winter- und Ganzjahresreifen potenziell zwei Symbole hinzu. Die Kennzeichnung mit dem bekannten Alpine-Symbol bestätigt die Erfüllung der Mindestanforderungen an Reifen für winterliche Straßen, die entsprechend der UNECE-R 117 definiert sind. Das Alpine-Symbol muss auch auf der Reifenseitenwand eingeprägt sein, oder eine entsprechende Bescheinigung des Herstellers muss vorliegen.

Ein neues Symbol mit einem stilisierten Gebirge in einem Dreieck steht für den Grip auf Eis (siehe Aufmacherbild) und wird vorrangig für spezielle Winterreifen im skandinavischen Raum verwendet.

Während sich an den Kriterien und Prüfmethoden grundsätzlich kaum etwas ändert, werden die Leistungsklassen vor allem im unteren Bereich gestrichen, und die Schallwellen durch Buchstaben ersetzt.

Rollwiderstand

Der Rollwiderstand bzw. die Kraftstoff- oder besser Energieeffizienz der Reifen werden in die Klassen A bis E eingeteilt. Der Unterschied vom besten A-Reifen zum E-Reifen beträgt circa 0,5 l/100 km Kraftstoffersparnis, also etwa 7,5 Prozent. Weil die meisten heute angebotenen Reifen beim Rollwiderstand in die Klassen B und C fallen, ist das realistische Potenzial zur Kraftstoffersparnis aber deutlich geringer, als die fünf Buchstaben vermuten lassen.

Nasshaftung

Um die Bremsleistung eines Reifens auf nasser Fahrbahn zu beschreiben, wird der Bremsweg oder der maximale Reibwert zwischen Reifen und Fahrbahn gemessen und mit den Werten eines Referenzreifens verglichen. Hieraus wird der Nasshaftungskoeffizient berechnet und in die Klassen A bis E eingeteilt. Bei der Ausrüstung eines Pkw mit Reifen der Klasse A kann, im Vergleich zu Reifen der Klasse E, bei einer Vollbremsung aus 80 km/h auf einer durchschnittlich griffigen Fahrbahn ein bis zu 18 Meter kürzerer Bremsweg erzielt werden.

Externes Rollgeräusch

Wie beim alten Label wird hier das Außengeräusch des Reifens in Dezibel angegeben. Doch wurde vorher das Geräusch durch Zufügen oder Weglassen einer von drei Schallwellen in Relation zu den gültigen Zulassungswerten eingeordnet, setzt das neue EU-Label jetzt auf Buchstaben. Mit A gekennzeichnete Reifen unterschreiten den Grenzwert um drei dB(A) oder mehr, mit B gekennzeichnet Reifen unterschreiten den Grenzwert um bis zu drei dB(A). Mit C werden keine Reifen gekennzeichnet, da diese den zulässigen Grenzwert überschreiten und damit nicht zulassungsfähig wären.

Die Geräuschgrenzwerte sind übrigens nicht für alle Pkw-Reifen gleich und hängen von der jeweiligen Klassifizierung (C1 bis C3), der Reifenbreite und der Reifenart ab. Deshalb können bei unterschiedlichen Reifen verschiedene Kombinationen von Buchstaben-Klassifizierungen und Geräuschwerten zustande kommen.

Bei der vergleichenden Auswahl von Reifen mit sonst identischen Klassifizierungen in den Kriterien Rollwiderstand und Nasshaftung sollte immer der leisere Reifen ausgewählt werden. Ein niedriges Außengeräusch kann nicht immer gleichgesetzt werden mit einem niedrigen Innengeräusch.

Schnee- und Eisgriffigkeit

Reifen, die mit dem Alpine-Symbol (im engl. 3 Peak Mountain Snow Flake) gekennzeichnet sind, müssen ein bestimmtes Brems- oder Traktionsvermögen auf einer verfestigten Schneedecke im Vergleich zu einem standardisierten Referenz-Vergleichsreifen aufweisen.

Für Pkw-Winterreifen, die durch ihre speziellen Gummimischungen (Soft Compounds) speziell für den Einsatz auf vereisten Straßen in Nord-Europa ausgelegt sind, wird mit einem dreieckigen Symbol mit Berg-Silhouette eine gewisse "Mindestgriffigkeit" auf Eis bestätigt. Diese Reifen sind in der Regel nicht für Einsätze außerhalb von Nord-Europa bestimmt.

So informiert das ältere Reifenlabel

EU Reifenlabel alt
Die Symbole bedeuten beim alten (Bild) und neuen Label das gleiche© ADAC e.V.

Weil Reifen, die vor dem 1. Mai 2021 in Verkehr gebracht wurden, ihr altes Label behalten dürfen, können beide Label noch lange im Reifenhandel nebeneinander vorgefunden werden. Das ältere Reifenlabel unterscheidet sich vom neuen EU-Label vor allen in den Leistungsklassen (beim neueren Label wurden Klassen gestrafft), der fehlenden Information über die Wintereigenschaften sowie der Schallwellendarstellung des Außengeräuschs.

Rollwiderstand

Der Rollwiderstand bzw. die Kraftstoffeffizienz der Reifen werden beim bisherigen EU-Label in die Klassen A bis C und E bis G eingeteilt. Die Klasse D wird nicht verwendet. Die Kraftstoffersparnis, die sich bei Verwendung von Reifen der Klasse A an Stelle von Reifen der Klasse G ergeben kann, wird bei Pkw mit etwa 7,5 Prozent geschätzt. Dies entspricht wie beim neueren Label bei den meisten Pkw einer Kraftstoffersparnis von circa 0,5 l/100 km.

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Nassbremseigenschaft

Die Haftung der Reifen wird beim alten EU-Label in die Klassen A bis C und E bis F eingeteilt. Die Klassen D und G werden nicht genutzt. Zwischen Reifen der Klassen A und F können sich Bremswegunterschiede von 30 Prozent ergeben. 

Bei einer Vollbremsung mit einem Pkw auf nasser Fahrbahn ausgehend von 100 km/h verlängert sich der Bremsweg um bis zu 28 Meter. Das Fahrzeug mit Reifen der Klasse F fährt also noch über 65 km/h, wenn das gleiche Fahrzeug mit Reifen der Klasse A bereits steht. Auch in diesem Fall haben fahrzeugspezifische Faktoren direkten Einfluss auf den realen Leistungsunterschied, der sich aus der Verwendung entsprechender Reifen ergibt.

Außenfahrgeräusch/externes Rollgeräusch

Die Stärke des Außengeräuschs des Reifens wird beim bisherigen EU-Label durch die Anzahl der schwarzen Viertelringe neben dem stilisierten Lautsprecher in dem dritten, unteren Symbol dargestellt – je weniger Ringe, desto leiser der Reifen. 

  • 3 Ringe: Der Reifen hält den bis 2016 gültigen EU-Grenzwert ein.

  • 2 Ringe: Der seit 2016 gültige Geräuschgrenzwert wird eingehalten oder um bis zu drei dB(A) unterschritten.

  • 1 Ring: Der seit 2016 gültige Grenzwert wird um mehr als drei dB(A) unterschritten.

Neben dem Lautsprechersymbol mit den Viertelringen wird das tatsächlich ermittelte Außenfahrgeräusch des Reifens in dB(A) angegeben; die Klammer mit dem Buchstaben A wird dabei nicht aufgeführt. 

Wer prüft und veröffentlicht die Angaben?

Die Prüfungen, die der Klasseneinteilung vorausgehen, werden von der Reifenindustrie nach genau festgelegten Verfahren durchgeführt. Der Hersteller klassifiziert somit seine Produkte selbst. Es ist aus diesem Grund vorgesehen, die Klassifizierungen durch unabhängige Institute überprüfen zu lassen.

Das EU-Reifenlabel muss von den Reifenhändlern auf ausgestellten Reifen oder in deren Nähe angebracht werden. Für nicht ausgestellte Reifen müssen die Informationen des Reifenlabels dem Kunden anderweitig zur Verfügung gestellt werden. Beim älteren Reifenlabel müssen die Informationen auf der Rechnung ausgewiesen sein.

Orientierungsmöglichkeit EU-Reifenlabel

Erste und wichtigste Entscheidungshilfe sollte weiterhin der ADAC Reifentest sein, da hier deutlich mehr, teils sicherheitsrelevante Kriterien geprüft werden. Wenn zum in Frage kommenden Reifenmodell keine Ergebnisse aus dem ADAC Reifentest vorliegen, ergeben sich für den Endkunden und privaten Reifenkäufer durch den Informationsinhalt des Reifenlabels seriöse Orientierungsmöglichkeiten, die er durchaus nutzen sollte. Besonders wenn es um die sicherheitsrelevanten Nassbremseigenschaften geht, sollten Reifen der Klassen C oder besser ausgewählt werden.

Fachliche Beratung: Ruprecht Müller, ADAC Technik Zentrum

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