Bundestagswahl: ADAC fordert Stärkung des Tourismus in Deutschland

Den Tourismusstandort Deutschland stärken – durch bessere Infrastruktur für Auto-, Bahn- und Flugverkehr, Camping und Wasserwege. Dafür setzt sich der ADAC ein.
Mehr Stellplätze für Camper dringend nötig
Entschädigung bei Flugverspätung nicht erst nach fünf Stunden
Für Bahnreisen in Europa fehlen Anbindungen in Deutschland
Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen: Fast 70 Prozent unternehmen mindestens eine Urlaubsreise pro Jahr, am liebsten im eigenen Land. Deshalb setzt sich der ADAC dafür ein, dass Deutschlandurlaub attraktiv bleibt. In den "Impulsen zur Bundestagswahl" gibt der Club Anregungen und zeigt Lösungswege für die Mobilität der Zukunft.
Infrastruktur für Reiseverkehr fit machen
Der ADAC fordert, dass die Politik den Reiseverkehr mit seinen saisonalen Spitzen und touristischen Routen in den Blick nimmt. Der Tourismus in Deutschland braucht bessere Angebote bei Bahn und ÖPNV. Ebenso wichtig ist eine leistungsfähige Straßeninfrastruktur. Denn das am meisten genutzte Verkehrsmittel für Urlaub und Freizeit ist für die Deutschen weiterhin das Auto.
Mehr mit der Bahn zu verreisen können sich etwa ein Drittel der Deutschen (31 Prozent) vorstellen. Für Bahnreisen in europäische Nachbarländer fehlen jedoch bessere Anbindungen im deutschen Schienennetz. Zum Beispiel für die Fehmarnbelt-Querung nach Dänemark und Schweden, Strecken in Richtung Polen und Tschechien sowie besonders dringend in Richtung Schweiz und Österreich.
Der ADAC fordert zudem eine zeitnahe Lösung für die Bahn-Zuführung aus deutscher Richtung zum Brenner-Basistunnel. Über den Bau der neuen Trasse für den Nord-Zulauf bedarf es nach der Bundestagswahl schnellstmöglich einer Entscheidung, um den Straßenverkehr über die Alpen zu entlasten.
Unter Engpässen leiden auch Flugreisende: Durch steigende Gebühren wird Deutschland für Fluggesellschaften unattraktiver. Strecken werden gestrichen, auf den verbleibenden Routen gibt es weniger Wettbewerb. Die Folge sind steigende Flugpreise und ein ausgedünntes Angebot. Dem muss politisch entgegengewirkt werden. Die Politik muss dafür sorgen, dass auch künftig ein attraktives, verlässliches und bezahlbares Flugangebot zur Verfügung steht und zugleich die Rahmenbedingungen darauf ausrichten, CO₂-Emissionen weiter zu verringern.
Außerdem müssen sich Luftverkehr und Schiene besser kombinieren lassen: Durch Anbindung weiterer Drehkreuzflughäfen an das ICE-Netz könnten bessere Alternativen für Zubringerflüge geschaffen werden.
Anstieg der Urlaubskosten bremsen
Die höheren Preise bei Kraftstoffen, Flugtickets, in der Gastronomie und bei Übernachtungen haben den Urlaub spürbar verteuert. Ursache sind Inflation, hohe Energiepreise, Fachkräftemangel, aber auch politische Entscheidungen wie CO₂-Bepreisung, die Rückkehr zum vollen Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie, Gebührenerhöhungen im Luftverkehr oder bürokratische Lasten für touristische Anbieter.
Die soziale Schere im Tourismus wird größer: Eine Mehrheit der Reisenden kann es sich zwar trotz Teuerungen weiter leisten, ihr Reisebudget beizubehalten oder sogar auszuweiten. Auf der anderen Seite müssen sich immer mehr Menschen beim Urlaub einschränken. Ein Viertel rechnet für das Jahr 2025 mit weniger Urlaubsbudget als für 2024. Ein Drittel von denen, die sparen müssen, geht sogar davon aus, gar nicht verreisen zu können. Die übrigen wollen vor allem an Urlaubsdauer, Komfort und Nebenkosten sparen.
Deshalb lehnt der ADAC die in immer mehr Städten erhobene Bettensteuer ab: Sie verteuert Übernachtungen für Reisende, ohne dass damit erkennbare Vorteile verbunden sind, und beschert Unternehmen zusätzlichen Verwaltungsaufwand.
„Der Anstieg der Reisekosten muss gebremst werden, die Politik muss gegensteuern: Die steigenden Belastungen aus dem CO₂-Preis müssen kompensiert, die steigenden Gebühren im Luftverkehr überprüft und die Bettensteuer wieder abgeschafft werden.“
ADAC Tourismuspräsident Karlheinz Jungbeck©Olaf Steinbach
Gute Bedingungen für Camping schaffen
21 Prozent der deutschen Bevölkerung – 15 Millionen Menschen – sind Camper, wie eine ADAC Umfrage zeigt, Tendenz steigend. Doch die Rahmenbedingungen müssen verbessert werden: Die Zahl der Fahrzeugzulassungen wächst schneller als die der Stellplätze. Der Ausbau von Übernachtungsmöglichkeiten muss deshalb erleichtert werden. Der ADAC fordert, für reine Stellplätze geringere Anforderungen zu stellen als für Campingplätze.
Außerdem muss das Führerscheinrecht angepasst werden: Aufgrund höherer Sicherheits- und Komfortausstattung werden Reisemobile schwerer. Für Pkw-Führerscheine (Klasse B), die nach 1999 ausgestellt worden sind, gilt jedoch eine Gewichtsbeschränkung auf 3,5 Tonnen. Der für schwerere Reisemobile erforderliche Lkw-Führerschein unterliegt hohen Auflagen. Deshalb muss Deutschland sich dafür stark machen, dass das EU-Führerscheinrecht eine niedrigschwellige Zusatzqualifikation ermöglicht – etwa analog zum B96-Führerschein für Gespanne.
Wassertourismus: Infrastruktur in Gefahr
In Deutschland betreiben mehr als sechs Millionen Menschen Wassersport und nutzen dafür vor allem die Bundeswasserstraßen. Als Gäste von Gastronomie, Hotellerie oder Marinas sind sie ein Wirtschaftsfaktor für umliegende Regionen. Doch die Infrastruktur wird seit Jahrzehnten vernachlässigt und ist akut gefährdet, durch defekte Schleusen dauerhaft zerstückelt und damit unattraktiv zu werden.
Die künftige Regierung muss daher Geld und Personal für die wichtigsten Sanierungsprojekte an touristisch genutzten Bundeswasserstraßen bereitstellen. Dafür braucht es einen eigenen Topf im Bundeshaushalt. Das Bundesprogramm sollte fortgesetzt und so ausgerichtet werden, dass auch Maßnahmen wie der Aufbau einer E-Ladeinfrastruktur für Boote vorangetrieben werden können.
Verbraucherschutz für Passagiere sichern
Gestrichene Flüge, Bus- und Bahnverspätungen, Gepäckverlust, Insolvenz des Reiseveranstalters: Störungen des Reiseverkehrs betreffen einer ADAC Studie zufolge mehr als jeden fünften Urlauber. Der ADAC fordert, dass das hohe Niveau des Verbraucherschutzes im Passagier- und Pauschalreiserecht erhalten bleibt. Gegen eine Absenkung muss sich Deutschland bei der Überarbeitung der EU-Fluggastrechteverordnung einsetzen.
Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wonach Reisenden bei Verspätungen ab drei Stunden eine Ausgleichszahlung zusteht, sollte festgeschrieben werden. Die derzeit diskutierte Anhebung auf fünf Stunden innerhalb der EU und bis zu zwölf Stunden außerhalb würde die Entschädigung auf seltene Fälle reduzieren.
Auch für den Fall eines verpassten Anschlussfluges sollte die Rechtsprechung des EuGH in der Verordnung verankert werden, wonach für den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung bei mehreren Flugsegmenten die Verspätung am Zielort entscheidend ist. Zudem sollte eine Insolvenzabsicherung für Fluggesellschaften verpflichtend werden, ähnlich wie bei Pauschalreisen. Zahlreiche Insolvenzen zeigten, dass dies notwendig sei. Bis zu einer europäischen Lösung sollte Deutschland auf nationaler Ebene die Möglichkeit der Reisenden verbessern, sich individuell abzusichern.
Pauschalreiserecht verbessern
Bei der Überarbeitung der EU-Richtlinie für Pauschalreisen sollte sich Deutschland für Verbesserungen einsetzen – etwa dafür, dass ein kostenfreier Rücktritt aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht nur am Ziel, sondern auch am Abreiseort möglich ist. Die Unterschiede zwischen Pauschalreisen, verbundenen Reiseleistungen und Reisevermittlungen müssten klarer definiert werden, damit Verbraucherinnen und Verbraucher im Streitfall wissen, ob sie ihre Ansprüche an Veranstalter oder Vermittler richten müssen.
Zudem fordert der ADAC eine Obergrenze von 20 Prozent für Anzahlungen. Kundinnen und Kunden sollten berechtigt werden, die Restzahlung zurückzuhalten, wenn unklar ist, ob oder unter welchen Bedingungen die gebuchte Reise stattfinden kann.