Brenner-Basistunnel: Der aktuelle Stand
Seit 2008 wird gegraben, 2032 soll es so weit sein: Dann rasen Züge in 25 Minuten durch den Brenner-Basistunnel von Innsbruck nach Südtirol. Alle Fakten zum Weltrekord-Bahnprojekt zwischen Italien und Österreich.
Fertigstellung nach aktuellen Planungen: 2032
Der Bau des Tunnels soll etwa 10 Milliarden Euro kosten
Der Verlauf der Zufahrts-Trasse in Bayern wurde geklärt
Auf der Brenner- und Inntal-Autobahn tobt der Verkehr, stetig steigt die Zahl der Lkw. Mit Blockabfertigung versuchen die Tiroler, das Aufkommen zu regeln. Die Folge sind Staus an der bayerischen Grenze sowie genervte Anwohner und Bürgermeister. Der Brenner-Basistunnel soll den Verkehrsinfarkt verhindern, die Lkw sollen als "rollende Landstraße" unterm Berg verschwinden.
Gut 10 Milliarden Euro geben Österreich, Italien und die EU aus, um den Alpentransit über den Brenner ab 2032 zu entlasten. Dann sollen Personen- und Güterzüge zwischen Innsbruck und Franzensfeste (Südtirol) durchs Gebirge fahren – Personenzüge mit Tempo 230 in einer knappen halben Stunde. Inklusive der Umfahrung von Innsbruck Richtung Kufstein wird der Brenner-Basistunnel 64 Kilometer lang sein, sieben mehr als die bisherige Rekordröhre am Gotthard. Umstritten waren zunächst die Zufahrts-Trassen in Tirol und Bayern.
Die Route: Kürzer, schneller, flacher
Fast gradlinig verläuft der Brenner-Basistunnel (BBT) zwischen Innsbruck und der Südtiroler Gemeinde Franzensfeste. Damit verkürzt er die Bahnstrecke von derzeit 75 auf nur noch 55 Kilometer und die Fahrzeit für Personenzüge von bislang gut 80 auf 25 Minuten. Steigung bzw. Gefälle betragen nur maximal 6,7 Promille (bislang bis zu 27 Promille).
Auf der fast ebenen neuen Trasse können mehr, längere und schwerere Güterzüge die Strecke passieren. Drei Zufahrtstunnel im Abstand von ca. 20 Kilometern dienen der Instandhaltung und der Sicherheit, alle drei Zugänge führen direkt zu Notbahnhöfen, aus denen im Ernstfall die Menschen schnell evakuiert werden können.
Die Bauweise: Sprengen und Bohren
Drei Viertel und damit über 170 der insgesamt 230 Tunnelkilometer sind bereits gegraben. 70 Prozent davon werden von riesigen Bohrmaschinen mit 10 Metern Durchmesser in den Berg getrieben (Grafik oben), der Rest im klassischen Sprengvortrieb (Grafik unten). Abgeschlossen sollen die Grabungen bis 2028 sein. Angepeilte Lebensdauer des Tunnels: 200 Jahre.
Insgesamt werden die Bauarbeiter bis zu 17 Mio. Kubikmeter Abraum aus dem Tunnel schaffen. Auf österreichischer Seite wird das Geröll zum Großteil im Padastertal abgeladen, das bei Steinach vom Brenner abzweigt. Das Tal wird sich dadurch völlig verändern, teilweise wird der Talboden um 70 Meter angehoben. Nach dem Ende der Bauarbeiten ist eine Renaturierung geplant.
Der Bahntunnel im Querschnitt
Kreisrunde Stollen von 10 Metern Durchmesser fräsen die Tunnelbohrmaschinen für die beiden Hauptröhren von Norden und Süden her ins Gebirge. Hinein kommt dann erst einmal eine Ausbruchsicherung aus Spritzbeton und Stahlgittern, falls nötig auch mehrere Meter lange Felsanker. Beiderseits der Gleise befindet sich die Ulmendrainage. Durch sie fließt das einsickernde Grundwasser ab.
Darauf kommt ein Drainage-Vlies, an dem Wasser nach unten abfließen kann sowie eine Dichtfolie. Dann folgt die mindestens 30 Zentimeter dicke Beton-Innenschale. Nach Fertigstellung des Rohbaus mit 8 Metern Innendurchmesser werden Fundament, Schienen und jede Menge Signal-, Steuerungs- und Lüftungstechnik installiert.
Drei Tunnelröhren führen durch den Berg
Ost- und Weströhre sind jeweils eingleisig und bis zu 70 Meter voneinander entfernt. Alle 333 Meter gibt es Verbindungen ("Querschläge") zwischen den beiden Hauptröhren, sie sind für Instandhaltung und Logistik wichtig, können bei Unfällen aber auch als Fluchttunnel genutzt werden.
Eine Besonderheit ist der durchgehende kleinere Erkundungsstollen. Er verläuft mittig unter den beiden Hauptröhren. Während des Baus wird er zur geologischen Vorerkundung des Gesteins vorangetrieben, ist anschließend Service- und Logistiktunnel. Ab 2032, wenn der Tunnel in den Regelbetrieb übergeht, wird er zum Wartungs- und Drainagetunnel.
Der Brenner-Nordzulauf in Deutschland
Während die Arbeiten unter Tage zügig voranschreiten, tat sich auf bayerischer Seite beim Nordzulauf lange Zeit wenig. Zwar will die Staatsregierung den Schienengüterverkehr um jährlich 10 Prozent steigern. Die ehemalige Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) forderte: "Wir müssen Transporte weg von der Straße bringen."
Doch über das Wie herrschte große Rat- und Planlosigkeit – auch beim Nordzulauf für den Brenner-Basistunnel. Im Inntal schlossen sich mehrere Bürgerinitiativen als "Brennerdialog Rosenheimer Land" zusammen, um Einfluss auf die Planung zu nehmen. Immer wieder wurden mögliche Trassen vorgestellt und wieder verworfen.
Doch Fakt ist: Der Basistunnel kommt. Und deswegen sagt auch Verkehrsexperte Alexander Kreipl vom ADAC Südbayern: "Der Schwerlastverkehr wird weiter zunehmen, und der BBT kann für Entlastung sorgen."
Im Frühjahr 2021 legte sich die Bahn schließlich auf die sogenannte "Variante Violett" mit ca. 60 Prozent Tunnelanteil fest. Sie führt vom österreichischen Schaftenau über Kiefersfelden, Oberaudorf und Stephanskirchen östlich an Rosenheim vorbei bis Ostermünchen. Derzeit bereitet die Bahn die Planungsunterlagen vor. Im Herbst 2024 sollen sie ans Eisenbahn-Bundesamt übergeben werden. 2025, so die aktuelle Planung, wird sich der Bundestag mit dem Vorschlag befassen. 2031 könnte der Bau beginnen, mit der Fertigstellung wäre frühestens Anfang der 2040er-Jahre zu rechnen.
Aus Sicht der Bahn ist die Trasse dank des hohen Tunnelanteils besonders umweltschonend: Sie beansprucht vergleichsweise wenig Fläche und verringere so die Auswirkungen auf Flora, Fauna und biologische Vielfalt.
Kritik von Bürgerinitiativen und von Umweltschutzverbänden gibt es trotzdem. Auch wegen der Kosten, die nach aktuellen Schätzungen mit 10 Milliarden Euro ungefähr so hoch sein werden wie für den gesamten Tunnel durch die Alpen.