ADAC Mobilitätsindex: Thüringen

Relativ wenige Unfälle, ÖPNV eher schwach: Was ist in Thüringen besser, was schlechter geworden? Die Antworten im Mobilitätsindex.
Pkw in Thüringen fahren überdurchschnittlich weit
Pro Kopf sehr wenige Verkehrsunfälle mit Personenschäden
Lange Anfahrten zu den Fernbahnhöfen
Bei Größe und Einwohnerzahl zählt Thüringen zu den kleinen Flächenländern, die Bevölkerungsdichte liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
Ländlich geprägt, aber mit starker Wirtschaft
Ausgedehnte ländliche, vergleichsweise strukturschwache Gebiete mit wenigen Einwohnerinnen und Einwohnern finden sich vor allem im Süden des Landes und an der Grenze zu Sachsen-Anhalt. Wirtschaftlich stärker sind die Regionen um die Hauptstadt Erfurt, außerdem und vor allem um die Industrie- und Wissenschaftsstandorte Jena, Eisenach, Gera und Weimar. Die Bevölkerungszahl liegt stabil bei 2,1 Millionen, die Arbeitslosenquote geht seit 2005 kontinuierlich zurück.
Die wichtigsten Zahlen und Fakten
Dank seiner zentralen Lage hat Thüringen ganz besonders vom Infrastrukturausbau nach der Wiedervereinigung profitiert. Wichtige Autobahnen erschließen einen Großteil des Landes: Die gut ausgebauten Autobahnen A4 und A9 bilden eine leistungsfähige Ost-West- beziehungsweise Nord-Süd-Achse. Die A38 bindet Thüringen an Nordhessen an, die A71 und die A73 schaffen Verbindungen nach Bayern.
Durch die Infrastrukturprojekte nach der deutschen Einheit ist Erfurt zu einer überregionalen Schnittstelle für den Schienenverkehr sowohl in Nord-Süd- als auch in Ost-West-Richtung geworden.
Überwiegend schwach ausgebaut ist das Schienennetz in den ländlichen Gebieten. Im Ländervergleich müssen die Thüringerinnen und Thüringer sogar die zweitlängste Anfahrt zum nächsten Fernbahnhof bewältigen. Der Wohnort und dessen Entfernung zu überregionalen Verkehrsadern entscheiden also noch mehr als anderswo über die Qualität der individuellen und öffentlichen Mobilität.
Die Entfernungen zur nächsten Autobahn und zum nächsten Flughafen liegen dagegen nur knapp unter dem Bundesdurchschnitt. In Thüringen selbst gibt es zwar nur den Regionalflughafen Erfurt/Weimar mit einem überschaubaren Angebot an Charterflügen, die Einwohnerinnen und Einwohner profitieren aber von der Nähe zu den internationalen Flughäfen Halle/Leipzig und Frankfurt am Main.
Kaum Staus und die wenigsten Unfälle
Die Pkw in Thüringen weisen überdurchschnittliche Fahrleistungen auf, was für eine starke Autoabhängigkeit der Bevölkerung spricht. Dennoch ereignen sich in keinem Bundesland so wenige Straßenverkehrsunfälle mit Personenschäden je 1000 Personen wie in Thüringen.
Eine Erklärung dafür ist die niedrige Verkehrsdichte bei gleichzeitig gut ausgebauter Straßeninfrastruktur. Diese Kombination dürfte auch dazu führen, dass Thüringen mit 13 Kilometern Stillstand pro Autobahnkilometer im Jahr 2021 die zweitgeringste Stauintensität in Deutschland hat. Ein weiterer Effekt der geringen Verkehrsbelastung sind die niedrigen Schadstoffemissionen.
ADAC Mobilitätsindex Thüringen
In Thüringen ist es gelungen, die Nachhaltigkeit der Mobilität zu verbessern – auch über die durch die Corona-Pandemie verursachten Effekte hinaus. Der Landesindex erreicht 2021 einen Wert von 112 Punkten.
So entwickelte sich die Verkehrssicherheit in Thüringen besser als im Bundesdurchschnitt. Auch der Bereich Klima und Umwelt trägt zur überdurchschnittlichen Entwicklung bei. In den Jahren vor der Pandemie ging der Stickstoffdioxid-Ausstoß dank modernerer Fahrzeugflotten zurück. Die Beschränkungen während der Pandemie sorgten dann für einen weiteren Rückgang bei der Belastung durch Luftschadstoffe. Außerdem ist der Verkehr in Thüringen nur moderat gewachsen. Energieverbrauch und die Emission von Treibhausgasen stagnierten bis 2021.
Bei der Verfügbarkeit liegt Thüringen 2021 mit 103 Punkten etwas über dem Bundesindex. Der Grund: Carsharing verzeichnete deutliche Zuwachsraten. Dagegen stagnierte das Angebot im ÖPNV. Und auch beim Fernverkehr gab es keine Fortschritte. Trotz zwischenzeitlichen Ausbaus des Verkehrsknotens Erfurt lag die Zahl der Fernzugabfahrten auch 2021 noch 13 Prozent unter dem Niveau von 2015.
Auch im Luftverkehr liegt die Anzahl der verfügbaren Verbindungen mit 19 Prozent deutlich unter dem Ausgangsniveau von 2015. Diese Entwicklung hängt unmittelbar mit dem Rückzug der insolventen Fluggesellschaft Germania vom Flughafen Erfurt zusammen.
„Weniger CO₂-Emissionen können nur durch infrastrukturelle Verbesserungen im ÖPNV und Radverkehr sowie durch den Ausbau alternativer Antriebstechnologien erreicht werden. Das gilt in Thüringen besonders für den ländlichen Raum.“
Wolfgang Herda, Verkehrsexperte ADAC Hessen / Thüringen©martinjoppen.de
Ausblick
Thüringen hat sich im Bundesvergleich insgesamt positiv in Richtung nachhaltige Mobilität entwickelt. In den kommenden Jahren wird es darum gehen, für alle Bereiche des Landes weitere Mobilitätsoptionen anzubieten. In den Wachstumsregionen sollten die starken Pendlerströme aus dem Umland möglichst weitgehend in Richtung ÖPNV gelenkt werden. Für die Gebiete abseits der überregionalen Verkehrsachsen ist die Elektromobilität der Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung. Ein Ausbau der Ladeinfrastruktur ist dafür dringend erforderlich.
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