10 Tipps: Was tun nach einem Unfall?

Richtiges Verhalten nach einem Unfall
Täglich kracht es im Straßenverkehr: Oft wissen die Beteiligten nicht, was jetzt zu tun ist© ADAC/Axel Griesch

Nach einem Autounfall gibt es viele Fragen: Welche Formalitäten müssen erledigt werden? Wohin mit dem kaputten Auto? Wer zahlt den Schaden? Was jetzt wichtig ist.

  • Checkliste: Unfallstelle sichern, Beweisfotos machen, Zeugen suchen

  • Kostenübernahme: Wann die Werkstatt mit der Reparatur loslegen kann

  • Unfallschaden reparieren oder nicht? Möglichkeit der fiktiven Abrechnung

Während Sie diesen Absatz lesen, hat es irgendwo in Deutschland schon wieder gekracht: Alle zwölf Sekunden passiert statistisch gesehen hierzulande ein Unfall. Meistens nur Blechschäden, aber ärgerlich für alle Beteiligten. Kaum jemand weiß wirklich, was jetzt zu tun ist. Hier finden Sie Antworten auf die zehn wichtigsten Fragen – vom Ausfüllen des Unfallberichts bis zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche.

Broschüre mit Unfallbericht: Was tun nach einem Unfall?
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Unfallflucht: Zettel an der Scheibe genügt nicht

Gut gemeint, aber trotzdem falsch: Wer nach einem Parkrempler nur einen Zettel mit einer Entschuldigung, Namen und Telefonnummer hinter den Scheibenwischer des beschädigten Autos klemmt, begeht Unfallflucht. Und damit eine Straftat. Hier lesen Sie, was bei Fahrerflucht droht und was Sie nach einem Parkrempler tun müssen.

  • Sichern Sie die Unfallstelle: Warnblinker einschalten und dann das Warndreieck aufstellen – in einem Abstand von 50 bis 100 Metern.

  • Eine Warnweste müssen Sie im Auto haben. Und es ist sinnvoll, sie auch anzuziehen. Vor allem auf viel befahrenen Straßen und bei schlechter Sicht.

  • Leisten Sie Erste Hilfe, wenn nötig rufen Sie einen Krankenwagen

  • Dann sammeln Sie Beweise. Dazu gehören Fotos von der Unfallstelle und
    den Schäden an den Autos.

  • Schauen Sie sich nach Zeugen um, nehmen Sie deren Personalien auf.

  • Mit dem Unfallgegner klären, ob die Polizei gerufen werden sollte.

  • Auf Anfrage müssen Sie dem Unfallgegner Führerschein und Fahrzeugschein zeigen

  • Das Wichtigste: Tauschen Sie Daten aus! Füllen Sie mit dem Crashgegner gemeinsam den Unfallbericht aus – der gehört in jedes Handschuhfach. Auf dem Bogen werden alle Daten
    erfasst, die Sie benötigen. Das Formular erhalten Sie kostenlos in jeder
    ADAC Geschäftsstelle oder als Pdf.

Auf jeden Fall, wenn Miet- und Firmenwagen in den Unfall verwickelt sind. Außerdem bei größeren Sachschäden – bei kleinen Kratzern kommt die Polizei möglicherweise nicht. Gerufen werden sollte sie, wenn jemand verletzt wurde. Außerdem, wenn Sie sich mit dem Gegner streiten oder er sich aus dem Staub gemacht hat. Die Polizei hält fest, wer gegen Verkehrsregeln verstoßen hat. Ein verbreiteter Irrtum: Die Beamten klären nicht, wer für den Schaden aufkommen muss. Deshalb macht es auch keinen Sinn, mit den Polizisten über die Haftungsfrage zu diskutieren. Bitte beachten: Belasten Sie sich in keinem Fall selbst, Angaben zur Person und zum Fahrzeug genügen.

Welche Telefonnummer wählt man nach einem Verkehrsunfall? Bei großen Schäden, Verletzten oder Toten die Polizei unter der 110 oder/und den Rettungsdienst unter 112. Ansonsten einfach die Nummer der nächsten Polizeidienststelle.

An der Unfallstelle ist alles geklärt, jetzt muss das Auto weg. Falls es abgeschleppt werden muss, dürfen Sie grundsätzlich eine Werkstatt aussuchen. Beachten Sie aber: Wenn die gegnerische Versicherung für den Unfallschaden aufkommen muss, dann muss sie bis auf wenige Ausnahmen nur das Abschleppen in die nächstgelegene Werkstatt bezahlen. Übrigens: Das Wegräumen von Blechteilen und Scherben ist Ihre Sache. Nur bei schweren Unfällen ist dafür die Feuerwehr zuständig.

Das hängt davon ab, wer den Unfall verursacht hat. Haften Sie zu 100 Prozent, melden Sie den Unfall Ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung. Haftet der andere zu 100 Prozent, gibt es von seiner Versicherung vollen Schadenersatz und Sie wenden sich nur an diese. Wenn Sie glauben, dass Sie mindestens eine Teilschuld haben oder der Gegner die Schuld bei Ihnen sieht, müssen Sie auch Ihre eigene Kfz-Haftpflicht informieren. Dann prüfen beide Versicherungen den Sachverhalt, berücksichtigen die Angaben der Beteiligten und von Zeugen. Am Ende geht es darum, wer welchen Anteil der Schäden übernimmt. Nach dieser Haftungsquote werden die Ansprüche reguliert.

Ein Beispiel: Auf einem Parkplatz kommt es beim Rangieren zweier Autos zum Zusammenstoß. Der Sachverhalt lässt sich schwer klären. Hier gehen die Versicherungen oft von 50:50 aus. Das heißt: Jeder bekommt den Schaden und weitere Leistungen wie Mietwagen zur Hälfte ersetzt. Die anderen 50 Prozent müssen Sie selbst tragen.

Wenn Sie eine Vollkaskoversicherung haben, wenden Sie sich an diese, falls die gegnerische Versicherung nur teilweise oder gar nicht zahlt. Dafür riskieren Sie allerdings eine Höherstufung beim Schadenfreiheitsrabatt, wenn Sie bei Ihrer Versicherung keinen Rabattschutz vereinbart haben. Tipp: Über das "Quotenvorrecht" können Sie sich oft einen Teil des Geldes für diese Rückstufung sowie die Selbstbeteiligung bei der gegnerischen Kfz-Haftpflicht zurückholen, wenn der Gegner eine Mitschuld am Unfall hat.

Wenn der Unfallgegner zu 100 Prozent haftet, gilt: Bei Bagatellschäden bis ca. 1000 Euro lassen Sie einen Kostenvoranschlag einer Werkstatt mit Fotos vom Auto erstellen und reichen diesen bei der gegnerischen Versicherung ein. Geht es um eine teurere Reparatur oder um einen Totalschaden, brauchen Sie ein Gutachten. Die Rechnung dafür zahlt die gegnerische Versicherung. Den Sachverständigen dürfen Sie frei wählen – bei der Suche hilft der ADAC.

Mit der Reparatur kann die Werkstatt übrigens loslegen, wenn Kostenvoranschlag bzw. Gutachten erstellt sind. Im Idealfall liegt schon eine Reparaturkostenübernahme der anderen Versicherung vor. Damit ist klar, dass sie zahlt. Ohne diese Zusage kann die Werkstatt auch direkt mit der Versicherung abrechnen – dafür braucht sie eine Abtretungserklärung von Ihnen. Das finanzielle Risiko tragen dann allerdings Sie, da Sie der Auftraggeber sind.

Bei einer Teilschuld werden die Reparaturkosten entsprechend der Haftungsquote von der Versicherung des Unfallgegners übernommen.

Sollten Sie den eigenen Schaden über die Vollkaskoversicherung abwickeln lassen, müssen Sie sich an diese wenden.

Sie haben die Wahl. Entweder Sie lassen Ihr Auto gegen Rechnung reparieren, oder die Beule am Kotflügel und die Lackkratzer stören Sie nicht. Sie verzichten auf eine Reparatur oder beulen den Flügel selbst aus. Dann können Sie "fiktiv" abrechnen. Das heißt, Sie lassen sich die von der Werkstatt oder vom Gutachter ermittelten Kosten netto von der Versicherung auszahlen.

Bei einem Totalschaden wird die Differenz zwischen Wiederbeschaffungs- und Restwert erstattet. Ist das Auto nur noch ein Haufen Schrott, liegt ein technischer Totalschaden vor. Von einem wirtschaftlichen spricht man, wenn der finanzielle Aufwand für die Instandsetzung den Wiederbeschaffungswert übersteigt. Gut für Verbraucher: Die Versicherung muss auch zahlen, wenn die geschätzten Reparaturkosten bis 30 Prozent darüberliegen und wirklich komplett repariert wird – so hat der Bundesgerichtshof entschieden (BGH,VI ZR 258/06).

Ein Klassiker in der Rechtsberatung ist der Streit um die Reparaturkosten. Gestritten wird meist wegen Kürzungen der Versicherungen bei fiktiven Abrechnungen. Hier geht es meistens um die Höhe der Stundensätze. Bei Fahrzeugen mit einem Alter bis zu drei Jahren gibt es meist keine Probleme. Bei älteren Autos kann die Versicherung die Tarife von günstigeren Werkstätten ansetzen. Tipp: Wenn Ihr Fahrzeug nachweislich scheckheftgepflegt ist, haben Sie Anspruch auf die höheren Sätze.

Häufig geht es aber auch um die Rechnung der Werkstatt. Kürzt die Versicherung die tatsächlichen Reparaturkosten, kann auch hier oft widersprochen werden. Lassen Sie sich im Falle von Kürzungen am besten von einem Rechtsanwalt beraten.

Für die Zeit, in der Ihr Auto in der Werkstatt ist, dürfen Sie sich einen Mietwagen nehmen. Allerdings nur, wenn Sie ihn ausreichend nutzen, also täglich mindestens 20 Kilometer fahren. Bei der Auswahl des Mietwagens sollten Sie eine Fahrzeugklasse niedriger wählen, um Abzüge zu vermeiden: Wenn Sie einen Golf haben z.B. einen Polo. Und achten Sie auf die Konditionen. Viele Mietwagenanbieter haben teurere Tarife für Unfallgeschädigte – und die werden nicht immer voll erstattet. Fragen Sie im Zweifel besser bei der ADAC Rechtsberatung nach, um Ärger zu vermeiden.

Im Falle eines Totalschadens können Sie sich auch einen Mietwagen nehmen. Dieser wird für die Dauer der Wiederbeschaffung eines Fahrzeugs entsprechend der Angaben dazu im Gutachten bezahlt, wenn Sie durch Vorlage des Kaufvertrages oder des Fahrzeugscheins nachweisen, dass Sie sich für das verunfallte Fahrzeug ein neues Fahrzeug angeschafft haben.

Wenn Sie die autofreie Zeit mit Bus, Bahn etc. überbrücken können und keinen Mietwagen nehmen, steht Ihnen eine Nutzungsausfallentschädigung zu.

Nicht nur bei der Wahl des Mietautos gilt: Sie dürfen das Geld der Versicherung nicht mit vollen Händen ausgeben. Denn Sie haben eine Schadenminderungspflicht! Aber Sie müssen auch nichts verschenken: Kosten für Ihren Anwalt, Abschleppwagen, Gutachter, Entsorgung bei einem Totalschaden sowie Pauschalen für Telefon oder Porto können Sie – immer im Verhältnis der Haftungsquote – geltend machen. Das bedeutet, bei einer Verteilung der Haftung von 75 Prozent zu Ihren Gunsten bekommen Sie auch drei Viertel Ihrer Aufwendungen. 25 Prozent müssen Sie selbst zahlen.

Eine knifflige Frage ist die Wertminderung des verunfallten Fahrzeugs. Ob und in welcher Höhe sie vorliegt, kann nur ein Kfz-Sachverständiger klären. Hier kommt es unter anderem auf die Art der Schäden, das Alter und die Laufleistung an. Faustformel: Es liegt mehr als ein Bagatellschaden vor, aufwendige Schweiß-, Lackierungs-, Richt- oder Spachtelarbeiten waren nötig. Außerdem kommt Wertminderung auch nur in Betracht, wenn das Auto vorher nicht schon völlig heruntergekommen war.

Nicht vergessen: Wenn Sie bei dem Unfall verletzt worden sind, haben Sie auch Anspruch auf Schmerzensgeld und eine Haushaltshilfe.

Sachschäden können Sie von daheim aus regulieren, wenn sich der Unfall in einem EU-Mitgliedsland ereignet hat oder der Gegner aus einem EU-Staat kommt. Das geht auch in der Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein. Wenden Sie sich an den Zentralruf der Autoversicherer unter Telefon 0 800 2 50 26 00 (kostenlos). Dort erfahren Sie, wer als Regulierungsbeauftragter in Deutschland für die ausländische Versicherung zuständig ist.

Es gilt das Schadenersatzrecht des Unfalllandes, wenn der Unfall nicht mit jeweils deutschen Fahrzeugen passiert ist. Außerhalb der Europäischen Union müssen Sie sich direkt an den gegnerischen Versicherer wenden. Hier lesen Sie Infos und Tipps, was Sie im Ausland nach einem Unfall beachten sollten.

Massenkarambolage: Wer zahlt den Schaden?

Über 40 Autos krachten im März 2021 auf der A9 bei Ingolstadt ineinander. Wer zahlt
welchen Schaden? Bei Massenkarambolagen greift ein vereinfachtes Verfahren zur
Regulierung.

Bei Massenunfällen ist es oft unmöglich, den Unfallhergang eindeutig nachzuvollziehen. Deshalb greifen hier andere Regeln bei der Schadensregulierung als bei einem normalen Unfall. Die meisten Versicherungen regulieren seit 2015 freiwillig nach einem vereinfachten Verfahren. Die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung übernimmt dabei den ganzen Schaden ihres Versicherungsnehmers – unabhängig von der Schuldfrage. Der Schadenfreiheitsrabatt bleibt gleich.

Ob ein Massenunfall vorliegt und das vereinfachte Verfahren angewendet wird, entscheidet ein Gremium des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Es gibt drei Voraussetzungen: Es konnte kein Verursacher festgestellt werden, es waren mehr als 40 Fahrzeuge beteiligt (ist der Hergang schwer nachzuvollziehen, genügen 20) und die Unfälle müssen in einem "engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang" stattgefunden haben.

Im Video sehen Sie, was nach einem Unfall zu tun ist ∙ Bild: © ADAC, Video: © ADAC e.V.