ADAC Mobilitätsindex: Schleswig-Holstein

Leuchtturm und Fischerboot am Meer
Land zwischen den Meeren: Schleswig-Holstein ist ländlich geprägt© iStock.com/arne thaysen

Besserer ÖPNV, aber viele Baustellen: Was ist in Schleswig-Holstein besser, was schlechter geworden? Die Antworten im ADAC Mobilitätsindex.

  • Gutes Regionalzug-Angebot

  • Bessere Verkehrssicherheit als in vielen anderen Bundesländern

  • Hohe Luftqualität und niedriger Energieverbrauch für Mobilität

Weite Teile Schleswig-Holsteins sind eher dünn besiedelt. Ausnahmen sind die Regionen rund um Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster sowie der Süden des Landes, der zum Speckgürtel Hamburgs gehört.

Die wichtigsten Zahlen und Daten

Großbaustelle Fehmarnbelt-Querung

Die Lage zwischen Nord- und Ostsee macht Schleswig-Holstein zu einer beliebten Urlaubsregion, ist verkehrsgeografisch allerdings ein Nachteil. Schließlich erschwert sie seit jeher die Entwicklung überregionaler Verflechtungen in West-Ost-Richtung, insbesondere nach Dänemark – einmal abgesehen vom Seeverkehr.

Die durch Schleswig-Holstein in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Autobahnen A1 und A7 sind dagegen von großer Bedeutung für den Verkehr nach Skandinavien: Die A7 führt über Hamburg nach Jütland, die A1 nach Kiel, beide stellen Verbindungen zu wichtigen Fährhäfen dar.

Ab Ende der 2020er-Jahre wird die A1 zudem als Zubringer für die Fehmarnbelt-Querung dienen. Dieser Straßen- und Schienentunnel soll Hamburg und Kopenhagen direkt miteinander verbinden und kann die internationale Erreichbarkeit Schleswig-Holsteins verbessern.

Aufs Auto angewiesen

Das regionale Schienennetz rund um Hamburg und auf den Routen in die Urlaubsorte an den Küsten ist gut ausgebaut. Abseits dieser Magistralen bleibt als Alternative zum Auto nur der Bus. Die Folge: Besonders viele Menschen sind aufs Auto angewiesen.

Auch die durchschnittliche Pkw-Fahrleistung ist höher als in anderen Bundesländern: Wegen der kleinteiligen Siedlungsstruktur müssen die Menschen für viele Erledigungen die Oberzentren des Landes oder Hamburg ansteuern. In kaum einem anderen Bundesland sind die nächstgelegenen Mittel- oder Oberzentren im Durchschnitt weiter von den Einwohnerinnen und Einwohnern entfernt. Internationale Linienflüge bietet nur der Hamburger Flughafen.

Gute Luft im Norden

Die Zahl der Verkehrstoten ist in Schleswig-Holstein vergleichsweise niedrig. Das ist auch auf die geringe Verkehrsdichte auf den meisten Landstraßen zurückzuführen. Eher moderat ist der Verkehr auch auf den Autobahnen: Transitverkehr gibt es nur von und nach Dänemark, entsprechend gering ist die Staugefahr. Ausnahmen bilden die viel befahrenen Pendlerstrecken, vor allem Richtung Hamburg.

Die Auswirkungen der Mobilität auf die Umwelt sind in Schleswig-Holstein trotz hoher Abhängigkeit vom Auto relativ gering. Die CO₂-Emissionen pro Kopf liegen im Mittelfeld, die Stickstoffdioxid-Belastung ist ebenfalls unterdurchschnittlich. Auch der Energieverbrauch ist ausgesprochen niedrig.

Mobilitätsindex in Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein bewegt sich in Sachen Nachhaltigkeit der Mobilität im Mittelfeld der Bundesländer. Im Detail zeigen sich allerdings relative Schwächen bei Verkehrssicherheit sowie Klima und Umwelt.

Positiv fällt dagegen die Verfügbarkeit von Mobilität auf. Das Gesamtangebot im ÖPNV wuchs deutlich, selbst wenn die Zahl der Zugabfahrten rückläufig war.

Die Zuverlässigkeit entwickelte sich ebenfalls besser als im Bund. Hauptgrund für den Aufwärtstrend war allerdings auch im Norden die Corona-Pandemie. Sie ließ die Stauintensität 2020 massiv zurückgehen. Schon im Folgejahr kehrte sich diese Entwicklung jedoch wieder um. Viele Baustellen im sanierungsbedürftigen Straßennetz dürften dafür sorgen, dass sich dieser Trend fortsetzt.

Die Verkehrssicherheit entwickelte sich unterdurchschnittlich, allerdings auf sehr gutem Niveau: Im Bundesvergleich steht Schleswig-Holstein sehr gut da.

Ausblick

In Schleswig-Holstein gibt es weniger Unfälle und Umweltbelastungen durch den Verkehr als in den meisten anderen Bundesländern. Um die Nachhaltigkeit zu verbessern, sollte das ÖPNV-Angebot auf den Pendlerstrecken nach Hamburg und in die Landeszentren verbessert und so die Abhängigkeit vom Auto gesenkt werden. Die deutliche Steigerung der Verkehrsleistung im Busverkehr sowie das temporär verstärkte Angebot auf der Schiene in die Tourismusorte leisten dafür bereits einen wichtigen Beitrag.

Alle Bundesländer in der Übersicht

Der ADAC Mobilitätsindex ist eine Kennzahl, zu der mehrere Kenngrößen verdichtet wurden. Insgesamt wurden dafür 1535 individuelle statistische Merkmale erfasst, das entspricht über 143.000 individuellen Datenreihen. Alle Daten sind zu fünf Bewertungsdimensionen zusammengefasst: Verfügbarkeit, Verkehrssicherheit, Zuverlässigkeit, Bezahlbarkeit sowie Klima und Umwelt. Diese Bewertungsdimensionen bestehen wiederum aus mehreren Leitindikatoren. Sowohl Bewertungsdimensionen als auch die Indikatoren wurden im Juni 2021 vom ADAC Verkehrsausschuss und vom ADAC Arbeitskreis Verkehr und Umwelt in ihrer Bedeutung gewichtet und fließen damit in unterschiedlicher Stärke in den ADAC Mobilitätsindex ein.

Das Ergebnis des ADAC Mobilitätsindex wird in einer einzigen Zahl ausgedrückt. Dieser Wert ermöglicht Rückschlüsse darauf, wie sich die Nachhaltigkeit der Mobilität seit dem Index-Basisjahr 2015 verbessert oder verschlechtert hat. Da das Bezugsjahr dieser Veröffentlichung 2021 ist, sind Aussagen darüber möglich, wie sich die Nachhaltigkeit der Mobilität im gesamten sowie in den untergeordneten Dimensionen von 2015 bis 2021 verändert hat.

Der Großteil der Daten für den Mobilitätsindex stammt aus öffentlich zugänglichen Statistiken etwa des Bundesamts für Statistik (DESTATIS), des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), des Bundes-Verkehrsministeriums und des Kraftfahrt-Bundesamts. Insgesamt wurden mehr als 1500 Datensätze recherchiert und für die Bildung der Indikatoren sowie die Analyse und die Erläuterung der aufgezeigten Entwicklungen herangezogen.

Die Entwicklung erfolgte in mehreren und aufeinander aufbauenden Schritten. Zunächst wurde definiert, welche Inhalte durch den Index abgebildet und zusammengefasst werden sollen, bevor daraus die notwendigen Bewertungsdimensionen abgeleitet wurden. In den nächsten Schritten wurden Daten recherchiert und ihre Qualität geprüft, bevor über ihre Zusammenstellung und Gewichtung entschieden wurde. Abschließend wurden mehrere Qualitätsprüfungen durchgeführt.

Zwischen den einzelnen Bewertungsdimensionen können Zielkonflikte herrschen. So führen eine hohe Zuverlässigkeit und eine hohe Verfügbarkeit möglicherweise zu erhöhten Schadstoffausstößen, die dann die Entwicklung der Bewertungsdimension Klima und Umwelt negativ beeinflussen. Durch die Gewichtung können die Erwartungen an die Entwicklung der Dimensionen berücksichtigt werden. Das heißt, dass die Relevanz der einzelnen Dimensionen gegeneinander abgewogen wird, um unerwünschte Effekte von einzelnen Entwicklungen zu verringern.

Zur Ermittlung der unterschiedlichen Gewichte wurde ein Kreis von Expertinnen und Experten definiert, der sich aus den Mitgliedern des ADAC Verkehrsausschusses und dem ADAC Arbeitskreis für Verkehr und Umwelt zusammensetzte. Als Ergebnis dieses Prozesses wird die Verkehrssicherheit mit 30 Prozent am stärksten berücksichtigt, darauf folgen mit 25 Prozent Klima und Umwelt sowie mit jeweils 15 Prozent Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Bezahlbarkeit. Alle Infos zu den Methoden bei der Erarbeitung finden Sie auch auf den Seiten des Prognos Instituts.

Zum ersten Mal wurde der ADAC Mobilitätsindex 2022 veröffentlicht. Für die vorliegende Fortschreibung konnten Daten der Jahre 2015 bis 2021 ausgewertet werden, denn für diese Jahre gibt es den vollständigen Datenbestand für alle Index-Indikatoren. Für 2022 aber liegen beispielsweise noch nicht alle Statistiken der Ämter und anderer Datenquellen vor.

Mit dem ADAC Mobilitätsindex gibt es erstmalig eine wissenschaftlich basierte Grundlage, mit der die nachhaltige Entwicklung der Mobilität in Deutschland umfassend beobachtet und analysiert werden kann. Damit soll zur Versachlichung der in Politik und Gesellschaft kontrovers geführten Diskussionen zu diesem Thema beigetragen werden. Zugleich stellt sich der ADAC damit seiner gesellschaftlichen Verantwortung für Verkehrssicherheit, Klima und Umwelt sowie für die Zukunft der Mobilität.

Der ADAC ist überzeugt, mit dem Mobilitätsindex ein fundiertes und methodisch innovatives Instrument zur Bewertung der Nachhaltigkeit der Mobilität entwickelt zu haben. Wie bei jeder wissenschaftlichen Arbeit gibt es jedoch auch Punkte, die weiter optimiert werden können. Dazu gehören etwa die teilweise ausbaufähige Datenverfügbarkeit insbesondere auf der Kreisebene oder auch im Zeitverlauf. Bei verbesserter Verfügbarkeit der Daten – etwa vom Bundesamt für Statistik – kann der Index künftig potenziell weiter ausgebaut werden.

Mit der Entwicklung des ADAC Mobilitätsindex wurde die Prognos AG beauftragt. Prognos ist ein unabhängiges Wirtschaftsforschungsunternehmen mit Hauptsitz in Basel. Ziel war es, zusammen mit den Expertinnen und Experten des ADAC die Veränderung der Mobilität wissenschaftlich gesichert zu ermitteln und verständlich darzustellen.

Alle Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex

Die vollständigen Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex und Details zu seiner Methodik finden Sie in diesem PDF zum Download:

Der ADAC Mobilitätsindex
PDF, 9,07 MB
PDF ansehen

*Durch Anklicken des Links werden Sie auf eine externe Internetseite weitergeleitet, für deren Inhalte der jeweilige Seitenbetreiber verantwortlich ist.

ADAC Logo
Redaktion
Kontakt

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?