Mieterstrom: Solarenergie fürs Mehrfamilienhaus

Mit einer PV-Anlage auf dem Mehrfamilienhaus können alle Mieter von günstigem Solarstrom profitieren. Wie Mieterstrom funktioniert.
Mieterstrom ist Solarstrom direkt vom Dach eines Mehrfamilienhauses
Mindestens zehn Prozent günstiger als der Grundversorgungstarif
Es gibt verschiedene Messkonzepte und staatliche Förderung
Was ist Mieterstrom?
Mieterstrom ist lokal erzeugter Strom – meist durch Photovoltaik –, der direkt vom Dach eines Mehrparteiengebäudes in die angeschlossenen Wohnungen geliefert wird. Der Betreiber der PV-Anlage, zum Beispiel der Hauseigentümer, verkauft ihn an die Mieter. So können auch Menschen ohne eigene Solaranlage saubere, günstige Energie beziehen.
Damit unterscheidet sich Mieterstrom deutlich vom herkömmlichen Haushaltsstrom aus dem öffentlichen Netz. Die vor Ort produzierte Solarenergie für das Mehrfamilienhaus kommt nicht von einem Anbieter irgendwo in Deutschland, es fallen keine Netzgebühren an und der CO₂-Ausstoß ist minimal.
Wie funktioniert Mieterstrom konkret?

Die von der PV-Anlage auf dem Hausdach erzeugte Solarenergie wird über einen sogenannten Summenzähler erfasst und über ein intelligentes Messkonzept anteilig auf die einzelnen Wohnungen verteilt. In den Abend- und Nachtstunden oder bei geringer Sonneneinstrahlung beziehen die Teilnehmer weiterhin herkömmlichen Strom aus dem öffentlichen Netz.
Eine vollständige Versorgung nur aus eigener Photovoltaik ist mithilfe von großen PV-Speichern technisch zwar machbar, aber bisher in der Regel nicht wirtschaftlich. Zusätzliche Investitionskosten von mehreren 10.000 Euro würden das Mieterstrommodell unattraktiv machen. Je nach Größe der PV-Anlage, ihrer Ausrichtung und dem Verbraucherverhalten lässt sich ohne Stromspeicher zwischen 35 und 50 Prozent des Strombedarfs in einem Mehrfamilienhaus decken.
Für die Umsetzung von Mieterstrom gibt es zwei Modelle: Entweder organisiert der Eigentümer und Vermieter des Hauses beziehungsweise die Hausverwaltung den Mieterstrom selbst oder ein externer Mieterstromanbieter übernimmt Planung, Betrieb und Abrechnung. In beiden Fällen schließen die Mieter einen Stromliefervertrag, der alle Bestandteile – lokal erzeugten PV-Strom, Netzstrom, Messdienstleistungen – bündelt. Wichtig: Der Abschluss eines Mieterstromvertrags ist freiwillig – niemand ist zur Teilnahme verpflichtet.
Welche Vorteile bietet Mieterstrom?
Für Mieterinnen und Mieter gibt es zwei Vorteile: Da der Mieterstrom nicht durchs öffentliche Netz fließt, entfallen Netzentgelte, Stromsteuer und bestimmte Umlagen anteilig. Das senkt den Preis. Gleichzeitig können Mieter aktiv zur Energiewende beitragen, ohne selbst in Solartechnik investieren zu müssen. Sie erhalten lokal erzeugten Ökostrom zu einem Preis, der gesetzlich geregelt maximal 90 Prozent des Grundversorgungstarifs betragen darf.
Vermietende können ungenutzte Dachflächen wirtschaftlich und nachhaltig nutzen. Die Investition in eine PV-Anlage können sie durch verschiedene Förderungen und die Einspeisevergütung refinanzieren. Zudem steigert ein funktionierendes Mietstrommodell die Attraktivität der Immobilie, stärkt die Bindung der Mieter und kann so langfristig zur Wertsteigerung beitragen.
Gesellschaftlich gesehen ist Mieterstrom ein wichtiges Instrument der Energiewende. Er kann das Stromnetz entlasten und reduziert die CO₂-Emissionen. Über Mieterstrom können urbane Räume zum Klimaschutz beitragen – dort, wo viele Menschen auf engem Raum wohnen, aber keine eigenen Dachflächen besitzen.
Was kostet Mieterstrom – lohnt sich das?
Mieterstromprojekte müssen wirtschaftlich tragfähig sein – sowohl für Betreiber als auch für Nutzer. In der Praxis liegt der Strompreis für Mieterstromnutzende meist zwischen 22 und 30 Cent pro Kilowattstunde (Stand: Anfang 2025), abhängig von regionalen Gegebenheiten, Anlagengröße und Reststromanteil. Der durchschnittliche Strompreis in Deutschland hingegen lag zuletzt bei 39,69 Cent pro Kilowattstunde.
Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit sind neben der Auslastung der Solaranlage auch die Zahl der teilnehmenden Haushalte und ein intelligentes Energiemanagement. Die Bundesnetzagentur schreibt eine detaillierte Verbrauchsabrechnung vor, die alle Preisbestandteile offenlegt.
Warum ist ein Messkonzept wichtig?
Mieterstromprojekte benötigen ein spezielles Messkonzept, da der selbst erzeugte Solarstrom vom übrigen Haushaltsstrom aus dem öffentlichen Netz abgegrenzt werden muss. Das Messkonzept regelt, welche Zähler an welchen Stellen eingesetzt werden und wie die Abrechnung der verschiedenen Strommengen erfolgt.
Es gibt folgende Modelle für ein Messkonzept:
Neben dem Erzeugungszähler der PV-Anlage wird ein physischer Summenzähler installiert, der den gesamten Stromverbrauch der Liegenschaft misst – einschließlich des Reststroms aus dem Netz. Das kann ein konventioneller Zweirichtungszähler oder auch ein Smart Meter sein. Der Summenzähler ermöglicht eine genaue Erfassung und Abrechnung des Stromverbrauchs aller einzelner Mieter/Bewohner.
Für jeden Haushalt wird ein einziger Zählerverwendet, der sowohl den Solarstrom als auch den Netzstrom misst. Entweder eine moderne Messeinrichtung (mME) oder ein intelligentes Messsystem (iMSys) beziehungsweise Smart Meter. Die Installation ist einfacher, die Abrechnung jedoch aufwendiger, weil der Vermieter die Anteile von Mieterstrom und Netzstrom trennen muss.
Eine Software bildet auf Basis von Messdaten den Stromfluss innerhalb eines Gebäudes rechnerisch nach. Dabei werden digitale Stromzähler (moderne Messeinrichtungen oder Smart Meter) direkt in Wohnungen, im Keller, wo die Stromleitungen im Verteilerkasten zusammenlaufen, sowie für die Photovoltaikanlage installiert. Ein physischer Summenzähler, der den gesamten Stromverbrauch des Hauses misst, ist nicht notwendig.
Messkonzept: Physisch oder virtuell?
Das virtuelle Modell ist oft einfacher und günstiger umzusetzen, weil kein zusätzlicher Summenzähler eingebaut und geeicht werden muss. Dadurch kann es vor allem auch in Bestandsgebäuden mit bestehenden Stromzählern flexibler eingesetzt werden. Konkret spart das Modell oft einige Tausend Euro an Einbau- und Eichkosten (rund 2.000 bis 5.000 Euro je nach Gebäudegröße) sowie laufende Kosten für den Messstellenbetrieb, da nur die Einzelzähler betreut werden müssen.
Allerdings ist hier die rechnerische Nachbildung des Stromflusses komplex und erfordert eine zuverlässige Datenverarbeitung sowie regelmäßige Kommunikation der Messwerte. Das kann zu höheren Anforderungen an IT, den Datenschutz und die Abrechnungssysteme führen – und erfordert Vertrauen in die digitale Infrastruktur. Die wirtschaftlichen Vorteile hängen stark vom Einzelfall ab – insbesondere von der Größe der Anlage und der bestehenden Zählerinfrastruktur.
Förderung: Der Mieterstromzuschlag
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz regelt die Ausgestaltung von Mieterstrommodellen und deren staatliche Förderung: den Mieterstromzuschlag. Für jede Kilowattstunde, die direkt an Mieter geliefert wird, erhalten Vermieter zwischen 1,64 und 2,62 Cent – je nach Größe der PV-Anlage und deren Inbetriebnahme. Geld gibt es sowohl für eine Teil- als auch für eine Vollversorgung.
Ähnlich wie die Einspeisevergütung gilt der Mieterstromzuschlag für 20 Jahre. Die Förderhöhe wird ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Solaranlage berechnet – unabhängig davon, wann die Anmeldung zum Mieterstrom erfolgte. Voraussetzung ist, dass die PV-Anlage auf dem Wohngebäude installiert ist, in dem der Strom auch verbraucht wird, oder auf einem angrenzenden Haus.
Weitere Fördervoraussetzungen:
Preisbegrenzung: Der Mieterstrompreis muss mindestens zehn Prozent unter dem örtlichen Grundversorgungstarif liegen.
Anlagengröße: Eine einzelne PV-Anlage darf mehr als 100 kW liefern, mehrere benachbarte PV-Anlagen allerdings nicht mehr als 1 Megawatt.
Vertragsgestaltung: Nicht erlaubt ist eine Kopplung des Mieterstrom mit dem Mietvertrag und die Integration in die Nebenkosten. Ausnahmen: Wenn der Wohnraum nur vorübergehend gemietet ist, insbesondere möbliert.
Vertragslaufzeit: Ein Mieterstromvertrag darf maximal zwei Jahre laufen und sich anschließend automatisch um zwei Jahre verlängern. Maximale Kündigungsfrist: ein Monat.
Vollversorgung: Der Mieterstromanbieter muss die Mieter auch mit dem restlichen Strombedarf (z.B. nachts oder bei schlechtem Wetter) versorgen.
Registrierung: Die PV-Anlage muss bei der Bundesnetzagentur beziehungsweise im Marktstammdatenregister angemeldet sein.
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