Zero SR/S: Der Elektro-Sporttourer im Fahrbericht

Die Zero SR/S ist ein vollverkleideter Elektro-Sporttourer. Mit einem drehmomentstarken Motor und hohem Fahrkomfort kann das E-Bike auf der Straße überzeugen. Fahrbericht, Daten und Preis.
Beeindruckende Motorleistung
Passable Reichweite
Einfaches Handling
Seit 2006 ist das US-amerikanische Unternehmen Zero auf elektrische Motorräder spezialisiert – bekannteste Modelle bei uns sind Zero SR/F, Zero FXE 7.2 und die Zero DSR/X. Das Modell SR/S ist ein Sporttourer klassischer Prägung, nur eben mit E-Motor ausgestattet.
TFT-Display, fünf Fahrmodi

Die Zero kommt mit Vollverkleidung und zweigeteilter Sitzbank, die dem Fahrer tatsächlich ein tourentaugliches Ambiente anbietet. Niedrige 80,5 Zentimeter Höhe sorgen für entspannte Kniewinkel und einen erstaunlich hohen Lenker, zu dem sich der Pilot über die etwas zu lang geratene Tankattrappe strecken muss. Wie bei einem normalen Motorrad wird der Zündschlüssel gedreht, das bunte TFT-Display leuchtet auf, und schon beim ersten Dreh am Gasgriff geht’s richtig ab. Deshalb sollte man zunächst den Fahrmodus "Rain" einlegen, um sich an die direkte Kraftentfaltung zu gewöhnen.
Über die linke Lenkerarmatur stehen vier werksseitig vorgegebene und ein im Stand über eine kostenlose App frei konfigurierbarer Fahrmodus zur Verfügung, die Geschwindigkeit, Leistung, Drehmoment und den Grad der Rekuperation sowie die Traktionskontrolle kombinieren.
Motor im Test: 110 PS maximale Leistung

Aus dem Stand begeistert die Zero mit gleichmäßigem Druck in allen Fahrsituationen. Ohne Getriebe zoomt sich die Zero mächtig und nicht von Gangwechseln unterbrochen vorwärts. Das technische Datenblatt weist für den Sporttourer maximal 110 PS Leistung aus, im Fahrzeugschein steht bei Elektrofahrzeugen die Dauerleistung, die über 30 Minuten erbracht werden kann – bei der SR/S schafft der quer eingebaute bürstenlose Synchronmotor 40 kW/ 54 PS. Ausgefahren stehen kurzfristig knapp 200 km/h an, bei Gefahr von Überhitzung durch viel Vollgas reduziert die Zero den luftgekühlten Motor und lässt maximal autobahntaugliche 177 km/h zu.
Ihr großes Pfund ist das gewaltige Drehmoment von 190 Newtonmeter, das die Zero zusammen mit dem fehlenden Getriebe konkurrenzlos durchzugsstark macht. Beim Beschleunigen von 50 auf 120 km/h vergehen bei ihr gerade mal 4,2 Sekunden, eine 165 PS starke BMW S 1000 R benötigt im letzten Gang dafür 5,9 Sekunden.
Via App lässt sich, wie bei anderen Elektromotorrädern auch, das Maß der Rekuperation bestimmen – also die Energierückgewinnung durch den vom Schub angetriebenen E-Motor, der als Generator arbeitet und die Batterie lädt. Im Fahrbetrieb wirkt das wie eine Motorbremse. Dazu setzt die Elektronik Schubbefehle gut regulierbar und nur mit minimaler Verzögerung exakt um.
Fahrleistungen und Handling sind gut
Ohne Fahrgeräusche besteht die Gefahr, zu schnell in die nächste Kurve einzubiegen. Dann hilft die gute Dosierbarkeit der Zero-Bremsen, die zwar nicht vehement zubeißen, dafür aber ein sehr gutes Gefühl für die Verzögerung ermöglichen. Wendig flitzt die 235 Kilo schwere SR/S über kleine Asphaltbänder und zischt mit sauberer Linienwahl akkurat und ohne Stabilitätsprobleme durch schnelle Kurven.
Die geringeren bewegten Massen im Motorinneren im Vergleich zum Verbrenner machen die Fahrt leicht und genussvoll. Dazu agiert die schräglagengesteuerte Traktionskontrolle sehr sensibel und zähmt den Vortrieb nur behutsam. Hochwertige, voll einstellbare Showa-Federelemente erlauben eine Justage nach Gusto. In der Grundabstimmung sprechen sie gut auf Bodenunebenheiten an und stellen mit progressiver Dämpfung eine satte Straßenlage sicher.
Motorrad und Roller: Neuheiten, Tests, Fahrberichte
Von Aprilia bis Zontes: Über 180 Tests, Fahrberichte, Neuvorstellungen
Bikes für Autofahrerinnen und -fahrer: Die große 125er-Übersicht
Daten zu über 500 aktuellen Modellen: ADAC Motorradkatalog
Reichweite 180 Kilometer

Kein Elektrotest kommt ohne einen Blick auf die Knackpunkte Reichweite, Ladezeit und Kosten aus. Bei gemischter und dynamischer Fahrweise reicht der voll geladene 17,3-kWh-Akku der Zero für rund 180 Kilometer Reichweite. Weil bei knappem Akku-Stand die Leistung gekappt wird, sind in der Praxis bis 200 Kilometer drin. Die Ladezeit beträgt mit schnellem 13-kW-Ladesystem (Zusatzausstattung) für 95 % Ladung ca. eine Stunde, mit dem 6,6-kW-System gut zwei Stunden.
Zu den Kosten: Bei einem Energiepreis von beispielsweise 46 Cent je kWh (Durchschnitt Mitte 2023) kostet eine Akkuladung gut sieben Euro. Hemmschuh für genussvolle Fahrten ist leider die in vielen Gegenden nach wie vor mangelhafte Ladeinfrastruktur. Selbst mit verlässlicher Smartphone-App bleibt das flotte Elektrotanken vor Ort zu oft Glückssache.
Die Zero SR/S ist weit mehr als bloß ein gutes Elektro-Mobil mit praktischen Features wie dem Staufach in der Tankattrappe. Sie kann als grundsolides Motorrad überzeugen – Fahrwerk, Platzangebot und Tourentauglichkeit liegen auf konkurrenzfähigem Niveau. Ihr Elektroantrieb steuert reichlich, jederzeit beherrschbaren Schub bei, die Reichweite erlaubt immer noch keine Urlaubsreisen – hier soll der zusätzliche "Power Tank" Abhilfe schaffen.
Fazit: Top Bike zum top Preis
Die Zero ist sicher noch nicht massenkompatibel – dafür bietet sie ein faszinierendes Fahrerlebnis, das man sich bei einem Preis von 26.500 Euro aber leisten können muss.
Technische Daten Zero SR/S
Herstellerangaben | |
---|---|
Motor/Getriebe | Luftgekühlter bürstenloser Synchronmotor, max. Leistung 82 kW/110 PS bei 5000 U/min, Dauerleistung 40 kW/ 54 PS bei 5000 U/min, 190 Nm, kupplungsfreier Direktantrieb, Zahnriemen |
Batterie | Lithium-Ionen-Akku, 17,3 kWh aufrüstbar auf knapp 21 kWh. 6,6 kW- oder 13 kW-Ladesystem |
Assistenzsysteme | Kurven-ABS, fünf Fahrmodi, dreistufige schräglagenabhängige Traktionskontrolle |
Fahrwerk | Stahl-Gitterrohrrahmen; 43 mm USD-Telegabel vorne (Vorspannung, Druck-, Zugstufendämpfung einstellbar), 120 mm Federweg; Aluminiumguss-Zweiarmschwinge hinten, Zentralfederbein (Vorspannung, Druck- und Zugstufendämpfung einstellbar), 140 mm Federweg; Leichtmetall-Gussräder; Reifen 120/70 ZR17 (vorne) und 180/55 ZR17 (hinten). 320 mm Zweischeibenbremse vorne, 240 mm Einscheibenbremse hinten |
Maße und Gewichte | Radstand 1450 mm, Sitzhöhe 787 mm, Gewicht fahrfertig 235 kg, Zuladung 219 kg |
Preis | ab 26.415 Euro |
Text: Thilo Kozik/SP-X