Mehr Klasse: Mit diesen IM-Modellen nimmt MG Tesla ins Visier

Die Marke MG ist für günstige Fahrzeuge für den Massenmarkt bekannt. Jetzt wollen die Chinesen auch noch in das Premium-Segment vorstoßen. Die Limousine IM5 und das SUV IM6 sollen Tesla und Mercedes Paroli bieten. Die ersten Eindrücke.
Limousine und SUV mit 800-Volt-Technik
Hohe Reichweiten, kurze Ladezeit
Marktstart in Deutschland noch ungewiss
Sie sind der stille Star unter den chinesischen Anbietern: Während Nio & Co mit Hightech im Raumfahrt-Design von sich reden machen, hat es MG mit vergleichsweise konventionellen und vor allem bezahlbaren "Volkswagen" zum Champion unter den Chinesen gebracht. Keine andere Marke aus dem Reich der Mitte verkauft bei uns so viele Autos wie die SAIC-Tochter mit dem britischen Traditionsnamen.
MG IM5 & IM6: Preise ab ca. 45.000 Euro

Doch stiller Ruhm reicht MG nicht mehr, jetzt strebt die Marke nach Anerkennung. Mit den in China sogar als eigene Marke geführten IM-Modellen und einer Partnerschaft mit dem Tech-Konzern Alibaba will sie beweisen, dass sie es auch technisch aufnehmen kann mit Tesla und der deutschen Oberklasse.
Los geht die Mission "Klasse statt Masse" mit der schnittigen Limousine IM5 und dem unvermeidlichen SUV auf gleicher Basis, das als IM6 verkauft wird. Beide spielen in der Fünf-Meter-Liga und damit in der oberen Mittelklasse, sind Tesla Model 3 und Tesla Model Y wie aus dem Gesicht geschnitten und könnten auch so machen Interessenten für einen VW ID.7 oder ID.5 neugierig machen. Und wer aus einem Mercedes EQE auf die Newcomer schaut, fragt sich, warum er so viel mehr Geld für sein Auto bezahlt hat.
Schließlich ist die Limousine in der "zweiten Heimat" England für Preise ab umgerechnet etwa 45.000 Euro zu haben, das SUV kostet rund 5000 Euro Aufschlag.
Wahlweise 75-kWh- oder 100-kWh-Akku

Was die Chinesen vor allem den Europäern voraus haben, ist ihre dezidierte E-Plattform: Sie ist selbstredend mit 800 Volt verdrahtet und sogar für den Einsatz einer Festkörper-Batterie vorbereitet. Dabei gibt es zumindest in der Limousine fürs Einstiegsmodell noch eine Version mit LFP-Zellen, die nur 75 kWh hat, für 490 Kilometer reicht und nur mit 11 kW AC oder bis zu 153 kW DC laden kann. Außerdem leistet der Heckantrieb des Basismodells nur 295 PS, was allerdings schon für 200 km/h gut ist.
Der ganze Stolz von MG befindet sich im Top-Paket, wo NMC-Zellen zu einem Energievorrat von 100 kWh verschnürt sind. Dieses Paket erlaubt Reichweiten von 710 Kilometern und eine Ladeleistung von knapp 400 kW. Dann gelingt der Hub von 10 auf 80 Prozent in 17 Minuten, in denen man allenfalls eine Kinderportion Fish & Chips schafft.
Auch beim Fahren machen IM5 und IM6 mit dem großen Akku mächtig Tempo. Schon die Hecktrieler haben dann 407 PS und als Allradler machen sie mit 751 PS selbst AMG-Fahrer neidisch. Erst recht, wenn sie ihre maximal 802 Nm Drehmoment voll ausspielen. Dann nämlich beschleunigt der IM5 in Sportwagenmanier in 3,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und lässt mit 268 km/h alle europäischen E-Limousinen diesseits des Porsche Taycan hinter sich.
Cleaner Innenraum mit Touchscreens

Dass die Chinesen beim E-Antrieb einen Vorsprung herausfahren können, überrascht kaum jemand mehr. Doch die IM-Modelle wollen auch bei der Ausstattung klotzen, unter anderem mit zwei Dutzend Lautsprechern, die teilweise aus dem Dach beschallen, mit klimatisierten Massage-Sitzen und einem Panoramadach.
Im minimalistisch gestalteten Cockpit findet sich ein 10-Zoll-Touchscreen auf der Mittelkonsole neben einem 26 Zoll großen Bildschirm auf dem Armaturenbrett. Dort öffnet das "Proactive Vision Supplement System" dem Fahrer oder der Fahrerin mit Rundumkameras die Augen, wenn Karosseriesäulen, die Briefkastenschlitz-schmale Heckscheibe oder einfach schlechtes Wetter die Sicht behindern.
Der Einpark-Automat bietet selbst auf dem Supermarktparkplatz jede passende Lücke an und bugsiert das Auto auf Knopfdruck alleine hinein und wieder heraus. Und wer bei Nacht und Nebel in einer Sackgasse landet oder einfach so nicht gerne rückwärts fährt, kann das für die jeweils letzten 100 Meter ebenfalls dem Autopiloten überlassen.

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Eine Allradlenkung wurde auch noch eingebaut, mit der sich die Dickschiffe ziemlich schlank anfühlen. Und genau wie all ihre anderen Features ist die Standard in allen Modellen. Außer der Akku-Größe und der Anzahl der Motoren gibt es nur noch die Farbe für außen und innen, für die sich der Kunde entscheiden muss.
Marktstart steht noch nicht fest

Zwar müssen sich die Chinesen für ihre beiden Aufsteiger wahrlich nicht verstecken, sondern bietet mehr Akku und Ausstattung für weniger Geld als die vergleichbaren Teslas und erst recht als die deutschen Konkurrenten. Doch wissen sie offenbar auch, dass sie damit in eine ganz andere Liga kommen und andere Kunden ansprechen, die bei neuen Marken eher schwerhörig sind. Davon können Nio, XPeng & Co ein trauriges Lied singen.
Deshalb lässt es MG erst einmal langsam angehen und startet in ausgewählten Ländern: England, Norwegen und die Schweiz sind zuerst dran. Mit Deutschland lassen sie sich noch Zeit. Über kurz oder lang allerdings werden die IM-Modelle auch bei unseren MG-Händlern stehen. Denn die Chinesen sind viel zu stolz auf ihre Technik, als dass sie die nicht auch zeigen wollten.
Text: Thomas Geiger
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