Test Dacia Jogger gegen VW Touran: Ist billiger besser?

Der VW Touran gilt als der Familien-Van-Klassiker. Doch er hat starke und vor allem günstigere Konkurrenz bekommen: Der etwa gleich große Dacia Jogger kostet nur halb so viel. Ist er deshalb nur halb so gut? Oder eine clevere Alternative? Test, Bilder, Daten.

• VW Touran 1.5 TSI und Dacia Jogger TCe 110 im Vergleich

• Erhebliche Preisdifferenz: 44.970 Euro (VW) zu 21.100 Euro (Dacia)

• Große Unterschiede bei Sicherheit und Umwelt

Vans sind tolle Allzweckmobile. Mit ihnen kann man eine halbe Jugend-Fußballmannschaft zum Training bringen, problemlos eine Waschmaschine transportieren oder das Urlaubsgepäck einer fünfköpfigen Familie mitnehmen. Umso mehr verwundert es, dass Vans kaum noch Käufer finden. Ob BMW 2er Gran Tourer, Citroën Grand C4 Space Tourer, Ford Grand C-Max oder Opel Zafira – sie alle wurden mangels Nachfrage eingestellt. Dem Renault Grand Scénic droht bald das gleiche Schicksal.

Wer einen siebensitzigen Kompakt-Van braucht, hat nur noch die Wahl zwischen zwei Modellen: dem Dacia Jogger und dem VW Touran – sieht man von Hochdachkombis wie Opel Combo oder VW Caddy einmal ab. Während der Jogger erst seit 2022 erhältlich ist, gibt es den aktuellen Touran seit 2015. Auffällig ist der erhebliche Preisunterschied: Der VW kostet als Touran 1.5 TSI Highline DSG 44.970 Euro und ist damit doppelt so teuer wie der rumänische Preiskracher Dacia Jogger TCe 110 Extreme für 21.100 Euro. Wie steht es aber um die Qualitäten der beiden Vans? Der ADAC hat verglichen.

Platzangebot / Innenraum

Platz haben beide Vans genügend – wenn es sein muss, sogar für sieben Personen. Die Testwagen waren mit einer optionalen dritten Sitzreihe ausgerüstet, für die VW 640 und Dacia 1000 Euro verlangt. Dort finden Erwachsene zumindest für kürzere Strecken ausreichend Platz vor – wenn sie denn gelenkig genug sind: Das Ein- und Aussteigen gestaltet sich nach ganz hinten ziemlich beschwerlich.

In der mittleren Reihe haben Mitfahrer und Mitfahrerinnen im Touran trotz seiner zwei Zentimeter kürzeren Karosserie merklich mehr Platz als im engeren Jogger. Im Gegensatz zum Dacia lassen sich beim VW hier sogar drei Kindersitze nebeneinander montieren; zudem verfügen auch die zwei Sitze in der dritten Reihe über Isofix-Haken.

Bei der Variabilität hat der Touran ebenfalls die Nase vorn. Die Beifahrerlehne lässt sich nach vorn klappen. Und während sich im Touran die drei Einzelsitze der zweiten Reihe verschieben und deren Lehnen verstellen lassen und die zwei Sitze in Reihe drei bei Nichtgebrauch platzsparend unter dem Ladeboden verschwinden, kann der Jogger-Kunde die asymmetrisch geteilte Rücksitzbank in Reihe zwei lediglich um- oder hochklappen.

Die Einzelsitze ganz hinten können entweder nach vorn geklappt werden und gehen dann zu Lasten des Stauraums, oder man baut sie aus – wenn man weiß, wohin damit. Die simplere Konstruktion des Dacia zeigt, wo gespart wurde.

Bildergalerie: Touran gegen Jogger

1 von 8

Das maximale Kofferraumvolumen des Touran fällt mit gemessenen 1820 zu 1670 Litern im Dacia deutlich größer aus. Gleiches gilt für den Stauraum, wenn man die Vans als Fünfsitzer nutzt und das Gepäckabteil bis zur Fensterunterkante belädt (455 zu 345 Liter). Sind alle sieben Sitze belegt, bleibt bei beiden nur noch ein Stauraum von rund 130 Litern übrig. Damit lässt sich kaum etwas anfangen – ein Kompakt-Van ist aber nun mal kein Bus.

Mehr Ablagemöglichkeiten als im Touran gibt es kaum, der Jogger bietet deutlich weniger Stellen, um Kleinkram unterzubringen. Diese sind wie das kleine und unbeleuchtete Handschuhfach oder die flachen und nicht in der Größe anpassbaren Becherhalter auch schlechter nutzbar.

Bei der Verarbeitungsqualität tritt der große Preisunterschied zwischen den beiden Vans zu Tage. Die Touran-Karosserie ist nicht nur akkurater gefertigt, besonders mit den wertigeren und zumindest in der ersten Reihe teilweise geschäumten Kunststoffen hebt er sich deutlich vom Jogger ab. Beim Dacia regiert ausnahmslos kratzempfindliches Hartplastik. An der Innenseite der Heckklappe findet sich blankes Blech und die Motorhaube muss ohne eine praktische Gasdruckfeder auskommen.

Die Bedienung wirft bei beiden Vans keine großen Fragen auf. Das Jogger-Cockpit lässt sich dank des überschaubaren Funktionsumfangs intuitiv bedienen. Praktische Tasten und Regler für wesentliche Funktionen wie die Klimatisierung sowie einwandfrei ablesbare klassische Rundinstrumente erleichtern den Umgang im Alltag. Der Touran ist noch ein VW alter Schule und kann daher ebenfalls mit einer weitgehend selbsterklärenden Bedienung punkten. Im Gegensatz zu den neuesten VW-Modellen verzichtet er auf modische und stark ablenkende Spielereien wie berührungssensitive Flächen an Stellen, wo klassische Tasten einfach besser funktionieren.

Antrieb / Fahrkomfort

Für den Antrieb sorgt in beiden Fällen ein Turbobenziner. Während der Touran auch als Diesel erhältlich ist, bietet Dacia für den Jogger alternativ einen bivalenten Autogas- sowie einen Hybrid-Antrieb an. Unter der Haube des Rumänen arbeitet im Test ein Dreizylinder-Direkteinspritzer, der aus 1,0 Litern Hubraum 110 PS und immerhin 200 Nm entwickelt.

Im Touran werkelt ein 1,5-Liter-Vierzylinder, der es auf 150 PS und 250 Nm bringt und konstruktionsbedingt ruhiger läuft als der Dreizylinder des Dacia. Zudem ermöglicht er die besseren Fahrleistungen – kein Wunder bei 40 Mehr-PS. Einen schwächeren Benziner hat VW nicht mehr im Angebot.

An der Tankstelle ist der Touran bei einem Testverbrauch von 7,1 zu 6,2 Litern auf 100 Kilometer dem Dacia allerdings unterlegen. Zwar ist der VW-Motor mit einer spritsparenden Zylinderabschaltung ausgerüstet, die bei niedriger Last ("wenig Gas") zwei der vier Zylinder abschaltet, das 310 kg höhere Fahrzeuggewicht kann die Technik aber nicht ausgleichen.

Beim Fahrkomfort ist der Preisunterschied für die Insassen deutlich zu spüren – und das auf allen Ebenen. Im Touran ist es leiser, sein Fahrwerk kann Fahrbahnunebenheiten wirksamer ausgleichen, und die Sitze sind auf allen Plätzen bequemer. Besonders in Reihe eins, wo der VW-Testwagen mit vielfältig verstellbaren ergoActive-Sitzen samt Massagefunktion verwöhnt.

In puncto Klimatisierung belässt es der Jogger Extreme bei einer Einzonen-Klimaautomatik, gegen Aufpreis gibt es zumindest beheizbare Vordersitze. Der Touran Highline bringt ab Werk eine Dreizonen-Klimaautomatik und beheizbare Vordersitze mit, optional lassen sich auch die äußeren Fondsitze der zweiten Reihe und das Lenkrad beheizen. Die beheizbare Windschutzscheibe und die Standheizung (beides als Extra) machen den Touran vollends zum besseren Begleiter für die kalte Jahreszeit.

Fahreigenschaften / Sicherheit

Im Kapitel Fahreigenschaften fällt der Abstand zwischen den beiden erstaunlich gering aus. Der VW Touran punktet mit einer aufwendigen Mehrlenkerachse hinten sowie den optionalen adaptiven Dämpfern und bietet dadurch jederzeit sichere Fahreigenschaften. Im Zusammenspiel mit der präzisen Lenkung und den guten Bremsen eine überzeugende Vorstellung.

Umso bemerkenswerter ist, dass der Dacia Jogger trotz deutlich simplerer Fahrwerks- (Verbundlenkerachse hinten, konventionelle Dämpfer) und Bremskomponenten (Trommel- anstelle von Scheibenbremsen hinten) erstaunlich gut mithalten kann. Das Fahrverhalten ist sicher und leicht beherrschbar, das ESP gut abgestimmt, und die Bremsanlage verzögert mit einem Bremsweg von 33,6 Metern auf Sportwagenniveau – hier bremst der Dacia den VW wortwörtlich aus. Einzig die indirekte und gefühllose Lenkung fällt im direkten Vergleich deutlich ab.

Beim Blick auf die aktive Sicherheitsausstattung kann der Touran den Jogger distanzieren. Der Wolfsburger bringt ab Werk ein Notbremssystem samt adaptiver Geschwindigkeitsregelung, Spurhalteassistent und Totwinkelwarner inklusive Querverkehrserkennung hinten mit.

Der Jogger belässt es bei einem radarbasierten Notbremssystem samt Kreuzungsassistent und Kollisionswarner. Gegen Aufpreis ist zwar ein Totwinkelwarner zu haben, der nutzt allerdings nur die Parksensoren und kann damit nicht sonderlich weit nach hinten "blicken". Heutzutage selbstverständliche Assistenten wie ein Spurverlassenswarner oder eine Verkehrszeichenerkennung sind für den Jogger nicht zu haben.

Bei der Euro-NCAP-Sicherheitsbewertung hat der Touran in allen Disziplinen bessere Karten. Das schlechte 1-Sterne-Ergebnis des Dacia ist vorrangig auf die lückenhafte Ausstattung der Assistenzsysteme zurückzuführen, seine Crashsicherheit geht auch dank der sechs Airbags durchaus in Ordnung (70 Prozent der erreichbaren Punkte).

Der Touran schneidet dank Knieairbag sowie Seitenairbags für die Fondinsassen beim Fahrzeugcrash etwas besser ab (77 Prozent). Darüber hinaus kann der VW gefährliche Fahrsituationen erkennen und präventive Maßnahmen wie das Straffen der Gurte oder das Schließen der Fenster einleiten. Auch wenn der Touran bei einem aktuellen Euro-NCAP-Test den fünften Stern verloren hat, kann er den Jogger hier deutlich distanzieren.

Kosten

Im Kostenkapitel schlägt die Stunde des Dacia Jogger: Er ist mit Abstand der günstigste siebensitzige Van auf dem Markt. Der Einstieg beginnt bei 16.900 Euro. Mit sieben Sitzen in der besten Ausstattung Extreme ruft Dacia für den Benziner 21.100 Euro auf. VW möchte für den Touran 1.5 TSI mindestens 37.845 Euro, der Testwagen kommt in der Ausstattung Highline mit DSG-Getriebe und sieben Sitzen auf happige 44.970 Euro.

Da tröstet es nur bedingt, dass der Touran nicht nur eine umfangreichere Sicherheits-, sondern auch Komfortausstattung mitbringt. Hinzu kommt, dass der Jogger auch bei den laufenden Kosten deutlich günstiger ist und drei Jahre Garantie hat, während sich Touran-Käufer wie bei VW üblich mit zwei Jahren zufriedengeben müssen.

Fazit: Wo VW und wo Dacia punkten

Note 2,2: VW Touran 1.5 TSI Highline DSG

Der VW Touran 1.5 TSI Highline DSG kann sich mit der Gesamtnote 2,2 klar durchsetzen. Besonders bei der Verarbeitung, der Innenraumvariabilität, dem Fahrkomfort und der Komfort- sowie Sicherheitsausstattung merkt man dem Wolfsburger an, dass er das hochwertigere Auto ist. Mit entsprechendem Aufschlag. Ob man aber bereit ist, mehr als den doppelten Preis des Jogger zu zahlen, muss jeder für sich entscheiden.

Note 2,8: Dacia Jogger TCe 110 Extreme

Der preiswerte Dacia Jogger ist jedenfalls keine schlechte Wahl und schneidet mit einer Gesamtnote von 2,8 ordentlich ab. Bei den Fahreigenschaften und dem Antrieb kommt er dem Touran erstaunlich nahe, im Kapitel Umwelt liegt er dank seines deutlich niedrigeren Verbrauchs sogar vorn. Wer sich mit den Nachlässigkeiten bei der Verarbeitung, dem schlechteren Fahrkomfort und der lückenhaften Sicherheitsausstattung arrangieren kann, bekommt mit dem Jogger einen konkurrenzlos günstigen Kompakt-Van mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis.

Technische Daten und Preise

ADAC Messwerte

ADAC Testergebnis

Text: Alexander Werner, Jochen Wieler

Hier finden Sie viele weitere Neuvorstellungen, Fahrberichte und Autotests.