Reifengröße: Besser schmal oder breit?

Breiter Vorderreifen an einem Auto
Reifentausch: Darf's auch ein bisschen breiter sein? © mauritius images/Classic Collection

Lieber dezent schmal oder doch eher auffällig breit? Eine Auswertung der ADAC Reifentests erklärt die Vor- und Nachteile dünner oder breiter Reifen.

Vergleich: Reifenbreite von 195 bis 225 mm

Flache Breitreifen sehen einfach cooler aus! Das meinen zumindest die vielen Fahrzeugbesitzer und -besitzerinnen, die sich für breite Reifen mit großen Felgen entscheiden, damit ihr Auto schicker und besser proportioniert wirkt. Eine solche Schönheitskur ist ihnen dann schon mal 2000 Euro Aufpreis wert.

Doch bieten Breitreifen auch technische Vorteile? Der ADAC hat für diese Frage frühere Sommerreifentests ausgewertet. In Augenschein genommen wurden vier sehr unterschiedliche Reifengrößen in 15, 16, 17 und 18 Zoll, die alle für den VW Golf VII zugelassen sind. Die Reifenbreite ist immer die erste Zahl der Reifenkennzeichnung in Millimetern. Die Dimensionen:

  • 195/65 R15

  • 205/55 R16

  • 225/45 R17

  • 225/40 R18

Als zusätzliche Referenz diente ein Dimensionsvergleich mit einem Winterreifen gleichen Profils und gleicher Gummimischung.

Breit: Bessere Haftung

Das Ergebnis: Auf trockener Fahrbahn trifft die Formel "Je breiter, desto mehr Grip" uneingeschränkt zu. Aufgrund der geringeren Flankenhöhe wird der Reifen steifer, und das Handling verbessert sich spürbar. Mit wachsender Breite, also mehr Gummi auf der Straße, und einem steiferen Aufbau der Karkasse bremsen breitere Reifen auf trockener Straße zudem schneller und besser.

Der Bremsweg aus 100 km/h verringert sich deutlich: Die kleinen 195er-Reifen kommen beim ADAC Reifentest im Schnitt nach 38,8 Metern fast zwei Meter später zum Stehen als die 225 mm breiten und flacheren 18-Zöller (36,7 m).

Breit: Gefährliches Aquaplaning

Auch auf Nässe dominieren die breiteren Reifen – solange die Mikroverzahnung des Reifengummis mit der Straße greift. Da mit jedem Zentimeter mehr Breite aber auch mehr Wasser verdrängt werden muss, schwimmen die Breitreifen bei gefährlichem Aquaplaning früher auf.

Die Grafik zeigt, bei welchem Tempo sich ein Wasserkeil unter die Reifenaufstandsfläche schiebt und es damit zum Verlust der Haftung kommt. Mit den schmalen Reifen kann man auf gerader Strecke über 10 km/h schneller fahren, bevor der Wagen aufschwimmt.

Welcher Reifen passt?

Wie kann es sein, dass auf dem VW Golf vier so unterschiedliche Reifengrößen erlaubt sind? Das geht, weil alle Reifen den gleichen Abrollumfang haben. Wäre das nicht so, könnten elektronische Hilfssysteme des Golf wie ABS und ESP oder der Tacho nicht mehr korrekt funktionieren.

Der Abrollumfang definiert sich über das Verhältnis der Felgengröße, der Höhe der Seitenflanke und der Reifenbreite. Über die Kennzahlen dieser Faktoren informiert die Reifenkennzeichnung. Beispiel 225/40 R18 Y: 225 ist die Reifenbreite in mm, 40 gibt die Reifen- oder Flankenhöhe im Verhältnis zur Breite in Prozent an, R steht für die Reifenbauart Radial, 18 für den Felgendurchmesser in Zoll, und Y markiert den Speedindex (erlaubt bis 300 km/h).

Welche Reifengrößen für das Fahrzeug freigegeben sind, geht aus den Angaben in den Zeilen 15.1 und 15.2 der Zulassungsbescheinigung Teil 1 (Fahrzeugschein) hervor. Eingetragen ist hier nur eine Größe. Weitere zugelassene Reifendimensionen enthält das sogenannte CoC-Dokument, das jeder Käufer beim Fahrzeugkauf erhält.

Schmal: Bessere Federung

Weil die Flankenhöhe der breiten Reifen geringer ist (der Abrollumfang darf sich ja nicht verändern), steht weniger Luft zum Federn zur Verfügung, und die Seitenwand ist steifer. Der Effekt: Breite Modelle fahren auf dem Golf spürbar unkomfortabler als dünne.

Die Grafik zeigt Messergebnisse des ADAC Reifentests, der die Daten von Sensoren, die unter dem Fahrersitz montiert waren, auswertet: Schmale Reifen (195 mm) haben dank ihrer höheren Seitenwand wesentlich mehr Federungspotenzial als die breiten und flacheren Reifen mit den niedrigen Querschnitten.

Breit: Weniger Verschleiß, mehr Verbrauch

Positiv wirkt sich die stabilere Seitenwand dagegen auf den Verschleiß aus: Der breitere Reifen muss mit besser verteiltem Bodenkontakt auch weniger Walkarbeit als der schmalere leisten, hält also länger.

Doch besonders wirtschaftlich sind breitere Reifen trotzdem nicht. Denn zum höheren Kaufpreis kommt der Mehrverbrauch: Pro Rad wiegen 18-Zöller rund fünf Kilo mehr als die 15-Zöller – und das Gewicht muss bei jedem Anfahren immer wieder aufs Neue beschleunigt werden. Dazu kommt ein höherer Rollwiderstand, weil sich beim Fahren auch der Luftwiderstand erhöht – bei 30 Millimetern Breitenzuwachs um etwa sechs Prozent.

Winterreifen: Gleiches Prinzip

Prinzipiell gilt für Winterreifen das Gleiche wie für Sommerreifen. Doch auf Schnee und Schneematsch fährt die schmalste Dimension 195/65 R15 ein gutes Stück sicherer als die breiteren Kollegen: Vor allem das Anfahren, aber ebenso die Seitenführung in der Kurve sind besser. Auch die Aquaplaning-Gefahr bei Schneematsch fällt geringer aus.

Wer sich für Breitreifen entscheidet, sollte außerdem prüfen, ob damit auf dem Auto noch Schneeketten montiert werden dürfen. Denn breitere Felgen sind dafür oft nicht geeignet. Und man sollte nachrechnen: Schmale Reifen sind günstiger. Im hier behandelten Fall liegen zwischen schmal und extrabreit etwa 85 Euro – pro Stück!