Nachtblindheit: Wenn Menschen nachts schlecht sehen

Unscharfe Lichter im Verkehr nachts
Viele Menschen sehen bei Dämmerung oder in der Nacht verschwommen© Shutterstock/successo images

Viele Menschen sehen nachts schlechter als tagsüber. Nur selten handelt es sich dabei um echte Nachtblindheit. Was man gegen eingeschränkte Sehfähigkeit im Dunkeln sowie erhöhte Blendempfindlichkeit tun kann.

  • Bei echter Nachtblindheit sind Sinneszellen in der Netzhaut geschädigt

  • Wer im Dunkeln schlechter sieht, hat meist ein gestörtes Dämmerungssehen

  • Häufige Ursachen: Altersbedingte Defizite, Sehfehler und Grauer Star

Viele Menschen sehen in der Dunkelheit schlechter als tagsüber, insbesondere im Herbst und Winter. Regen, Schnee oder Nebel können die Sicht zusätzlich behindern, die Scheinwerfer anderer Fahrzeuge stärker blenden. Betroffene bezeichnen sich selbst häufig als "nachtblind".

Was ist Nachtblindheit?

menschliches Auge Querschnitt
Aufbau des menschlichen Auges© ADAC e.V.

Echte Nachtblindheit ist sehr selten und hängt mit einem Funktionsverlust bestimmter Sinneszellen in der Netzhaut des Auges zusammen. Dort sind die sogenannten Zapfen für das Sehen bei Tageslicht verantwortlich, die Stäbchen wiederum für das Schwarz-Weiß-Sehen im Dunkeln. Die Stäbchen sind wesentlich lichtempfindlicher als die Zapfen und in deutlich größerer Zahl vorhanden. Dadurch sind Menschen mit gesunden Augen bei schlechten Lichtverhältnissen in der Lage, ausreichend gut zu sehen und sich zu orientieren, auch wenn die Sehschärfe in der Nacht schlechter ist als am Tag.

Bei Menschen, die unter Nachtblindheit leiden, sind die Stäbchen geschädigt und verlieren teilweise oder ganz ihre Funktion. Die Sehfähigkeit bei Dämmerung oder im Dunkeln wird dadurch zunehmend eingeschränkt oder geht vollständig verloren. Bei den meisten Menschen sind verschwommenes Sehen am Abend oder eine erhöhte Blendempfindlichkeit in der Nacht allerdings auf altersbedingte Defizite, Schädigungen anderer Strukturen des Auges oder auf Sehfehler (z.B. Kurzsichtigkeit) zurückzuführen. Solche Probleme treten bei schlechten Lichtverhältnissen oft stärker in Erscheinung als bei Tageslicht. Fachleute sprechen dann nicht von Nachtblindheit, sondern von einer Störung des Dämmerungssehens.

Ursachen: Was führt zu Nachtblindheit?

Nachtblindheit ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern lediglich ein Symptom oder eine Folgeerscheinung anderer Erkrankungen. Die Ursache ist fast immer eine angeborene oder erworbene Augenerkrankung:

  • Retinitis pigmentosa: Gruppe erblicher Erkrankungen, die im Erwachsenenalter zur Zerstörung der Netzhaut führen

  • Kongenitale stationäre Nachtblindheit: verschiedene Sehstörungen, die neben einer Nachtblindheit durch weitere Symptome wie Kurzsichtigkeit, Augenzittern oder Schielen gekennzeichnet sind

  • Lebersche kongenitale Amaurose: frühkindliche, der Retinitis pigmentosa ähnelnde Form der Netzhauterkrankung

  • Oguchi-Syndrom: sehr seltene, vererbbare Netzhauterkrankung

Neben diesen erblich bedingten Netzhauterkrankungen können auch Krankheiten, die man im Lauf des Lebens erwirbt, zu einer Nachtblindheit führen:

  • die diabetische Retinopathie, bei der aufgrund eines dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegels die feinen Blutgefäße in der Netzhaut geschädigt werden

  • der Grüne Star (Glaukom), bei dem der Sehnerv und die Netzhaut schlechter durchblutet und dadurch geschädigt werden

Vitamin-A-Mangel kann eine weitere Ursache für erworbene Nachtblindheit sein, da Vitamin A für die Funktion der Stäbchen unerlässlich ist.

Gut zu wissen

Viele Menschen denken bei Sehproblemen zuerst an einen Vitamin-A-Mangel. Für eine Nachtblindheit ist er hierzulande und in anderen Industrieländern allerdings nur äußerst selten verantwortlich, da mit der Nahrung normalerweise genug Vitamin A zugeführt wird. Bei Sehproblemen in der Dunkelheit ist es deshalb immer sinnvoll, die Ursachen ärztlich abklären zu lassen, statt die Vitamin-A-Zufuhr eigenverantwortlich zu erhöhen.

Ursachen für Störungen des Dämmerungssehens

Eine beeinträchtigte Sehfähigkeit im Dunkeln kann unabhängig von einer Netzhautschädigung auftreten. Dann handelt es sich nicht um eine echte Nachtblindheit, sondern um eine Störung des Dämmerungssehens. Häufige Augenerkrankungen, die die Nachtsehfähigkeit beeinträchtigen können:

  • altersbedingte Defizite

  • der Graue Star (Katarakt), eine altersbedingte Erkrankung, bei der sich die Augenlinse durch Einlagerungen eintrübt

  • Sehfehler wie die Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung, die bei schlechten Lichtverhältnissen stärker in Erscheinung treten

Nachtblindheit oder Nachtkurzsichtigkeit?

Manche Menschen, die tagsüber noch keine Brille benötigen oder die mit ihrer Brille bei Tageslicht gut zurechtkommen, können bei schlechten Lichtverhältnissen weiter entfernte Gegenstände nicht mehr scharf sehen. Dabei handelt es sich um eine besondere Form der Kurzsichtigkeit, die Nachtkurzsichtigkeit (Nachtmyopie). Sie kommt sowohl bei ansonsten normalsichtigen als auch bei fehlsichtigen Menschen vor. In diesem Fall ist eine Brille für die Nacht sinnvoll, die den Sehfehler korrigiert.

Woran merkt man, dass man nachtblind ist?

Auch ein gesundes Auge muss sich zunächst an schlechter werdende Lichtverhältnisse anpassen, bei Menschen mit Nachtblindheit funktioniert diese Anpassung allerdings nicht. Sie sehen selbst nach einer längeren Zeit im Dunkeln unverändert schlecht.

Bei einer echten Nachtblindheit ist die Nachtsehfähigkeit in der Regel deutlich stärker eingeschränkt als bei einer Störung des Dämmerungssehens. Sind die Stäbchen der Netzhaut bereits weitgehend oder vollständig zerstört, sind Betroffene im wahrsten Sinne des Wortes nachtblind. Sie sehen bei Dunkelheit oder in der Dämmerung so gut wie nichts.

Andere Augenerkrankungen führen in der Regel nur zu einer Verschlechterung der Sehfähigkeit in der Nacht sowie zu einer stärkeren Blendempfindlichkeit. Das ist zum Beispiel beim Grauen Star der Fall. Durch die Eintrübung der Augenlinse sehen Betroffene nachts alle Lichter verschwommen wie durch einen Nebelschleier. Werden sie geblendet, sehen auch sie kurzfristig nahezu nichts.

Tests bei Nachtblindheit

Um eine Nachtblindheit feststellen zu lassen, stehen verschiedene Messverfahren zur Verfügung. In der Regel erfolgt vor der Untersuchung ein etwa zehnminütiger Aufenthalt in einem dunklen Raum. Danach muss der oder die Betroffene in einem Gerät schwach erkennbare Zeichen unterscheiden – zuerst ohne, danach mit Gegenlicht (Blendung). Der Kontrast, also der Helligkeitsunterschied zwischen Umgebung und Zeichen, wird dabei stufenweise verringert. Entscheidend ist, bis zu welcher Kontraststufe die Zeichen noch unterschieden werden können.

Wer bei wenig Licht schlecht sieht, sollte eine augenärztliche Praxis aufsuchen, denn nur dort lässt sich eine Nachtblindheit oder eine Störung des Dämmerungssehens zuverlässig feststellen. Online-Tests sind nicht geeignet.

Kann man Nachtblindheit heilen?

Während Sehfehler oder Augenerkrankungen, die zu einer Störung des Dämmerungssehens führen, oft erfolgreich behandelbar sind, ist eine erbliche oder erworbene Nachtblindheit infolge einer Netzhauterkrankung in der Regel nicht heilbar. Eine Ausnahme ist lediglich die Nachtblindheit infolge eines Vitamin-A-Mangels. Dieser lässt sich durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung verhindern, ein bereits bestehender Mangel durch Vitamin-Präparate beheben.

Andere Erkrankungen, die eine Nachtblindheit auslösen, lassen sich zwar nicht heilen, durch eine Behandlung aber teilweise aufhalten oder lindern. Bei einer diabetischen Retinopathie sind beispielsweise eine konsequente Kontrolle und optimale Einstellung des Blutzuckers wichtig. Für Menschen mit Grünem Star gibt es Medikamente, die das Fortschreiten der Erkrankung verhindern sollen. Manchmal ist auch eine Operation erforderlich. Bereits entstandene Schäden lassen sich allerdings nicht rückgängig machen.

Kann man Störungen des Dämmerungssehens behandeln?

Bei Menschen, deren Netzhaut nicht geschädigt ist, kann die Sehfähigkeit in der Nacht oft wiederhergestellt oder verbessert werden. Wer das Gefühl hat, nachts schlecht zu sehen oder besonders blendempfindlich zu sein, sollte eine Augenarztpraxis aufsuchen.

Ist ein Sehfehler in der Nacht stärker ausgeprägt als am Tag, lässt sich dieses Problem möglicherweise durch eine darauf abgestimmte Zweitbrille lösen. Auch unzureichend korrigierte Sehfehler können dazu führen, dass man nachts schlechter sieht.

Beim Grauen Star hilft eine Operation, bei der die eingetrübte Augenlinse entfernt und durch eine klare Kunstlinse ersetzt wird. Das Licht kann dann wieder ungehindert ins Auge eindringen. Eine altersbedingt weitgestellte Pupille als weitere häufige Ursache für schlechteres oder verschwommenes Sehen im Dunkeln lässt sich hingegen nicht beheben.

Nachtblindheit beim Autofahren

Ob man bei eingeschränktem Sehvermögen in der Dämmerung oder bei Dunkelheit noch in der Lage ist, sicher Auto zu fahren, kann nur ein Augenarzt oder eine Augenärztin sicher beurteilen. Studien zeigen, dass ein vermindertes Dämmerungssehen und gesteigerte Blendempfindlichkeit in direktem Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für nächtliche Verkehrsunfälle stehen.

Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft definiert für das Autofahren Grenzwerte in Hinblick auf das Kontrastsehen. Werden diese unterschritten, besteht aus medizinischer Sicht keine ausreichende Nachtsehfähigkeit. Wird bei der augenärztlichen Untersuchung eine Nachtblindheit oder eine Störung des Dämmerungssehens diagnostiziert, ist die Augenärztin oder der Augenarzt dazu verpflichtet, eine verbindliche Einschätzung über die Fahrtauglichkeit und gegebenenfalls ein ärztliches Fahrverbot auszusprechen.

Ärztliches Fahrverbot

Zwar ist ein "ärztliches Fahrverbot" nicht gleichzusetzen mit einem vom Gericht oder der Fahrerlaubnisbehörde verhängten Fahrverbot, und Betroffene sind nicht verpflichtet, ihre Erkrankung der Verkehrsbehörde zu melden. Wer jedoch gegen das ärztliche Fahrverbot verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, wenn er trotz fehlender Fahrtauglichkeit fährt, und macht sich strafbar, wenn er andere Personen gefährdet. Bei einem Unfall drohen dann neben einem Strafverfahren hohe Geld- oder sogar Freiheitsstrafen, wenn jemand verletzt oder im schlimmsten Fall getötet wird. Weitere finanzielle Folgen drohen, weil die Kaskoversicherung Leistungen kürzen oder verweigern kann.

Wenn beim Erwerb des Führerscheins keine ausreichende Nachtsehfähigkeit vorhanden und dieser Umstand der Verkehrsbehörde bekannt ist, wird im Führerschein die Ziffer 61 (bei älteren Führerscheinen die Ziffer 05.01.) vermerkt. Damit ist das Fahren nur bei Tageslicht (z.B. eine Stunde nach Sonnenaufgang und eine Stunde vor Sonnenuntergang) erlaubt.

Nachtfahrbrillen gegen Nachtblindheit?

Nachtfahrbrillen sollen das Sehen im Dunkeln erleichtern. Sie sollten nicht getönt und komplett entspiegelt sein. Gelbe Tönungen sind kontraproduktiv und verschlechtern das Dämmerungssehen zusätzlich. Die Verkehrskommission der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft und des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands weist darauf hin, dass man mit derlei Brillen nicht unbedingt automatisch nachtfahrtauglich ist. Eine Prüfung mit Brille ist unbedingt erforderlich.

Tipps für bessere Sicht im Straßenverkehr

Mit einigen einfachen Maßnahmen lässt sich die Sicht bei Nacht oft deutlich verbessern:

  • Wenn Sie das Gefühl haben, in der Nacht verschwommen oder unscharf zu sehen oder besonders blendempfindlich zu sein, ist es wichtig, die Ursache in einer Augenarztpraxis abklären zu lassen.

  • Halten Sie Ihre Windschutzscheibe sowohl von außen als auch von innen sauber.

  • Stellen Sie sicher, dass Ihre Scheinwerfer richtig eingestellt sind und die Leuchtmittel funktionieren. Befreien Sie sie bei Bedarf vor der Fahrt von Dreck, Eis oder Schnee.

  • Kommen Ihnen Fahrzeuge entgegen, schauen Sie nicht direkt in die Scheinwerfer.

  • Sofern Sie eine Brille benötigen, ist es ratsam, die Gläser entspiegeln zu lassen und sie vor der Fahrt von Schmutz und Schlieren zu befreien.

Fachliche Beratung: Prof. Dr. Dr. Bernhard Lachenmayr, Facharzt für Augenheilkunde, Sprecher der Verkehrskommission der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft sowie des Berufsverbands der Augenärzte und Mitglied des ADAC Ärztekollegiums.

Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.