Adipositas: Wann wird Übergewicht gefährlich?

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Eine Ärztin misst den Taillenumfang einer übergewichtigen Frau
Der Taillenumfang kann ein Anhaltspunkt für Übergewicht und Adipositas sein© Shutterstock/New Africa

Starkes Übergewicht gilt als Risikofaktor für verschiedene Erkrankungen. Wie Adipositas entsteht und was Betroffene wissen sollten.

  • Ab Body-Mass-Index (BMI) von 30 spricht man von Adipositas

  • Erhöhtes Risiko für Diabetes, Herzerkrankungen und Krebs

  • Gute Ernährung und Bewegung helfen

Was ist Adipositas?

Rund die Hälfte der Frauen und sechs von zehn Männern in Deutschland sind übergewichtig. Bei knapp jedem fünften Erwachsenen ist das Übergewicht so ausgeprägt, dass Fachleute von Adipositas (Fettleibigkeit) sprechen. Bei Adipositas ist der Fettanteil im Körper stark erhöht. Damit verbunden sind verschiedene gesundheitliche Risiken:

Zudem stellt Adipositas für viele Betroffene eine psychische Belastung dar, die mit Stigmatisierung, Diskriminierung und Schamgefühlen verbunden ist. Auch das Risiko für Depressionen und Angsterkrankungen steigt.

Adipositas-Grade

Für eine genauere Risikoabschätzung gibt es drei Schweregrade:

  • Adipositas Grad 1: BMI 30 bis 34,9

  • Adipositas Grad 2: BMI 35 bis 39,9

  • Adipositas Grad 3 (Adipositas permagna): BMI ab 40

Je höher der Adipositas-Grad, desto höher das Risiko für Folgeerkrankungen.

BMI - Rechner

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Ursachen für Adipositas

Übergewicht und Adipositas entstehen durch ein Ungleichgewicht im Energiehaushalt. Das bedeutet: Wer auf Dauer mehr Energie (in Form von Essen und kalorienhaltigen Getränken) aufnimmt, als der Körper verbraucht, lagert sie als Körperfett ein.

Verschiedene Faktoren können dazu beitragen:

  • Ungünstige Ernährungsgewohnheiten

  • Zu wenig Bewegung

  • Genetische Veranlagung

  • Körperliche Erkrankungen (zum Beispiel Schilddrüsenunterfunktion oder polyzystisches Ovarialsyndrom)

  • Psychische Erkrankungen (zum Beispiel Essstörungen oder Depressionen)

  • Medikamente (zum Beispiel bestimmte Diabetes-Medikamente oder Psychopharmaka)

  • Weitere Faktoren wie Schwangerschaften, Rauchstopp oder stressreiche Lebenssituationen

Auch gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse spielen eine Rolle. Sehr energiereiche, hoch verarbeitete Lebensmittel wie Fast Food und Süßigkeiten sind heute ständig verfügbar. Zudem arbeiten immer weniger Menschen in körperlich fordernden Berufen. Viele legen selbst kurze Strecken mit dem Auto zurück und verbringen ihre Freizeit sitzend. Auch bei Kindern werden Übergewicht und Adipositas zum Problem.

Hilfe bei Adipositas

Die Situation zu erkennen und sich Hilfe zu suchen, ist ein erster wichtiger Schritt. Eine gute Anlaufstelle ist die hausärztliche Praxis: Die Ärztin oder der Arzt kann den Adipositas-Grad bestimmen, auf Begleiterkrankungen untersuchen und weitere Therapien vorschlagen. Beratungsstellen vermitteln entsprechende Unterstützung oder Kontakt zu Selbsthilfegruppen.

Warum ist eine Therapie sinnvoll?

Eine Behandlung von Adipositas hat zum Ziel, das Körpergewicht langfristig zu senken. Das Risiko für Folgeerkrankungen kann reduziert, bestehende Symptome gelindert werden. So sinken mit einer Gewichtsabnahme im besten Fall unter anderem Blutdruck, Blutfettwerte und das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Atembeschwerden und Schmerzen im Bewegungsapparat können sich bessern. Und mit ihnen die Lebensqualität insgesamt.

Ziel ist es, über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten langsam und stetig Gewicht abzubauen:

  • bei einem BMI von 25 bis 35 mindestens fünf Prozent des Körpergewichts

  • bei einem BMI über 35 mindestens zehn Prozent des Körpergewichts

Wann brauche ich eine Therapie?

Die aktuelle medizinische Leitlinie zu Adipositas empfiehlt eine gezielte Therapie mit Gewichtsreduktion

  • für alle Menschen mit Adipositas (ab BMI 30)

  • für alle Menschen mit Übergewicht (ab BMI 25) und gewichtsbedingten Erkrankungen oder Schmerzen bzw. einem hohen psychischen Leidensdruck

Eine ärztlich begleitete Gewichtsabnahme muss individuell geklärt werden.

Was gehört zur Adipositas-Therapie?

Eine übergewichtige Frau joggt in der Natur
Bewegung ist ein fester Bestandteil der Adipositas-Therapie© Shutterstock/New Africa

Das Basisprogramm bei Adipositas umfasst eine Kombination aus verschiedenen Maßnahmen:

  1. Ernährungstherapie mit einer individuellen Anpassung der Ess- und Trinkgewohnheiten, nach Möglichkeit auf Basis einer professionellen Ernährungsberatung

  2. Bewegungstherapie mit körperlicher Aktivität

  3. Verhaltenstherapie, um individuelle Herausforderungen im Alltag zu bewältigen, wie zum Beispiel Stressessen

Unterstützen können auch spezielle Gewichts-Reduktions-Programme, die zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) oder verschiedene Krankenkassen anbieten.

Crash-Diäten versprechen schnelles Abnehmen. Sie sind aber nicht nur aus gesundheitlicher Sicht bedenklich, sondern führen auch häufig zu einer überschießenden Gewichtszunahme nach Abschluss der Diät ("Jojo-Effekt").

Telemedizinische Beratung über die ADAC Medical App

Sie sind erkrankt oder verletzt und benötigen schnellen ärztlichen Rat? Über die Medical App können ADAC Mitglieder eine telemedizinische Beratung einholen – und das weltweit. Den Termin für eine Online-Sprechstunde erhalten Sie in der Regel innerhalb von drei Stunden.

Medikamente gegen Übergewicht

In bestimmten Fällen können Medikamente bei der Gewichtsabnahme unterstützen. In Deutschland kommt seit einigen Jahren vor allem Orlistat zum Einsatz. Der Wirkstoff wird als Kapsel eingenommen und sorgt dafür, dass der Darm weniger Fett aus der Nahrung aufnimmt.

Abnehmspritze nicht unterschätzen

Einige ursprüngliche Diabetes-Medikamente wie Liraglutid, Semaglutid und Tirzepatid können bei Übergewicht und Adipositas die Gewichtsabnahme unterstützen. Sie greifen unter anderem in das Appetit- und Sättigungsgefühl ein. In den letzten Jahren sind sie als Abnehmspritzen zunehmend populär geworden.

Fachleute warnen davor, dass die Wirkstoffe erhebliche Nebenwirkungen (wie Übelkeit, Erbrechen und Bauchspeicheldrüsenentzündung) haben können. Zudem kam es in der Vergangenheit teilweise zu Lieferengpässen für Diabetes-Erkrankte, die auf die Medikamente angewiesen sind. Wenden Sie alle Medikamente immer nur unter ärztlicher Verordnung und Begleitung an.

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Operation bei Adipositas

Bei extremer Adipositas kommen im Einzelfall chirurgische Verfahren zum Einsatz, zum Beispiel eine Magenverkleinerung oder ein Magen-Bypass. Durch diese Eingriffe soll ein schnelleres Sättigungsgefühl eintreten. Sie bergen aber auch Risiken und kommen nur unter bestimmten Voraussetzungen und nach sorgfältiger ärztlicher Abwägung in Frage.

Adipositas: Wo finde ich Hilfe?
  • Auf Adipositas und Ernährungsmedizin spezialisierte Arztpraxen finden Sie beim Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM).

  • Eine bundesweite Übersicht von Selbsthilfegruppen bietet die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen, kurz NAKOS.

  • Ein Register von zertifizierten Adipositas-Zentren führt die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie, kurz DGAV.

  • Informationen zur Vorbeugung von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit dem Angebot "Übergewicht vorbeugen“.

Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.