So erkennen Sie eine Angststörung

Eine Frau sitzt ängstlich in ihrer Wohnung auf einem Stuhl
Eine Angststörung geht mit Gefühlen von Furcht und Bedrohung einher© iStock.com/Larisa Stefanuyk

Plötzlich rast das Herz – bei einer Angststörung sind alltägliche Situationen von einer schwer kontrollierbaren Angst bestimmt. Woher kommt das und was hilft bei Angstzuständen?

  • Oft überwiegen körperliche Symptome wie Herzrasen und Schwindel

  • Beeinflusst das Leben der Betroffenen mitunter stark

  • Psychotherapie und Medikamente können helfen

Angst ist eine gesunde und überlebenswichtige Emotion: Sie warnt uns vor Bedrohungen und potenziell gefährlichen Entscheidungen. Bei Menschen mit einer Angststörung wird dieser Schutzmechanismus zur Belastung. Immer wieder erleben sie Angstzustände, die einer Situation nicht angemessen sind – zum Beispiel in einem vollen Fahrstuhl, beim Anblick einer Spinne oder ganz ohne erkennbaren Auslöser.

Wie äußert sich eine Angststörung?

Angststörungen äußern sich einerseits durch wiederkehrende Gedanken und Befürchtungen, oft aber auch durch körperliche Symptome wie

  • Herzrasen

  • Kurzatmigkeit

  • Schwitzen

  • Zittern

  • Schwindel

Mittel- und langfristig verändern viele Betroffene ihr Verhalten und ihre Gewohnheiten, um potenziell angstauslösende Situationen zu vermeiden (Vermeidungsverhalten). Welche das sind, hängt von der jeweiligen Form der Angststörung ab. Dabei sind die Grenzen nicht immer trennscharf, und auf manche Menschen treffen auch mehrere Ausprägungen von Angsterkrankungen zu.

Generalisierte Angststörung

Bei einer generalisierten Angststörung können innere Angstzustände jederzeit ohne konkreten Auslöser entstehen. Damit sind häufig beängstigende Gedanken verbunden, zum Beispiel über mögliche Autounfälle, Brände oder schwere Erkrankungen. Die Ängste sind stark übersteigert und gehen oft mit Grübeln, innerer Unruhe und Schlafstörungen einher.

Panikattacken

Anders als bei einer generalisierten Angststörung fühlen sich die Betroffenen bei einer Panikstörung von plötzlichen Angstattacken regelrecht überschwemmt. Viele erleben dabei Atemnot bis hin zu Erstickungsgefühlen. Andere sind davon überzeugt, dass sie in Ohnmacht fallen oder einen Herzinfarkt erleiden.

Etwa zwei Drittel der Betroffenen können bestimmte Situationen als auslösenden Reiz benennen, zum Beispiel Menschenmengen oder öffentliche Verkehrsmittel. In diesen Fällen spricht man von einer Panikstörung in Verbindung mit einer Agoraphobie, also einer speziellen Angst vor schwer überschaubaren Orten mit (vermeintlich) fehlender Fluchtmöglichkeit. Bei anderen treten Panikattacken ohne äußeren Auslöser auf.

Soziale Angststörung

Menschen mit einer sozialen Phobie haben vor allem vor Situationen Angst, in denen sie sich von anderen Menschen beobachtet oder bewertet fühlen. Typisch ist zum Beispiel eine überwältigende Angst davor, einen Vortrag vor einer Gruppe zu halten. Aber auch vermeintlich entspannte Situationen wie ein geselliges Beisammensein mit Bekannten oder einfach einem Nachbarn im Flur zu begegnen, kann starke Angstzustände auslösen und zu vermeidendem Verhalten führen.

Spezifische Phobien

Bei Ängsten mit einem konkreten Auslöser spricht man von spezifischen Phobien. Zu den häufigsten Phobien gehören:

  • Angst vor engen Räumen (Klaustrophobie) oder unüberschaubaren Plätzen (Agoraphobie)

  • Flugangst (Aviophobie)

  • Höhenangst (Akrophobie)

  • Furcht vor Spinnen (Arachnophobie)

  • Angst vorm Zahnarzt (Dentophobie)

  • Furcht vor Erbrechen (Emetophobie)

Oft löst bereits der Gedanke an eine bestimmte Situation – wie etwa eine Reise mit dem Flugzeug oder die Begegnung mit einer Spinne – ein unbehagliches Gefühl und mitunter körperliche Reaktionen aus. Sachliche Argumente wie "Das Flugzeug ist das sicherste Verkehrsmittel" oder "Hierzulande leben nur harmlose Spinnen" können die Angst nicht lindern.

Ist eine Angststörung eine Depression?

Angststörungen und Depressionen sind unterschiedliche psychische Erkrankungen, die sich jedoch in Bezug auf Ursachen und Symptome teils überschneiden. So kann etwa eine soziale oder generalisierte Angststörung – ähnlich wie eine Depression – mit Grübeln, Sorgen, Schlafstörungen und sozialem Rückzug einhergehen. Manchmal treten Angsterkrankungen und Depressionen parallel auf und können sich wechselseitig verstärken. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist die allgemein niedergedrückte Stimmung, die typisch für eine Depression ist.

Was sind die Ursachen für Angststörungen?

Angst ist ein natürlicher Warnmechanismus, bei dem das autonome (also nicht willentlich kontrollierbare) Nervensystem den "Kampf oder Flucht"-Modus einschaltet. Die Sinne sind geschärft, das klopfende Herz versorgt die Muskulatur mit Blut, und der beschleunigte Atem reichert es mit Sauerstoff an. Bei Menschen mit einer Angststörung reagiert das Nervensystem übersensibel auf bestimmte Reize oder die bloße Vorstellung einer Bedrohung.

Ein möglicher Erklärungsansatz sind ungünstig verlaufende Lernprozesse. Hat eine Situation einmal eine unangenehme körperliche Reaktion hervorgerufen (z.B. ein "normales" Unbehagen auf dem Zahnarztstuhl oder bei einem Vortrag), speichern Betroffene dies unbewusst als bedrohliche Erfahrung ab. Sie vermeiden diese künftig, die Furcht verstärkt sich, und es entsteht eine "Angst vor der Angst", die in einen sich selbst verstärkenden Angstkreislauf mündet.

Angst-Kreislauf
Angstkreislauf: Gedanken, Gefühle und körperliche Reaktionen verstärken sich© ADAC e.V.

Bestimmte Risikofaktoren machen ein solches Lernmuster wahrscheinlicher:

  • traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit (z.B. Missbrauch oder Vernachlässigung in der Kindheit)

  • akute Stressbelastungen und Lebenskrisen (z.B. Verlust des Arbeitsplatzes oder eines nahestehenden Menschen)

  • ungünstige Erziehungsmaßnahmen (z.B. ängstlich-überbehütende oder abweisende Eltern)

  • familiäre Veranlagung

Angststörung: Test und Diagnostik

Viele Menschen mit einer Angststörung nehmen nicht die Angst selbst, sondern körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Schwindel, Herzrasen oder Atemnot als behandlungsbedürftig wahr. Entsprechend wichtig ist es, körperliche Ursachen wie Herz-, Lungen- oder Schilddrüsenerkrankungen zunächst auszuschließen. Zur Diagnostik gehören:

  • eine körperliche Untersuchung

  • ein Blutbild inklusive Blutzucker- und Schilddrüsenwerten

  • eine Ableitung der Herzströme mittels Elektrokardiografie (EKG)

  • eventuell weitere Untersuchungen (z. B. Lungenfunktionstest)

Die konkrete Diagnose einer Angststörung orientiert sich meist an einer Reihe von Fragen, entweder im persönlichen Gespräch oder mithilfe spezieller Fragebögen. Sie beziehen sich zum Beispiel auf die genauen Gefühle, Symptome und auslösenden Situationen. Die erste Anlaufstelle kann die Hausärztin oder der Hausarzt sein. Eine genaue Diagnostik findet dann oft in einer psychiatrischen oder psychotherapeutischen Praxis statt.

Welche Therapie hilft bei Angststörungen?

Nicht jede Form der Angststörung bedarf einer Therapie. So fühlen sich Menschen mit spezifischen Phobien in ihrem Alltag nicht unbedingt eingeschränkt. Anders ist es, wenn durch die Angsterkrankung ein Leidensdruck entsteht, Betroffene sich zum Beispiel nicht mehr unter Menschen trauen oder ihr Alltag von Ängsten bestimmt wird. Ziel der Therapie ist dann, die Angstsymptome und auch das Vermeidungsverhalten zu lindern.

Psychotherapeutische Ansätze

Für viele Menschen mit Angststörungen ist eine Psychotherapie hilfreich. Dabei haben sich unterschiedliche Ansätze bewährt:

  • Als erste Wahl empfehlen die aktuellen medizinischen Leitlinien eine kognitive Verhaltenstherapie, in der Betroffene lernen, ihre Gedanken und Emotionen zu differenzieren und gezielt zu beeinflussen.

  • Alternativ kommen auch psychodynamische Therapieformen infrage. Dabei sollen innere Ursachen (zum Beispiel aus der Kindheit) aufgearbeitet werden.

Eine Therapie bei Angststörungen findet meist in Form von regelmäßigen Gesprächen mit einer ausgebildeten Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten statt. Als Alternative kann aber auch eine Gruppentherapie mit anderen Betroffenen hilfreich sein, sofern Sie sich damit wohlfühlen.

Medikamente bei Angststörungen

Viele Menschen mit Angststörungen profitieren von einer medikamentösen Unterstützung, auch begleitend zu einer Psychotherapie. Zum Einsatz kommen verschiedene Wirkstoffe, die auf unterschiedliche Weise ins Nervensystem eingreifen, unter anderem bestimmte Antidepressiva. Wenn diese nicht ausreichend wirken oder die betroffene Person sie nicht verträgt, können bei bestimmten Formen der Angststörung auch Antiepileptika infrage kommen.

Vorsicht bei Beruhigungsmitteln

Klassische Beruhigungsmittel ("Tranquilizer"), vor allem aus der Gruppe der Benzodiazepine, haben eine stark beruhigende und sedierende Wirkung. Fachleute raten bei Angststörungen jedoch von Beruhigungsmitteln ab, da sie rasch abhängig machen und gravierende Nebenwirkungen haben können. Sie kommen nur in begründeten und ärztlich engmaschig begleiteten Ausnahmefällen zum Einsatz.

Manchmal sind mehrere Therapieversuche notwendig, bis Betroffene den für sich passenden Wirkstoff gefunden haben. Halten Sie immer ärztliche Rücksprache, wenn Sie die Dosierung verändern oder Ihr Medikament absetzen möchten.

Unterstützende Maßnahmen

Ergänzende Maßnahmen können bei Angststörungen hilfreich sein:

  • Treiben Sie Sport: Insbesondere Ausdauersport wie Joggen und Radfahren kann bei Angst- und Panikstörungen eine ausgleichende Wirkung haben.

  • Praktizieren Sie Entspannungsverfahren, zum Beispiel in Form von progressiver Muskelentspannung oder autogenem Training.

  • Schließen Sie sich einer Selbsthilfegruppe an, um Erfahrungen auszutauschen und einander zu unterstützen.

Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.