ADAC Mobilitätsindex: Sachsen-Anhalt

Viele Transportmöglichkeiten: Bei Magdeburg überquert der Mittellandkanal die Elbe
Viele Transportmöglichkeiten: Bei Magdeburg überquert der Mittellandkanal die Elbe© Shutterstock/Frolova_Elena

Etwas besseres ÖPNV-Angebot, zu viele Unfallopfer: Was ist in Sachsen-Anhalt besser, was schlechter geworden? Die Antworten im ADAC Mobilitätsindex.

  • Der Norden des Bundeslands ist schlecht erschlossen

  • Angebot beim öffentlichen Nahverkehr wächst langsam

  • Umweltbelastungen durch den Verkehr halten sich in Grenzen

Sachsen-Anhalt ist vergleichsweise dünn besiedelt, auf gut 20.500 Quadratkilometern leben 2,2 Millionen Menschen. Neben der Hauptstadt Magdeburg sind Halle und Dessau-Roßlau wichtige Zentren. Der Süden Sachsen-Anhalts ist verkehrlich eng mit den angrenzenden Gebieten in Sachsen und Thüringen verbunden, insbesondere mit den wirtschaftsstarken Städten Leipzig, Chemnitz und Jena gibt es viele Pendlerbeziehungen.

Die wichtigsten Zahlen und Fakten

Gute Fernverbindungen

Wegen seiner zentralen Lage innerhalb Deutschlands ist Sachsen-Anhalt von überregionalen Verkehrsachsen durchzogen. So profitiert zum Beispiel Stendal von der Bahnlinie zwischen Berlin und Hannover, Halle von der Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin – München und Magdeburg von der Ost-West-Verbindung Dresden – Hannover. Von diesen Knotenpunkten aus erschließen Regionalstrecken ländlichere Regionen wie den Harz.

Auch mehrere Autobahnen verbinden den Westen und Süden Deutschlands via Sachsen-Anhalt mit Berlin. Die zentralen Knoten sind Magdeburg und Halle. Die Altmark im Norden des Bundeslands dagegen verfügt über keine Autobahnanbindung. Erst 2025 soll die A14 von Magdeburg aus die Region besser erschließen, der Ausbau bis Stendal läuft derzeit.

Einen überregionalen Flughafen gibt es nicht, diese Funktion erfüllt der Airport Leipzig/Halle auf sächsischem Gebiet. Er grenzt unmittelbar an Sachsen-Anhalt. Entsprechend groß sind die durchschnittlichen Entfernungen zum nächsten Flughafen aus manchen Regionen, insbesondere im Norden.

Was Besitz und Fahrleistung von Pkw angeht, liegen die Sachsen-Anhaltinerinnen und Sachsen-Anhaltiner im deutschen Mittelfeld. Das Carsharing-Angebot wuchs zwar deutlich, allerdings von niedrigem Niveau. E-Autos sind selten. Die Unfallzahlen bewegen sich auf normalem Niveau, ihre Folgen dagegen sind dramatisch: In keinem anderen Bundesland sterben, gemessen an der Bevölkerungszahl, so viele Menschen im Straßenverkehr wie hier. Ein Grund: Mangels Autobahnen werden gerade in der Altmark im Norden viele Strecken auf Landstraßen zurückgelegt – und dort passieren besonders schwere Unfälle.

Geringe Belastungen durch Verkehr

Staus sind selbst rund um Magdeburg und Halle eher selten, die Treibhausgasemissionen pro Kopf liegen knapp unterhalb des Bundesdurchschnitts, die Stickstoffdioxid-Belastungen zählen zu den geringsten in Deutschland. Der Energieverbrauch für Verkehr ist sehr niedrig, weil es im Land keinen Flughafen mit Linienverkehr gibt.

Entwicklung des Index in Sachsen-Anhalt

Der Verkehr in Sachsen-Anhalt war im Jahr 2021 deutlich nachhaltiger als 2015 und schneidet etwas besser ab als der Bundesdurchschnitt. Alle Bewertungsdimensionen haben sich nach oben bewegt, der Gesamtindex steht jetzt bei 115. Selbst wenn sich damit der Trend der Vorjahre fortsetzt: Zum überwiegenden Teil ist die positive Entwicklung wie im ganzen Bundesgebiet auf die Corona-Pandemie und die aus ihr folgenden Verkehrsbeschränkungen zurückzuführen.

Besonders positiv entwickelte sich in Sachsen-Anhalt die Zuverlässigkeit. Ganz im Gegensatz zur Bundesebene und vielen Ländern, wo sie den Index nach unten riss. Züge kamen pünktlicher an, das Staugeschehen reduzierte sich um drei Prozent. Das dürfte auch daran liegen, dass große Baumaßnahmen endeten, etwa auf der A2 und der A14.

In die richtige Richtung ging es genauso bei der Verfügbarkeit von Mobilität. Dafür sorgten der Ausbau der Radwege und mehr Abfahrten im Personennahverkehr (ÖPNV). Nachdem das Angebot seit 2015 stetig geschrumpft war, wuchs es 2020 und 2021 wieder langsam an. Das Carsharing-Angebot bewegt sich dagegen immer noch auf sehr niedrigem Niveau, wurde aber seit 2015 deutlich ausgebaut.

Portrait eines jungen Mannes mit dem Nachnamen Kaufmann

Noch immer verunglücken zu viele Menschen auf den Straßen Sachsen-Anhalts. Es gilt, auch zukünftig an der Verkehrssicherheit im Land zu arbeiten und den Fokus auf Sensibilisierung und Aufklärung zu legen.

Felix Kaufmann, Leiter Verkehr, Technik, Umwelt ADAC Niedersachsen/Sachsen Anhalt e.V.©ISABELL MASSEL

Wie oben erwähnt, steht es um die Verkehrssicherheit nicht allzu gut. Dass der entsprechende Teilindex 2021 dennoch zulegt, liegt an den Corona-Beschränkungen, im Bundesvergleich sank die Anzahl der Verletzten sogar überdurchschnittlich.

Ausblick

Sachsen-Anhalt hat schon vor der Pandemie in allen Bewertungsdimensionen Fortschritte gemacht, dieser Trend verstärkte sich – angetrieben von den Covid-Einschränkungen – in den Jahren 2020 und 2021 weiter. Die Achillesferse bleibt die Verkehrssicherheit: Zwar sank die Zahl der Unfälle während der Pandemie, dieser Effekt dürfte sich aber schon 2022 mit steigender Verkehrsleistung wieder erledigt haben.

Um die Autoabhängigkeit zu senken und damit langfristig auch zur Verkehrssicherheit beizutragen, sollten die guten Ansätze beim Ausbau des ÖPNV verstetigt werden. Felix Kaufmann, Leiter Verkehr, Technik und Umwelt beim ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt beobachtet eine hohe Akzeptanz öffentlicher Verkehrsmittel im Land: "Das ist sehr positiv." Mit Blick auf das Deutschlandticket spricht er sich für weitere Verbesserungen aus: "Taktung und Infrastruktur müssen angepasst werden."

In abgelegenen Regionen ist die Elektromobilität zu forcieren, um die bereits positiven Trends bei Klima und Umwelt deutlich zu verstärken.

Alle Bundesländer in der Übersicht

Der ADAC Mobilitätsindex ist eine Kennzahl, zu der mehrere Kenngrößen verdichtet wurden. Insgesamt wurden dafür 1535 individuelle statistische Merkmale erfasst, das entspricht über 143.000 individuellen Datenreihen. Alle Daten sind zu fünf Bewertungsdimensionen zusammengefasst: Verfügbarkeit, Verkehrssicherheit, Zuverlässigkeit, Bezahlbarkeit sowie Klima und Umwelt. Diese Bewertungsdimensionen bestehen wiederum aus mehreren Leitindikatoren. Sowohl Bewertungsdimensionen als auch die Indikatoren wurden im Juni 2021 vom ADAC Verkehrsausschuss und vom ADAC Arbeitskreis Verkehr und Umwelt in ihrer Bedeutung gewichtet und fließen damit in unterschiedlicher Stärke in den ADAC Mobilitätsindex ein.

Das Ergebnis des ADAC Mobilitätsindex wird in einer einzigen Zahl ausgedrückt. Dieser Wert ermöglicht Rückschlüsse darauf, wie sich die Nachhaltigkeit der Mobilität seit dem Index-Basisjahr 2015 verbessert oder verschlechtert hat. Da das Bezugsjahr dieser Veröffentlichung 2021 ist, sind Aussagen darüber möglich, wie sich die Nachhaltigkeit der Mobilität im gesamten sowie in den untergeordneten Dimensionen von 2015 bis 2021 verändert hat.

Der Großteil der Daten für den Mobilitätsindex stammt aus öffentlich zugänglichen Statistiken etwa des Bundesamts für Statistik (DESTATIS), des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), des Bundes-Verkehrsministeriums und des Kraftfahrt-Bundesamts. Insgesamt wurden mehr als 1500 Datensätze recherchiert und für die Bildung der Indikatoren sowie die Analyse und die Erläuterung der aufgezeigten Entwicklungen herangezogen.

Die Entwicklung erfolgte in mehreren und aufeinander aufbauenden Schritten. Zunächst wurde definiert, welche Inhalte durch den Index abgebildet und zusammengefasst werden sollen, bevor daraus die notwendigen Bewertungsdimensionen abgeleitet wurden. In den nächsten Schritten wurden Daten recherchiert und ihre Qualität geprüft, bevor über ihre Zusammenstellung und Gewichtung entschieden wurde. Abschließend wurden mehrere Qualitätsprüfungen durchgeführt.

Zwischen den einzelnen Bewertungsdimensionen können Zielkonflikte herrschen. So führen eine hohe Zuverlässigkeit und eine hohe Verfügbarkeit möglicherweise zu erhöhten Schadstoffausstößen, die dann die Entwicklung der Bewertungsdimension Klima und Umwelt negativ beeinflussen. Durch die Gewichtung können die Erwartungen an die Entwicklung der Dimensionen berücksichtigt werden. Das heißt, dass die Relevanz der einzelnen Dimensionen gegeneinander abgewogen wird, um unerwünschte Effekte von einzelnen Entwicklungen zu verringern.

Zur Ermittlung der unterschiedlichen Gewichte wurde ein Kreis von Expertinnen und Experten definiert, der sich aus den Mitgliedern des ADAC Verkehrsausschusses und dem ADAC Arbeitskreis für Verkehr und Umwelt zusammensetzte. Als Ergebnis dieses Prozesses wird die Verkehrssicherheit mit 30 Prozent am stärksten berücksichtigt, darauf folgen mit 25 Prozent Klima und Umwelt sowie mit jeweils 15 Prozent Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Bezahlbarkeit. Alle Infos zu den Methoden bei der Erarbeitung finden Sie auch auf den Seiten des Prognos Instituts.

Zum ersten Mal wurde der ADAC Mobilitätsindex 2022 veröffentlicht. Für die vorliegende Fortschreibung konnten Daten der Jahre 2015 bis 2021 ausgewertet werden, denn für diese Jahre gibt es den vollständigen Datenbestand für alle Index-Indikatoren. Für 2022 aber liegen beispielsweise noch nicht alle Statistiken der Ämter und anderer Datenquellen vor.

Mit dem ADAC Mobilitätsindex gibt es erstmalig eine wissenschaftlich basierte Grundlage, mit der die nachhaltige Entwicklung der Mobilität in Deutschland umfassend beobachtet und analysiert werden kann. Damit soll zur Versachlichung der in Politik und Gesellschaft kontrovers geführten Diskussionen zu diesem Thema beigetragen werden. Zugleich stellt sich der ADAC damit seiner gesellschaftlichen Verantwortung für Verkehrssicherheit, Klima und Umwelt sowie für die Zukunft der Mobilität.

Der ADAC ist überzeugt, mit dem Mobilitätsindex ein fundiertes und methodisch innovatives Instrument zur Bewertung der Nachhaltigkeit der Mobilität entwickelt zu haben. Wie bei jeder wissenschaftlichen Arbeit gibt es jedoch auch Punkte, die weiter optimiert werden können. Dazu gehören etwa die teilweise ausbaufähige Datenverfügbarkeit insbesondere auf der Kreisebene oder auch im Zeitverlauf. Bei verbesserter Verfügbarkeit der Daten – etwa vom Bundesamt für Statistik – kann der Index künftig potenziell weiter ausgebaut werden.

Mit der Entwicklung des ADAC Mobilitätsindex wurde die Prognos AG beauftragt. Prognos ist ein unabhängiges Wirtschaftsforschungsunternehmen mit Hauptsitz in Basel. Ziel war es, zusammen mit den Expertinnen und Experten des ADAC die Veränderung der Mobilität wissenschaftlich gesichert zu ermitteln und verständlich darzustellen.

Alle Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex

Die vollständigen Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex und Details zu seiner Methodik finden Sie in diesem PDF zum Download:

Der ADAC Mobilitätsindex
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