Mobilität und Verkehr in Deutschland müssen nachhaltiger werden. Von 2015 bis 2023 hat es zwar Fortschritte gegeben, aber zuletzt immer weniger. Das zeigt der ADAC Mobilitätsindex. Gesamtindex des ADAC für das Jahr 2023 zeigt sich unverändert Verbesserungen gibt es bei Klima und Umwelt sowie Bezahlbarkeit Verschlechtert hat sich die Zuverlässigkeit auf Straßen und Schienen Politik, Industrie und Gesellschaft suchen nach einer Formel für nachhaltige Mobilität. Deshalb hat der ADAC zusammen mit dem Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos den Mobilitätsindex entwickelt. Er macht die Nachhaltigkeit der Mobilität in fünf Dimensionen messbar: Verkehrssicherheit, Klima und Umwelt, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit sowie Bezahlbarkeit. Die neueste Ausgabe des Mobilitätsindex nimmt den Zeitraum zwischen den Jahren 2015 und 2023 in den Blick. Insgesamt liegt er mit 111 Punkten zwar über dem Ausgangswert von 2015, gegenüber 2022 war er 2023 aber unverändert. Positiv wirkten sich verbesserte Luftqualität und Carsharing-Angebote aus, negativ mehr Staus auf den Straßen und Verspätungen bei der Bahn. Mobilitätsindex misst Nachhaltigkeit Der ADAC Mobilitätsindex ist eine aus vielen Indikatoren, etwa Unfallzahlen, CO₂-Ausstoß und ÖPNV-Angebot, berechnete Zahl, die die Nachhaltigkeit von Mobilität in ihren verschiedenen Dimensionen darstellt. Als Ausgangsbasis für das Jahr 2015 wurde der Wert 100 festgesetzt. Die Index-Entwicklung der folgenden Jahre veranschaulicht auf einen Blick, ob die Nachhaltigkeit der Mobilität in Deutschland Fortschritte macht. Eine Verbesserung der Situation zeigt sich in einem Wert, der über 100 liegt. Eine Verschlechterung äußert sich in einer Zahl unter 100. Nachhaltigkeit heißt für den ADAC, dass Mobilität unter sozialen, ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten zugänglich und verträglich sein soll. Die fünf Bewertungsdimensionen, die dafür maßgeblich sind, werden bei der Berechnung des Gesamtindex unterschiedlich stark gewichtet: So hat sich die Mobilität entwickelt Insgesamt ist die Mobilität in Deutschland zwischen den Jahren 2015 und 2023 nachhaltiger geworden. Nachdem der Index des ADAC bis 2019 nahezu unverändert geblieben war, stieg er ab 2020 sprunghaft auf den Wert 115 an. Vor allem drei Bewertungsdimensionen legten damals zu: Klima und Umwelt, Zuverlässigkeit sowie Verkehrssicherheit. Nur: Fast alle Verbesserungen waren coronabedingt. Denn mehrere Lockdowns, Homeoffice und Reisebeschränkungen bremsten das Verkehrsgeschehen massiv ein. Mit dem Ende des verordneten Verzichts und der Normalisierung des Verkehrsverhaltens nahm die Nachhaltigkeit wieder ab: 2023 erreichte der ADAC Mobilitätsindex das zweite Jahr in Folge den Gesamtwert 111. In den fünf Bewertungsdimensionen sind die Entwicklungen von 2022 zu 2023 unterschiedlich: Sie reichen von leichten Fortschritten bei der Verfügbarkeit (103) von Mobilität und der Verkehrssicherheit (108) über nennenswerte Verbesserungen bei Klima und Umwelt (125) sowie Bezahlbarkeit (108) bis zu deutlichen Verschlechterungen bei der Zuverlässigkeit (106). Verkehrssicherheit nimmt leicht zu Für die Bewertungsdimension Verkehrssicherheit stieg der Indexwert um einen Punkt auf 108. Ausschlaggebend dafür war vor allem, dass es auf den Straßen im Jahr 2023 weniger Unfälle mit Schwerverletzten gab – obwohl zeitgleich der Autoverkehr zunahm. Das Unfallgeschehen stieg jedoch leicht an und die Höhe der Sachschäden nahm deutlich zu. Letzteres war auch auf die hohen Preise für Neu- und Gebrauchtfahrzeuge sowie für Reparaturen zurückzuführen. Zwar ist sowohl die Zahl der im Straßenverkehr getöteten als auch der leichtverletzten Menschen von 2022 auf 2023 etwas gewachsen. Aber langfristig gehen die Personenschäden zurück. Seit dem Startjahr des Mobilitätsindex im Jahr 2015 nahmen insbesondere Unfälle mit Schwerverletzten (-22 Prozent) und Getöteten (-18 Prozent) stark ab. Verschiedene Präventionsmaßnahmen und die verbesserte Fahrzeugtechnik zeigen offenbar Wirkung. Besonders gefährdet bleiben allerdings ungeschützte Verkehrsteilnehmende wie Radfahrende und Fußgängerinnen und Fußgänger. Als Risikofaktoren sind Pedelecs und E-Scooter hinzugekommen – die dank elektrischer Unterstützung meist schneller als normale Bikes sind. Darüber hinaus sorgen Ablenkung vom Straßenverkehr durch Smartphones und Fehlverhalten unter Alkoholeinfluss öfter als früher für Unfälle. Daher sind weitere Anstrengungen für mehr Verkehrssicherheit nötig. Klima und Umwelt profitieren von Euro 6 Der Indexwert in der Bewertungsdimension Klima und Umwelt kletterte im Jahr 2023 um fünf Punkte auf 125. Das liegt daran, dass sich in Deutschland die Luftqualität erneut stark verbesserte. Der Verkehrssektor schaffte es allerdings nicht, die Zielwerte des Klimaschutzgesetzes einzuhalten, auch wenn die Emissionen von Treibhausgasen und der Energieverbrauch im Verkehr im Vergleich zum Vorjahr zumindest leicht zurückgingen. Wegen ihres geringen Anteils am Fahrzeugbestand tragen Elektroautos bislang kaum zum Rückgang der Emissionen bei. Der Rückgang von Energieverbrauch und CO₂-Ausstoß lag vor allem an weniger Lkw-Transporten. Zwar war die Verkehrsleistung auf den Straßen im Personenverkehr gestiegen, im Güterverkehr war sie aufgrund der schwächelnden Wirtschaft aber gesunken. Hauptursache für die weiterhin positive Entwicklung bei den Luftschadstoffen war, dass fast die Hälfte aller Fahrzeuge mit Verbrenner-Motoren die Euro-6-Abgasnorm erfüllte und somit weniger Stickstoffoxide ausstieß. Gemäß Klimaschutzgesetz muss Deutschland seine Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor bis zum Jahr 2030 auf 85 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente reduzieren. Nach pandemiebedingten Sondereffekten wurde das Zwischenziel für den Verkehrssektor im Jahr 2023 erneut verfehlt. Nur die Luftschadstoffe gehen stetig zurück, was vor allem an immer saubereren Motoren liegt. Carsharing steigert die Verfügbarkeit Die Möglichkeiten, mobil zu sein, haben sich gegenüber dem Basisjahr 2015 leicht verbessert. Der Indexwert für die Bewertungsdimension Verfügbarkeit von Mobilität stieg im Vergleich zum Vorjahr minimal und lag 2023 erneut bei gerundeten 103 Punkten. Das ist als Ergebnis eines wachsenden Mobilitätsangebots zu bewerten, das sich nach den pandemiebedingten Rückgängen weiter erholte. Besonders dynamisch entwickelte sich das Carsharing mit einem Plus von 27 Prozent auf mehr als 43.000 Fahrzeuge. Der Pkw-Bestand in Deutschland wuchs weiter. Die Erholung im Fernbus- sowie Luftverkehr nach der Corona-Pandemie führte dazu, dass sich das Angebot des öffentlichen Verkehrs insgesamt erneut leicht verbesserte, – wenngleich es immer noch unter dem Niveau von 2019 lag. Auch der Schienenfernverkehr trug mit mehr Abfahrten und engerer Taktung dazu bei. Der ÖPNV auf Straßen und Schienen litt jedoch unter Fachkräftemangel und steigenden Betriebskosten. In ländlichen Regionen blieb das Angebot oft unzureichend. Beim Zugang zur Verkehrsinfrastruktur herrschte Stagnation: Die Länge des Radverkehrsnetzes stieg zwar an, insgesamt blieb die Länge des Straßen- und Schienennetzes in Deutschland weitestgehend unverändert, wie die untere Grafik zeigt. Aktuellere Daten zum Schienennetz lagen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht vor. Baustellen bremsen die Zuverlässigkeit Der Indexwert für die Bewertungsdimension Zuverlässigkeit stürzte im Vergleich zum Vorjahr um 11 Punkte ab auf 106. Verantwortlich dafür war der Straßenverkehr. Ein Beispiel: Im Jahr 2023 gab es 67 Staukilometer je Autobahnkilometer – das war ein Anstieg von fast 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dass es auf den Straßen öfter zum Stillstand kam und Fahrten länger dauerten, lag an mehr Fahrzeugen und mehr Baustellen. Auch die Pünktlichkeit im Schienenverkehr verschlechterte sich weiter: Im Fernverkehr lag sie nur noch bei 61 Prozent, im Nahverkehr bei 85 Prozent. Ursächlich für häufigere Verspätungen war vor allem die hohe Zahl der Reisenden – im Regional- und Nahverkehr auch unterstützt durch das Deutschland-Ticket – bei zunehmender Bautätigkeit und Störanfälligkeit der Infrastruktur. Mehr Geld erleichtert Bezahlbarkeit Der Indexwert für die Bezahlbarkeit der Mobilität verbesserte sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr um drei Punkte auf 108. Trotz Inflation und Energiekrise blieb Mobilität in Deutschland bezogen auf das verfügbare Einkommen bezahlbar. Das Einkommen der Haushalte stieg im untersuchten Zeitraum um sieben Prozent, während sich die Anschaffungskosten für einen Neuwagen nur um vier Prozent verteuerten und die Kraftstoffpreise leicht sanken. Der motorisierte Individualverkehr wurde dadurch günstiger. Das im Mai 2023 eingeführte Deutschland-Ticket machte den öffentlichen Verkehr attraktiver und Fahrten im ÖPNV mit Bus, S-Bahn, Tram und Nahverkehrszügen günstiger. Doch dieser Kostenvorteil und das Einkommensplus in vielen Haushalten wurden durch steigende Preise im Fern- und Flugverkehr beinahe neutralisiert. Nach dem bis dato teuersten Tankjahr 2022 war 2023 von leichter Entspannung auf dem Rohölmarkt und stabilisierten Lieferketten geprägt. Die durchschnittlichen Preise für Super E10 sanken um etwa 3,7 Prozent und für Diesel um 11,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dennoch waren die Spritpreise auf dem zweithöchsten Niveau aller Zeiten. Das spiegelte sich auch im Verbraucherpreisindex wider. ADAC: Das muss sich jetzt tun Wie lässt sich das Tempo in Richtung nachhaltiger Entwicklung der Mobilität beschleunigen? Für die verschiedenen Dimensionen gibt der ADAC ganz konkrete Handlungsempfehlungen. ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand Häufige Fragen und Antworten Alle Ergebnisse als Downloads Die vollständigen Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex und Details zu seiner Methodik finden Sie in diesen PDF-Dateien zum Download. Kurzbericht: Kompakte Darstellung und Einordnung der Ergebnisse des aktuellen ADAC Mobilitätsindex auf Bundesebene. Ergebnisbericht: Ausführliche Informationen zu Methodik und alle Ergebnisse auf Bundesebene und Länderebene sowie ein Ranking von Einzelindikatoren in den Bundesländern.