Abstandsmessung – mit Videokameras Jagd auf Drängler

Abstandsmessung auf einer Autobahnbrücke mittels Videoaufzeichnung
Abstandsmessung auf einer Autobahnbrücke mittels Videoaufzeichnung© ADAC/Theo Klein

Ein zu geringer Abstand ist eine der Hauptursachen für schwere Verkehrsunfälle auf Autobahnen. Welche Sicherheitsabstände gelten? Welche Bußgelder drohen bei Verstößen? Und wie funktioniert die Abstandsmessung? Das müssen Sie wissen.

  • Halber Tacho und Zwei-Sekunden-Regel für richtigen Abstand

  • Bei zu geringem Abstand drohen hohe Strafen

  • Mit Videokameras werden Abstandsverstöße dokumentiert

Sie kennen die Situation: Auf der Autobahn nähert sich von hinten ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit, bremst erst kurz hinter Ihnen ab und fährt dann über einen längeren Zeitraum unangenehm dicht direkt hinter Ihrem Pkw. Nichts nervt Autofahrer mehr als solche Drängler. Um Verstöße gegen den Sicherheitsabstand zu dokumentieren und Dränglern so das Handwerk zu legen, überwacht die Polizei den richtigen Abstand – mit Messungen auf Basis von Videoaufzeichnungen. Hier drohen hohe Strafen.

Der richtige Sicherheitsabstand

Wie viel Abstand muss ich in welcher Situation einhalten? Die Straßenverkehrsordnung ist in diesem Punkt zwar eindeutig, aber nicht konkret: Der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug muss so groß sein, dass der Fahrer das eigene Auto auch dann problemlos anhalten kann, wenn der Vordermann unerwartet abbremst. Ein zu geringer Sicherheitsabstand lässt sich so vermeiden. Aber wie kann ich prüfen, ob ich den richtigen Abstand einhalte?

Zwei Faustformeln sorgen für mehr Sicherheit:

Faustformel 1: "Halber Tacho"

Außerhalb geschlossener Ortschaften können Sie den Abstand ganz einfach mit dem "Halben Tacho" einhalten. Beispiel: Sie sind mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h unterwegs. Dann sollte der Abstand zum Vordermann mindestens 50 Meter betragen.

Die Entfernung können Sie anhand der Leitpfosten am Straßenrand abschätzen, in der Regel stehen sie jeweils 50 Meter voneinander entfernt.

Faustformel 2: "Die Zwei-Sekunden-Regel"

Orientieren Sie sich während der Fahrt an einem auffälligen Bauwerk oder Landschaftsmerkmal, etwa einer Brücke oder einem einzelnen Baum. Wenn das vorausfahrende Auto diesen Punkt passiert, beginnen Sie, die Sekunden zu zählen. Frühestens nach zwei Sekunden sollten Sie die gleiche Stelle passieren.

Auf Autobahnen werden regelmäßig Abstandsmessungen vorgenommen © Shutterstock/Elenamiv

Wo die Technik hilft – Abstandswarner und ACC

Damit Sie sich beim Fahren ganz auf den Verkehr konzentrieren können, hilft die Technik beim Einhalten des richtigen Abstands. Abstandswarner oder Abstandsregel-Tempomaten (Adaptive Cruise Control, kurz ACC) nutzen Radarsignale zur Abstandsmessung. Während Abstandswarner den Fahrer lediglich durch akustische und visuelle Signale vorwarnen, hält das ACC das vorgegebene Tempo und den dazu passenden Abstand selbstständig, bremst bei Bedarf und beschleunigt anschließend wieder. In Deutschland sind etwa 2,5 Millionen dieser Systeme verbaut.

Wichtig: Auch wenn Sie sich als Fahrer durch derartige Systeme unterstützen lassen, bleiben Sie in letzter Konsequenz für die Einhaltung des richtigen Abstands selbst verantwortlich.

Bußgelder und Strafen bei Abstandsverstoß

Gefährlich und teuer: die Unterschreitung des Mindestanstands © ADAC/Theo Klein

Wenn Sie nicht nur den Mindestabstand unterschreiten, sondern darüber hinaus auch extrem dicht auffahren, kann dies als Straftat eingestuft werden. Der Tatbestand lautet "Nötigung im Straßenverkehr". Beträgt Ihr Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nur wenige Meter und bedrängen Sie den Vordermann über eine längere Strecke hinweg mit Lichthupe, leiten die Behörden ein strafrechtliches Verfahren gegen Sie ein. Neben einer hohen Geldstrafe erwartet Sie dann auch ein Fahrverbot oder der Entzug des Führerscheins. Bei Abstandsverstößen bietet der Bußgeldkatalog eine Differenzierung nach Geschwindigkeit und Abstand.

Doch Vorsicht, im Einzelfall kann die Behörde auch vorsätzliches Verhalten annehmen. In einem Urteil des Amtsgerichts Landstuhl ergab die Messung, dass der beschuldigte Autofahrer für mehr als zwei Sekunden zu wenig Abstand zum Vordermann hatte. Diesen Abstand hätte er selbst durch leichtes Abbremsen problemlos vergrößern können. Weil er das aber nicht tat, ging das Gericht davon aus, dass sich der Autofahrer der Unterschreitung des Abstands bewusst war oder diese zumindest billigte. Daher nahm das Gericht Vorsatz an und verdoppelte das Bußgeld.

Diese Strafen gelten bei Abstandsverstößen



Bußgeld *

Punkte

Fahrverbot

bei unter 80 km/h

ohne Gefährdung

25 €

-

-


mit Gefährdung

30 €

-

-


mit Sachbeschädigung

35 €

-

-

bei über 80 km/h

mit weniger Abstand als 5/10 des halben Tachowerts

75 €

1

-


... 4/10 ...

100 €

1

-


... 3/10 ...

160 €

1

-


... 2/10 ...

240 €

1

-


... 1/10 ...

320 €

1

-

bei über 100 km/h

mit weniger Abstand als 5/10 des halben Tachowerts

75 €

1

-


... 4/10 ...

100 €

1

-


... 3/10 ...

160 €

2

1 Monat


... 2/10 ...

240 €

2

2 Monate


... 1/10 ...

320 €

2

3 Monate

bei über 130 km/h

mit weniger Abstand als 5/10 des halben Tachowerts

100 €

1

-


... 4/10 ...

180 €

1

-


... 3/10 ...

240 €

2

1 Monat


... 2/10 ...

320 €

2

2 Monate


... 1/10 ...

400 €

2

3 Monate

* Das Bußgeld ist zusätzlich mit ca. 28,50 Euro für Auslagen und Gebühren verbunden.

Mit dem ADAC Online-Bußgeldrechner können Sie u.a. den Regelsatz für Bußgelder bei Abstandsverstößen berechnen.

Gut zu wissen: Nur ein gefährdender Abstand wird sanktioniert. Um einen Verstoß dieser Art handelt es sich dann, wenn Sie den Sicherheitsabstand über einen längeren Zeitraum nicht einhalten. Daher werden der Nah- und der Fernbereich der Messstelle meist durch zwei Videokameras dokumentiert.

Abstandsmessung – diese Methoden gibt es

Bei der Abstandsmessung kommen verschiedene technische Methoden zum Einsatz, bei denen übrigens immer sowohl Geschwindigkeit als auch Abstand gemessen werden.

Das Verkehrskontroll-System (VKS)

Bei der Brückenabstandsmessung kommen Videokameras zum Einsatz © ADAC/Theo Klein

Bei diesem Messverfahren werden auf der Fahrbahn vier fixe Messpunkte und zwei Kontrollpunkte markiert und exakt vermessen. Eine Software wandelt diese Punkte dann in ein virtuelles Messfeld um. Auf einer Brücke mit mindestens 300 Metern freier Geradeaus-Sicht platzierte Videokameras halten das Verkehrsgeschehen visuell fest. Die Mindesthöhe für das VKS beträgt drei Meter.

Fährt ein Fahrzeug durch die Messzone, kann die Software anhand des Messrasters nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug ermitteln. Bei einem Abstandsverstoß werden Fahrzeug und Kennzeichen aufgenommen. Das VKS ist auch als "Abstandsblitzer" bekannt.

Die Videoabstandsmessanlage (VAMA)

Die VAMA ist wie das VKS meist auf Autobahnbrücken installiert und nutzt ebenfalls vorab markierte Messbereiche auf der Fahrbahn. Auf der Brücke stehen zwei mobile oder stationäre Videokameras, die an eine Videostoppuhr gekoppelt sind. Beamte in einem Fahrzeug beobachten die Videoaufzeichnungen und lösen bei Verstößen einen Blitzer aus.

Das ProViDa-System

Dieses Videonachfahr-System kommt in zivilen Polizeifahrzeugen zum Einsatz. Zur Messung folgt das Zivilfahrzeug einem anderen Fahrzeug in einem möglichst konstanten Abstand. Dabei erfassen Sensoren die Raddrehzahl und messen so die gefahrene Geschwindigkeit, die auf einem mitlaufenden Video eingeblendet wird. Für die Abstandsberechnung wird eine zusätzliche Software eingesetzt. Kameras machen Beweisbilder.

Kann ich Einspruch gegen den Bescheid einlegen?

Bei Abstandsmessungen der Polizei sind in Einzelfällen Fehler durch die eingesetzte Technik oder auch bei Messung und Auswertung durch die Beamten nicht auszuschließen. Diese Fehler nachzuweisen, ist außerordentlich aufwendig. Sie brauchen dafür meist einen Anwalt oder Sachverständigen, der die Ermittlungsakte auswertet und die Messunterlagen sowie die Messvideos analysiert. Erst aufgrund eines so nachgewiesenen Fehlers kann ein Richter über die Einstellung des Verfahrens, eine Reduzierung des Bußgelds oder das Absehen von einem Fahrverbot entscheiden.

Da für solche Gutachten hohe Kosten entstehen können, sollten Sie unbedingt vorab prüfen, ob Sie eine eintrittspflichtige Verkehrsrechtsschutzversicherung haben, und dort anfragen, ob diese die Kosten eines Gutachtens übernimmt.

So reagieren Sie richtig bei Dränglern

Wenn Drängler so dicht auffahren, heißt es: Ruhe bewahren © stock.adobe.com/ Wellnhofer Designs

Für den Umgang mit penetranten Dränglern rät der ADAC: Behalten Sie beim Überholen auf der Autobahn den Verkehr von hinten stets im Auge. Verzichten Sie auf das Überholen, wenn sich ein deutlich schnelleres Fahrzeug nähert. Wenn Ihnen der Hintermann an der Stoßstange klebt, sollten Sie versuchen, Ruhe zu bewahren und den Druck auf keinen Fall auf den Vorausfahrenden verlagern.

Lassen Sie sich auf keinen Fall auf Machtspielchen ein. Die ADAC Experten wissen: "Der drängelnde Hintermann verhält sich ohnehin schon irrational, das könnte ihn noch mehr provozieren."

So gehen Sie mit Dränglern um

Bewahren Sie Ruhe und geben Sie bei nächster Gelegenheit den Weg frei.