Überholen: Wo ist es verboten, wo erlaubt?
Muss es wirklich sein? Diese Frage sollten sich Autofahrende beim Überholen immer stellen. Denn Fehler können hier tödlich enden. Wann Überholen erlaubt ist – und wann verboten.
Checkliste, in welchen Situationen Überholen verboten ist
Wann rechts überholen möglich und erlaubt ist
Auf Autobahnen, Landstraßen und innerorts überholen: Das sind die Regeln
Autofahrerinnen und -fahrer schätzen Geschwindigkeiten und Distanzen beim Überholen oft falsch ein. Deshalb kommt es immer wieder zu kritischen Situationen und Unfällen. Das zeigen Zahlen der ADAC Unfallforschung, die mit fast 40 Prozent deutlich häufiger lebensbedrohliche Verletzungen bei Überholunfällen registriert als bei anderen Unfällen. Umso wichtiger, beim Überholen immer vorsichtig zu sein und die Regeln zu kennen.
Regeln: Wann Überholen verboten ist
In folgenden Situationen ist das Überholen grundsätzlich verboten:
Wenn Sie während des gesamten Überholvorgangs nicht jede Behinderung des Gegenverkehrs ausschließen können.
Wenn die Verkehrslage unklar ist.
Wenn Verkehrszeichen dies anzeigen.
An einem Fußgängerüberweg.
Wenn ein Bus oder eine Straßenbahn mit Warnblinklicht eine Haltestelle anfährt.
Bei eingeschränkter Sicht durch Nebel, Schneefall oder Regen.
Wenn Sie nicht die gesamte Überholstrecke überblicken können.
Wenn Sie als Überholender nicht wesentlich schneller fahren können als der zu Überholende (ohne dabei die Höchstgeschwindigkeit zu übertreten).
Generell gilt: Es wird links überholt. Dabei gibt es Ausnahmen, in denen rechts überholen gestattet ist.
Überholen auf Autobahnen
Auf Autobahnen müssen Sie generell links überholen. Nur unter folgenden Voraussetzungen dürfen Sie rechts überholen: Bei Stau und zäh fließendem Verkehr (maximal 60 km/h) dürfen Sie mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und äußerster Vorsicht rechts überholen. Das gilt, wenn der Verkehr auf allen Fahrstreifen so dicht ist, dass der Verkehr mal auf der einen, mal auf der anderen Fahrspur etwas schneller ist.
Außerdem dürfen Fahrzeuge dann mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholt werden, wenn sie auf dem linken Fahrstreifen stehen oder langsam (maximal 60 km/h) fahren. Dabei gilt: Bei stehendem Verkehr dürfen Sie auf dem rechten Fahrstreifen mit einer Geschwindigkeit von maximal 20 km/h überholen. Ist der Verkehr auf dem linken Fahrstreifen langsam in Bewegung, so darf rechts höchstens mit einer Differenzgeschwindigkeit von 20 km/h gefahren werden. Dort sind dann maximal 80 km/h erlaubt.
Überholen auf Landstraßen
Das Überholen auf Landstraßen ist riskant und eine häufige Ursache für schwere Unfälle. Deshalb gilt: Auf Landstraßen dürfen Sie nur dann überholen, wenn Sie während des gesamten Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausschließen können. Grundsätzlich sollte beim Überholen auf Landstraßen immer Sicherheit vor Schnelligkeit gehen.
Überholverbote auf Landstraßen können explizit durch Verkehrszeichen angezeigt und aufgehoben werden. An besonders gefährlichen Abschnitten, wie etwa extrem kurvigen Strecken oder direkt vor Kuppen, stehen allerdings häufig keine Verkehrszeichen zum Überholverbot. Was auf den ersten Blick merkwürdig scheint, erklärt sich aus der eindeutigen Gefahrenlage: Die Überholstrecke kann nicht überblickt werden. Wer umsichtig fährt, wird hier ohnehin nicht überholen, weil man erkennt, dass es extrem gefährlich ist.
Übrigens: Überholen auf der Landstraße lohnt sich in der Regel nicht, wie ein ADAC Test auf der Bundesstraße 12 gezeigt hat. Die geringe Zeitersparnis wiegt das Risiko des Überholens nicht auf.
Wichtig: Beim Überholen von Fahrrädern, Fußgängern und E-Scootern müssen Sie außerorts generell zwei Meter Mindestabstand halten.
Überholen innerorts: Was gilt?
Das Überholen ist auch innerorts nur dann zulässig, wenn die Verkehrslage klar ist und die Überholstrecke vollständig überblickt werden kann.
Die Dynamik des innerstädtischen Verkehrs schließt diese Voraussetzung in der Regel aus. Es ist meistens nicht vorhersehbar, ob während eines Überholvorgangs nicht etwa unerwartet ein Fahrzeug ausparkt oder aus einer nicht einzusehenden Einmündung oder Grundstücksausfahrt kommt. ADAC Verkehrsexperten haben hierzu eine klare Auffassung: In den allermeisten Fällen ist auf Straßen mit nur einem Fahrstreifen pro Richtung die Verkehrslage innerorts im rechtlichen Sinn unklar. Auf Überholmanöver sollten bzw. müssen Sie hier deshalb verzichten.
Dazu kommt die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit (in der Regel 50 km/h), die ein Überholen innerorts kaum ohne Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit ermöglicht.
Unabhängig von den realen Gegebenheiten herrscht innerhalb von Ortschaften kein generelles Überholverbot. Grundsätzlich muss zwar auch innerorts links überholt werden, doch bei zwei oder mehr Fahrstreifen in einer Richtung dürfen Sie mit einem Kfz bis zu 3,5 Tonnen rechts überholen.
Verboten ist das Überholen an Fußgängerüberwegen. Stehen Busse, Schulbusse und Straßenbahnen an Haltestellen, dürfen Autofahrende an diesen nur vorsichtig vorbeifahren. Das gilt auch für den Gegenverkehr. Wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen, dann dürfen sie sogar nur mit Schrittgeschwindigkeit und ausreichendem Sicherheitsabstand vorbeifahren, so dass Fahrgäste weder gefährdet noch behindert werden.
Beim Überholen von Fahrrädern, Fußgängern und E-Scootern müssen Sie innerorts einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten.
Verkehrszeichen, die man kennen sollte
Verkehrszeichen 295: Die Fahrstreifenbegrenzung in Form einer durchgezogenen Linie trennt den Gegenverkehr ab. Sie dürfen diese Linie weder be- noch überfahren.
Verkehrszeichen 276: Es gilt ein Überholverbot für Kraftfahrzeuge aller Art.
Verkehrszeichen 277: Es gilt ein Überholverbot für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen einschließlich ihrer Anhänger und für Zugmaschinen. Davon ausgenommen sind Pkw und Kraftomnibusse.
Verkehrszeichen 277.1: Dieses Zeichen zeigt das Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen an. Das Überholverbot von Zweirädern soll z.B. an engen Stellen aufgestellt werden.
Verkehrszeichen 280: Dieses Zeichen zeigt das Ende des Überholverbots für Kraftfahrzeuge aller Art an.
Verkehrszeichen 281: Dieses Zeichen zeigt das Ende des Überholverbots für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen einschließlich ihrer Anhänger und für Zugmaschinen an.
Verkehrszeichen 282: Dieses Zeichen zeigt das Ende sämtlicher streckenbezogener Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverbote an.
Zusatzzeichen 1060-33: Mit diesem Zusatzzeichen gilt das durch Zeichen 277 angeordnete Überholverbot für Kraftfahrzeuge über 7,5 Tonnen einschließlich ihrer Anhänger.
Zusatzzeichen 1001-32: Dieses Zusatzzeichen wird zusammen mit dem Zeichen 277 oft im Bereich von Autobahnbaustellen verwendet. Man möchte damit vermeiden, dass ein Pkw mit Anhänger etwa durch Schlingern sogenannte Touchierunfälle auslöst bzw. dass Busse auf einer zu schmalen linken Spur überholen.
Zusatzzeichen 1001-30: Dieses Zusatzzeichen gibt in Kombination mit Zeichen 277 die Länge des Überholverbots an – in diesem Fall beträgt sie 800 Meter.
Überholverbot für Lkw
Überholen auf der Autobahn: Lkw brauchen aufgrund von Länge und Gewicht grundsätzlich sehr lange zum Überholen. Auch hier gilt der Grundsatz: Das überholende Fahrzeug muss wesentlich schneller als der Überholte sein. Außerdem sollte der Überholvorgang innerhalb von 45 Sekunden abgeschlossen sein. Überholverbote für Lkw werden durch die oben gezeigten Verkehrszeichen geregelt.
Für Pkw mit Anhänger oder Wohnwagen gelten beim Überholen keine speziellen Regeln. Ein Überholverbot kann explizit durch Verkehrszeichen 276 oder 277 mit dem Zusatzzeichen "Pkw mit Anhänger" angeordnet werden.
Überholen trotz Verbot: Die Bußgelder
Tipps: So überholen Sie sicher und richtig
Überholen Sie ausschließlich links und ordnen Sie sich so schnell wie möglich wieder rechts ein.
Beim Überholvorgang sollte Ihre Geschwindigkeit deutlich höher sein als die des zu Überholenden.
Sie dürfen die angegebene Höchstgeschwindigkeit während des Überholens nicht überschreiten.
Halten Sie sich beim Überholen immer an den vorgeschriebenen Seitenabstand.
Eine Behinderung oder Gefährdung des Fahrzeugs, das überholt wird, oder des Gegenverkehrs ist verboten.
Achten Sie darauf, den nachfolgenden Verkehr nicht zu gefährden, wenn Sie zum Überholen ausscheren. Blicken Sie vorher unbedingt über die Schulter. Vergessen Sie nicht, vor dem Ausscheren zu blinken – dies gilt auch beim Einordnen nach dem Überholen.
Grundsätzlich ist das Überholen verboten, wenn Sie keine Sicht auf den Gegenverkehr und die gesamte Überholstrecke haben oder die Verkehrslage unklar ist.