Niu RQi Sport: Vollwert-Stromer-Bike aus China

Seitenansicht einer fahrenden NIU RQi Sport
Die Niu RQi Sport glänzt mit gutem Handling© RKM

Das Angebot an elektrischen Motorrädern ist noch relativ klein. Umso gespannter waren wir auf die RQi Sport von Niu. Bei Fahrleistungen und Ausstattung überzeugt das China-Bike auf Anhieb. In anderen Disziplinen ist noch Luft nach oben. Fahrbericht, Daten, Bilder, Preis.

  • Sehr dynamischer Motor

  • Lange Ladezeit

  • Hochwertige Ausstattung

Der chinesische Elektropionier Niu bringt nach den erfolgreichen E-Rollern mit der RQi Sport nun erstmals ein Elektromotorrad als 125er-Äquivalent auf den Markt. In der Vergangenheit definierten sich viele Elektrovehikel primär über die lokal emissionsfreie Antriebsquelle und verstanden sich erst in zweiter Linie als vollwertige Verkehrsmittel – das tat der Faszination nach einer ersten Kennenlern-, Probier- und Testphase häufig rapide Abbruch.

Doch die Hersteller haben dazugelernt, wie die RQi beweist: Das E-Motorrad sieht nicht nur wie ein richtiges Motorrad der Leichtkraftklasse Le3 aus, es fühlt sich beim Aufsteigen sogar noch erwachsener an.

Testfahrt mit dem 10-PS-Motor

Akku der NIU RQi Sport
Die Akkublöcke in der Tankattrappe sind nicht herausnehmbar© RKM

Hinter dem breiten, nach oben gekröpften Lenker stellt sich ein aufrechtes Roadsterfeeling ein, mit lässig auf tiefen Fußrasten ruhenden Stiefeln und megaentspannten Kniewinkeln neben dem etwas breiten "Tank".

Hier wird kein Sprit gebunkert, es lagern vielmehr zwei mächtige Akkublöcke unter einer großen Klappe, geöffnet vom Transponderschlüssel oder dem zentralen Steuerknopf. Mit je 23 Kilo sind sie eigentlich zu schwer zum möglichen Herausnehmen, dafür bunkern sie 5,1 kWh Energie und versorgen damit den im Rahmen fixierten Elektromotor, der seine Spitzenleistung von gut 10 PS ohne Getriebe direkt über eine Kette ans Hinterrad abgibt.

Über eine Schiebetaste an der rechten Armatur stehen zwei Fahrmodi zur Verfügung, die Ansprechverhalten, Drehmomententfaltung und Spitzentempo elektronisch modulieren. In beiden Modi nimmt die Elektronik die satten 30 Newtonmeter beim Anfahren stark an die Kandare, die Niu setzt sich erstaunlich verhalten in Bewegung. Danach zischt das chinesische E-Mobil mit Verve auf und davon, beschleunigt nahtlos und lässt dem Rest des Verkehrs keine Chance.

Weder Lastwechsel noch Vibrationen trüben die Fahrdynamik, lediglich eine minimale Verzögerung beim Umsetzen der Vortriebswünsche ist zu notieren. Bis auf das Surren des E-Motors und leichte Abrollgeräusche von Reifen und Kette dringen keinerlei Geräusche an unbeteiligte Ohren.

Neben dem gewaltigen Durchzug imponiert die RQi mit ihrer Höchstgeschwindigkeit: Im Dynamic-Modus liegen echte 101 km/h an, mittels einer Boost-Taste an der Vorderseite der rechten Bedieneinheit ist für 30 Sekunden sogar Tacho 126 drin – für ein 125er-Äquivalent ziemlich beeindruckend, da kommt kein Leichtkraftrad hinterher. Zu viel Vollgas bedeutet aber auch eine starke Erwärmung von Akku, Motor und Steuerelektronik, deshalb geht die RQi in solchen Momenten erst einmal in die Knie.

Das System hilft aber auch dem Antritt auf die Sprünge: Im Stand betätigt wirkt es wie eine Startautomatik (Launch Control) und beschleunigt das chinesische E-Motorrad in 2,9 Sekunden auf 50 km/h.

Das Display ist hochmodern

Display einer NIU RQi Sport
Das Display bietet mehrere Layouts zur Auswahl© RKM

Die Boost-Bereitschaft wird von einer mittigen Anzeige im farbigen TFT-Instrument signalisiert, wie auch die Zeitspanne, die das System braucht, um erneut boostfähig zu werden. Überhaupt repräsentiert diese Digitalanzeige den modernen Vernetzungsgrad heutiger Fahrzeuge: Über die Verbindung via Handy mit der Niu-App lassen sich verschiedene Anzeigelayouts auf das Display zaubern, ein Kriechgang vor- und rückwärts einlegen oder die Startbereitschaft per Handy-Näherung konfigurieren. Dazu sind zwei im Heck und über dem Scheinwerfer installierte Dashcams abrufbar, die den vorderen und hinteren Verkehr beobachten.

Hochwertige Ausstattung

Seitenansicht einer stehenden NIU RQi Sport
Serienmäßig an Bord: Tempomat und ABS© RKM

Auch die übrige Ausstattung kann sich sehen lassen: einstellbare Hebel, Tempomat, ABS vorn und hinten, selbstrückstellende Blinker und Traktionskontrolle. All das kommt dem Fahrerlebnis zugute: Wirkt die mit 186 Kilo nicht gerade leichte Niu beim Rangieren noch schwerfällig, wandelt sich das beim Fahren in die Souveränität eines Mittelklassemotorrades. Bestens dirigierbar über die breite Lenkstange lenkt das E-Bike auf der gewünschten Linie ein und bleibt in Schräglage nachvollziehbar und stabil.

Flink wedelt die RQi von einer Ecke in die andere, hier machen sich die hochwertigen Pirelli-Pneus bezahlt, die guten Grip mit klarem Feedback paaren. Top sind auch die Bremsen: Im Vorderrad nimmt die Vierkolben-Radialzange von Brembo die Einzelscheibe mächtig in die Mangel, allerdings greift das ABS sehr früh ein und verhindert ein blockierendes Rad.

Motorrad und Roller: Neuheiten, Tests, Fahrberichte

Mäßiger Fahrkomfort

Frontansicht einer fahrenden NIU RQi Sport
Das Fahrwerk der Niu RQi Sport könnte besser sein© RKM

Gegenüber der herzerfrischenden Dynamik fällt der Komfort ein wenig ab. Üblen Pockenasphalt verdauen die Federelemente nicht gerade sensibel, gerade das hintere Federbein könnte etwas nachgiebiger ans Werk gehen.

Dafür sitzt es sich wie erwähnt kommod auch auf langen Strecken, womit die Themen Reichweite und Ladezeiten in den Blick geraten: Tatsächlich schafft die RQi knapp 100 Kilometer, legt die letzten 20 davon (ab 15 Prozent Batteriekapazität) aber im E-Save-Modus mit maximal 47 km/h zurück. Sind beide Akkus leer, dauert es laut Hersteller bis zur Vollladung lange 7 Stunden – in unserem Test ging das nur unwesentlich schneller. Das relativiert die famose Fahrvorstellung ein wenig, wie auch die knapp 8000 Euro, die der Niu-Händler für die fahrfrische RQi verlangt.

Fahrberichte, Events, Tourentipps: Motorrad-Infos vom ADAC

NIU RQi Sport: Technische Daten, Preis

HerstellerangabenNiu RQI Sport
Motor- Zylinder, Elektromotor, 0 ccm Hubraum, 5,0 kW bei /min, max.Drehmoment bei U/min, Ventile/Zylinder, -, k.A.
AssistenzsystemeWechsel-Akkus, Betriebsspannung 72 V, Laden über 230 V, vier verschiedene Fahrmodi, Ausstattung u.a.: Traktionskontrolle, Lichtsensor, Launch-Control,
Fahrwerkk.A.; mm Up-Side-Down-Telegabel, mm Federweg; Zweiarmschwinge hinten, mm Federweg;
MaßeLeergewicht ca. 185 kg, zul. Gesamtgewicht 336 kg; Länge/Breite/Höhe 2080 / 835 / 1108 mm, Sitzhöhe 825 mm; Tankinhalt l
BremsenKombibremssystem, vorne Scheibe, 300 mm, hinten Scheibe, 240 mm
Fahrleistungen / VerbrauchHöchstgeschwindigkeit ca. 110 km/h, k.A. l/100 km
Preis7999 Euro

Text: Thilo Kozik/SP-X