Ducati Scrambler Icon: Fahrbericht der neuen Generation
Die Ducati-Scrambler-Baureihe wurde technisch gründlich überarbeitet. Und auch am Image der Modelle Icon, Full Throttle und Nightshift wurde gefeilt. Fahrbericht, Bilder, Daten, Preis.
Ordentliche Motorisierung, mäßige Reichweite
Sehr einfach im Handling, viele Assistenzsysteme
Weiter erhältlich: Scrambler 1100 Dark Pro, Tribute Pro und Sport Pro
2014 feierte die Ducati Scrambler ihre Wiederauferstehung: Die Bezüge auf das Original von 1962 waren gut erkennbar und halfen erheblich dabei, die technisch gesehen eher einfach gestrickte Scrambler 800 auf den Märkten zu etablieren. Nun ist es Zeit für ein gründliches Update.
Wer nur flüchtig hinschaut, erkennt einfach "die Scrambler". Dabei wurde eine ganze Reihe Details nicht nur verändert, sondern gründlich weiterentwickelt. Eine neue Generation? Die Marketingabteilung will das glauben machen: Als "Next Gen Freedom" wird sie angepriesen. Jung, bunt und spaßig wird sie für knapp 11.000 Euro platziert.
Primär ist die neue Ducati Scrambler – wir fuhren die Basisversion Icon – moderner und leichter geworden, aber auch bunter: Leuchtende Farben sind gesetzt, alleine für die Icon gibt es sechs Dekorsets, die in unter einer Stunde montiert sein sollen und für überschaubare 285 Euro einen ganz neuen Look bieten.
Im Test: Starker 73-PS-Motor
Aber freilich ist vieles geblieben: An erster Stelle ist der luftgekühlte Zweiventiler mit 803 Kubikzentimetern Hubraum und 54 kW/73 PS zu nennen; allerdings weist er nun eine erheblich ausgeweitete Motorelektronik auf. Ride-by-Wire ersetzt die früheren Bowdenzüge und macht zwei Fahrmodi ("Road", "Sport") möglich. Der Zweizylinder überzeugt durch feine Gasannahme, eine sehr angenehme Leistungsabgabe und genügend Power: Das Zweiventiltriebwerk gibt sich drehfreudig und agil, ist aber für seine Größe nicht sparsam: Unter fünf Liter wird kaum ein Scramber-Fahrer 100 Kilometer weit kommen. Viel mehr als 200 Kilometer am Stück sind im 13,5 Liter-Tank also nicht drin.
Die machen allerdings Spaß. Denn die 185 Kilogramm leichte Scrambler ist ein ausgesprochen leicht zu handhabendes, dabei kein bisschen nervöses Motorrad geworden. Schon kleine Kommandos am Lenker genügen und die Italienerin tut, was ihr Fahrer von ihr erwartet. Willig schnappt sie nach jeder Kurve und absolviert diese präzise und stabil, sie federt und dämpft sportlich, aber nicht ungehobelt und bremst stabil und gut dosierbar, wenngleich der Biss eher verhalten erscheint.
Ausgesprochen vorteilhaft präsentiert sich die veränderte Auspuffanlage: Die Hitzeabstrahlung in Richtung Fahrerbeine konnte wirksam reduziert werden, der Sound ist gefällig und typisch Ducati, gleichzeitig aber keine Belästigung für Umstehende.
Vielseitig einsetzbar
Die neue Ducati Scrambler ist nicht nur bunt, sondern gibt sich auch im praktischen Test vielfältig: Sie absolviert hohes Tempo – das Maximum liegt bei 195 km/h – genauso sicher, wie Ausflüge auf breiten Bundesstraßen und kurvigen Abschnitten kleiner Nebenstrecken, kommt auf Naturstraßen ordentlich zurecht und erfreut insofern als Multitalent. Die Bedienung ist einfach, der Sitz in leicht zugänglichen 79,5 cm Höhe montiert. Alle Schalter und Hebel sind griffgünstig platziert, der Lenker angenehm geformt. So muss es sein, wenn man ein breites Publikum ansprechen will.
Viele neue Assistenzsysteme
Die Sicherheitsausstattung der neuen Scrambler-Generation hat stark zugelegt. Gab sich die erste Generation diesbezüglich noch vollkommen puristisch, hat Ducati nun fast alles integriert, was heute en vogue ist: Die schräglagenabhängig regelnde Traktionskontrolle ist vierstufig einstell- oder auch abschaltbar, dazu hält sich ein Kurven-ABS in Reserve. Puristisch ist das fraglos nicht mehr, eher erscheint es zeitgemäß. Und die Fahrfreude kappt die Elektronik nicht.
Eher freut man sich über die neue Technik, denn es gibt nun Voll-LED-Beleuchtung inklusive eines charakteristischen Tagfahrlichts sowie ein gut ablesbares, stilistisch einfach gehaltenes TFT-Display im Cockpit. Das Bordcomputer-Menü ist klar strukturiert und deshalb gut bedienbar. Die Elektronisierung geht allerdings, wenn auch gegen Mehrpreis, noch weiter: Sogar ein Quickshifter zum kupplungslosen Gangwechsel ist lieferbar. Gegen Zuzahlung bei der Icon, in Serie bei den teureren Versionen Nightshift und Full Throttle. Ein Tempomat ist leider nicht lieferbar.
Bilder: Ducati Scrambler Icon, Full Throttle, Nightshift
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Technische Daten Ducati Scrambler Icon
Herstellerangaben | |
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Motor | Luftgekühlter Zweizylinder-V-Motor in L-Konfiguration, 803 ccm Hubraum, zwei Ventile pro Zylinder, ohc, 54 kW/73 PS bei 8250 U/min, 65 Nm bei 7000 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kette |
Fahrleistungen und Verbrauch | Höchstgeschwindigkeit 195 km/h, Normverbrauch 5,2 l/100 km |
Fahrwerk | Stahl-Gitterrohrrahmen, 41 mm ø USD-Telegabel vorne, 150 mm Federweg; Aluminiumguss-Schwinge hinten, Zentralfederbein, Vorspannung einstellbar, 150 km Federweg; Aluminiumgussräder; Reifen vorne 110/80 R 18, hinten 180/55 R 17; 330 mm ø Einscheibenbremse vorne, 245 mm ø Einscheibenbremse hinten |
Assistenzsysteme | Zwei Fahrmodi, Kurven-ABS, schräglagenfähige Traktionskontrolle |
Maße und Gewichte | Radstand 1449 mm, Sitzhöhe 795 mm, Gewicht fahrfertig vollgetankt 185 kg, Zuladung 173 kg, Standgeräusch 93 dB(A). Tankinhalt 13,5 l |
Preis | 10.590 Euro zuzügl. NK |
Fazit: Teurer Spaßmacher
Trotz der umfangreichen Modifikationen vermittelt die Ducati Scrambler in der Icon-Version einen angenehm bodenständigen Eindruck: Ihre Stärken – primär pures, großes Fahrvergnügen – kommen ausgezeichnet zur Geltung. Sie macht Spaß auf jeder Art Straße, gibt sich modern und zeitgemäß, aber nicht überkandidelt.
Mit nahezu 11.000 Euro ist sie freilich auch weit jenseits von preisgünstig: Für so viel Geld gibt es auch technisch höchstwertige Japan-Nakeds mit an die 120 PS. Das fröhlich-entspannte Image einer Ducati Scrambler ist ihnen freilich fremd. Und wer dieses schätzt, vielleicht gar liebt, kommt an der Italienerin nur schwer vorbei.
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Weiter erhältlich: Ducati Scrambler 1100 Tribute Pro
Die Elfhunderter wird vom luftgekühlten V2 mit 1079 Kubikzentimetern Hubraum und 63 kW/86 PS angetrieben und orientiert sich stilistisch an den 1970er-Jahren. Der Hersteller sieht die Tribute Pro als Hommage an den luftgekühlten Zweizylinder und feiert damit dessen 50-jähriges Jubiläum bei Ducati. Die spezielle Lackierung "Giallo Ocra" mit dem einst von Giugiaro entworfenen Logo auf dem Tank sowie die schwarzen Speichenräder zeichnen dieses Modell aus. Es gibt drei Riding-Modes, die mit der Traktionskontrolle kombiniert sind. Die Scrambler 1100 Tribute Pro ist für über 15.000 Euro bei den Händlern verfügbar.
Ducati Scrambler 1100 Dark Pro, Sport Pro
Außerdem gibt es in der Scrambler-Familie die beiden 1100er-Varianten Dark Pro und Sport Pro. Im Vergleich zu den davor verfügbaren 1100er-Scramblern zeichnen sich die Pro-Versionen durch einen hochgelegten, doppelläufigen Endschalldämpfer sowie ein Stummelheck mit geänderter Sitzbank aus. Dafür wird das Nummernschild bei den Pros nicht mehr vom Heckbürzel, sondern von einem an der Hinterradachse montierten Ausleger getragen.
Die Sport Pro bietet als Besonderheiten ein Öhlins-Fahrwerk, Brembo-Bremsen mit radial montierten Vierkolben-Monoblock-Bremssätteln sowie einen tieferen Lenker mit Rückspiegeln im Café-Racer-Stil. Auch die Pro-Varianten werden von einem 63 kW/86 PS starken Euro-5-V2 angetrieben und bringen fahrfertig knapp über 200 Kilogramm auf die Waage.
Technische Daten Ducati Scrambler 1100 Tribute Pro
Herstellerangaben | |
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Motor | Luftgekühlter Zweizylinder-V-Motor (90°), 1079 ccm Hubraum, 63,0 kW bei 7500/min, max. Drehmoment 88,0 bei 4750 U/min, 2 Ventile/Zylinder, Einspritzanlage |
Fahrleistungen und Verbrauch | Höchstgeschwindigkeit k.A., Normverbrauch 5,2 l/100 km |
Fahrwerk | Gitterrohrrahmen/Stahl; 45 mm Up-Side-Down-Gabel, 150 mm Federweg; Aluminium-Zweiarmschwinge hinten, 150 mm Federweg; |
Assistenzsysteme | Kurventaugliches ABS |
Maße und Gewichte | Leergewicht ca. 210 kg, zul. Gesamtgewicht 396 kg; Länge/Breite/Höhe 2190 / 895 / 1330 mm, Sitzhöhe 810 mm; Tankinhalt 15,0 l |
Preis | 15.290 Euro zuzügl. NK |
Nur noch gebraucht: Ducati Scrambler 1100 und Urban Motard
Die "große" Scrambler 1100 ging 2018 als klassisches Retrobike an den Start und musste es mit Großkalibern wie BMW R nineT (109 PS) oder Triumph Thruxton R (97 PS) aufnehmen. Das Urteil der Testfahrt von 2018: "So erwachsen und muskulös, wie die 1100 aussieht, so fühlt sie sich insgesamt an. Der 1,1-Liter-V2 meldet sich sofort kräftig zum Dienst. Druckvoll genug und doch angenehm weich geht der Motor stets zu Werke. Dank Elektronik kommt die Kraft jederzeit berechenbar auf die Straße. Das Zusammenspiel mit dem klaglos agierenden Getriebe funktioniert vorbildlich."
Wie die Modellbezeichnung bereits anklingen lässt, ist die Urban Motard weniger für große Reisen als vielmehr für das städtische Umfeld konzipiert worden. Stil, Sportlichkeit und Fahrspaß sieht man im Vordergrund. In der Urban Motard arbeitet der 803 Kubikzentimeter große "kleine" Twin mit einer Leistung von 53,7 kW/73 PS. Beim Drehmoment (66,2 Nm zu 90,5 Nm) ist der Abstand zum Elfhunderter-Motor wesentlich größer. Die Urban Motard rollt auf 17 Zoll Speichenrädern und trägt einen hohen vorderen Kotflügel. Die seitlichen Nummerntafeln greifen den Supermoto-Stil auf.
Text: Ulf Böhringer/SP-X