Die Benelli TRK 702 ist eine Mittelklasse-Reiseenduro des chinesisch-italienischen Herstellers. Das 70-PS-Bike bringt ordentliche Fahrleistungen, ist technisch allerdings eher basic. Fahrbericht, Bilder, Daten, Preis. Funktionales Bike für Asphalt-Touren Solides Fahrwerk Gute Preis-Leistung Die italienische Traditionsmarke Benelli gehört seit 2005 der chinesischen Qianjiang (QJ)-Gruppe, und die aktuellen Motorräder der Marke kommen aus einem Firmenwerk in China. Soweit, so üblich. Allerdings hat Benelli im Unterschied zu anderen chinesischen Firmen mit europäischen Markenrechten noch einen wichtigen Standort in Europa: im italienischen Pesaro. Also dort, wo das Traditionsunternehmen 1911 gegründet wurde. In dieser Niederlassung kümmert sich eine Technikabteilung um die Basis der Motorräder, das Centro Stile entwickelt das Design, und erst bei der Industrialisierung kommt die chinesische Seite mit der kostengünstigen Fertigung zum Tragen. Das machen übrigens europäische Hersteller wie KTM und BMW, die ebenfalls in China produzieren lassen, ähnlich. Im Test: 70-PS-Motor Prinzipiell ist die 7300 Euro teure und 70 PS starke TRK 702 nach dem gleichen Muster gestrickt wie die kleine Schwester Benelli TRK 502, die als milde A2-Reiseenduro mit 48 PS, dem Prädikat "Erdacht und designt in Italien" sowie attraktiver Preisgestaltung in Italien und Portugal schon mehrfach Topseller war. Auch die neue TRK gibt sich als aggressiv gestaltete Straßenenduro für den überwiegenden Asphalteinsatz. Die Basis ist ein ebenso stabiler wie filigraner Gitterrohrrahmen mit geschraubtem Heck, der den neuen Antrieb unter sich beherbergt. Dabei handelt es sich um einen Reihenzweizylinder, der es mit Vierventiltechnik, dohc-Steuerung und zwei 41er-Drosselklappenkörpern auf kerngesunde 70 PS aus einem unterquadratischen Hubraum von 698 Kubik bringt. Um 180 Grad versetzte Hubzapfen bescheren ein angenehmes Pulsieren und eine unerwartet klangstarke Auspuffnote. Weder Fahrmodi noch Traktionskontrolle Insgesamt herrscht basisorientierte Technik vor bis hin zu herkömmlichen Gaszügen, deshalb gibt’s weder verschiedene Fahrmodi noch eine Traktionskontrolle. Angesichts der lammfrommen Vorstellung erscheint beides allerdings entbehrlich, denn der Twin kennt weder hinterlistige Gasattacken noch unangenehme Lastwechsel. Sauber dosierbar setzt er die Fahrerwünsche in Schub um, geht im unteren Drehzahldrittel fast zaghaft zu Werke. Erst ab 4000 Touren kommt Leben in die Bude, das bis in höchste Regionen anhält, ohne mit unangenehmen Äußerungen in Form von Vibrationen aufzufallen – der Ausgleichswelle sei Dank. Reichweite ca. 400 Kilometer Diese Charakteristik zwingt in den unzähligen Spitzkehren um den Kleinen St. Bernhard zum Zurückschalten bis in den ersten Gang, um vernünftig aus der Ecke zu ziehen, wenngleich auch das nicht gerade raketengleich passiert. Immerhin verlangt die leichtgängige Seilzugkupplung nur einen bis zwei Finger bei bester Dosierbarkeit und die sechs gut aufeinander abgestuften Zahnradpaarungen sortieren sich sehr exakt und geschmeidig zueinander. Angesichts des versprochenen Durchschnittsverbrauchs von 4,6 Litern sollte es die Benelli mit dem großen 20-l-Tank zu Reichweiten von gut 400 Kilometern schaffen, passend zu einem zweirädrigen Reisemobil. Bilder: Benelli TRK 702 Gutes Fahrverhalten, mäßige Dämpfung Auf den kurvenreichen Straßen agiert die TRK 702 angenehm harmonisch, ihr 17-Zoll-Fahrwerk, besohlt mit Pirelli Angel GT, geht richtig leichtfüßig ums Eck. Der schmale 160er-Hinterreifen macht das satte Gewicht von 232 Kilo fast vergessen, so dass sich recht bald ein wohliges Vertrauensgefühl einstellt. Dazu trägt das gut gemachte Dreieck aus Rasten, Sitzbank und Lenker erheblich bei, das auch kleineren Staturen prima passt, denn die gerade mal 79 Zentimeter Polsterhöhe erlauben im Stand den sicheren beidbeinigen Touchdown. Besonderes Augenmerk haben die Entwickler in Pesaro offensichtlich dem Beifahrerkomfort gewidmet. Denn obwohl das Plätzchen optisch nicht sonderlich einladend gestaltet ist, bietet es mit stabilen Haltegriffen und unverkrampft erreichbaren Rasten ein langstreckentaugliches Ambiente. Auf schlechten Straßen tun sich die Federelemente jedoch schwer, derbe Verwerfungen und tiefe Rillen manierlich zu verarbeiten. So hat der TRK-Fahrer gerade in Schräglage alle Hände voll zu tun, seine Maschine auf dem vorgegebenen Kurs durch die Kurve zu zirkeln. Vor allem die mächtige, nicht einstellbare 50er-Upside-Down-Gabel agiert unnachgiebig, was sich beim herzhaften Verzögern mit den radialen Vierkolbenfestsätteln indes positiv auswirkt: Sie taucht nur wenig ab, was viel Stabilität für kurze Bremswege bringt. Solide Ausstattung Ausstattungsmäßig gibt’s bei Benelli nur wenige Kompromisse. Von einstellbaren, hinterleuchteten Hebeleien über zwei USB-Anschlüsse direkt neben dem etwas informationsarmen 5-Zoll-TFT-Farbdisplay, einstellbare Handhebel und extrem solide Handprotektoren bis zum großen Gepäckträger genügt die TRK praxis- wie reisetauglichen Anforderungen. Dazu lässt sich das Handy spiegeln zur Vollkartennavigation im Instrument. Der genaue Blick ins Detail und unter die Sitzbank offenbart zwar mitunter wenig Filigranes, aber alles wirkt funktional und solide – wie bei vielen Mitbewerbern auch. Allerdings ist die Benelli-Preisvorstellung deutlich erdverbundener: Für 7300 Euro ist die TRK 702 im Handel. Benelli TRK 702: Technische Daten, Preis Text: Thilo Kozik/SP-X