Aprilia Tuareg 660: Charakterstarke Reiseenduro
Die Mittelklasse-Reiseenduro Aprilia Tuareg 660 ist ausgesprochen sportlich geraten, ohne die bei Touren gefragten Tugenden zu vernachlässigen. Ein Detail könnte konsequenter gelöst sein. Fahrbericht, Daten, Preis.
Stimmiges Gesamtkonzept
Einfach im Handling, ordentliche Motorisierung
48-PS-Version
Die Reiseenduro Tuareg ist Aprilias drittes Modell seiner 660er-Zweizylinderbaureihe. Die Motorleistung ist mit 58,8 kW/80 PS mehr als ausreichend, um auf Land- und Bergstraßen sowie abseits des Asphalts souverän unterwegs zu sein. Während die Spitzenleistung gegenüber den straßensportlichen Modellen RS 660 und Tuono 660 deutlich zurückgenommen worden ist, bietet das sehr drehfreudige Tuareg-Triebwerk insbesondere bei niedrigen und mittleren Drehzahlen wesentlich mehr Drehmoment.
Das Maximum von 70 Nm liegt bereits bei 6500 U/min an, schon bei 3000 U/min sind 75 Prozent davon verfügbar. Die Höchstleistung von 80 PS wird bei 9250 Touren erreicht. Die Motorabstimmung samt feiner Gasannahme auch bei niedrigen Drehzahlen hat bei den Testfahrten so überzeugt, dass man sich fragen muss, ob diese entschärfte, aber deutlich bulligere Triebwerkskonfiguration nicht auch für die bislang 95 PS leistende Tuono 660 eine bessere Wahl wäre.
Fahrwerk und Handling im Test
Gut gefallen hat bei der Testfahrt im Süden Sardiniens auch das Fahrwerk der Tuareg 660. Die verstellbare USD-Gabel und das ebenfalls voll einstellbare Zentralfederbein bieten reichliche 240 Millimeter Federweg, ohne dass das vollgetankt 204 Kilogramm wiegende Motorrad bei zügiger Asphaltfahrt schwammig wirkt. Die Grundabstimmung ist straff, um trotz extrem langer Federwege stets direkten Fahrbahnkontakt zu gewährleisten. In Kombination mit den Pirelli-Scorpion-Rally-STR-Reifen ist die maximal 190 km/h schnelle Tuareg ein auf allen Untergründen sehr handliches, leicht zu fahrendes Motorrad.
Selbst Wechselkurven in hoher Frequenz bereiten keine Schwierigkeiten, woran auch die gelungene Ergonomie ihren Anteil hat. Das Dreieck Lenker-Sitz-Fußrasten passt ausgezeichnet. Jenseits des Asphalts ist es hilfreich, nicht nur den aufpreispflichtigen Quickshifter zum schnellen, kupplungslosen Schalten beim Fahren im Stehen montiert zu haben, sondern auch das serienmäßige Offroad-Fahrprogramm zu wählen. Die Traktionskontrolle gleicht dann nur die gröbsten Widrigkeiten aus, und das Hinterrad-ABS ist deaktiviert. Wer will, kann auf Knopfdruck selbst das Vorderrad-ABS stilllegen.
Offroad-Qualitäten und Assistenzsysteme
An der Elektronik-Ausstattung hat man bei Aprilia nicht gespart. Bis auf ein schräglagenfähiges ABS ist alles an Bord, was derzeit in dieser Klasse sinnvoll und machbar ist: vierstufige Traktionskontrolle, Tempomat, dreistufige Motorbremskontrolle. Dazu gibt es drei Motormappings. Vier Fahrmodi stehen zur Wahl: zwei für die Straße, ein Modus für Offroad, wobei die Leistungsentfaltung sehr sanft gestaltet ist. Traktionskontrolle und Motorbremse arbeiten zurückhaltend.
Ergänzend besteht die Möglichkeit, sich einen Fahrmodus nach eigenen Wünschen zu gestalten. Warum Aprilia kein Kurven-ABS liefert, obwohl die Software sämtliche erforderlichen Parameter beherrscht, erschließt sich dem Tester nicht.
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Mit der offroad-affinen Fahrwerkskonzeption – lange Schwinge, 18-Zoll-Aluspeichenrad hinten, 21-Zoll-Rad vorne, 24 Zentimeter Bodenfreiheit – zeigt die Tuareg 660, dass sie auch vor gröberem Geläuf nicht zurückscheut. Der Kompromiss zwischen Straße und Offroad ist gut gelungen.
Ergonomie und Fahrkomfort können überzeugen: 86 Zentimeter Sitzhöhe sind noch tragbar, der Kniewinkel geht ebenso in Ordnung wie der Windschutz. Das Tankvolumen von 18 Litern gestattet lange Etappen. Mit 4 Litern (Normwert) kann man klarkommen, sofern die Verhältnisse ein Fahren mit halbwegs gleichmäßiger Geschwindigkeit zulassen.
Bilder: Die Aprilia Tuareg im Detail
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Fazit: Ein flinker, leichter Spaßbringer
Die Bedienung des umfangreich bestückten Bordcomputers ist ebenfalls gelungen. Sich im gut gegliederten Menü zurechtzufinden, fällt nicht schwer. Die 5 Zoll große Vielfarb-Anzeige ist recht übersichtlich, die Informationsdichte fordert jedoch Eingewöhnungszeit fürs schnelle Erkennen der gesuchten Werte. Für die Nutzung der MIA-Plattform sind alle Voraussetzungen gegeben, dann lässt sich auch das Fahrer-Smartphone verknüpfen.
Die Aprilia Tuareg 660 ist ein gut ausgestattetes, flinkes, leicht zugängliches Motorrad, dessen Spaßpotenzial auf kleinen, kurvigen Straßen sowie auf Sand- und Schotterwegen besonders zur Geltung kommt. Das niedrige Gewicht, der prächtige Motor und das feine Fahrwerk harmonieren bestens mit der gut abgestimmten Bremsanlage.
Zu haben ist die Aprilia Tuareg in fünf Farben, unter anderem Blau, Gold oder Rot. Für Besitzer der A2-Lizenz ist eine Leistungsreduzierung auf 35 kW/48 PS möglich.
Aprilia Tuareg 660: Technische Daten, Preis
Herstellerangaben | |
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Motor/Getriebe | Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, DOHC, Hubraum 659 ccm, Leistung 58,8 kW/80 PS bei 9250 U/min, max. Drehmoment 70 Nm bei 6500/min, 6 Gänge, Kette |
Fahrleistungen | Höchstgeschwindigkeit 190 km/h, Verbrauch lt. WMTC-Norm 4,0 Liter/100 km |
Fahrwerk | Stahl-Gitterrohrrahmen mit Aluminium-Profilen, vorne voll einstellbare Kayaba-USD-Gabel, D 43 mm , Federweg 240 mm; hinten Aluminium-Zweiarmschwinge mit voll einstellbarem Kayaba-Zentralfederbein, Federweg 240 mm; vorne Doppelscheibenbremse D 300 mm mit Vierkolbenbremszangen; hinten Einzelscheibe D 260 mm mit Einkolbenbremszange; Aluminium-Drahtspeichenräder; Reifen vorne 90/90 R 21, Reifen hinten 150/70 R 18 |
Maße und Gewichte | Radstand 1525 mm, Sitzhöhe 860 mm, Gewicht fahrfertig vollgetankt 204 kg, Tank 18 Liter |
Preis | 11.999 Euro
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Text: Ulf Böhringer/SP-X