E-Bike-Testfahrt: Wie gut ist das Riese & Müller Delite5 GT pinion?

Ein Mann fährt das Riese & Müller Delite 5 GT Pinion Elektrofahrrad
Eindrucksvoll: Das Delite5 GT ist das Flaggschiff der Marke Riese & Müller© ADAC/Rudolf Huber

Riese & Müller steht für besonders solide, hochwertige und teure Fahrräder und Pedelecs. Nun hat der Hersteller sein Flaggschiff neu aufgelegt. So fährt sich das vollgefederte Touren-E-Bike Delite5 GT pinion.

  • Geeignet für Maximalansprüche

  • Wartungsarm und ausgewogenes Fahrgefühl

  • Innovativer Antrieb von Pinion

Fahrradbegeisterte mögen sich beim neuen E-Bike Delite5 GT pinion die Frage stellen: Ist das noch ein Fahrrad – oder doch eher ein Moped oder ein kleines Motorrad? Massig und allein optisch gewichtig steht das Delite5 GT pinion von Riese & Müller auf 27,5 Zoll großen Felgen mit grob profilierten, aber laufruhigen Reifen.

Delite5 GT pinion ist ziemlich schwer

Das Riese & Müller Delite 5 GT Pinion Elektrofahrrad stehend auf einer Landstrasse
Wegen des großen Motorblocks wirkt das Pedelec fast schon wie ein Moped© ADAC/Rudolf Huber

Das neue Fahrrad von Riese & Müller macht optisch ordentlich was her, ist aber mit 34,5 Kilogramm laut Hersteller recht schwer. Das Gewicht ist damit ein Kritikpunkt beim Delite5. Es beeinflusst den Umgang mit dem E-Bike in vielerlei Hinsicht und hat mit sorgloser Leichtigkeit des Fahrradfahrens nicht mehr viel zu tun. Wichtig zu wissen: Das zulässige Gesamtgewicht beträgt 160 Kilo und der Gepäckträger darf bis zu 27 Kilo tragen.

Ausgewogenes Fahrgefühl

Das Frontlicht des Riese & Müller Delite 5 GT Pinion Elektrofahrrad
Das Fahrlicht ist fast schon auf Motorrad-Niveau, Fernlichtfunktion inklusive© ADAC/Rudolf Huber

Positiv: Beim E-Bike Delite5 GT pinion sind solide Materialien und Komponenten verwendet worden, die das Fahrverhalten positiv beeinflussen. Sowohl auf Schotter als auch auf der Straße rollt es stabil, Schlaglöcher steckt es weitgehend ungerührt weg. Auch die vielfach justierbaren Komponenten (vorne mit Federgabel Fox AWL 34 Air, hinten mit Dämpfer Fox Float Rhythm SV) sorgen mit der per Lenkergriff verstellbaren, gefederten Sattelstütze für ein gutes Gefühl von Souveränität.

Ein Übriges tut der Gel-Sattel, der lange Ausflüge sitztechnisch so angenehm wie möglich gestaltet. Die Bremsen aus dem Hause Tektro bringen das Delite5 auch vollbeladen mit Leichtigkeit auf Tempo null und lassen sich fein dosieren.

Ein Fall für sich ist der Scheinwerfer namens Supernova M99 Mini Pro-25, der extrem hell scheint, die Fahrbahn sehr gut ausleuchtet und eine Fernlicht-Funktion bietet – blaue Anzeige im Display inklusive. Und auch das TL3 Pro-Rücklicht von Supernova erfüllt seine Aufgabe sehr gut.

Kraftvoller Antrieb: Pinion MGU

Die Schaltung des Riese & Müller Delite 5 GT Pinion Elektrofahrrad
Der Antrieb von Pinion fasst Motor und Schaltung in einem Gehäuse zusammen© ADAC/Rudolf Huber

Der Antrieb passt in seiner Komplexität und seinem Anspruch extrem gut in das High-End-Rad. Es handelt sich um die Pinion E1.12 MGU (Motor Gearbox Unit) aus Deutschland. Dahinter verbirgt sich ein Mittelmotor mit einem maximalen Drehmoment von mittlerweile klassenüblichen 85 Newtonmeter (Nm), der in einem Gehäuse mit einer Zwölfgang-Schaltung untergebracht ist. Den Antrieb zum Hinterrad übernimmt ein extrem wartungsarmer Zahnriemen – Kettenräder, Umwerfer und dergleichen werden dadurch überflüssig.

Einfach losfahren sollte man mit dem Pinion MGU-Antrieb allerdings nicht. Wer mit den vielfältigen Möglichkeiten und Einstellungen klarkommen möchte, sollte vorab dringend diverse Video-Tutorials anschauen und sich Schritt für Schritt an das System heranarbeiten.

Zunächst vielleicht in der manuellen Version mit einer Basiseinstellung für den Gang, den die Schaltbox beim Anhalten einlegen soll. Der Fünfte passt normalerweise gut, und es ist sehr angenehm, wenn man etwa beim schnellen Ampelstopp nicht hektisch bis zum Stillstand runterschalten muss, um bei Grün einigermaßen zügig weiterzukommen.

Andererseits: Rauf- oder Runterschalten ist bei dem Antrieb von Pinion jederzeit möglich, auch im Stand oder unter voller (Tret-)Last. Allerdings ist der Rauf-Schalter vorne und der Runter-Schalter hinten platziert, also genau konträr zur gewohnten Anordnung von Kettenschaltungen. Das ist ein weiterer Punkt, an den man sich erst gewöhnen muss.

Delite5 GT pinion: Technische Daten

Technische DatenDelite5 GT Pinion

Motor

Pinion MGU E1.12



Leistung / Drehmoment

250 W/85 Nm



Akku

Fit BAT Tubepack 800 Wh



Display

Comfort Display*



Schaltwerk

12 Gang-Getriebeschaltung



Bremsen

Tektro TRP HD-EU835 disc brake



Reifen

Schwalbe Johnny Watts 365 60-584*



Gewicht

34,5 kg



Vordergabel

Federgabel Fox AWL 34 Air, 120 mm Federweg



Dämpfer hinten

Fox Float Rhythm SV 165 x 45 mm, 110 mm Federweg



Preis

ab 8399 Euro ohne Extras



* gegen Aufpreis

Aber die Königsdisziplin ist natürlich das vollautomatische Fahren, und das sogar in zwei Ausprägungen namens Auto.Shift und Auto.Shift.Pro. Wer zwei Sekunden lang den vorderen Schalthebel rechts am Lenker betätigt, bekommt sozusagen die „normale“ Vollautomatik serviert. Sie wird im Display mit einem „A“ angezeigt. Gedacht ist sie für eher längere Touren und alltägliche Pendelfahrten, der Fahrer oder die Fahrerin kann die Schaltpunkte durch die Wahl der gewünschten Trittfrequenz festlegen und diese bei Bedarf während der Fahrt durch die zwei Schalthebel in Fünferschritten reduzieren oder erhöhen.

Mehr Fahrdynamik mit der Pro-Version

Die Schaltung des Riese & Müller Delite 5 GT Pinion Elektrofahrrad
Antrieb und Beleuchtung werden über die einfach zu bedienende Remote gesteuert© ADAC/Rudolf Huber

Wer sich für die Pro-Version entscheidet, muss sich vorab ein wenig mit der pfiffigen Steuereinheit links am Lenker durch die Programme hangeln. Mit ein bisschen Übung ist das allerdings angesichts der sinnvoll aufgebauten Menüs und Untermenüs kein Problem. Erscheint auf dem Display die Anzeige "A+", wird entsprechend der zuvor fixierten Wunsch-Trittfrequenz vollautomatisch geschaltet. Allerdings liegt hier der Schwerpunkt auf der Unterstützung einer knackigen, dynamischen Fahrweise.

Noch ein Unterschied zur "normalen" Version: Die Gänge können über die Schalttasten auch manuell gewählt werden. Und die schlaue Software registriert neben Faktoren wie Steigung oder Gefälle auch die entsprechende Trittfrequenz und passt die automatischen Schaltvorgänge daran an.

Zwei Referenzrunden, mal mit "A", mal mit "A+", zeigen, dass die Pinion-Macher geliefert haben: Der Charakter der Fahrten unterscheidet sich deutlich zwischen einerseits angenehm-entspannt, aber bei Bedarf kräftig unterstützt und andererseits flott-dynamisch mit einer erkennbar höheren Durchschnittsgeschwindigkeit. Und in beiden Fällen ist es angenehm, dem System die Schaltarbeit komplett überlassen zu können.

Der Antrieb ist relativ laut

Leise geht das nicht unbedingt vonstatten, manche Gangwechsel, speziell in den unteren Gängen, werden von deutlich hörbaren mahlenden, sirrenden und klackenden Geräuschen begleitet. Auch der Motor meldet sich unter Last recht vernehmbar zu Wort – ein weiterer Kritikpunkt, an dem laut Pinion bereits intensiv gearbeitet wird.

Gut dagegen: der vergleichsweise geringe Wartungsaufwand für den Antrieb. Außer einem vom Fahrer oder der Fahrerin selbst durchführbaren Ölwechsel (!) alle 10.000 Kilometer ist an der MGU inklusive Gates-Karbonriemen nichts zu machen.

Akku mit 800 Wattstunden

Ein echter Strom-Sparfuchs ist das Pinion-System nicht, bei hügeligen oder bergigen Strecken entleert sich der 800-Wattstunden-Akku recht zügig. So war bei durchgeführten Testfahrten die Batterie im Unterrohr nach knapp 50 Kilometern nur noch zu 34 Prozent gefüllt. Die Restreichweite in der zweitstärksten Unterstützungsstufe namens Flex lag bei 30, in der kräftigsten namens Fly bei 21 Kilometern.

Wer es aber ruhig angehen lässt und eher im Flachland unterwegs ist, kann locker mit 100 Kilometern Reichweite oder mehr rechnen.

Etwas nervig ist am Delite5 das Herausnehmen des Akkus. Man braucht neben dem normalen Schlüssel einen Magnet-Dongle zum vorbereitenden Entfernen der Abdeckung. Den sollte man also mitnehmen. Geladen werden kann der 3,8 Kilo schwere Akku aber auch im Fahrrad, sogar ein Schnellladen mit 4,8 Ampere innerhalb von gut vier Stunden ist möglich. Im Normalmodus mit 3,0 Ampere dauert eine Komplettfüllung knapp sechseinhalb Stunden.

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Extras: Welche sind zu empfehlen?

Die digitale Anzeige des Riese & Müller Delite 5 GT Pinion Elektrofahrrad
Die Anzeigen auf dem Display sind auch bei schwierigen Lichtverhältnissen gut abzulesen© ADAC/Rudolf Huber

Die knapp 200 Euro extra für das Comfort-Display sind unbedingt zu empfehlen. Dessen Bildschirm ist wirklich bei allen Lichtverhältnissen gut ablesbar, die Bedienung über die Remote am linken Lenkerende erschließt sich nach kurzem Training. Das Offroad-Kit für 49,90 Euro mit den All-Terrain-Reifen, die dank der flachen Stollen in der Mitte sehr gut auf Asphalt abrollen und die breiten Flat-Pedalen lohnen sich.

Die gleiche Summe sollte man für eine massive Schlosskette ausgeben, die in einem Täschchen unterm Sattel transportiert wird und das serienmäßige Abus-Rahmenschloss ersetzt. Allerdings erhöht sich damit das Gesamtgewicht um weitere 1172 Gramm.

Fazit

Ohne Zweifel hat das E-Bike von Riese & Müller mit knapp 8700 Euro samt Extras (Basispreis 8399 Euro) einen stolzen Preis. Dem gegenüber steht ein außergewöhnliches Fahrrad mit vielfältigen Talenten. Alle, die ein Bike brauchen, mit dem sie überall fahren können, das extreme Haltbarkeit bietet und in die Stadt genauso passt wie auf die Schotterpiste, ist das Delite5 GT pinion super.

Um den schweren Brocken gut rangieren zu können, sollten Radfahrende allerdings kräftig genug sein. Für Freizeit-Pedalisten, die ein E-Bike für gelegentliche Ausflüge brauchen, ist das neue R&M-Fahrrad eher zu viel des Guten.

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Text: Rudolf Huber