Der richtige Fahrradsattel: Mit Wellpappe zur perfekten Sattelbreite

Junges Paar schaut sich Fahrradsitze im Fahrradladen an
Einer für alle? Das gilt nicht für den Fahrradsattel© iStock.com/PixelsEffect

Auf den Fahrradkauf folgt oft die Ernüchterung – nach den ersten Ausfahrten schmerzen Rücken oder Po. Was viele unterschätzen: Der richtige Sattel ist für einen langfristigen Fahrspaß wichtig. Tipps für die Wahl des passenden Modells.

Beim Radfahren lastet der größte Teil des Körpergewichts auf den Sitzknochen – vor allem, wenn man beim entspannten Radeln aufrecht auf dem Fahrrad thront. Sportliche Fahrer und Fahrerinnen sind meist in gebeugter Haltung unterwegs und verlagern einen Teil der Last auf die Arme. Ausschlaggebend für den Sitzkomfort sind in beiden Fällen zwei Faktoren: der Sattel selbst und der Abstand der Sitzknochen.

Sitzknochenabstand messen

Gesäßknochen-Vermessung für den optimalen Sattel im Rose Biketown München im Einkaufszentrum Mona in Moosach.
Mit Technik zum richtigen Sattel© dpa/Alessandra Schellnegger/SZ

Die Sitzknochen nehmen viel Körpergewicht auf und üben damit Druck auf den Fahrradsattel aus. Ihr Abstand ist unabhängig vom Gewicht und variiert von Person zu Person. Den individuellen Abstand zu vermessen, ist in jedem Fall empfehlenswert, um den passenden Sattel beziehungsweise die passende Sattelbreite zu ermitteln. Einige Fachgeschäfte bieten dafür spezielle Folien und Hocker mit farbigen Grafiken und 3-D-Darstellungen an.

Wellpappe reicht oft

Der Abstand zwischen den Mittelpunkten der eingedrückten Dellen gibt den Ausschlag© ADAC/Tanja Hirner

Oft genügt es aber, sich auf ein Stück Wellpappe aus dem Bastelbedarf zu setzen, das man vorher auf einer Treppenstufe oder einer anderen geraden Oberfläche platziert hat. Drückt man das Gesäß fest in die Wellpappe, hinterlassen die Sitzknochen Dellen. Diesen Abstand gilt es auszumessen. Männliche Sitzknochen liegen übrigens meist enger beieinander als weibliche.

Ideale Sattelbreite bestimmen

So errechnen Sie die perfekte Sattelbreite:

  • Extrem sportliche Fahrerinnen und Fahrer sollten zum Abstand der Sitzknochen einen Zentimeter hinzurechnen.

  • Wer etwas gebeugter unterwegs ist, etwa auf einem Mountainbike, addiert zwei, bei einem trekkingradartigen Citybike drei Zentimeter dazu.

  • Wenn Sie aufrecht auf einem Hollandrad fahren, sollten Sie vier Zentimeter zu Ihrem Sitzknochen-Abstand hinzuzählen.

Fahrradsattel nach Maß

Perfekt an das eigene Gesäß angepasst sind maßgefertigte Fahrradsättel. Dafür wird mit Hilfe eines Sitzabdrucks ein genaues Profil des Hinterteils genommen und anschließend der individuelle Sattel hergestellt. In Einzelfällen kann das den Fahrkomfort erhöhen.

Sättel für Männer oder Frauen?

Ein Fahrradmechaniker hält einen Fahrradsattel in der Hand
Hersteller bieten unterschiedliche Sättel für Männer und Frauen an© Shutterstock/J. Lekavicius

Beim Radfahren wirkt das Körpergewicht teils senkrecht auf die zum Genitalbereich führenden Blutgefäße und drückt dauerhaft die Adern an der Unterseite des Beckenbodens zusammen. Aussparungen im Sattel können deshalb gut tun.

Ob Frauen andere Sättel nutzen sollten als Männer, darüber wird diskutiert. Einige Hersteller bieten genderneutrale Sättel an, andere unterscheiden sehr stark. Geschlechterspezifische Modelle variieren in Aufbau, Polsterung oder Position der Aussparung. Bei Männern sollte der vordere Bereich des Sattels ausgespart sein, bei Frauen eher der hintere.

In allen Fällen gilt: Fragen Sie im Fachgeschäft nach, ob Sie den Sattel notfalls nach einer kurzen Testphase umtauschen können.

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Im Stehen treten

Ein Fahrradsattel Joyseat an einem Rennrad
Öfter mal im Stehen in die Pedale treten, entlastet das Gesäß© Posedla

Bereits nach 30 Minuten auf dem Rad wird die Durchblutung beeinträchtigt, erholt sich aber auch schnell wieder. Vor allem Männer, die einige hundert Kilometer pro Woche im Sattel sitzen, sollten auf Durchblutungsstörungen achten. Tipp: Regelmäßige kurze, im Stehen gefahrene Passagen können die Durchblutung wieder anregen.

Besser ein fester Sattel

Wie stark der Sattel gepolstert sein sollte, hängt unter anderem davon ab, ob Sie beim Fahren eine gepolsterte Radhose tragen. Mit dem Polster in der Hose ist weniger Material auf dem Sattel selbst nötig. Übrigens: Auf Dauer ist ein festerer Sattel angenehmer als ein zu weicher.

Auch wichtig: Reifendruck und Federung

Nicht nur der Sattel, auch der richtige Reifenfülldruck beeinflusst den Sitzkomfort entscheidend. Profis fahren immer breitere Reifen mit weniger Druck. Der Sinn dahinter: Reifen filtern die hochfrequenten und ermüdenden Vibrationen bei unruhigen Fahrten.

Ein vollgefedertes Rad verbessert den Komfort noch weiter. Wer diesen steigern möchte, ohne gleich ein Fully zu kaufen, rüstet auf flexible oder gefederte Sattelstützen um. Auch wer mit dem Hollandrad unterwegs ist, tut seinem Rücken mit der passenden Federung etwas Gutes. Denn durch die aufrechte Sitzposition überträgt sich jede Erschütterung durch die ganze Wirbelsäule.