Elektroauto mit eigenem Solarstrom laden: So klappt's

Solarpaneelen auf dem Dach eines Einfamilienhauses erzeugt den Strom zum Laden des E-Autos
Ideal: Elektroauto fahren mit eigenem Solarstrom vom Dach © ADAC/Martin Hangen

Das Elektroauto mit eigenem Solarstrom tanken: Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? Welche Technik ist hilfreich? Und wie können Probleme beim Laden vermieden werden? Ein Ratgeber mit den wichtigsten Infos und Tipps.

  • Im Trend: Eigenverbrauch statt Netzeinspeisung

  • Kostenvorteil: Mit einem Elektroauto lässt sich die Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage deutlich erhöhen

  • Wichtig zu beachten: Für jede Situation die richtige Ladestrategie

  • Größe der PV-Anlage, Energiesteuerung und Technik des E-Autos müssen harmonieren

Nicolaus von Welck ist mit seinen 73 Jahren nicht mehr der Jüngste. Das hat ihn und seine Frau aber nicht davon abgehalten, vor drei Jahren noch einmal in die Zukunft zu investieren: Damals hat sich das Ehepaar den Traum von einer eigenen Stromversorgung erfüllt.

Solarpaneele kamen aufs Dach der Doppelhaushälfte, ein Akku zum Speichern des selbst erzeugten Solarstroms fand Platz in einem Vorratsraum. Inklusive Installation mussten die Welcks dafür 21.500 Euro ausgeben. Und waren anfangs total zufrieden. "Wir schauen täglich aufs iPad und freuen uns, wie viel Strom wir selbst erzeugen", sagten sie einvernehmlich, als der ADAC Reporter die beiden erstmals besuchte.

Und heute? Hält die Begeisterung immer noch an? Nicolaus von Welcks Antwort: "Wir sind nach wie vor sehr zufrieden mit der Anlage. Unser Haus ist mit Smartmetern ausgestattet, sodass wir wissen, wie viel Strom hier aktuell verbraucht wird. Dabei geht es uns weniger darum, dass sich die Anlage amortisiert, sondern darum, dass wir unseren Strom bewusster konsumieren und etwas für die Umwelt tun."

Der Akku im Haus ist ein teurer, aber zentraler Bestandteil der Anlage. Hier kann überschüssiger Strom gespeichert werden. Der kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Solarpaneele auf dem Dach zu wenig oder gar keine Energie liefern, etwa in den Abendstunden und nachts. Oder wenn plötzlich besonders große Mengen an Strom benötigt werden.

Ursprünglich sollte der Speicher helfen, das Elektroauto der Welcks mit dem selbst erzeugten Solarstrom zu laden. Aber den Plan, ein E-Auto anzuschaffen, hat das Ehepaar erst einmal zurückgestellt. Eigentlich schade.

Solarstrom: Theorie und Praxis

Denn die Kombination Elektroauto und eigene PV-Anlage macht sowohl ökonomisch als auch ökologisch Sinn. Der Grund: Die sogenannten Stromgestehungskosten (die Kosten, die für die Energieumwandlung von einer anderen Energieform in elektrischen Strom notwendig sind), die bei einer häuslichen Solaranlage (ohne Speicher) im Durchschnitt anfallen, liegen zwischen fünf und elf Cent pro Kilowattstunde. Strom, den man ins öffentliche Netz einspeist, wird aktuell aber nur mit sieben bis acht Cent vergütet.

Insofern ist es ratsam, jede Kilowattstunde, die man selbst erzeugt hat, auch selbst zu verbrauchen. Das rechnet sich bedeutend besser. Wird etwa anstelle von Netzstrom zu 30 Cent/kWh kostengünstiger PV-Strom zu zehn Cent/kWh in das Elektroauto geladen, reduzieren sich die Fahrtkosten von sechs auf zwei Euro pro 100 Kilometer.

Natürlich muss die PV-Anlage so groß dimensioniert sein, dass der Strom für Haus und Auto ausreicht. Als Faustformel gilt: Der jährliche Stromertrag einer PV-Anlage mit 10.000 Kilowatt Spitzenleistung (10 kWp) beträgt realistische 8000 kWh, in sonnenreichen Regionen auch mehr. Der Strombedarf eines Elektroautos ist bei einer jährlichen Kilometerleistung von 10.000 Kilometern mit rund 2000 kWh beziffert. Da bleibt also für den Haushalt (4000 kWh) mehr als genug Strom zum Verbrauch übrig.

Kleine Anlagen, wie sie zum Beispiel auf dem Dach eines schmalen Reihenhauses Platz finden, sind für den zusätzlichen Bedarf an Autostrom oft nur bedingt geeignet. Und die Kalkulation mit einer 10-kWp-Anlage greift auch nur dann, wenn das Potenzial der Anlage tatsächlich gehoben wird – und das ist in der Praxis nicht so leicht. Denn es würde bedeuten, dass das Solarladen des Autos konsequent stattfindet, sobald Stromüberschuss da ist.

Das Problem: E-Autos sind – gerade um die Mittagszeit, wenn die Sonne am höchsten steht – oft unterwegs. Bestes Beispiel sind die Autos von Berufspendlern. Und steht das Auto bei schönstem Sonnenschein im Carport, kann es zudem vorkommen, dass der Akku ziemlich voll ist. Und dann muss der Stromüberschuss unter Umständen doch wieder ins Netz eingespeist werden.

Darüber hinaus gibt es jahreszeitlich bedingte Höhen und Tiefen der Stromproduktion: Im Sommer hat man meist mehr als genug PV-Überschuss. Im Winter kann es dagegen schwierig werden, überhaupt ausreichend PV-Strom fürs Haus, geschweige denn fürs Auto zu erzeugen.

Insofern gilt: Das Energiepotenzial auszuschöpfen ist ein hehres Ziel, in der Praxis aber schwer zu erreichen. Der Solarstrom richtet sich eben nicht nach der Verfügbarkeit des Autos. Andersherum wird schon ein Schuh draus: Wenn sich der Stromnutzer – jedenfalls soweit es geht – nach der Verfügbarkeit des Stroms richtet.

Neben natürlichen Hürden gibt es auch technische und finanzielle: Nicht jedes Elektroauto ist so ausgestattet, dass eine Aufladung über die PV-Anlage möglich wäre. Eine Pufferbatterie im Haus, die die schwankende Stromerzeugung wenigstens zum Teil ausgleicht, treibt die Investitionskosten enorm in die Höhe. Man sieht: Die Kombination Elektroauto und eigene PV-Anlage ist kein Selbstläufer. Aber es lohnt sich, mit ihr zu arbeiten.

Solarstrom laden: technische Komponenten

So nutzt man den Solarstrom optimal

Um eine optimale Ausnutzung der Sonnenenergie zu ermöglichen, gibt es verschiedene technische Lösungsansätze, die mit dem Zauberwort Energiemanagement beschrieben werden. Die Steuerung erfolgt automatisiert, sodass sich der Anwender idealerweise gar nicht weiter darum kümmern muss. Das System misst den jeweiligen PV-Überschuss, der sonst ins Netz eingespeist werden würde, und steuert die Wallbox so, dass dieser in der Fahrzeugbatterie landet.

PV-Laden ohne Energiemanagement

Das technisch am wenigsten aufwendige System ist das PV-Laden ohne Energiemanagement. Der Strom von der PV-Anlage speist zuerst die häuslichen Verbraucher, der Rest wird in den Akku des Elektroautos geladen. Bei ausreichend Sonnenschein kann ein Teil oder sogar zeitweise die volle notwendige Ladeleistung vom eigenen PV-Strom gedeckt werden. Bei Bewölkung oder einer kleinen PV-Anlage muss jedoch ein Ausgleich aus dem öffentlichen Netz erfolgen. Diese Ladestrategie wird auch "Netzstromergänzung" genannt.

Wer trotzdem möglichst viel PV-Strom ins Auto laden will, muss das System kontrollieren und manuell eingreifen. Dabei wird der Ladevorgang mittels Smartphone, am Fahrzeug oder an der Wallbox aktiviert oder deaktiviert bzw. die Ladestromstärke reguliert. Bei größeren PV-Anlagen und guter Witterung kann mit dieser Variante ein beachtlicher PV-Stromanteil zum Laden realisiert werden. Der große Vorteil an dieser Lösung sind die geringen Investitionskosten.

PV-Laden mit Energiemanagement

Wer sicherstellen will, dass sein Elektroauto ausschließlich mit eigenem Strom vom Dach geladen wird, der benötigt ein zusätzliches Hausenergiemanagement. Das misst den aktuell eingespeisten Strom, weiß, wie viel Strom von der PV-Anlage noch übrig ist, und kann diesen mittels einer geeigneten Wallbox in das Elektroauto laden. Allerdings muss für die intelligente Wallbox sowie das Hausenergiemanagement zusätzliches Geld investiert werden.

PV-Laden mit Energiemanagement und Hausspeicher

Viele Besitzer einer PV-Anlage wünschen sich, den gewonnenen Strom in einem Stromspeicher für die Nacht oder Schlechtwettertage speichern zu können. Sofern dieser entsprechende Ausgangsleistungen bereitstellt, kann daraus auch das Elektroauto geladen werden – so die Idee. Doch dem sind Grenzen gesetzt.

Stromspeicher im Haus müssen für adäquate Lademengen relativ groß ausgelegt werden. Dadurch wird die Investition sehr kostspielig: Grob zu veranschlagen sind 1000 Euro pro kWh. Zudem ist das Laden und Entladen eines Stromspeichers nicht verlustfrei. So arbeiten Lithium-Ionen-Speicher in der Regel mit einem Wirkungsgrad von 90 Prozent. Das heißt, um einen zehn kWh großen Stromspeicher zu 100 Prozent zu laden, sind elf kWh notwendig. Effizienter ist es, das Auto direkt zu laden, ohne den Strom zwischenzuspeichern.

Hürde fürs PV-Laden: Die Schwellenwerte

Leider funktioniert das direkte Laden vom Dach erst ab einer überschüssigen Stromstärke von sechs Ampere. Das heißt in der Praxis, dass ein PV-Überschuss von mindestens 1,4 kW notwendig ist, um Sonnenstrom zu laden – wenn das Elektroauto einphasig lädt. Lädt das Elektroauto dreiphasig – was bei den meisten modernen Elektroautos der Fall ist – müssen mindestens 4,2 kW (3 x 1,4 kW) an elektrischer Leistung vorhanden sein. Sonst lädt das Auto nicht. Das bedeutet, dass zumindest bei kleineren PV-Anlagen an vielen Tagen im Jahr nur begrenzte Zeitfenster zum Laden vorhanden sind.

In diesem Fall bietet sich die Ladestrategie "Netzstromergänzung" an, bei der schon geringe PV-Leistungen genutzt und mit Strom aus dem Netz ergänzt werden. Nutzt man eine Wallbox mit einer automatischen Phasenumschaltung, wird je nach vorhandener PV-Leistung zwischen einphasigem und dreiphasigem Laden gewechselt. Damit können die Ladezeitfenster bei wechselhaftem Wetter oder in den Randzeiten deutlich erweitert werden.

Wie Nutzer das Laden optimieren können

Selbstverständlich liefert eine große PV-Anlage mehr Strom als eine kleine. Und selbstverständlich ermöglicht eine Pufferbatterie eine gewisse Flexibilität beim Laden. Ein entsprechendes Energiemanagement kann dabei wie beschrieben gute Dienste leisten. Das A und O ist und bleibt aber die richtige Ladestrategie. Denn wenn das Auto nicht zur rechten Zeit am rechten Platz ist, nützt auch das intelligenteste Energiemanagement wenig.

Wie das Laden eines E-Autos optimiert werden kann, hängt ganz maßgeblich von seinem jeweiligen Einsatz ab. So muss das E-Auto eines Berufspendlers zu anderen Zeiten geladen werden als das E-Auto als klassischer Zweitwagen.

Empfehlungen:

  • Ein E-Auto, das als Zweitwagen im Haushalt genutzt wird, kann meist tagsüber genügend geladen werden. In diesem Fall ist kein zusätzlicher Heimspeicher vonnöten, und es reicht in der Regel eine relativ kleine PV-Anlage. Das reduziert die Investitionskosten enorm.

  • Berufspendler sollten über eine PV-Anlage mit Süd-West-Ausrichtung nachdenken, damit in den Sommermonaten bis in die Abendstunden hinein geladen werden kann. Alternativ wäre ein so großer Akku im Auto empfehlenswert, der es ermöglicht, dass die Reichweite für die ganze Arbeitswoche genügt und nur am Wochenende nachgeladen werden muss. In diesem Fall sind die Investitionskosten schon deutlich höher. Im Winter bleibt es trotzdem problematisch, genügend PV-Strom fürs Auto zu ernten.

  • Wer größtmögliche Flexibilität beim Laden haben möchte, gönnt sich eine überdurchschnittlich groß dimensionierte PV-Anlage sowie einen zusätzlichen Heimspeicher mit einer Kapazität, die den Akku des E-Autos zumindest von 30 auf 80 Prozent laden kann. Das wäre mit Abstand die komfortabelste, aber auch teuerste Variante des PV-Ladens.

Tipps für die Planung einer PV-Anlage

  • Die PV-Anlage so groß wie möglich entsprechend der individuellen Möglichkeiten auslegen

  • Vor dem Kauf über Fördermöglichkeiten für die Photovoltaik-Anlage informieren

  • Mögliche Ladezeiträume bei der Planung der PV-Anlage berücksichtigen

  • Sich vor dem Kauf des Elektroautos informieren, ob das Auto zum PV-Überschussladen geeignet (minimale Ladeleistungen etc.) und eine Phasenumschaltung möglich ist

  • Beim Kauf einer Wallbox auf die Überschussladefunktion achten

  • Mit einer automatischen Phasenumschaltfunktion der Wallbox lässt sich das PV-Überschussladen maximieren

Technische Beratung: Matthias Vogt, Manuel Griesmann, ADAC Technikzentrum