Test Kia Picanto (2024): Für die Stadt ist er perfekt

Kia bietet mit dem Picanto einen der immer rarer werdenden Kleinstwagen an. Für das Modelljahr 2024 wurde er grundlegend überarbeitet. Was sich geändert hat und wo die Stärken und Schwächen des nur 3,60 Meter langen Koreaners liegen, klärt der ADAC Test.

  • Motoren: Zwei Benziner mit 63 und 79 PS

  • Preise: Von 16.990 bis 22.490 Euro

  • Auch mit automatisiertem Getriebe zu haben

Braucht es in der Stadt mehr als 3,60 Meter Fahrzeuglänge, vier bis fünf Sitzplätze und bis zu 845 Liter Gepäckvolumen? Sicherlich nicht. Der Kia Picanto bietet genau das – und ist damit einer der kürzesten Fünftürer, die es derzeit zu kaufen gibt.

Um den Picanto wird es im Kleinstwagensegment allerdings immer einsamer, wie auch unsere Analyse des Kleinst- und Kleinwagensegments zeigt. Ob Fiat 500 mit Verbrenner, Renault Twingo, VW Up oder Opel Adam – diese Konkurrenten sind längst Geschichte.

Gut also, dass Kia dem Segment die Treue hält und den Picanto im Modelljahr 2024 sogar noch einmal kräftig modernisiert hat. Schließlich kann nicht jeder Städter ein großes Auto brauchen, und auch nicht jeder kann oder will sich eines leisten.

Preise: Wie günstig ist der Picanto?

Heckansicht des Kia Picanto
In der Stadt ist der Kia Picanto in seinem Element© Kia

Womit wir schon beim Preis wären: Ein wahres Schnäppchen ist der aktuelle Picanto aber auch nicht mehr. Kia hat in den letzten Jahren nämlich kräftig an der Preisschraube gedreht. War das Basismodell des Picanto 2020 noch für 10.750 Euro zu haben, liegt der Einstiegs-Picanto heute bei 16.990 Euro. Zwar wurde die Ausstattung verbessert, doch drunter ist nichts mehr zu machen.

Wer sich für die Top-Version GT-Line mit "großem Motor" und automatisiertem Schaltgetriebe entscheidet, kann sogar bis zu 22.490 Euro loswerden.

Dann hat man zwar einen rollenden Luxus-Mini mit Kunstledersitzen, Sportlenkrad, Klimaautomatik, einem Keyless-System und induktiver Smartphone-Ladestation, doch braucht man das tatsächlich alles, wenn schon die günstigeren Varianten Klimaanlage, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, Sitzheizung und sogar ein Navigationssystem an Bord haben? Nicht wirklich, meint der Autor und plädiert für die preiswerteren Versionen und damit für Minimalismus.

Das sind die Konkurrenten

Die Auswahl in der Kleinstwagenklasse wird immer kleiner. In den letzten Jahren sind einige Modelle eingestellt worden.

Welche Konkurrenten es aktuell noch gibt, können Sie im ADAC Autokatalog ersehen.

Kia Picanto: Drei oder vier Zylinder?

Minimalismus bringt der Picanto beim Blick auf die verfügbaren Motoren schon von Haus aus mit. Die Wahl besteht aus zwei Antrieben, einem Dreizylinder-Benziner mit 63 PS und 1,0 Liter Hubraum sowie einem Vierzylinder-Benziner mit 1,2 Liter Hubraum und 79 PS. Mehr Leistung gibt es nicht.

Welcher Motor im kleinen Kia werkelt, ist teilweise an die vier Ausstattungslinien Edition 7, Vision, Spirit und GT-Line gekoppelt. Welcher Antrieb am besten ist, haben wir auf der ersten Testfahrt herausgefunden.

Ab auf die Straße, zunächst im Vierzylinder mit 79 PS (ab 18.290 Euro). Bereits nach den ersten Minuten wird klar: Soll es einigermaßen flott vorangehen, muss man den 1,2-Liter kräftig hochdrehen. Dabei gefällt der kleine Saugmotor mit gutem Ansprechen auf Gaspedalbefehle und einer ordentlichen Laufruhe. In der Stadt und auf der Landstraße kann man mit dem Motor bestens leben, doch auf der Autobahn wird es zäh. Bis die Spitze von 159 km/h erreicht ist, dauert es ein Weilchen.

Der Dreizylinder mit 63 PS im Test

Und die Dreizylinder-Version mit 63 PS? Den konnte der ADAC ausführlich testen. So viel Unterschied zum Vierzylinder scheint nicht zu sein. In der Stadt wirkt der Picanto 1.0 sogar überraschend quirlig, aber auch er will hoch gedreht werden. Bis Landstraßentempo treibt dieser Motor den Kleinstwagen noch halbwegs wacker voran. Die linke Spur auf der Autobahn liegt ihm allerdings noch weniger als dem Vierzylinder. Woher soll die Kraft auch kommen?

Die Messwerte belegen den gemächlichen Vorschub: Der Überholvorgang von 60 auf 100 km/h wird in 10,6 Sekunden erledigt, von 80 auf 120 km/h geht es in gemächlichen 16,2 Sekunden. Die Elastizität von 60 auf 100 km/h im vierten (20,6 s) und fünften Gang (29,7 s) belegt, dass man nicht umhin kommt, einen Gang herunterzuschalten, wenn es zügiger vorangehen soll.

Für den Standartsprint von 0 auf 100 km/h gibt Kia 15,6 Sekunden an – heutzutage gefühlt eine Ewigkeit. Die Spitze beträgt lediglich 145 km/h.

Ob einem der typische Dreizylinder-Klang, der sich bei höheren Drehzahlen ins Gehör rasselt, eher gefällt als der dumpfere Vierzylinder, ist Geschmacksache. Unkultiviert und rappelig ist auch der Dreizylinder nicht, selbst wenn er bei höheren Drehzahlen deutlich zu vernehmen ist.

Einen unbestrittenen Vorteil hat der 1,0-Liter jedenfalls. Er ist sparsamer als der Vierzylinder. Im ADAC Ecotest kam der Dreizylinder auf 5,3 Liter auf 100 Kilometer.

Kia Picanto auch mit Automatik

Es ist zwar schön, dass Kia ein automatisiertes Schaltgetriebe (AMT) anbietet. Doch sie raubt dem Picanto noch mehr Elan. In Kombination mit dem kleinen Motor führt das zu einer Beschleunigung von 18,2 Sekunden auf Tempo 100, beim 1,2-Liter sind im Vergleich zur Fünfgang-Schaltversion 16,5 (statt 13,1) Sekunden zu verzeichnen. Das spricht ein wenig für das Schaltgetriebe. Und selbst schalten ist im Picanto keine Bürde, die Gänge flutschen so gut, wie sie sollen.

Innenraum: Die Bedienung ist simpel

Der Kia hat eine ganz neue Front im aktuellen Hightech-Markenlook samt schmalen Voll-LED-Scheinwerfern und einer verbindenden Leuchtleiste bekommen, hinten hakenförmige LED-Rückleuchten, dazu frische Farben – man könnte meinen, hier steht ein komplett neues Auto. Dabei handelt es sich im Prinzip um das 2017 vorgestellte Modell, das 2020 bereits überarbeitet wurde und nun, 2024, noch einmal.

Im Cockpit ersetzen bestens ablesbare digitale Instrumente die herkömmlichen Ziffern und Zeiger. Die Bedienung erfolgt weitgehend über Touchflächen des 8 Zoll großen Infotainmentsystems. Das ist übersichtlich, gut zu bedienen und wohltuend einfach gestaltet, wenn man an andere Fahrzeuge denkt, deren vielfältige Bedien- und Einstellmöglichkeiten oft überfordern.

Im Picanto dürfte wirklich jeder zurechtkommen, denn es gibt auch noch viele haptische Tasten, beispielsweise für die Klimaanlage, die Sitzheizung und einen einfachen Drehregler fürs Licht. Leider findet sich am Armaturenbrett ausschließlich billiges Hartplastik wieder. Und leider lässt sich das Lenkrad nicht längs- sondern nur in der Höhe verstellen.

Bei Multimedia up to date

Seit dem Facelift verfügt der Picanto nun immer über ein Navigationssystem samt Online-Diensten und Smartphone-Anbindung (Apple CarPlay, Android Auto; beides nur mit Kabel) sowie die Möglichkeit, Over-the-Air-Updates aufzuspielen. Damit sind die Multimedia-Funktionen des Picanto auf dem Stand der Technik und können die Erwartungen an einen Kleinstwagen mehr als erfüllen.

Weiter gibt es die Möglichkeit, über Bluetooth Musik vom Smartphone an das Soundsystem zu streamen. Per Kabel gelingt die Verbindung mittels USB-A- und USB-C-Anschluss zentral in der Mittelkonsole, die induktive Ladeschale ist den höheren Ausstattungsvarianten vorbehalten. Die integrierte Sprachsteuerung versteht Eingaben von Navigationszielen oder bewerkstelligt das Anrufen von Kontakten.

Dank der fest eingebauten SIM-Karte kann der Picanto Echtzeit-Verkehrsdaten in das Navigationssystem einfließen lassen und über aktuelle Kraftstoffpreise bei umliegenden Tankstellen oder Ergebnisse von Sportveranstaltungen informieren. Darüber hinaus zeigt das System Parkhäuser und deren Tarife an.

Platz: Vorn gut, hinten beengt

ADAC Redakteur Jochen Wieler auf der Rückbank eines Kia Picanto
Viel Luft ist nicht mehr für die Beine, selbst bei einem nur 1,70 Meter großen Redakteur© KIA / Florian Quandt

Dass es den Picanto mit dem getesteten Dreizylinder nur als Viersitzer gibt im Gegensatz zum stärkeren Modell, ist verschmerzbar. Wer will sich schließlich schon zu fünft in einen Kleinstwagen quetschen?

Auf den Vordersitzen stoßen sogar "Sitzriesen" bis 2,10 Meter Körpergröße nicht mit dem Kopf an. Auf der Rückbank wird es aber ziemlich eng: Sind die Vordersitze für 1,85 Meter große Personen eingestellt, kann dahinter ab einer Größe von etwas über 1,65 Meter kaum noch jemand bequem sitzen. Außerdem stören die etwas zu kurzen Sitzflächen mit zu wenig Seitenhalt – zumindest auf längeren Strecken.

Für den Einkauf reicht der Kofferraum, der nach ADAC Messung 180 Liter fassen kann. Nutzt man den Stauraum bis zum Dach, stehen 240 Liter zur Verfügung. Wegen des schmalen Formats kann man nur drei Getränkekisten unterbringen. Klappt man die Rückbank um und nutzt den kompletten Raum hinter den Vordersitzen, ist ein Volumen von bis zu 845 Litern verfügbar. Hinderlich ist die hohe Ladekante, einen Einlegeboden zum Höhenausgleich gibt es nicht.

Ausstattung wie ein Großer

Seitenansicht eines fahrenden Kia Picanto
Kompakt und praktisch: Fünf Türen sind Serie© Florian Quandt

Assistenzsysteme sind dagegen reichlich vorhanden. So ist bereits in der Basis ein Frontkollisionswarner, ein aktiver Spurhalte- und Spurfolgeassistent und der umstrittene ISA-Geschwindigkeitswarner an Bord, der mittlerweile ja gesetzlich vorgeschrieben ist. Ab einem km/h über dem aktuellen Tempolimit bimmelt er dem Fahrer die Ohren voll.

Eine Ausstiegswarnung, sollte man einen Radler übersehen haben, sowie Totwinkelassistent und Querverkehrswarner sind ab der Spirit-Ausstattung an Bord.

Auch dabei: Verkehrsinformationen in Echtzeit, Wettervorhersage, lokale Suche, Parkmöglichkeiten sowie Abrufen von Fahrzeug-Infos mittels der Kia-App UVO Connect. Die Daten gleicht das System mit einer Cloud ab, sodass sie immer aktuell sind, auch bei einer Stauprognose.

Außerdem lässt sich eine Route zu Hause auf dem Smartphone planen und direkt ins Auto übertragen. Die Kalenderfunktion des Smartphones ist mit dem Navigationssystem verknüpfbar. Per "Valet-Modus" können der Bildschirm gesperrt und Fahrdaten erhalten werden, wenn der Picanto einer fremden Person überlassen wird. Erstaunlich viel Technik für einen Kleinstwagen.

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Fazit: Gut, aber mit Schwachstellen

Mehr Auto auf 3,60 Meter Länge ist kaum möglich. Positiven Punkten wie die sicheren und agilen Fahreigenschaften, Infotainment mit Online-Anbindung, 7 Jahre Garantie und die gegen Aufpreis gute Sicherheitsausstattung stehen eine dürftige Materialqualität, ein kleiner Kofferraum und ein enger Fond sowie dürftige Fahrleistungen, der verbesserungswürdige Fußgängerschutz und relativ hohe Preise entgegen.

  • Das hat uns gefallen: gute Komfort- und Sicherheitsausstattung, einfache Bedienung, siebenjährige Fahrzeuggarantie ohne Kilometerbegrenzung, niedrige Unterhaltskosten

  • Das hat uns nicht gefallen: nur vier Sitzplätze, träge Fahrleistungen, mäßige Scheinwerferleistung, keine Ablagen im Fond

Hier können Sie den ausführlichen Testbericht des Kia Picanto 1.0 als PDF herunterladen.

Kia Picanto: Technische Daten, Preis

Technische Daten (Herstellerangaben)

Kia Picanto 1.0 Vision (ab 05/24)

Motorart

Otto

Hubraum (Verbrennungsmotor)

998 ccm

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

46

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

63

Drehmoment (Systemleistung)

93 Nm

Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor)

5.000 U/min

Antriebsart

Vorderrad

Beschleunigung 0-100km/h

15,6 s

Höchstgeschwindigkeit

145 km/h

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

118 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

5,2 l/100 km

Kofferraumvolumen normal

255 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

1.010 l

Leergewicht (EU)

981 kg

Zuladung

339 kg

Garantie (Fahrzeug)

7 Jahre oder 150.000 km

Länge x Breite x Höhe

3.605 mm x 1.595 mm x 1.485 mm

Grundpreis

17.490 Euro

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)Kia Picanto 1.0 Vision

Überholvorgang 60 – 100 km/h

10,6 s

Bremsweg aus 100 km/h

36,9 m

Wendekreis

10,2 m

Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest

5,3 l/100 km, 145 g CO₂/km (well-to-Wheel)

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

****

Reichweite

660 km

Innengeräusch bei 130 km/h

69,7 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

980 / 340 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch

180 / 480 / 845 l

ADAC Testergebnis

ADAC Testergebnis

Kia Picanto 1.0 Vision (ab 05/24)

Karosserie/Kofferraum

3,4

Innenraum

3,2

Komfort

3,5

Motor/Antrieb

3,7

Fahreigenschaften

3,0

Sicherheit

2,8

Umwelt/EcoTest

1,9

Gesamtnote

2,9
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

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