e.Go Life / e.Wave X: Testfahrt im Elektrofloh aus Aachen
Das Elektroauto e.Go Life aus Aachen war als automobiler Minimalismus für die Stadt gedacht. Testfahrt plus Infos zum geplanten Nachfolger namens e.Wave X, der nie in Produktion ging. Denn e.Go hat den Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt.
Das Konzept: ökonomisch und umweltfreundlich
Die Ziele: sehr ambitioniert
Die Umsetzung: an der Investorensuche gescheitert
Nachfolger e.Wave X: vor dem Produktionsstart gestoppt
Minimalistischer Ansatz beim e.Go Life
Klein, praktisch, bezahlbar: Mit diesen Grundeigenschaften wollte der e.GO Life dem Ideal eines besonders ökonomischen wie umweltfreundlichen Elektroautos entsprechen. Und trotz seines minimalistischen Ansatzes sollte er beweisen, dass ein kleines und kostengünstiges Elektroauto keine Verzichtsmurmel ohne jeglichen Komfort und ohne jeden Fahrspaß sein muss. Ob das so stimmte? Das musste der inzwischen eingestellte elektrische Kleinstwagen bei einer Ausfahrt in der Praxis beweisen.
Die Ausgangslage: Wie ein Renault Twingo Electric oder ein VW e-Up bietet der e.GO Life immerhin vier Sitze, bleibt mit einer Länge von 3,35 Metern aber um einiges kürzer als diese beiden – ein kleiner Vorteil bei der Parkplatzsuche in der Stadt. Raum für Gepäck gibt es im e.GO auf den ersten Blick nicht. Denn in den schmalen Schacht hinter den Rücksitzen passt nicht viel mehr hinein als zwei dünne Aktenkoffer.
Um sich Platz zu verschaffen, muss man die Rücksitzlehnen umklappen. Dann eröffnet sich eine Ladefläche, mit der man etwas anfangen kann. Dachhoch beladen, so die Angabe des Herstellers, sollen hier immerhin 640 Liter unterkommen. Als kleines Hindernis bleibt nur das Ladekabel, das man tunlichst im hinteren Fußraum verstauen sollte, damit es nicht stört.
Tempo? Ist nicht das Thema des e.GO
Besonderes Spurtvermögen oder ein möglichst großer Aktionsradius spielten ebenfalls keine Rolle für die Konzeption des Elektro-Kleinstwagens. Und warum auch? Daher kann man damit leben, dass die Höchstgeschwindigkeit des Elektro-Flohs, der inzwischen in homöopathischen Dosen auf dem Gebrauchtmarkt anzutreffen ist, auf maximal 122 km/h begrenzt ist. Die Beschleunigung von null auf 50 km/h dauert laut Hersteller 4,3 Sekunden. Von null auf 100 km/h gibt es keine Angabe.
Was man merklich spürt ist, dass der 57 kW/78 PS starke Elektromotor beim Beschleunigen hochfrequent zu summen anfängt. Für lange Strecken ist die Batterie mit einer Speicherkapazität von rund 21 kWh ohnehin zu klein. Die Reichweiten beschränken sich, je nach Jahreszeit, auf vielleicht 80 Kilometer im Winter und 120 Kilometer bei sommerlichen Außentemperaturen.
Kostengünstige Konstruktion eines Elektroautos
Woran man sieht: Der e.GO ist soweit wie möglich auf niedrige Kosten hin entwickelt worden. Von der Idee her richtig, konzipierten die Ingenieure zunächst die Produktion und erst dann das Auto. Anstelle teurer selbst designter Komponenten nutzte e.GO vorhandene Angebote von Zulieferern. Die Motoren stammten von Bosch, die Batterie von BMZ aus Aschaffenburg. e.GO entwickelte nur die Teile neu, die es auf dem Markt noch nicht gab. Der Spaceframe-Rahmen bestand aus Aluminium, die Hülle aus Thermoplast. Das sparte aufwendige Lackierung und Rostschutz.
Die Auswahl an Ausstattungspaketen war bescheiden, so blieb die Produktion schlank. 17 Stunden dauerte es, bis ein Life zusammengebaut war. Mit einem Listenpreis von knapp 27.000 Euro lag der e.Go Life seinerzeit allerdings auf gleicher Höhe wie etwa ein VW e-Up. Da war es schwer für den Newcomer, im direkten Vergleich zu bestehen. Letztlich zu schwer.
Ordentliche Ausstattung zum Trost
Was bei der Probefahrt auch schnell klar wird: Die kostengünstige Bauweise lässt sich in vielerlei Hinsicht nicht kaschieren. So fühlt sich die Innenverkleidung der Türen wenig solide an. Das Armaturenbrett besteht weitgehend aus Hartplastik. Und das Bediensystem wirkt im Vergleich zu hochpreisigen Elektroautos namhafter Hersteller geradezu aus der Zeit gefallen.
Zudem erschließt sich nicht der Sinn, warum die Klimabedienung mit einem pseudomodernen Digitaldisplay gekoppelt wurde. Hier muss nämlich jede einzelne Funktion – Temperatur, Gebläsestufe und Lüftungsströmung – extra per Drehrad angewählt und durch kurzes Drücken bestätigt werden, bevor eine Einstellungsänderung vorgenommen werden kann. Eine vermutlich eher teure und zudem umständliche Lösung.
Immerhin hatte die e.GO-Life-Version namens Special Edition Next eine ordentliche Ausstattung zu bieten. Sie umfasst etwa LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik, Apple CarPlay sowie Android Auto und Bluetooth-Freisprecheinrichtung, Parkassistenz vorn und hinten, Sitzheizung vorn, Frontscheibenheizung, Regen- und Lichtsensor, Berganfahrassistent sowie Nebelscheinwerfer.
Problem: Dünnes Händlernetz
Was die Entscheidung für den e.Go Life besonders schwierig machte, war das dünne Händlernetz in Deutschland. Und einen Showroom für den Erstkontakt mit potenziellen Kunden gab nur im Factory Store in Aachen. Und bundesweit gab es im Juni 2023 74 Vertriebs- und Servicepartner, zusätzliche 15 Firmen erledigten nur den Service. Als flächendeckend gelten in der Branche aber eher 450 Händler. Große Bereiche von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen und Bayern waren quasi unerschlossen.
Im soften SUV-Look: Der Nachfolger e.Wave X
Der e.Go Life hatte noch nicht einmal richtig Fuß gefasst, da präsentierte der Hersteller bereits seinen Nachfolger: Im deutlich selbstbewussteren SUV-Look kam nun der e.Wave X. Opulente Radhausverkleidungen, auf Wunsch grell leuchtende Lackfarben, Zusatzscheinwerfer im Mini-Format und ein wenig Offroad-Beplankung an der Front und unter dem Heck sollten dem Kleinstwägelchen ein jugendlich-sportliches Outfit verleihen. Locken sollten auch ein neues großes Touchdisplay, 18-Zoll-Aluräder und weitere zusätzliche Ausstattungsdetails.
Der SUV-Optik zum Trotz war der e.Wave X aber eigentlich nur ein aufgepeppter Life, so dass das Fahrgefühl wohl nicht viel anders ausgefallen wäre wie im Vorgänger. Als Dauerleistung versprach e.Go 44 kW/60 PS, als Peakleistung kurzfristig 86 kW/117 PS. Die Brutto-Batteriekapazität wurde mit 30,4 kWh angegeben, der WLTP-Verbrauch mit relativ hohen 18,6 kWh pro 100 Kilometer. 163 Kilometer Reichweite versprach e.Go für seinen zweiten Versuch. Doch damit wird es nichts.
Aus der Traum: Next.e.Go Mobile ist insolvent
Es wirkt fast ein bisschen makaber: Die Preisliste für den e.Wave X auf der Homepage von Next.e.Go Mobile startet nach wie vor (Stand November 2024) bei 24.990 Euro. Und konfigurieren lässt sich das E-Wägelchen immer noch. Dabei sind die Träume von der minimalistischen E-Mobilität seit dem Sommer 2024 endgültig geplatzt.
Das Unternehmen ist insolvent und wird abgewickelt, der e.Wave X wird nach menschlichem Ermessen nie in Produktion gehen. Geplatzt sind damit auch die ambitionierten Pläne für den Börsengang und der Aufbau eines Batterie-Tauschsystems ähnlich wie beim chinesischen Hersteller Nio.
e.Go Life und e-Wave X: Preis, technische Daten
Technische Daten (Herstellerangaben) | e.GO Mobile Life 60 (21,5 kWh) Special Edition Next (06/21 - 10/22) | e.GO Mobile e.wave X Native (12/22 - 03/24) |
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Motorart | Elektro | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 57 | 86 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 78 | 117 |
Drehmoment (Systemleistung) | 110 Nm | n.b. |
Antriebsart | Hinterrad | Hinterrad |
Beschleunigung 0-100km/h | - | n.b. |
Höchstgeschwindigkeit | 122 km/h | 135 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 125 km | 163 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 18,3 kWh/100 km | 18,6 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | - | 30,4 |
Batteriekapazität (Netto) in kWh | 21,2 | - |
Ladeleistung (kW) | AC:2,3-3,7 | - |
Kofferraumvolumen normal | 140 l | 116 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 640 l | 671 l |
Leergewicht (EU) | 1.229 kg | 1.280 kg |
Zuladung | 261 kg | 290 kg |
Länge x Breite x Höhe | 3.348 mm x 1.728 mm x 1.582 mm | 3.360 mm x 1.814 mm x 1.638 mm |
Grundpreis | 26.560 Euro | 24.990 Euro |
Text: Fabian Hoberg, Wolfgang Rudschies, Rudolf Huber
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