Voyah Free: Kann das Elektro-SUV aus China punkten?

Großer Gleiter aus Fernost: Mit dem Voyah Free will der nächste Chinese am Premium-Kuchen der Europäer knabbern. Ist das große SUV wirklich eine Alternative zum Mercedes EQS SUV oder BMW iX? Testfahrt, Daten, Bilder.
Voyah ist eine Marke des chinesischen Herstellers Dongfeng
Marktstart: 2024 will Voyah nach Deutschland kommen
106-kWh-Akku für 500 Kilometer Reichweite
Voyah wie bitte? Nein, mit dem Chrysler Voyager hat das nichts zu tun. Allerdings geht es bei Voyah wie schon beim seligen Chrysler-Van um die große Reise. Voyah, das ist die nächste Marke aus chinesischem Elektro-Einerlei, die nun mit dem Free vorsichtig ihre Fühler nach Europa ausstreckt. Und genau wie Nio, Zeekr, Xpeng oder HiPhi steigt die selbst erklärte Premium-Marke ganz oben ein und nimmt deshalb erst einmal Modelle wie das SUV des Mercedes EQS, den BMW iX oder den Audi Q8 e-tron ins Visier.
Innenraum: Sehr viel Platz im Voyah Free

Dabei setzen die Chinesen auf ein überraschend konventionell gezeichnetes SUV von 4,91 Metern Länge, das auch als Bruder des Maserati Levante durchgehen würde. Bei 2,96 Metern Radstand macht der Free seinem Namen alle Ehre – und bietet reichlich Kniefreiheit auch in der zweiten Reihe und einen Kofferraum von soliden 560 Litern, die imposanten 72 Liter im Frunk unter der Fronthaube nicht mitgerechnet.
Ganz auf Oberklasse getrimmt, lockt er die markenoffene Luxuskundschaft mit reichlich Lack und Leder und einem piekfeinen Ambiente, das fast noch traditioneller wirkt als bei den deutschen Edel-Elektrikern mit ihren bemüht modernen Lounges. Es gibt deshalb nach wie vor eine Art Schaltknauf und reichlich haptische Tasten, neben dem Touchscreen leisten sich die Chinesen – Lexus lässt grüßen – noch ein Trackpad auf der Mittelkonsole, und natürlich gibt es Annehmlichkeiten wie klimatisierte Massagesitze oder eine Parfumbeduftung für die ionisch gereinigte Luft.

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Nur beim Cockpit können die Chinesen ihren Hang zum digitalen Klimbim nicht verhehlen. Als wäre ein aus drei Displays kombinierter Bildschirm über die gesamte Fahrzeugbreite samt integriertem Nachtsichtsystem nicht auffällig genug, haben sich die Designer noch einen besonderen Clou einfallen lassen: Das gesamte Cockpit-Modul ist beweglich und hebt sich beim Druck auf den Startknopf drei Fingerbreit an, als würde das Auto die Augen öffnen. Je nach Bedarf lässt sich auch während der Fahrt die Neigung des Riesenbildschirms verändern.
Komfort und Fahrleistungen sind Oberklasse

Treibende Kraft beim Free sind je ein E-Motor pro Achse, die zusammen 360 kW/489 PS leisten und mit bis zu 720 Nm zu Werke gehen. Der Fahrkomfort des luftgefederten 2,3-Tonners, der sich auf der Autobahn automatisch etwas duckt, ist der (Ober)Klasse angemessen. Die Assistenten sind vielleicht ein bisschen nervös, technisch aber auf Höhe der Zeit.
Und die Fahrleistungen passen mit einem Sprintwert von 4,4 Sekunden und einem Spitzentempo von 200 km/h zu den nicht gerade untermotorisierten Konkurrenten. Nur beim Laden wird der Free zur lahmen Ente – 100 kW maximale Ladeleistung bei einem 106 kWh großen Akku machen den Boxenstopp zur Geduldsprobe, und kein noch so gutes Onboard-Infotainment vertreibt einem da die Zeit. Nur gut, dass sich dieses Problem erst alle 500 Kilometer stellt.
Preis vom Voyah Free: rund 75.000 Euro

Zwar mag der Free von der Ladeleistung einmal abgesehen durchaus das Zeug haben zum Herausforderer in der Oberklasse. Erst recht, wenn der Preis tatsächlich bei den geschätzten 75.000 Euro startet und damit 20 Prozent unter den deutschen Platzhirschen bleiben wird. Dahinter steckt Daniel Kirchert, der als Manager bei BMW, Infiniti und bei Byton die europäische wie die chinesische Seite der PS-Welt kennengelernt hat und nun als eine Art Entwicklungshelfer fungiert, der den Chinesen die Tür nach Europa öffnen will.
Marktstart in kleinen Schritten
Und dabei auf ganz kleine Schritte setzt. Los geht es für Voyah erst einmal in Skandinavien, in den Niederlanden und der Schweiz, bevor 2024 dann Deutschland an der Reihe ist. Peu á peu sollen auch andere Modelle aus China kommen – ein Luxus-Van, ein Gran Turismo und ein etwas kleineres SUV.
Aber Eile ist diesmal nicht geboten. Denn anders als Nio, Aiways und Co. ist Voyah kein Start-up, das sich von Finanzierungsrunde zu Finanzierungsrunde hecheln muss, sondern die edle Sparte eines Unternehmens, das bereits einen langen Atem bewiesen hat. Hinter Voyah steht Dongfeng – 1969 gegründet und nach FAW der zweitälteste Autohersteller im Reich der Mitte.
Text: Thomas Geiger
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