Immer wieder werden Autos wegen Mängeln zurückgerufen. Was Sie in so einem Fall tun müssen und welche Rechte Sie haben, erklären ADAC Juristinnen und Juristen. Auto bei verpflichtendem Rückruf in die Werkstatt bringen So läuft das Rückrufverfahren und das sind Ihre Rechte Ihre Rechte bei einem Schaden durch ein mangelhaftes Produkt Sie haben einen Brief vom Hersteller Ihres Autos oder vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im Briefkasten, mit dem Sie aufgefordert werden, das Auto wegen eines Rückrufs in die Werkstatt zu bringen? Eine Situation, die verunsichert. Was Sie jetzt tun sollten, und ob der Rückruf Kosten verursacht, lesen Sie hier. Neuwagen: KBA ordnet Rückruf an Das KBA kann einen verpflichtenden Rückruf anordnen, wenn die Sicherheit des Fahrers bzw. der Fahrerin, der Insassen oder anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet ist. Einige typische Beispiele: defekter Airbag, defekte Bremsen, Teile, die sich bei der Fahrt vom Auto lösen und andere Verkehrsteilnehmer gefährden können, falsche Angaben zum Reifendruck im Tankdeckel, umweltrelevante Mängel wie z.B. Ölverlust. Kommen Sie einem verpflichtenden Rückruf nicht nach, kann dies zur Zwangsstilllegung Ihres Autos führen. Freiwillige Serviceaktion des Herstellers Daneben gibt es die sogenannten freiwilligen Serviceaktionen. Hier wird unterschieden zwischen: Stille Aktionen, von denen Kunden oft gar nichts mitbekommen, weil sie zum Beispiel bei einer Wartung erledigt werden. Sei betreffen eher Komfortthemen und sind meist nicht zeitkritisch. Daher muten die Hersteller ihren Kunden keinen zusätzlichen Werkstatttermin zu. Tipp: Auch mit einem älteren Auto kann sich der Weg in eine Markenwerkstatt lohnen, um zu prüfen, ob alle stillen Aktionen abgearbeitet wurden. Öffentliche Aktionen, bei denen die betroffenen Kunden per Post oder über die Presse in die Markenwerkstatt gebeten werden. Das wird dann gemacht, wenn ein hohes Risiko weiterer Schäden besteht. Die Grenzen zwischen einem Rückruf und einer Serviceaktion sind oft nicht eindeutig. In solchen Fällen wird zwischen KBA und Hersteller entschieden, ob es sich um einen sicherheits- bzw. umweltrelevanten Mangel handelt. Das KBA entscheidet als zuständige Marktüberwachungsbehörde, die Hersteller starten dann einen freiwilligen Rückruf. Passiert das nicht, kann das KBA den Rückruf auch anordnen. So läuft die Rückrufaktion ab Der Ablauf eines Rückrufs kann unterschiedlich aussehen: Der Hersteller lässt über das Kraftfahrt-Bundesamt die Adressen der Fahrzeughaltenden ermitteln und benachrichtigt diese schriftlich. Der Hersteller oder Händler verwendet sein eigenes Adressmaterial und ermittelt die Erstkäuferinnen und -käufer aus den Kundendateien. Diese werden dann vom Hersteller oder Händler benachrichtigt. War die Erfassungsquote im ersten Durchgang nicht ausreichend, finden Wiederholungsaktionen statt. Die Medien melden meist ebenfalls den Start von Aktionen. Werden Sie aufgefordert, mit dem Auto in die Werkstatt zu fahren, sollten Sie baldmöglichst einen Termin vereinbaren. Immerhin steht im Hintergrund oft ein Unfallrisiko. Wenden Sie sich an Ihren Vertragshändler, wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Auto (z.B. gebraucht gekauft) von einem Rückruf betroffen ist und vom Vorbesitzer bzw. der Vorbesitzerin nicht zur Werkstatt gebracht wurde. Der Händler kann das über eine zentrale Datenbank prüfen. Ist Ihr Fahrzeugmodell dabei? Die ADAC Datenbank gibt einen Überblick über mehr als 1500 Rückrufaktionen. Ihre Rechte beim Rückruf Rückruf- oder auch sogenannte Serviceaktionen der Automobilhersteller haben mit Gewährleistungs- und Garantieansprüchen nichts zu tun. Der Hersteller erfüllt damit seine Produktbeobachtungspflicht und schützt sich vor Schadenersatzansprüchen und Imageverlust. Rückrufaktionen schützen die betroffenen Kundinnen und Kunden vor Gefahren durch fehlerhafte Produkte. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung auf Übernahme der erforderlichen Reparaturkosten oder für einen Leihwagen in der Ausfallzeit. Diese Kosten können Sie nur innerhalb der Sachmängelhaftungsfrist oder einer Garantie geltend machen. Um ihr Image und den Erfolg der Rückrufaktion nicht zu gefährden, übernehmen die Hersteller aber üblicherweise freiwillig die Reparaturkosten. Sie haben keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die investierte Zeit oder auf ein Mietauto für die Dauer des Werkstattaufenthalts. Manche Hersteller bieten für diese Zeit aber kostenlos ein Ersatzauto an. Ihre Ansprüche im Schadenfall Im Fall der sogenannten Produkthaftung haben Sie Anspruch auf Schadenersatz gegen den Hersteller oder Importeur, weil er ein fehlerhaftes Produkt auf den Markt gebracht hat. Ein Beispiel für Produkthaftung: Ein Auto erleidet einen Totalschaden, weil der defekte Gaszug unkontrolliert von selbst beschleunigt. Sie haben keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung, sondern nur auf Ersatz der Folgeschäden, die durch einen Produktmangel entstehen. Für die Reparatur des Mangels am Fahrzeug selbst können Sie sich nur auf die Sachmängelhaftung oder eine Garantie berufen. Bei Rückrufen sind diese Ansprüche oft schon verjährt. Für die Verjährung der Ansprüche kommt es nicht darauf an, ob der Hersteller bzw. die Werkstatt den Fehler kannte. Weiterfresser-Schaden Schadenersatzansprüche sind auch bei einem sogenannten Weiterfresser-Schaden denkbar. Das sind Schäden, bei denen sich ein fehlerhaftes Teil quasi "weiterfrisst" und dadurch mangelfreie Bauteile des Autos beschädigt (z.B. ein fehlerhafter Zahnriemen verursacht einen Motorschaden). Hier spricht man von der sogenannten Produzentenhaftung. Sie müssen als Geschädigter beweisen, dass das betreffende Produkt fehlerhaft in den Verkehr gebracht oder vom Hersteller nicht ausreichend beobachtet wurde. Der Produzent muss schuldhaft oder zumindest fahrlässig gehandelt haben. Das zu beweisen, ist in der Regel sehr schwierig und aufwendig. Daher sollten Sie sich in so einem Fall von einem ADAC Vertragsanwalt beraten lassen. ADAC fordert transparente Infos Autobesitzer reagieren in der Regel verunsichert, wenn der Hersteller sie auffordert, das Auto wegen eines Rückrufs in die Werkstatt zu bringen. Nach Überzeugung des ADAC trägt zu einem großen Teil auch die oft unzureichende Kommunikation der Hersteller selbst dazu bei. Vor diesem Hintergrund fordert der ADAC klare Regeln für Rückrufschreiben. Schulze: "Diese sollten von Transparenz und Klarheit gekennzeichnet sein, den Grund für den Rückruf eindeutig benennen, konkrete Handlungsempfehlungen beinhalten und weitere Informationen etwa über den zeitlichen Verlauf und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen enthalten." Beispielhaft nennt der ADAC unzureichende Formulierungen aus Rückrufschreiben: Hinweise wie "an Ihrem Fahrzeug haben wir eine Abweichung von der Konstruktion erkannt" oder der Mangel könne "ein kontinuierliches Ansteigen der Bauteiltemperatur zur Folge haben" genügen den Ansprüchen nicht. Vor allem Handlungsanweisungen müssen nach Überzeugung des ADAC konkret sein und dürfen den Fahrzeughalter nicht mit dem Risiko allein lassen: Aufforderungen, das Fahrzeug "umsichtig zu fahren" oder "Fahrten auf das erforderliche Minimum zu beschränken" hinterließen beim Kunden mehr Fragen als Antworten, kritisiert der ADAC. Der Club schlägt als Abhilfe standardisierte Formulierungsvorgaben vor, die von den Herstellern in ihren Rückrufschreiben verwendet werden müssen. Diese Formulierungsvorgaben könnten zusammen mit Verbraucherschutz-Organisationen wie dem ADAC erarbeitet werden. Ihre Einhaltung sollte dann vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) überwacht werden, der zuständigen Behörde für Marktüberwachung.