CO₂-Label für Pkw: Effizienzklassen mit wenig Aussagekraft

Das CO₂-Label beim Autohändler soll zeigen, wie effizient die verschiedenen Pkw jeweils mit dem Kraftstoff umgehen – tatsächlich sorgt das Label aber eher für Verwirrung als für Aufklärung
Das CO₂-Label ist eine Pflichtinformation für Autokäufer seit 2011
Die Aussagen über die Effizienz sind zum Teil sehr verwirrend
Problem: Durstige SUV wären effizienter als sparsame Kleinwagen?
Wir kennen solche Siegel vor allem aus Elektrofachmärkten. Die Aufkleber mit den farbigen Balken finden sich an Kühlschränken, Fernsehern und Waschmaschinen. Vom Grundgedanken her wurden sie entwickelt, um einem Kaufinteressenten schnell und präzise Auskunft darüber zu geben, ob das jeweilige Produkt viel oder wenig Strom verbraucht.
Eigentlich eine tolle Idee. Leider gibt es hinter den Kulissen oft Streit unter den verschiedenen Interessengruppen, wie viele und welche Kriterien bei der Bewertung eine Rolle spielen sollen. Und so verstehen am Ende oft nur noch die Verantwortlichen selbst, was ein Label aussagt und worüber es nichts aussagt. Der Laie aber – für den das Siegel gedacht war – bleibt oft völlig verwirrt zurück.
Schwerer SUV so effizient wie ein Kleinwagen?

Ein Beispiel dafür ist die seit 2011 geltende Pflichtkennzeichnung über den Kraftstoff- und Energieverbrauch von Pkw, kurz: das CO₂-Label. Dieses Label muss jeder Händler, der das Auto verkaufen will, gut sichtbar an seinen Vorführ- und Verkaufsmodellen anbringen. Ähnlich wie das Label für Kühlschränke und Herde arbeitet das CO₂-Label mit farbigen Balken. Ein grüner Balken heißt "sehr effizient", ein roter "wenig effizient".
Wie sieht das im Ergebnis aus? Nehmen wir als Beispiel einen Kleinwagen, den Opel Crossland X mit 1,2-Liter-Benzinmotor (61 kW/83 PS). Der Wagen wiegt 1174 Kilogramm, verbraucht nach NEFZ 5,1 Liter Super pro 100 Kilometer und emittiert 116 Gramm CO₂ pro Kilometer. Mit diesen guten Werten landet der Crossland X in der Effizienzklasse C.
Ein paar Tage später gehen wir zum Volvo-Händler und sehen uns den Volvo XC90 T6 an, 300 PS stark, 2140 Kilo schwer. Und sind total verwundert: Denn mit einem Verbrauch von 8,1 Liter Super und entsprechend 187 Gramm CO₂ pro Kilometer wird der Volvo in die gleiche Klasse eingeteilt. Wie kann das sein?
Einfache Antwort: Ein großes Auto, das fast doppelt so viel wiegt, aber nicht doppelt soviel verbraucht, wird als genauso oder sehr ähnlich effizient angesehen wie ein kleines Auto. Es zählen also nicht die absoluten Verbrauchswerte, sondern die Werte in Relation zum Gewicht. Im Prinzip lässt sich das nachvollziehen: Eine Maus benötigt schließlich auch viel weniger Nahrung zum Überleben als ein Elefant. Und ein Kühlschrank mit einem großen Volumen braucht mehr Energie als einer, in den nicht viel hineinpasst.
Was aber bedeutet das für die Orientierung des Kunden? Für ihn lassen sich nur Fahrzeuge ähnlichen Gewichts miteinander vergleichen, Pkw unterschiedlicher Gewichts- und Fahrzeugklassen jedoch nicht. Eine breitere Auswertung zeigt zudem: Verbrauchsarme Kleinwagen werden vielfach als "rot", große Pkw mit hohem Verbrauch als "grün" gekennzeichnet. Das sorgt unnötig für Verunsicherung bei den Autofahrern. Und der eigentliche Sinn des Labels wird nicht erfüllt.
Darüber hinaus ist die fällige Umstellung der Berechnungsgrundlage von der alten NEFZ-Messmethode auf den neuen WLTP-Zyklus noch nicht erfolgt. Das liegt daran, dass derzeit noch kein Gesetzesentwurf dazu vorliegt. Aktuell rechnet man ausgehend von den gemessenen WLTP-Werten auf die NEFZ-Werte zurück.
Nachdem die EU-Mitgliedsstaaten allerdings seit Januar 2021 verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass für neue Pkw mit den Kraftstoffverbrauchs- und CO₂-Emissionsangaben nach dem neuen Prüfzyklus WLTP geworben wird, sich die Novellierung der Pkw-EnVKV aber weiterhin verzögert, empfiehlt das Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) eine zusätzliche Kraftstoffverbrauchs- und CO₂-Emissionskennzeichnung in Form der WLTP-Werte bis zum Inkrafttreten einer neuen Pkw-EnVKV. Hierzu wurde ein einheitliches und neutrales Format vorgeschlagen, das künftig neben dem Fahrzeug oder in dessen unmittelbarer Nähe so angebracht werden soll, dass es nicht zu einer Verwirrung mit dem weiter geltenden CO₂-Label führt.
Eine unabhängige Vergleichsbasis der Umweltfreundlichkeit von Pkw bietet dagegen der ADAC Ecotest. Dieser bewertet nicht nur den CO₂-Ausstoß, sondern auch die Schadstoffemissionen wie zum Beispiel Partikel und Stickoxide. Und zwar über alle Klassen hinweg vergleichbar. Dabei beruft sich der ADAC nicht auf die Angaben der Hersteller, sondern auf eigene, nach strengeren Standards erhobene Messwerte.
Wer sich bewusst ein klimafreundliches und schadstoffarmes Auto kaufen möchte, ist besser beraten, sich an der Anzahl der ADAC EcoTest-Sterne zu orientieren. Schauen Sie in unsere Auflistung der saubersten Modelle.