Abgasskandal Fiat: Schadensersatz für Wohnmobile möglich

Fiat Logo zwischen Nebel
Schadenersatz für Wohnmobilfahrer im Abgasskandal Fiat möglich© Shutterstock [M]

Fiat und die Schwesterfirma Iveco werden verdächtigt, illegale Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen zu verbauen. Alles Wissenswerte im Überblick.

  • Fahrzeuge der Baujahre 2014 bis 2019 mit Abgasnorm Euro 5 und 6 betroffen

  • Neuere Fahrzeuge mit Euro 6d temp sind nicht Bestandteil der Ermittlungen

  • BGH urteilt: Schadenersatz für Wohnmobil-Besitzer möglich

Nach VW, Mercedes und anderen Herstellern steht auch Fiat unter dem Verdacht der Manipulation von Dieselfahrzeugen. Betroffen sein sollen unter anderem Wohnmobile, die als Basis den bei Campern sehr beliebten Fiat Ducato haben.

Wohnmobil: BGH hält Schadenersatz für möglich

Käufer eines Wohnmobils auf Basis des Fiat Ducato können einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Hersteller Stellantis (früher Fiat) haben, wenn ein sogenanntes Thermofenster verbaut ist. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 27.11.2023 entschieden. In einem Grundsatzurteil hatte der BGH im Abgasskandal die Hürden für Schadensersatz gegen den Hersteller auf Fahrlässigkeit gesenkt. Das gelte auch für Wohnmobile, so die Richter.

Wohnmobil-Besitzer können bei einem fahrlässigen Verstoß des Herstellers Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn in ihrem Fahrzeug eine illegale Abschalteinrichtung verbaut ist. Dabei geht es um 5 bis 15 Prozent des Kaufpreises (sog. Differenzschaden). Das Wohnmobil darf man behalten, in manchen Fällen muss man sich aber die Nutzung anrechnen lassen.

BGH-Urteil vom 27.11.2023, Az.: VIa ZR 1425/22

Fahrzeug vom Dieselskandal betroffen?

Lediglich der Hersteller und das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) haben die notwendigen Informationen zur Einschätzung, ob und in welchen Fahrzeugen eine unzulässige Abschalteinrichtung bzw. Software vorhanden ist. Deutlichster Hinweis ist ein verpflichtender Rückruf des KBA – den es hier aber bislang nicht gibt.

Droht Wohnmobilen die Stilllegung?

Viele Betroffene befürchten Fahrverbote oder Stilllegungen. Dies kann derzeit nicht bestätigt werden. Eine Untersagung des Betriebs wäre möglich, wenn der Halter einem verpflichtenden Rückruf nicht nachkommt. Bislang sind jedoch keine verpflichtenden Rückrufe bekannt.

Was können Fiat-Kunden tun?

Tätig werden sollten Fiat-Besitzer von Neufahrzeugen, deren Diesel nicht älter als 24 Monate ist und die Euro-6-Norm erfüllt (Euro 6d oder Euro 6dtemp sind nicht betroffen). Diese Fahrzeuge befinden sich noch innerhalb der Sachmängelhaftungsfrist. Es empfiehlt sich, anwaltlichen Rat einzuholen.

Gleiches gilt für Käufer von gebrauchten Fahrzeugen, die sich noch innerhalb der Sachmängelhaftungsfrist befinden. Bei Gebrauchtfahrzeugen ist die Sachmängelhaftung beim Kauf vom Händler in der Regel auf ein Jahr ab Übergabe an den Käufer (Verbraucher) verkürzt. Beim Kauf von Privat ist die Sachmängelhaftung in der Regel ausgeschlossen.

Bei Fahrzeugen, die bereits älter als 24 Monate sind und sich damit außerhalb der Sachmängelhaftungsfrist befinden, gilt: Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab Kenntnis, das heißt, ab dem öffentlichen Bekanntwerden der Manipulationen.

Derzeit sind noch keine Gutachten veröffentlicht, die eine Manipulation belegen. Sollten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft den Vorwurf der betrügerischen Manipulation bestätigen, könnte das Ergebnis im Zivilverfahren verwendet werden.

Anforderungen an Klagen gesenkt

Am 26.6.2023 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Anspruch auf Schadensersatz nicht nur bei Vorsatz, sondern auch bei fahrlässigem Verstoß gegen europarechtliche Zulassungsvorschriften bestehen könnte. Das Urteil behandelte Fälle von VW, Audi und Mercedes. Es kann aber auch Auswirkungen auf Dieselfahrzeuge anderer Hersteller haben, bei denen der fahrlässige Einsatz unzulässiger Abgastechnik nachgewiesen werden kann. Das hat der BGH am 27.11.2023 auch für Wohnmobile bestätigt.

Wohnmobil: OLG verurteilt Stellantis

Am 15.9.2023 hat das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg den Mutterkonzern von Fiat (Stellantis) zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10 Prozent des Kaufpreises an einen Wohnmobilkäufer verurteilt. Damit entschied erstmals ein Oberlandesgericht gegen den italienischen Hersteller auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des BGH.

In dem Fall ging es um ein Wohnmobil, ausgestattet mit einem Dieselmotor von Fiat, das der Kläger im Jahr 2020 gebraucht gekauft hatte. Das OLG Naumburg ging davon aus, dass die beanstandeten Abgaseinrichtungen mindestens fahrlässig verbaut wurden.