Dieselskandal: EuGH erleichtert Schadenersatz-Klagen

Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Haftung für unzulässige Abgastechnik. Der ADAC spricht von einem guten Signal für den Verbraucherschutz.
Urteil in einem Verfahren gegen Mercedes-Benz
EuGH: Kläger müssen keinen Vorsatz nachweisen
BGH hat für Mai Grundsatzurteil angekündigt
Neues im Dieselskandal: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 21. März in einem Verfahren gegen Mercedes-Benz entschieden, dass Betroffene einen Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller bereits aufgrund von fahrlässigem Verhalten haben können. Im verhandelten Verfahren ging es um die Verwendung einer temperaturgesteuerten Abschalteinrichtung – auch Thermofenster genannt.
EuGH: Thermofenster sind grundsätzlich unzulässig
Nach Ansicht der Luxemburger Richter müssen Diesel-Kläger künftig keinen Vorsatz mehr bei den Herstellern nachweisen, was bislang ein hohe Hürde auf dem Weg zu einer Entschädigung war. Es reiche aus, wenn die Kläger ein fahrlässiges Verhalten des Herstellers nachweisen können. Die Richterinnen und Richter stellten klar, dass ein sogenanntes Thermofenster grundsätzlich eine unzulässige Abschalteinrichtung ist. Im vorliegenden Fall war eine solche Technik in einem Mercedes-Benz verbaut worden.
Schon im Juli und November 2022 hatte der EuGH zu Thermofenstern grundsätzlich so entschieden. Demzufolge ist ein Thermofenster, das die Abgasreinigung bei sehr hohen und niedrigen Temperaturen reduziert, eine unzulässige Abschalteinrichtung. Weiterhin machten sie Ausführungen zur Anrechnung der gefahrenen Kilometer im Falle einer erfolgreichen Klage gegen den Hersteller.
Schadenersatz nur bei nachgewiesenem Verschulden
Ob diese Entscheidungen Betroffenen helfen, Schadenersatzansprüche gegen Mercedes und auch gegen andere Hersteller von Autos mit Thermofenster durchzusetzen, bleibt abzuwarten.
Die ADAC Juristen begrüßen das Urteil als ein gutes Signal für den Verbraucherschutz. Das Urteil bedeutet ihrer Ansicht nach aber nicht, dass Verbraucher den Kauf eines Fahrzeugs mit Thermofenster automatisch rückabwickeln oder Schadenersatz fordern können. Hierfür müsste im Einzelfall festgestellt werden, dass unzulässige Technik verbaut wurde. Zudem bedarf es weiterhin des Nachweises eines Verschuldens durch den Hersteller.
Änderung der Rechtsprechung in Deutschland?
Zahlreiche deutsche Gerichte der unteren Instanzen haben ihre Verfahren in Erwartung der EuGH-Entscheidung ausgesetzt. Wie mit dem Urteil aus Luxemburg in Deutschland umzugehen ist, entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) noch in diesem Frühjahr. Bisher hat der BGH für den Hersteller Mercedes-Benz geurteilt, dass ein Thermofenster für sich genommen nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen. Das oberste deutsche Zivilgericht hat eine Grundsatzentscheidung für den 8. Mai 2023 terminiert. In diesem Verfahren geht es um einen VW-Motor.
Gerichte unterhalb des BGH wie etwa Oberlandesgerichte (OLG) haben schon signalisiert, ihre Rechtsprechung auch bei einer verbraucherfreundlichen Vorgabe aus Luxemburg und danach aus Karlsruhe im Ergebnis nicht zwingend zu ändern.
Selbst wenn der BGH seine Rechtsprechung ändern sollte, kann ein hierauf gestützter Anspruch des Klägers immer noch daran scheitern, dass ein dafür vorausgesetztes Verschulden der Beklagten für den vom Kläger geltend gemachten Schaden nicht ursächlich gewesen wäre, so die Münchner OLG-Richter.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass fahrlässiges Handeln des Herstellers ausreicht, könne von seinem Verschulden nicht ausgegangen werden, wenn die Aufsichtsbehörde (das Kraftfahrtbundesamt) die verbaute Technik für zulässig hält.