Dieselskandal: BGH vereinfacht Weg zum Schadensersatz

Ein Mitarbeiter des Stuttgarter Autoherstellers Mercedes-Benz arbeitet in der Factory 56 im Merecdes-Benz Werk in Sindelfingen in der Fertigung von Oberklasse- und Luxusfahrzeugen.
Käufer und Käuferinnen von Diesel-Autos haben nach dem Urteil bessere Aussichten auf Schadensersatz© picture alliance/dpa

Kehrtwende in der Rechtsprechung: Der Bundesgerichtshof spricht Schadensersatz wegen der Verwendung von Thermofenstern zu und gibt Land- und Oberlandesgerichten Leitlinien für Diesel-Schadensersatzklagen.

  • Grundsatzurteil in Verfahren gegen VW, Audi und Mercedes

  • BGH vereinfacht Berechnung der Schadensersatzhöhe

  • 5 bis 15 Prozent des Kaufpreises als Entschädigung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 26. Juni 2023 in drei Verfahren gegen VW, Audi und Mercedes-Benz entschieden, dass Besitzerinnen und Besitzer von Dieselfahrzeugen mit einer temperaturgesteuerten Abschalteinrichtung – auch Thermofenster genannt – einen Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller ihres Wagens haben können. Und zwar nicht nur, wenn dem Hersteller Vorsatz nachgewiesen werden kann, sondern auch, wenn "nur" fahrlässiges Verhalten vorliegt.

Ein Thermofenster führt dazu, dass die Abgasreinigung nicht immer gleich gut funktioniert. Die Technik drosselt die Abgasreinigung oder fährt sie sogar ganz herunter – je nach Außentemperatur. Autohersteller begründeten dies stets mit dem Schutz des Motors. Kläger sahen darin Betrug.

Der BGH hat zu den konkreten Verfahren allerdings keine abschließenden Entscheidungen getroffen, sondern diese zur erneuten Behandlung an die untergeordneten Gerichte zurückverwiesen. Letztere müssen zunächst klären, ob von VW, Audi und Mercedes-Benz unzulässige Technik verbaut wurde oder nicht. Konkret geht es um die folgenden Motoren:

  • VW: 2-Liter-Diesel Motortyp EA288

  • Audi: 3-Liter Diesel Motortyp EA896Gen2BiT

  • Mercedes: OM 651

Zur Höhe des möglichen Schadensersatzes – falls der Einbau einer unzulässigen Technik festgestellt werden sollte – führten die Richter aus, dass 5 bis 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises geltend gemacht werden können, und der Kläger das Auto behalten darf. Die Ermittlung der konkreten Entschädigungssumme im Einzelfall bleibt den Gerichten in den unteren Instanzen (Landgerichte und Oberlandesgerichte) vorbehalten.

ADAC: Gutes Signal für den Verbraucherschutz

Der ADAC begrüßt die grundsätzliche Vereinfachung von Schadensersatzklagen durch das Urteil des BGH. Der BGH hat den unteren Instanzen Leitlinien an die Hand gegeben und deutlich gemacht, womit geschädigte Diesel-Kläger rechnen können. Derzeit sind noch mehrere Zehntausend Diesel-Klagen in Deutschland anhängig.

Das Urteil bedeutet nach Ansicht der ADAC Juristen aber nicht, dass Käuferinnen und Käufer eines Fahrzeugs mit Thermofenster automatisch schneller Schadensersatz fordern können. Es muss in jedem Einzelfall festgestellt werden, dass unzulässige Technik verbaut wurde.

Zudem bedarf es weiterhin des Nachweises eines Hersteller-Verschuldens. Nach der Entscheidung des BGH kann ein Schadenersatzanspruch immer noch daran scheitern, dass es an einem erforderlichen Verschulden des Herstellers fehlt.

So haben einige Oberlandesgerichte (OLG) bereits signalisiert, ihre Rechtsprechung trotz der verbraucherfreundlichen Vorgaben aus Luxemburg und Karlsruhe im Ergebnis nicht zwingend zu ändern.

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Mit Material von dpa