Sitzerhöhung im Auto: So fahren Kinder sicher
Wenn Kinder aus herkömmlichen Kindersitzen herauswachsen, sorgt eine Sitzerhöhung für mehr Sicherheit. Der ADAC hat verschiedene Varianten getestet. Alles Wissenswerte und aktuelle Ergebnisse des Kindersitztests 2024 im Überblick.
Alter, Gewicht und Größe des Kindes berücksichtigen
Sitzerhöhungen mit Rückenlehne sorgen für mehr Schutz
Kopfstütze vom Auto besser nicht ausbauen
Was ist eine Kindersitzerhöhung?
Die Sitzerhöhung ist für größere und ältere Kinder gedacht, für die noch die Kindersitzpflicht besteht oder bei denen der Gurt noch nicht ordnungsgemäß verläuft. Sie hat kein eigenes Gurtsystem, das Kind wird mit dem Dreipunktgurt des Fahrzeugs gesichert. Man unterscheidet drei Typen von Sitzerhöhungen:
Sitzerhöhung mit Rückenlehne
Die sicherste Variante verfügt über zwei ausgeprägte Führungshörner für den Beckengurt sowie eine Rückenlehne mit Kopfstütze. Bei einem Unfall verhindern die Führungshörner, dass der Beckengurt hochrutscht und in den Bauchraum des Kindes schneidet. Die Rückenlehne sorgt für den richtigen Verlauf des Schultergurts. Die Kopfstütze stabilisiert nicht nur den Kopf eines schlafenden Kindes, sondern schützt im Fall eines Seitenaufpralls auch vor schweren Verletzungen.Sitzerhöhung mit Gurtführung
Zwei Führungshörner kontrollieren den Beckengurt, doch ohne Seitenschutz sind Schulter, Kopf und Oberkörperbereich des Kindes bei einem Crash nicht ausreichend geschützt.Einfache Sitzerhöhung
Eine einfache Sitzerhöhung bietet keinen Schutz für Becken-, Schulter- und Kopfbereich des Kindes. Der richtige Verlauf des Sicherheitsgurts kann nicht garantiert werden, das Kind könnte während der Fahrt aus dem Gurt rutschen und wäre im Fall eines Unfalls einem hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Von einfachen Sitzerhöhungen ist aufgrund der geringen Schutzwirkung dringend abzuraten.
Ab wann ist sie erlaubt?
Wann ein Kind auf einer Sitzerhöhung Platz nehmen darf, hängt auch vom verwendeten Modell ab. Die aktuellste Norm UN Reg. 129 richtet sich bei neuen Kindersitzen nach der Größe des Kindes – die entsprechende Angabe finden Sie auf dem Prüfsiegel, das oft auf der Unterseite des Kindersitzes angebracht ist.
Bei älteren oder gebrauchten Kindersitzen kann die Sitzerhöhung durchaus noch nach der Kindersitznorm UN ECE Reg. 44 zertifiziert sein. Dann gilt das auf dem Prüfsiegel angegebene Mindest-Gewicht von 15 oder 22 Kilogramm. Manche Modelle dürfen dabei trotzdem erst für Kinder über 125 Zentimeter Körpergröße verwendet werden.
Kindersitzerhöhungen ohne Rückenstütze können auch eine UN Reg. 129 Zulassung haben. Allerdings gilt diese erst für Kinder über 125 Zentimeter Körpergröße und mit mehr als 22 Kilogramm Körpergewicht. Diese sind unter dem Aspekt der Sicherheit aber nicht zu empfehlen.
Eine Sitzerhöhung mit Rücklehne und Kopfstütze bietet im Fall eines Unfalls mit Seitenkollisionen immer noch den besten Schutz für Kinder. Generell sollte Ihr Kind nicht zu früh auf einer Sitzerhöhung sitzen. Wenn sie zu groß ist, verläuft der Gurt nicht richtig, und der Sitz verfehlt seine Schutzfunktion. Erst wenn die Ohren des Kindes die obere Kante des Kindersitzes erreicht haben, sollte man den Sitz durch eine Sitzerhöhung mit Rückenlehne ersetzen.
Tabelle: Sitzerhöhungen im Kindersitztest
Vor dem Kauf eines Kindersitzes sollten sich Eltern umfassend über das Angebot informieren. Dabei helfen die Bewertungen der Sitzerhöhungen aus dem aktuellen Kindersitztest, aber auch die der Vorjahre. Die Ergebnisse in der folgenden Tabelle sind seit 2020 direkt mit den aktuellen Ergebnissen vergleichbar. Alle seit 2015 mit "sehr gut", "gut" und "befriedigend" bewerteten Sitze können immer noch empfohlen werden.
Kauf: Darauf müssen Sie achten
Vor dem Kauf der Kindersitzerhöhung ist eine Einbauprobe notwendig: Prüfen Sie, ob der Sitz möglichst stramm und standsicher in Ihrem Auto eingebaut werden kann. Außerdem sollte er passend für die Körpergröße des Kindes und bequem sein.
Lassen Sie Ihr Kind deshalb unbedingt vor dem Kauf Probe sitzen. Achten Sie dabei vor allem auf den richtigen Gurtverlauf und die Höhe der Kopfstütze. Und ebenso darauf, dass sich der Gurt selbstständig aufrollt, wenn sich Ihr Kind nach vorne beugt. Wenn nicht: einen Sitz wählen, dessen Schultergurtführung besser zum Fahrzeug passt.
Befestigung und Anschnallen
Für maximale Sicherheit muss das Kind in der Sitzerhöhung mit Rückenlehne richtig angeschnallt und der Gurtverlauf an die Größe des Kindes angepasst werden. Dabei sollten Sie Folgendes beachten:
Kindersitzerhöhungen dürfen nur mit einem Dreipunktgurt verwendet werden.
Der Schultergurt muss mittig über der Schulter verlaufen.
Der Beckengurt wird unter die Führungshörner geführt und liegt an den Hüftknochen oder gerade über den Oberschenkeln.
Bei fast allen Modellen müssen sowohl Schulter- als auch Beckengurt auf der Seite des Gurtschlosses durch das Führungshorn verlaufen. Die Herstelleranleitung beachten.
Es darf keine dicke Jacke zwischen Becken und Gurt liegen.
Eine zusätzliche Befestigung mit Isofix verbindet den Sitz mit dem Auto und erhöht die Stabilität.
Bis wann sind Sitzerhöher sinnvoll?
Grundsätzlich gilt bis zum Alter von zwölf Jahren oder einer Größe von 150 Zentimetern die Kindersitzpflicht. Gerade bei kleinen Kindern über zwölf Jahre ist eine Sitzerhöhung aber weiterhin sinnvoll. Der Grund: Bei einer zu geringen Körpergröße könnte der Beckengurt bei einem Unfall in die Höhe des Bauchraums des Kindes rutschen und innere Organe quetschen. Eine passende Kindersitzerhöhung sorgt für einen optimalen Gurtverlauf am Becken sowie zwischen Hals und Schulter und bietet damit besseren Schutz.
Video: Sitzerhöher im Crashversuch
Generell gilt: Jede Sitzerhöhung ist besser als gar keine. Denn während Beckenknochen, Schambein und Sitzbein eines Erwachsenen zu einer stabilen Hüfte zusammengewachsen sind, ist das bei einem Kind noch nicht so.
Deshalb verbessert schon eine einfache Sitzerhöhung durch die höhere Sitzposition und die zusätzliche Beckengurt-Umlenkung nahe am Kind die Umschlingung des Beckens. Sie reduzieren also das Verletzungsrisiko beim Frontalunfall und erfüllen die gesetzlichen Mindestanforderungen zur Kindersicherung.
Noch besser sind aber Sitzerhöher mit seitlichen Gurtführungen: Sie lenken den Beckengurt so um, dass er so tief wie möglich verläuft und einen größeren Teil der Belastung über die Oberschenkel überträgt. Wegen der fehlenden Schultergurtführung scheuert besonders bei kleineren Kindern der Diagonalgurt aber am Hals. Deshalb legen ihn viele unter den Arm des Kindes. Das ist beim Unfall gefährlich: Der Oberkörper wird schlecht zurückgehalten, der Diagonalgurt schneidet in den Brust- und Bauchbereich ein und kann dabei schwere Verletzungen verursachen.
Seitenaufprall: Rückenlehne schützt
Obwohl die Frontalkollision in der ADAC Unfallforschung mit rund 60 Prozent Anteil am häufigsten passiert, ist das Risiko von schweren Verletzungen bei Seitenkollisionen deutlich höher – vor allem für Kinder.
Denn Airbags im Auto sind für Erwachsene ausgelegt – und deshalb reichen die seitlichen Kopfairbags in der Regel nicht weit genug nach unten, um den Kopf eines Kindes bei einem Unfall zu schützen. So rutscht der Kopf unter dem Airbag durch und prallt direkt an die Fahrzeugtür.
Auch deshalb ist ein Kindersitz mit gutem Seitenaufprallschutz besonders wichtig. Die Rückenlehne kann die auf Kopf und Brust wirkenden Belastungen mehr als halbieren und damit das Verletzungsrisiko fürs Kind erheblich reduzieren.
Die Rückenlehne erfüllt damit wichtige Funktionen und ist wichtig für guten Kindersitz. Sie bietet Schutz beim Seitenaufprall, positioniert das Kind mittig auf dem Sitzplatz und damit den Diagonalgurt mittig auf der Schulter des Kindes und unterstützt auch schlafende Kinder.
Eine Kindersitzerhöhung ohne Rückenlehne ist zwar gesetzlich zugelassen, bietet aber nicht genügend Schutz. Sie sollte nur als Notlösung genutzt werden. Wählen Sie dabei einen Sitz mit Führungshörnern und aus stabilem Hartplastik. Sitzschalen aus Styropor sind meist von minderer Qualität und weniger robust.
Autokopfstütze besser nicht ausbauen
Einige Fahrzeug- und Kindersitzhersteller empfehlen in ihren Anleitungen, die Kopfstütze des Autos vor der Montage zu entfernen. Denn gerade bei hohen Kindersitzen, deren Oberkante sich an der fahrzeugseitigen Kopfstütze anlehnt, entsteht ein relativ großer Hohlraum zwischen Kindersitz und Fahrzeuglehne. Bei Autos mit integrierten oder nicht demontierbaren Kopfstützen kann das nicht verhindert werden.
Das Problem: Je nach Größe des Spalts wird der Sitzkomfort negativ beeinflusst. Das Kind sitzt aufrechter und weniger bequem im Fahrzeug. Kippt es beim Einschlafen zu weit nach vorn, könnte die Schutzwirkung des Kindersitzes bei einem Seitenaufprall eingeschränkt sein.
Bei Crashtests und Fahrversuchen haben die ADAC Ingenieure die Gefahren für Kinder in Kindersitzen mit montierter und demontierter Kopfstütze bei einem Unfall genau untersucht. Das Ergebnis: Beim Heckaufprall reduziert die abstützende Wirkung der Kopfstütze die auftretenden Kräfte im oberen Nackenbereich. Nachteile aufgrund des Hohlraums zwischen Kindersitz und Fahrzeuglehne gab es nicht.
Bei Ausweichmanövern im Falle eines Unfalls waren allerdings keine gravierenden Unterschiede erkennbar, der Seitenhalt der Sitzerhöhungen war mit monierter und demontierter Kopfstütze nahezu gleich. Das lag aber an der Isofix-Verankerung des Sitzes, die (unabhängig von der Kopfstütze) das seitliche Kippen der Sitzerhöhung inklusive Kind eindeutig reduziert und begrenzt.
Das Fazit: Kopfstützen sollten nicht grundsätzlich ausgebaut werden – auch wenn es in den Bedienungsanleitungen empfohlen wird. Aufgrund dieser Ergebnisse haben einige Fahrzeughersteller schon reagiert und Nachbesserungen in den Bedienungsanleitungen angekündigt.
Viele weitere Tipps rund um das Thema Kindersicherung finden Sie beim ADAC Kindersitzberater.
Fachliche Beratung: Andreas Ratzek, ADAC Technik Zentrum