Gesetz zum autonomen Fahren: Diese Regeln gelten

Wer ist verantwortlich, wenn hochautomatisierte oder autonome Fahrzeuge in einen Unfall verwickelt sind? Diese Gesetze und Regeln gelten für die unterschiedlichen Ausbaustufen des automatisierten Fahrens:
Die technische Entwicklung in Fahrzeugen schreitet voran: So verfügt die neue S-Klasse als erstes Serienfahrzeug über einen Autobahn-Staupiloten, bei dem man sich bis Tempo 60 vom Straßenverkehr abwenden darf.
Bei Unfällen oder Regelverstößen im Straßenverkehr war bislang zumindest eines relativ klar: Verantwortlich ist in der Regel ein Mensch. Weil sie oder er eine Ampel übersehen hat, zu spät gebremst hat oder zu schnell gefahren ist. Wenn dagegen hochautomatisierte oder autonome Fahrzeuge in einen Unfall verwickelt sind, könnte auch die Technik schuld sein.
Deshalb gibt es seit 2017 gesetzliche Regeln für hochautomatisierte und seit 2021 auch für autonome Fahrzeuge. Denn auch wenn es noch keine vollautonomen, für den Straßenverkehr zugelassene Pkw gibt, zeigt das Beispiel S-Klasse: Der Regelungsbedarf steigt.
Assistiertes Fahren
Autofahrende dürfen sich grundsätzlich und sehr weitreichend von Assistenzsystemen (Level 2) unterstützen lassen. Zum Beispiel beim Spurhalten, beim Einparken oder durch einen Tempomaten. Diese Systeme sind inzwischen so ausgereift, dass sie in einigen Fahrsituationen gerade in Kombination miteinander sehr weitgehende Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen können – und sogar dazu verleiten könnten, die Aufmerksamkeit vom Verkehrsgeschehen abzuwenden.
Allerdings: Ein Assistenzsystem kann noch so ausgefeilt sein – vor dem Gesetz besteht kein Unterschied zum manuellen Fahren: Der Fahrer ist für alle Verkehrsverstöße verantwortlich.
Für kontinuierliche Aufmerksamkeit sollen u.a. sogenannte Bauart-Vorschriften sorgen. Eine davon schreibt vor, dass Lenkräder technisch hochgerüsteter Autos mit einer Hands-On-Erkennung ausgestattet sein müssen. Sie soll verhindern, dass der Fahrende sich zu sehr auf seine Helfer wie Spurhalte- und Abstandsassistenten verlässt und etwa anfängt, Zeitung zu lesen.
Hochautomatisiertes Fahren
In bestimmten Situationen dürfen Autofahrende die Fahraufgabe vollständig an ein Automatisierungssystem (Level 3) übergeben und ihre Aufmerksamkeit vom Straßenverkehr abwenden. Die oder der Fahrende muss sich allerdings bereithalten, nach Aufforderung das Steuer unverzüglich wieder zu übernehmen. Man darf also den Fahrersitz nicht verlassen und nicht schlafen. Zur Kontrolle und um die Haftung im Fall eines Unfalls zu klären, dokumentiert das Fahrzeug in einem Datenspeicher, ob und wann das Automatisierungssystem aktiv war.
Damit Pkw überhaupt hochautomatisiert fahren dürfen, muss die dafür erforderliche Technik bestimmten Vorgaben entsprechen. So gibt es seit Anfang 2021 eine Bauart-Vorschrift für den Autobahn-Staupilot. Als erster Pkw-Hersteller bietet Mercedes-Benz zahlungskräftigen Kundinnen und Kunden diese Funktion in der S-Klasse als Sonderausstattung an.
Autonomes Fahren
Noch komplexer als hochautomatisierte Fahrfunktionen im zähfließenden Verkehr auf der Autobahn ist "echtes" autonomes Fahren (Level 4 und 5) – genau wie das dafür nötige Regelwerk. Im Mai 2021 haben Bundestag und Bundesrat einem Gesetz zugestimmt, nach dem autonome Fahrzeuge in Deutschland ohne physisch anwesende Fahrer oder Fahrerinnen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen können – bis auf Weiteres aber nur in festgelegten und vorab genehmigten Betriebsbereichen. Anwendungsfälle werden also zunächst wohl Shuttlebusse auf Firmengeländen oder bei Messen sein.
Darüber hinaus sieht das Gesetz die dauerhafte Überwachung des Betriebs durch eine technische Aufsicht vor. Diese muss eine natürliche Person sein, die im Einzelfall das Kraftfahrzeug mit autonomen Fahrfunktionen anhalten oder Fahrmanöver des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion von außen freigeben kann.
Um die Ansprüche potenziell Geschädigter zuverlässig zu erfüllen, ist zusätzlich zur Haftpflichtversicherung des Kfz-Halters eine Haftpflichtversicherung für die technische Aufsicht vorgeschrieben.
Die strafrechtliche Verantwortung für Verkehrsverstöße des autonomen Fahrzeugs muss jeweils im Einzelfall ermittelt werden. Neben individuellem Verschulden einzelner Akteure kommt auch Organisationsversagen, z.B. beim Hersteller oder Betreiber in Betracht.
Noch fehlen allerdings die Verordnungen, die das neue Gesetz mit Leben füllen würden, beispielsweise die genauen Bauartvorschriften. Es gibt also noch viel Regelungsbedarf, bis die ersten autonomen Fahrzeuge tatsächlich ohne Fahrer im Regelbetrieb eingesetzt werden dürfen.