Zöliakie: Was Betroffenen helfen kann

Bei Menschen mit Zöliakie löst das in verschiedenen Getreiden enthaltene Klebereiweiß Gluten eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut aus.
Kann in jedem Alter auftreten
Häufig: Magen-Darm-Beschwerden, Fatigue, Anämie
Nicht heilbar, aber durch Diät gut therapierbar
Bei einer Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) reagiert das Immunsystem überempfindlich auf das Eiweiß Gluten, das vor allem in Getreideprodukten enthalten ist. Es handelt sich dabei nicht um eine allergische Reaktion, wie beispielsweise bei der Weizenallergie. Stattdessen löst das Klebereiweiß bei Betroffenen eine Autoimmunreaktion aus, bei der fehlgesteuerte Immunzellen die Dünndarmschleimhaut angreifen. Es kommt zu einer chronischen Entzündung. Die Darmschleimhaut wird geschädigt und kann Nährstoffe nur noch schlecht aufnehmen.
Zöliakie ist keine klassische Erbkrankheit, aber Menschen mit bestimmten genetischen Merkmalen haben ein erhöhtes Risiko, eine Glutenunverträglichkeit zu entwickeln. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter ausbrechen. Sie ist nicht heilbar, durch eine glutenfreie Diät aber sehr gut behandelbar. Bereits entstandene Schäden an der Darmschleimhaut bilden sich in der Regel vollständig zurück.
Reisen mit Zöliakie
Eine Zöliakie ist kein Grund, auf Urlaubsreisen zu verzichten. Allerdings ist es sinnvoll, frühzeitig vorzuplanen. Eine umfassende Checkliste und hilfreiche Tipps für die Reisevorbereitung bietet beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Zöliakie.
Symptome bei Zöliakie
Die Zöliakie ist auch als das Chamäleon der Magen-Darm-Erkrankungen bekannt. Die Symptome sind vielfältig, können nahezu alle Organe betreffen und sich individuell unterscheiden. Viele Betroffene haben nur wenige, einige lediglich ein einzelnes Symptom. Auch vollständig symptomlose Verläufe sind möglich. Die Darmschleimhaut wird allerdings auch in diesem Fall geschädigt.
Häufige Anzeichen einer Zöliakie sind
Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Übelkeit und Erbrechen
Eisenmangel und Blutarmut (Anämie)
Gewichtsverlust
Stimmungsveränderungen (z.B. ängstlich-bedrückte, traurige Stimmung)
Wachstumsstörungen bei Kindern und Jugendlichen
Zu den zahlreichen Symptomen außerhalb des Magen-Darm-Trakts zählen unter anderem:
Bauchspeicheldrüsenschwäche
Erhöhte Leberwerte
Laktoseintoleranz
Zahnschmelzdefekte
Knochenschmerzen, Osteoporose, wiederholte Knochenbrüche
Kardiomyopathie (strukturelle Veränderungen am Herzmuskel)
Gelenkbeschwerden (z.B. Arthritis)
Hautveränderungen
Psychosen
Nervenschäden
Neurologische Erkrankungen wie Epilepsie, Migräne oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADS, ADHS)
Mangelerscheinungen (z.B. B-Vitamine, Eisen oder Kalzium)
Eine Zöliakie kommt oft nicht allein
Eine Glutenunverträglichkeit tritt oft zusammen mit anderen Erkrankungen auf. Typische Begleiterkrankungen:
Chromosomenstörungen (z.B. Downsyndrom, Ullrich-Turner-Syndrom)
Andere Autoimmunerkrankungen (z.B. Morbus Basedow, Schuppenflechte, Hashimoto-Thyreoiditis)
Depressionen
Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebserkrankungen, insbesondere Tumoren im Verdauungstrakt und Lymphome.
Symptomarme Verläufe, hohe Dunkelziffer
Lange nahm man an, dass nur etwa einer von 1000 bis 2000 Menschen in Deutschland an Zöliakie leidet. Tatsächlich liegt die Häufigkeit neueren Untersuchungen zufolge bei 1:100, also eine von 100 Personen. Die hohe Dunkelziffer ist der Tatsache geschuldet, dass es kein einheitliches Krankheitsbild gibt. Selbst die Kombination aus Magen-Darm-Problemen, Mangelernährung, Müdigkeit und Stimmungsveränderungen tritt nur bei etwa 10 bis 20 Prozent der Betroffenen auf. Viele Menschen wissen deshalb nichts von ihrer Erkrankung.
Test auf Glutenunverträglichkeit
Zu den wichtigsten Tests bei Verdacht auf Zöliakie zählt eine Blutuntersuchung. In der Blutprobe lassen sich bei Erkrankten bestimmte Autoantikörper gegen körpereigene Proteine nachweisen. Manchmal ist eine Dünndarmspiegelung mit Gewebeentnahme (Biopsie) oder eine Genanalyse notwendig, um die Diagnose abzusichern.
Ernährung bei Zöliakie
Zöliakie ist nicht heilbar, sie lässt sich aber sehr gut behandeln. Allerdings müssen Betroffene lebenslang eine streng glutenfreie Diät einhalten, da schon kleinste Glutenmengen Veränderungen an der Darmschleimhaut auslösen können. Das gilt auch für Personen, bei denen die Zöliakie keine Symptome verursacht.
Ist die Aufnahme von Nährstoffen durch die Zöliakie beeinträchtigt, benötigen Betroffene zusätzlich Nahrungsergänzungsmittel, um den Vitamin- und Mineralstoffbedarf zu decken. Häufig ist zum Beispiel ein Mangel an Eisen, Folsäure, Zink und Vitamin B12.
Was darf man bei Zöliakie nicht essen?
Unverträglich sind bei einer Zöliakie alle Lebensmittel, die folgende Getreide enthalten:
Weizen
Gerste
Roggen
Dinkel
Grünkern
Kamut (Khorasan-Weizen)
Triticale (Kreuzung aus Hartweizen und Roggen)
Tritordeum (Kreuzung aus Hartweizen und Wildgerste)
Emmer
Urkorn
Einkorn
Was darf man bei Zöliakie essen?
Als weitestgehend glutenfrei – und somit unbedenklich – gelten die Getreide Reis, Mais und Hirse. Handelsübliche Hafer und Haferprodukte sind in der Regel nicht geeignet, allerdings gibt es bestimmte als glutenfrei gekennzeichnete Produkte.
Welches Brot und Mehl bei Zöliakie?
Menschen mit Zöliakie müssen nicht auf Brot und andere mehl- oder körnerhaltige Speisen wie Müsli verzichten. Neben Produkten aus Reis, Mais und Hirse sind auch sogenannte Mehlpflanzen und Pseudogetreide (Körner von Pflanzenarten, die nicht zu den echten Getreidearten zählen) gut verträglich. Dazu zählen zum Beispiel
Buchweizen
Amaranth
Chiasamen
Hanf
Hülsenfrüchte
Kartoffeln/Kartoffelmehl/Kartoffelstärke
Kokosmehl
Leinsamen
Maniok
Nussmehle
Quinoa
Soja
Traubenkernmehl
Kontaminierte Lebensmittel
In einem Haushalt, in dem mehrere Personen leben, kann es sehr leicht zu Verunreinigungen von glutenfreien Lebensmitteln kommen. Es ist deshalb wichtig,
alle zur Zubereitung einer glutenfreien Mahlzeit verwendeten Küchenutensilien vor dem Gebrauch gründlich zu reinigen und von glutenhaltigen Mehlresten zu befreien.
Gegenstände aus Holz und Kunststoff sowie schwer zu reinigende Küchenutensilien (z.B. Toaster) nicht für die Zubereitung von glutenhaltigen und glutenfreien Speisen zu verwenden, sondern diese in doppelter Ausführung anzuschaffen.
glutenfreie getrennt von glutenhaltigen Lebensmitteln zu lagern.
beim gleichzeitigen Kochen von glutenhaltigen und glutenfreien Speisen nicht nur getrennte Töpfe, sondern auch getrennte Löffel etc. zu verwenden.
beim Frittieren nicht dasselbe Frittierfett für glutenhaltige und glutenfreie Lebensmittel zu benutzen.
Gibt es eine Impfung gegen Zöliakie?
Eine Impfung gegen Zöliakie befindet sich zwar in klinischer Erprobung, zugelassen ist diese jedoch noch nicht. Auch medikamentöse Behandlungsansätze werden derzeit erforscht, aktuell gibt es aber keine Alternative zu einer glutenfreien Diät.
Da es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, ist es nicht möglich, einer Zöliakie vorzubeugen.
Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.
Herold G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2022
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Das Gastroenterologieportal: Glutenunverträglichkeit (Zöliakie), unter: https://dasgastroenterologieportal.de/krankheiten/nahrungsmittelunvertraglichkeit/glutenunvertraglichkeit-zoliakie/ (Stand: 21.10.2024)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Zöliakie (Glutenunverträglichkeit), Stand 12/2022, unter: https://www.gesundheitsinformation.de/zoeliakie-glutenunvertraeglichkeit.html (Abruf: 21.10.2024)
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