Yamaha YZF-R6 (2017–2020): Fahrbericht, Daten, Bilder

Die Yamaha YZF-R6 ist ein Supersport-Motorrad, das von 2017 bis 2020 gebaut wurde. Die Stärken und Schwächen des rasanten Bikes zeigt der Fahrbericht aus der Zeitschrift MOTORRAD Heft 8/2017.
Gute Aerodynamik
Einfaches Handling durch jede Menge Elektronik
Reine Sportmaschine
Um die Kaste der Sportmotorräder ist es nicht gerade rosig bestellt. Kaum ein Hersteller verkauft große Stückzahlen davon. So fristet der Supersportler in den Showrooms und Katalogen sein Dasein vornehmlich als Imageträger. Bei den 600ern sieht es sowieso schon lange finster aus. Entwicklungskosten und Verkaufszahlen stehen in keinem lukrativen Verhältnis.
Die Marke mit den gekreuzten Stimmgabeln im Emblem kann das umfangreichste Programm an Straßensport-Motorrädern überhaupt aufweisen. Und im Hobbyrennsport sowie auf dem Gebrauchtmarkt erfreut sich die R6 seit dem legendären Modell RJ11 von 2006 in der Tat enormer Beliebtheit.
Die Aerodynamik der Yamaha ist gut

Optisch wurde die R6 stark an das Superbike R1 angelehnt. Beide Maschinen besitzen eine Verkleidungsfront mit zentralem Lufteinlass plus LED-Leuchten sowie das luftige, strömungsgünstig gestylte Heck. Vor allem an der Aerodynamik der R6 tüftelten die Ingenieure herum. Die schlanker gezeichnete Linie der Maschine soll eine Verbesserung um acht Prozent gegenüber dem Vorgängermodell bringen und den Nachfolger damit zur windschnittigsten Yamaha überhaupt machen.
Einfaches Handling: ABS und Traktionskontrolle

Von Vorteil ist der leichte Aluminiumtank, der 1,2 kg Gewicht im Vergleich zum Stahltank des Vorgängermodells einspart. Die kompaktere Batterie und der zwei Zentimeter kürzere Heckrahmen aus Magnesium stehen ebenfalls im Zeichen des Leichtbaus. Trägheit lässt sich die 600er ganz bestimmt nicht anlasten, denn ihr Handling fällt extrem flink aus. Dazu passt der Quickshifter QSS, der die Gänge schnell und sauber durch das tadellos funktionierende Getriebe schaltet. Dass die Agilität der Maschine nicht in Nervosität umschlägt, liegt neben der bewährten Geometrie an den positiven Eigenschaften des Fahrwerks.
Die aus der R1 stammende 43-mm-KYB-Gabel (voll einstellbar) dämpft selbst bei harten Bremsattacken wunderbar konstant und spricht gut an, was in einem klaren Feedback fürs Vorderrad resultiert. Auf der Bremse einzubiegen und die Linie dann in Schräglage nochmals enger zu ziehen klappt mit der R6 mühelos. Das Kayaba-Federbein spricht nicht ganz so klasse an wie die Gabel. Aber die 600er bleibt bei den meisten Fahrmanövern in Balance, sie zeigt beim harten Anbremsen eine bessere Spurstabilität als die Vorgängerin.
Die Bremsanlage stammt gleichfalls aus der R1 und macht ihren Job mehr als solide. Sie beißt fest in die 320 Millimeter großen Bremsscheiben, und der Druckpunkt bleibt über den Turn hinweg stabil. Weiterhin ist ein ABS neu an Bord – es regelt sportlich spät. Im Gegensatz zur ebenfalls neuen Traktionskontrolle (TCS) ist es aber nicht einfach so über einen Schalter am Lenker abschaltbar. Die TCS hat sechs Stufen und lässt sich während der Fahrt umstellen, ab dem vierten Gang aufwärts sogar bei nicht vollständig geschlossenem Gasgriff.
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Obwohl es sich bei dieser Traktionskontrolle um ein vergleichsweise simples System ohne Schräglagensensorik handelt (Basis für den Eingriff ist der Drehzahlabgleich von Vorder- und Hinterrad, woraufhin das System Zündzeitpunkt und Einspritzmenge reguliert), steht es auch schnellen Fahrern ab Stufe drei nicht mit voreiligem Intervenieren im Weg. Was leider auch daran liegen mag, dass die Maschine leistungsmäßig etwas schwach auf der Brust wirkt.
Im Test: 118-PS-Motor

Im unteren und bis in den mittleren Drehzahlbereich hinein konnten schon die Vorgängermodelle keine Nägel mit der bloßen Hand einschlagen. Das machten sie dafür im Drehzahlbereich ab 12.000/min bis in den Begrenzer jenseits der 14.500/min mehr als wett und brannten dort ein regelrechtes Feuerwerk ab. Zwar jodelt auch die R6 laut Drehzahlmesser bis über 16.000/min. Sie wirkt dabei aber selbst im Fahrmodus A mit dem schärfsten Ansprechverhalten (es gibt A, B und Standard) fast schon ein wenig zäh.
Ein Blick ins Datenblatt liefert die Erklärung: 118,4 PS Spitzenleistung – das ist weniger Power, als die erste R6 von 1999 aufbrachte. Zudem ist die YZF-R6 auch nicht leichter als das Vorgängermodell – trotz Alutank und Magnesium-Heckrahmen wiegt sie ein knappes Kilogramm mehr. Schuld daran sind die Elektronik plus weitere Anbauteile. Und natürlich die Zulassungsnorm, denn ohne großvolumigen Auspuff mit entsprechenden Katalysatoren geht es halt nicht mehr.
Technische Daten Yamaha YZF-R6 (2017–2020)
Herstellerangaben | |
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Motor/Getriebe | Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, 4 x Ø 41 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 420 W, Batterie 12 V/9 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 45 : 16
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Fahrwerk | Brückenrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel, Ø 43 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Einkolben-Schwimmsattel, Traktionskontrolle, ABS,
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Maße und Gewichte | Radstand 1375 mm, Lenkkopfwinkel 66,0 Grad, Nachlauf 97 mm, Federweg vorn/hinten 120/120 mm, Sitzhöhe 850 mm, Gewicht vollgetankt 190 kg, zulässiges Gesamtgewicht 375 kg, Tankinhalt/Reserve 17,0/3,4 Liter |
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