Sommer 516: Diesel-Motorrad im Fahrbericht
Die Sommer 516 ist ein Kuriosum: Ein nagelndes Diesel-Zweirad mit 12 PS, aber reizenden Eigenschaften, wie der Fahrbericht unserer Test-Redaktion zeigt. Die Produktion wurde 2022 eingestellt.
Wird nicht mehr gebaut, auch gebraucht kaum zu bekommen
Kurioses Liebhaberstück, keine Elektronik, Top-Speed 105 km/h
Verbrauch: Nur ca. 2 Liter/100 km
Sommer 516: Das Fahren war ein Erlebnis
Wacker stampfend nagelt der Einzylinder vor sich hin. Jede einzelne Zündung des grobschlächtig wirkenden Dieselmotors ist zu spüren. Man könnte meinen, dass sowas im Rahmen eines Motorrads nichts verloren hat. Doch weit gefehlt: Nach nur wenigen Kilometern Eingewöhnung finde ich immer mehr Gefallen am nagelnden Motorradfahren. Das Schalten mit dem rechten Fuß ist ebenso gewöhnungsbedürftig, wie der Klang des Industriemotors, der sonst eher stationär und gut versteckt seine Dienste verrichtet.
Leistung 12 PS, Höchstgeschwindigkeit 105 km/h
Hat man sich erst einmal mit der ungewohnten Art des Gangwechsels und der Klangkulisse abgefunden, schmeichelt sich die Sommer Diesel 516 zunehmend ein. Tapfer tuckernd trägt sie ihren Fahrer durch die Gegend, wuchtet niedertourig und unaufdringlich ihre Kraft aufs Hinterrad. Das ist pures Fahren. Zum Verzögern der 165 kg schweren und maximal 105 km/h schnellen Maschine genügen eine Scheibe vorn und eine Trommelbremse hinten völlig.
27,5 Nm Drehmoment bei 2000/min – die Sommer entwickelt sehr früh ihre maximale Schubkraft. Schalten ist eigentlich unnötig. Wer gemütlich (anders will man das gar nicht) über die Landstraßen zuckelt, tut dies ebenso im vierten Gang, wie bei der Fahrt durch eine Ortschaft. Und schaltet man trotzdem mal in den dritten zurück, ist schon bei 2500/min wieder die Vier angesagt.
Der Antrieb heißt 1B50 und stammt von der Firma Hatz aus dem niederbayerischen Ruhstorf an der Rott. Der unscheinbare Dampfhammer – entwickelt ursprünglich für nautische und stationäre Zwecke – hat's in sich. Wer den Motor technisch verstehen möchte, muss neue Vokabeln lernen. Dazu gehören Begriffe wie Gebläsekühlung (auf dem Schwungrad), Plungertype-Einspritzpumpe und Doppelwirbelbrennkammer oder auch Wechselstromalternator und Zugfederregler.
Langlebig und elektronikfrei
Beim Fahren der Sommer Diesel erlebt man keine böse Überraschungen. Für die mögliche Dynamik ist das Fahrwerk des mittelfränkischen Kleinserienmotorrads offenbar genau richtig. Das gilt auch für lange Reisen, bei denen die Sommer mit kaum mehr als 2,0 l/100 km Praxisverbrauch und gut 600 km Reichweite besticht. Die Ergonomie stimmt, und auch nach längerer Fahrt fühlt man sich wohl auf dem nagelnden Entschleuniger.
Da der Motor nicht Euro-5-fähig war und das vorgeschriebene ABS auch nicht realisiert werden konnte, wurde die Produktion der Sommer 516 im Jahr 2022 eingestellt. Und da es echte Liebhaberstücke sind, ist auch kaum eine gebraucht zu bekommen.
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Technische Daten Sommer 516
Herstellerangaben | |
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Motor | Gebläse- und luftgekühlter Einzylinder-Viertakt-Dieselmotor, zwei Ventile (durch Stoßstangen und Kipphebel betätigt), Hubraum 516 ccm, max. Leistung 8,5 kW/12 PS bei 3500 U/min, max. Drehmoment 27,5 Nm bei 2000 U/min, klauengeschaltetes Vierganggetriebe (Schaltung rechts), Zahnriemen |
Fahrwerk | Einschleifen-Stahlrohrrahmen mit geschlossenen Unterzügen, Teleskopgabel, Hinterradschwinge mit zwei Federbeinen |
Fahrleistungen | Höchstgeschwindigkeit 105 km/h |
Bremsen | Vorn Einzelscheibenbremse 280 mm mit Zwei-Kolben-Schwimmsattel, hinten Bremstrommel 152,4 mm, kein ABS |
Reifen | Vorn 3.25-19, hinten 3.50-19 |
Maße und Gewichte | Radstand 1410 mm, Tankinhalt 13,5 Liter, Sitzhöhe 760 mm, Leergewicht 165 kg, zul. Gesamtgewicht 350 kg |
Verbrauch | kombiniert 1,8 l/100 km, CO₂-Ausstoß 47 g/km |
Text: Ralf Schütze