Husqvarna Norden 901: Erste Testfahrt mit der neuen Reise-Enduro

Die neue Husqvarna Norden 901 soll offroad ordentlich Spaß bringen und auf der Straße viel Komfort bieten. Ob die Reise-Enduro hält, was sie verspricht, zeigt die erste Ausfahrt. Fahrbericht, Bilder und Daten.
Überzeugende Motorleistung
Handliches Bike
Gute Ausstattung
Auf den Azoren zelebrierte die zu KTM gehörende, ursprünglich in Schweden gegründete Marke Husqvarna die Präsentation ihrer ersten Reise-Enduro. Norden 901 heißt das Motorrad, dessen Prototyp auf der EICMA 2019 hohe Wellen geschlagen hatte. Jetzt beginnt die Produktion der Serienfahrzeuge. Optisch unterscheiden lediglich Details das Endprodukt vom Prototyp.
Das technische Gerüst der Norden stammt von der 2020 auf den Markt gekommenen KTM 890 Adventure R. Wirklich neu an der Husqvarna Norden ist das Design, auch die Abstimmung der verwendeten Komponenten wurden teils stark verändert.
Souveräner Motor

Mit einem Hubraum von 889 Kubikzentimetern und einer Maximalleistung von 77 kW/105 PS ist der Norden-Paralleltwin in allen Details identisch mit dem KTM-Motor. Es erstaunt also nicht, dass er sowohl besten Durchzug wie auch hohe Drehfreude liefert. 100 Nm maximales Drehmoment sichern souveräne Fahrleistungen. Noch mehr Leistung würde angesichts des vorteilhaft geringen Gewichts von 219 Kilogramm daher nichts bringen. Auf nicht asphaltierten Straßen, Wegen und Pfaden ist das Leistungsangebot ohnehin dermaßen füllig, dass der Fahrer stets aus dem Vollen schöpfen kann.
Prima, dass der Quickshifter zum kupplungslosen Schalten serienmäßig geliefert wird. Gangwechsel im Stehen und in kniffligen Offroad-Situationen fallen dadurch deutlich leichter.
Husqvarna verlässt sich voll und ganz auf das elektronische Regelwerk der Konzernmutter KTM und präsentiert im Cockpit ein gut ablesbares TFT-Display.
Die Traktionskontrolle arbeitet in den beiden Straßenmodi "Street" und "Rain" schräglagenabhängig, das ABS verdaut selbst starke Schräglagen. Im Offroad-Modus halten die Systeme sich stärker zurück, noch mehr Eingriffsmöglichkeiten für den Piloten gewährt der aufpreispflichtige "Explorer"-Modus.
Zugriff hat der Fahrer auch auf die ABS-Einstellung. Wer freilich im Lauf des Tages mehrfach von Straße auf Offroad wechselt und jedes Mal die passende ABS-Einstellung parat haben will, ist gezwungen, entsprechend oft die Einstellungsprozedur zu absolvieren.
Gelungenes Fahrwerk, hoher Komfort

Ohne Elektronik kommt das Fahrwerk aus. Schon die Serieneinstellung gefällt, wer spezielle Wünsche an das Ansprechverhalten von Federung und Dämpfung hat, findet viele Möglichkeiten. 22 Zentimeter Federweg sind eine Menge, sodass auch grobes Geläuf mit anständigen Reserven absolviert werden kann. Der gebotene Fahrkomfort ist dank einer softeren Fahrwerksabstimmung merklich höher als auf der KTM-Schwester.
Hilfreich auf solchem Untergrund sind natürlich auch die Raddimensionen: Das 21-Zoll-Speichenrad vorn ist schmal gehalten, das 18-Zoll-Hinterrad ebenfalls nicht überbreit. Die montierten Universalpneus überzeugen sowohl bei Trockenheit und Nässe auf Asphalt als auch mit ihrem relativ groben Profil auf losem Untergrund. Lediglich die Seitenführung gerät auf Sand und Geröll oder im Schlamm schnell an ihre Grenzen. Der Höchstgeschwindigkeit der Norden 901 von 200 km/h stehen die im Gelände bemerkenswert leistungsfähigen Reifen nicht im Wege, ein erstaunlicher Spagat.
Bildergalerie: Die Norden 901 im Detail






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Gute Ausstattung
Ebenfalls erstaunlich ist der Sitzkomfort: Das Sitzpolster ist voluminös, die Sitzhöhe von 85 oder wahlweise 87 Zentimetern absolut angemessen. Weniger gut ist die Leistung des dunkel getönten Windschilds. Ansonsten ist die Ausstattung der Norden insgesamt gut, aber nicht ohne Widersprüche: So sind zwar die wichtigsten Lenkerschalter hinterleuchtet und auch die beiden Zusatzscheinwerfer sind serienmäßig, aber es gibt keine Warnblinkanlage. Die Sozius-Haltegriffe sind großzügig dimensioniert, es gibt einen Tempomat und zahlreiches Zubehör, auch Softbags und Alukoffer.
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Fazit: Gelungene Reise-Enduro
Der Anspruch der Entwickler war es, ein dynamisches, handliches und zugleich komfortables Reisemotorrad sowohl für weite Strecken auf als auch jenseits des Asphalts zu schaffen. Das ist gelungen: Motorleistung, Fahreigenschaften und auch die Reichweite bremsen den Fahrer nicht ein. Als Normwert für den Verbrauch gibt der Hersteller 4,5 Liter pro 100 Kilometer an, im sehr fahraktiven Modus kam der Tester nach 360 gefahrenen Kilometern laut Bordcomputer im Schnitt auf 4,7 Liter. Dank 19-Liter-Tank sind selbst unter diesen Umständen etwa 350 Kilometer ohne Nachtanken möglich.
Alles in allem: Wer ein robustes Motorrad mit Nehmerqualitäten sucht, findet nun eine weitere Alternative. Bei der Preisfindung hält sich der Vertrieb bislang noch bedeckt. Zur Orientierung: Das KTM-Schwestermodell kostet rund 14.300 Euro.
Technische Daten Husqvarna Norden 901
Herstellerangaben | |
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Motor/Getriebe | Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, DOHC, Hubraum 889 ccm, Leistung 77 kW/105 PS bei 8000/min., max. Drehmoment 100 Nm bei 6500/min., 6 Gänge, Kette |
Fahrleistungen | Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h, Verbrauch lt. WMTC-Norm 4,5 Liter/100 km |
Fahrwerk | Brückenrahmen aus Stahl-Gitterrohrrahmen, vorn voll einstellbare WP-USD-Gabel, ø 43 mm, Federweg 220 mm; hinten Aluminium-Zweiarmschwinge mit einstellbarem WP-Zentralfederbein, Federweg 215 mm; vorn Doppelscheibenbremse ø 320 mm mit Vierkolbenbremszangen; hinten Einzelscheibe ø 260 mm mit Zweikolbenbremszange; Aluminium-Drahtspeichenräder; Reifen vorn 90/90 R 21, Reifen hinten 150/70 R 18 |
Maße und Gewichte | Radstand 1513 mm, Sitzhöhe 854/874 mm, Bodenfreiheit 252 mm, Gewicht fahrfertig vollgetankt 219 kg; Tank 19 Liter |
Farbe | Schwarz |
Preis | n.b. |
Text: Ulf Böhringer/SP-X
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