Ducati Diavel V4: Testfahrt mit dem coolen Cruiser-Streetfighter

Frontansicht einer fahrenden Ducati Diavel V4
Die neue Ducati Diavel V4 gibt es in Schwarz und Rot© Ducati

Alles ist neu an der dritten Diavel-Generation von Ducati: V4-Motor, Rahmen und Fahrwerk. Geblieben sind Fahrspaß und Komfort. Fahrbericht, Bilder, Daten, Preis.

  • Mehr Leistung bei weniger Gewicht

  • Sportlich und komfortabel

  • Sehr kostspielig

Sie war schon immer eine Pretiose im exklusiven Programm des italienischen Motorradherstellers Ducati: So recht wusste bei der Premiere der Diavel 2011 eigentlich niemand, in welche Schublade man sie stecken sollte. Die niedrige Sitzposition und der lange Radstand wiesen ihr eine Rolle als Cruiser zu, während ihr ultrastarker, damals 162 PS leistender 1,2 Liter-Zweizylinder mit einem Drehzahllimit von fast 10.000 U/min eher auf einen Hypersportler hindeutete.

Die aufrechte Sitzposition wiederum entsprach am ehesten einem Naked-Bike. Jetzt ist die dritte Generation der Ducati Diavel bei den Händlern – mit einem gewaltigen V4-Motor. Dass ein Motorrad mit so gegensätzlichen Hauptmerkmalen wie die Diavel beim Start nicht gleich zum Stückzahltreiber wurde, war sicherlich auch für die Verantwortlichen in Bologna, der Heimat von Ducati, keine Überraschung. Selbst im Bigbike-Traumland Deutschland kamen über zwölf Jahre nur knapp 4000 Einheiten zusammen, weltweit waren es immerhin 45.000.

Exzentrisches Design

Seitenansicht einer stehenden Ducati Diavel V4
Die neue Ducati Diavel V4 will auffallen© Ducati

Wer sich entschließen konnte, sich motorradtechnisch zwischen alle Stühle zu setzen und die überaus exzentrisch designte Diavel wählte, konnte sich stets der Aufmerksamkeit aller Biker sicher sein. So wundert es auch nicht, dass es mittlerweile China-Bikes der Achthunderterklasse gibt, die bei der Diavel optische Anleihen nehmen. Nachdem die Italiener ihrem noch recht neuen V4-Motor nicht nur durch den Einbau in ihr Superbike Panigale, sondern auch durch die Installation in ihre Reiseenduro Multistrada huldigen, lag es nahe, auch die Diavel mit dem V4-Antrieb auf ein neues Level zu bringen.

Im Test: 168-PS-Motor

Motor der Ducati Diavel V4
Die neue Ducati Diavel hat einen V4-Motor© Ducati

Gute 100 Kubikzentimeter weniger Hubraum als beim Zweizylinder bedeuten hier keinen Leistungsrückgang: Der deutlich höher drehende V4 mit 1158 Kubikzentimetern Hubraum erreicht seine 124 kW/168 PS bei 10.750 U/min. Auffallend ist beim neuen Antrieb, dass der mit höherer Literleistung daherkommende V4 in allen Drehzahlbereichen kultivierter und geschmeidiger zu Werke geht und die überaus füllige Leistung sich gefühlvoll dosieren lässt.

Die neue Diavel V4 klingt übrigens bestens; an ihrem Sound kann sich aber nicht nur der Fahrer erfreuen, auch Passanten reagieren positiv. Erst recht, wenn das Bike ohne Last mit weniger als 4000 U/min dahinschnurrt. Die im niedrigen Drehzahlbereich aktive Stilllegung der hinteren Zylinderbank hat ein besonders tiefes Grollen zur Folge. Dieser Kniff verringert zudem die Wärmeabstrahlung im Stand und bei Langsamfahrt; des Fahrers Oberschenkel dürften es an heißen Tagen danken.

Bilder: Die Ducati Diavel V4 im Detail

Stivolles Design, modernes LED-Licht

Doch die Diavel fasziniert nicht nur durch Technik: Schon im Stand strahlt sie Gediegenheit, Unkonventionalität und Stil aus. Während ihre Silhouette seit jeher alle wesentlichen Elemente von Naked-Bike, Sportbike und Cruiser in sich vereinigt, wirken die Details jetzt noch intensiver. Zum Beispiel der nun vierflutige Endschalldämpfer auf der rechten Seite, das freischwebende Heck, der exzentrische Frontscheinwerfer, vor allem aber die aus 112 LEDs bestehende Kombination aus Rück- und Bremslicht. "Diese Leuchteneinheit nennen wir LED-Matrix. Es ist das teuerste Rücklicht, das wir je verbaut haben", sagt Stefano Tarabusi. Der Diavel-Produktmanager nennt keinen Betrag, ergänzt aber: "Es liegt auf dem Preisniveau des Frontscheinwerfers." Und der bietet alle LED-Schikanen inklusive eines neu gestalteten Tagfahrlichts.

Weniger Gewicht, mehr Verbrauch

Die technische Entwicklung der Diavel innerhalb der letzten fünf Jahre hat es in sich: Zwar stieg die Maximalleistung lediglich um in der Praxis unbedeutende 7 kW/9 PS, doch sank das fahrfertige Gewicht trotz des von 17 auf 20 Liter Fassungsvermögen gewachsenen Tanks von 244 auf 236 Kilogramm. Die Potenz des nun 124 kW/168 PS starken V4-Motors zeigt sich auch darin, dass das maximale Drehmoment von nun 126 Nm bereits bei 3250 U/min unterhalb der Nenndrehzahl abgegeben wird.

Beim früheren Zweizylindermotor betrug die Drehzahldifferenz trotz der verwendeten variablen Ventilsteuerung nur 2000 U/min – für dasselbe Drehmoment waren also höhere Drehzahlen nötig. Allerdings benötigen die beiden zusätzlichen Zylinder trotz gelegentlicher Abschaltung mehr Futter: Der Normverbrauch des Vorgänger-Zweizylinders lag mit 5,4 Liter/100 km nach Euro-4-Norm um einen Liter unter dem V4-Triebwerk mit Euro-5-Segen.

Motorrad und Roller: Neuheiten, Tests, Fahrberichte

Ducati Diavel V4: Hoher Preis

Motorrad Ducati Diavel V4 Modell 2023
Die Ductai Diavel V4 ist kein Schnäppchen© Ducati

Ein ordentlicher Unterschied zum Vorgänger lässt sich zudem beim Preis feststellen: 2019 kostete eine Diavel 1260 in Sandstone Grey noch 19.900 Euro, während für die neue Diavel V4 in Ducati Red über 27.000 Euro hingeblättert werden müssen. Dafür gibt es nun statt eines schnöden, allerdings stets herrlich anzusehenden Gitterrohrrahmens eine aus Aluminium gefertigte Monocoque-Konstruktion – nach dem Motor Hauptursache der kräftigen Gewichtsreduzierung, denn an Reifen, Bremsen und Radführungen ließ sich nichts sparen.

Sparen lässt sich mit einer Diavel natürlich sowieso gar nicht, auch wenn die 16 Ventile des Triebwerks nur alle 60.000 Kilometer einen Service brauchen. Aber der charakteristische, 24 Zentimeter breite Hinterreifen, der Motoröl-Service und vieles andere gehen ins Geld. Insofern ist es nur gerecht, wenn der Diavel-Käufer durch enormen Fahrspaß entschädigt wird: Ja, sie kann Sport. Und sie kann Komfort. Aber am allerbesten kann sie auffallen. Vor allem in dieser Disziplin bleibt sie unter den Serienmotorrädern ungeschlagen.

Technische Daten Ducati Diavel V4

HerstellerangabenDucati Diavel V4
Motor4 Zylinder, 90°-V-Motor, 1158 ccm Hubraum, 124,0 kW bei 10750/min, max.Drehmoment 126,0 bei 7500 U/min, 4 Ventile/Zylinder, Einspritzanlage, Flüssigkeitskühlung
Assistenzsystemeverschiedene FAS: u.a kurventaugl. ABS EVO, Traktions- u. Wheeliekontrolle, Ride-by-Wire, verschiedene Riding- u. Power Modes, Tempomat
FahrwerkGitterrohrrahmen/Stahl; 50 mm Up-Side-Down-Telegabel, 120 mm Federweg; Einarmschwinge hinten, 145 mm Federweg;
MaßeLeergewicht ca. 235 kg, zul. Gesamtgewicht 455 kg; Länge/Breite/Höhe 2305 / 939 / 1300 mm, Sitzhöhe 790 mm; Tankinhalt 20,0 l
Bremsenk.A., vorne Scheibe, 330 mm, hinten Scheibe, 265 mm
Fahrleistungen / VerbrauchHöchstgeschwindigkeit k.A. km/h, 6,4 l/100 km
Preis27090 Euro

Text: Ulf Böhringer/SP-X