Unfall in Polen: Das müssen Sie wissen
Wann kommt die Polizei, wie wird der Schaden nach einem Unfall in Polen reguliert, braucht man die Grüne Karte, und wie hilft der ADAC seinen Mitgliedern? ADAC Juristinnen und Juristen beantworten Fragen aus der Mitgliederberatung.
Grüne Karte ist kein Muss, kann aber zur Verständigung hilfreich sein
Für Schadenersatzansprüche gilt polnisches Recht
Regulierung des Schadens dauert meist etwas länger
Was tun an der Unfallstelle?
Nach einem Unfall sofort anhalten, Warnweste anlegen, Unfallstelle sichern und Verletzten helfen. Bei Personenschäden immer die Polizei bzw. die Rettungskräfte rufen. Bei kleinen Blechschäden kommt die Polizei nicht, bei größeren Schäden oder Streit mit Unfallbeteiligten sollten Sie hingegen immer die Polizei einschalten.
Wichtige Telefonnummern
Polizei in Polen: 997
Rettungskräfte in Polen: 999
Europaweite Notrufnummer: 112
Abschleppdienst des ADAC: +49 89 22 22 22
Zentralruf der Autoversicherer: 0800 2 50 26 00 (aus Deutschland) oder +49 403 00 33 03 00 (aus dem Ausland)
Hilft der Europäische Unfallbericht?
Notieren Sie Kennzeichen, Namen und Anschrift von Fahrer bzw. Fahrerin und Halter bzw. Halterin der beteiligen Fahrzeuge sowie deren Haftpflichtversicherung und Versicherungsnummer. Nutzen Sie dafür den mehrsprachigen Europäischen Unfallbericht. Halten Sie außerdem Namen und Anschrift von Unfallzeugen fest und fotografieren Sie die Unfallstelle.
Braucht man die Grüne Karte?
Die Grüne Versicherungskarte wird kostenlos von der eigenen Kfz-Versicherung ausgegeben und dient im Ausland als Nachweis der Haftpflichtversicherung. Darauf stehen alle relevanten Daten zu Auto und Versicherung. Sie müssen sie in Polen nicht mehr mitführen. Sie kann aber bei der Verständigung am Unfallort hilfreich sein und zur einfacheren Schadenabwicklung beitragen. Sie sollte daher an Bord sein. Wenn Sie den Unfall selbst verursacht haben, melden Sie dies zeitnah Ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung.
Wer zahlt den Schaden?
Schadenersatzansprüche müssen Sie direkt bei der gegnerischen Versicherung in Polen oder beim Regulierungsbeauftragten der polnischen Haftpflichtversicherung in Deutschland anmelden.
Den zuständigen Regulierungsbeauftragten können Sie beim Zentralruf der Autoversicherer erfragen.
Welche Fristen gelten?
In Polen verjähren Schadenersatzansprüche drei Jahre nach Eintritt des Unfalls. Die polnische Versicherung und der Regulierungsbeauftragte in Deutschland müssen den Fall spätestens drei Monate nach Meldung bearbeiten. Zumindest muss in einem Antwortschreiben begründet werden, warum die Abwicklung nicht erfolgen kann.
Antwortet die Versicherung nicht fristgemäß, können Sie die Entschädigungsstelle der Verkehrsopferhilfe einschalten, die der Sache nachgeht und unter bestimmten Voraussetzungen selbst reguliert. Kommt es dennoch zum Streitfall, können Sie die gegnerische Versicherung nicht nur im Ausland, sondern auch in dem Land verklagen, in dem Sie als Geschädigter bzw. Geschädigte Ihren Wohnsitz haben. Geschädigte, die in Deutschland wohnen, können daher auch in Deutschland klagen.
So hilft der ADAC – Rechtsberatung nach einem Unfall im Ausland
Exklusiv und kostenlos ist für alle Mitglieder die ADAC Rechtsberatung: Die ADAC Juristinnen und Juristen beraten zur Schadenregulierung.
ADAC Plus- und Premium-Mitglieder können zusätzlich bei den ADAC Juristen prüfen lassen, ob für sie im Einzelfall die Unfall-Rechtshilfe AUSLAND in Betracht kommt.
Zur Dokumentation eines Unfalls stellt der ADAC mehrsprachige Europäische Unfallberichte zum Download bereit.
Sachschaden: Was gilt in Polen?
Da der Unfall in Polen passiert ist, findet polnisches Recht Anwendung. Nur wenn beide Unfallbeteiligte, also Unfallverursacher und Geschädigter ihren gewöhnlichen Aufenthalt (z.B. Wohnsitz) in Deutschland haben, gilt ausnahmsweise deutsches Recht
Sie können folgende Schadenspositionen nach polnischem Recht ersetzt verlangen:
Reparaturkosten, auch die einer deutschen Werkstatt, wenn Sie ein Gutachten vorlegen. Wichtig: Gutachten bei der gegnerischen Versicherung zur Genehmigung einreichen, um mögliche Missverständnisse oder Streitigkeiten (z.B. wegen des Stundensatzes) zu vermeiden. Besser: Die gegnerische Versicherung mit der Beauftragung des Gutachtens betrauen.
Beim Totalschaden wird vom Wert des Fahrzeugs vor dem Unfall der Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall abgezogen. Die Differenz wird Ihnen ausgezahlt.
Mietwagenkosten nur bei Notwendigkeit, sogenannter ökonomischer Begründetheit (z.B. berufliche Nutzung) und keinem Zweitfahrzeug.
Nutzungsausfall wird nur selten ersetzt.
Abschleppkosten bei nicht mehr fahrbereiten Kfz bis zur nächsten Werkstätte in Höhe des Durchschnittspreises.
Gutachterkosten werden eher erstattet, wenn die Begutachtung mit Einverständnis der Versicherung erfolgt.
Eine Wertminderung nur bei Pkw, die jünger als sechs Jahre oder bei Motorrädern, die jünger als drei Jahre sind.
Die Kaskoselbstbeteiligung wird ersetzt, wenn Sie eine Abrechnung der Vollkaskoversicherung vorlegen.
Bei den Übernachtungs-/ Verpflegungskosten können Sie nur Kosten verlangen, die unmittelbar mit dem Unfall zu tun haben. Abzüge sind möglich, wenn hierdurch eigene Kosten eingespart wurden.
Anwaltskosten: Gerichtliche Anwaltskosten werden Ihnen erst dann ersetzt, wenn Sie klagen.
Nach polnischem Recht werden Ihnen keine Schadensfinanzierungskosten, Entschädigung für Urlaubsunterbrechung und kein Haushaltsführungsschaden ersetzt.
Personenschaden: Was gilt in Polen?
Arzt-, Heil- und Pflegekosten bekommen Sie ersetzt, sofern sie nicht bereits durch die eigene Krankenkasse abgedeckt sind. Haben Sie einen Verdienstausfall erlitten, brauchen Sie für die Erstattung einen Nachweis. Schmerzensgeld bekommen Sie je nach Schwere der Verletzung, Heilungsdauer, Grad der Invalidität ersetzt. Zudem gibt es Angehörigenschmerzensgeld (bei Versterben des Unfallopfers).