VW T6.1 Elektro von Abt: Warum der Tuner den Elektroantrieb entdeckt hat
Rein elektrisch angetriebene Transporter gewinnen an Attraktivität. Deshalb hat Tuner Abt für VW bis zum Start des ID. Buzz die Elektro-Version des VW T6.1 gebaut. Inzwischen gibt es nur noch Umbau-Kits. Testfahrt im elektrischen Bulli, Daten, Preise, Fotos
Abt e-Line entwickelt für VW den elektrischen VW T6.1
Mit 37,3 kWh-Batterie nur zwischen 105 und 138 Kilometer Reichweite
Preis pro Umrüst-Kit: 19.900 Euro netto plus Einbau und Zulassung
Die Firma Abt Sportsline aus Kempten im Allgäu dürften die meisten ausschließlich mit Motorsport und getunten Fahrzeugmodellen aus dem VW-Konzern in Verbindung bringen. Frei nach dem Motto: A bisserl was geht immer, vor allem mehr Leistung.
Doch das ist nur die eine Seite. Abt kann auch vernünftig: mit dem Ableger Abt e-Line. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich die Firma mit Elektromobilität und baut in überschaubaren Stückzahlen elektrische VW Caddys und VW T6.
Für VW wären die Stückzahlen zu gering
Seit 2019 wird die Tuningschmiede durch eine offizielle Kooperation mit VW Nutzfahrzeuge geadelt: Die elektrischen Transporter wurden für den Großkonzern vom kleinen Partner in Kempten entwickelt und über VW Nutzfahrzeuge vertrieben. So hieß der elektrische Bulli denn auch Abt e-Transporter 6.1, dazu gab es die Ableger Caravelle und Kombi mit Fond-Sitzen und Fenstern.
Dass VW die Fahrzeuge nicht selbst gebaut hat, hat einen Grund: Die Stückzahlen waren zu gering. Zwar baute Abt bis zum Start des ID. Buzz 4350 Exemplare des T6.1, für die Großserie bei VW wäre das aber viel zu wenig gewesen.
Wegen des großen Erfolgs und der vielen positiven Rückmeldungen von Handwerk und Handel bietet Abt e-Line weiter Umbaukits an. Die Begründung der Kemptener: "Maximaler Stauraum, aber auch vielfältige Um- oder Aufbaumöglichkeiten wie Kipper, Kühltransporter und Hubsteiger machen den Transporter 6.1 in vielerlei Hinsicht nahezu alternativlos."
Ob kurzer oder langer Radstand, mit oder ohne Hochdach, Fahrgestelle mit und ohne Sonderaufbauten: Mit dem Nachrüst-Kit für 19.900 Euro netto können beinahe alle Versionen des T6.1 zum Stromer umgebaut werden. Einzige Voraussetzung: Beim Basisfahrzeug muss es sich um einen Diesel mit DSG-Getriebe handeln. Die Elektrifizierungs-Kits bestehen aus Batterie und Antriebsstrang. Der Umbau (ab 3950 Euro netto inklusive Zulassung) geht in Kempten über die Hebebühne, die Wartung kann auch bei einem von 300 Servicepartnern von Volkswagen Nutzfahrzeuge in ganz Deutschland übernommen werden.
Mit 37,3 kWh maximal 138 Kilometer Reichweite
Und was kann der elektrische Bulli? Der Blick auf die Zahlenwerte ist zunächst ernüchternd: Die Batterie, die an den Unterboden geschraubt wird, ist die des e-Golf – mit entsprechend magerer Kapazität. 37,3 kWh (brutto) sind heute schlicht nicht mehr konkurrenzfähig, wo doch bereits ein e-Corsa als Kleinwagen auf 50 kWh kommt und mit 330 Kilometern Normreichweite glänzt. Der Abt e-Transporter soll je nach Ausführung mit einer Batterieladung nur zwischen 105 und 138 Kilometer weit fahren können.
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Handwerker und Flottenbetreiber als Zielgruppe
Das erscheint wenig, aber für die Zielgruppe ist das kein Problem. Schließlich ist der Elektro-Bulli nicht für Vertreter gedacht, die ständig auf der Autobahn zum nächsten Kunden hetzen, und auch nicht für Familien, die mit ökologisch reinem Gewissen in den Campingurlaub fahren wollen.
Zielgruppe sind kleine Handwerker oder auch Lieferdienste, die hauptsächlich in der Stadt unterwegs sind. "Wir haben einen Kunden, der zehn Fahrzeuge betreibt und damit Essen ausfährt", sagt Jens Häberle, der leitende Produktmanager für E-Mobilität bei Abt. Auch Schulbusse mit festen Routen seien im Einsatz und ein örtlicher Bäcker würde seine Ware elektrisch ausliefern. Allen gemein: Die tägliche Fahrleistung ist so gering, dass selbst die potenzielle Reichweite nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft wird.
Zwar wurde während der regulären Bauzeit über eine reichweitenstärkere Variante mit 82-kWh-Batterie nachgedacht, doch sie kam nie zum Einsatz. Denn: "Entscheidend ist bei einem Transporter natürlich die Zuladung", sagt Häberle. Und die würde unter der größeren Batterie erheblich leiden. Schon die kleinere wiegt 333 Kilogramm, die große würde auf rund 700 kommen. Bei der jetzigen Version beträgt die maximale Nutzlast immerhin rund eine Tonne, die Anhängelast liegt bei 1,5 Tonnen. Nutzwert geht hier also vor Reichweite, die ohnehin kaum einer braucht.
In der Stadt fährt der Elektro-T6.1 noch flott
Unser Fahreindruck mit der Caravelle: Überaus angenehm, weil der T6.1 äußerst leise davonstromert und man vom Antrieb so gut wie nichts wahrnimmt. Wie bei jedem Automatikfahrzeug einfach den Wählhebel auf D schieben und sobald man von der Bremse geht, rollt der Bus auch schon los. In der Stadt sogar überraschend flott, Leistung fehlt einem hier nicht. Dass der T6.1 aber alles andere als üppig motorisiert ist, merkt man spätestens am Ortsschild: Dann sirrt der T6.1 deutlich behäbiger vor sich hin. An Steigungen, wie sie rund um Kempten auf der Landstraße durchaus häufiger zu finden sind, kommt der Bulli über 70 km/h nur sehr widerwillig hinaus.
Kein Wunder bei gerade einmal 83 kW Motorleistung, von denen bei sachtem Gasfuß in der Regel sogar nur 75 Prozent zur Verfügung stehen. Erst beim Kickdown liegen volle 100 Prozent Leistung an, was sich dann zumindest durch einen merklichen Schub bemerkbar macht. Die Spitze ist je nach Ausführung ohnehin auf 90 bzw. 120 km/h begrenzt. Auf der Autobahn dürfte man sich damit nicht sonderlich wohl fühlen. Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: stolze 17,4 Sekunden.
Kaum wahrnehmbar ist, dass der Elektro-T6.1 schaltet. "Wir verbauen das Original-DSG-Getriebe des T6.1 und nutzen davon drei Gänge", sagt Häberle. Dadurch werde der Bulli effizienter als mit nur einem festen Gang, mehr als drei bräuchte es aber nicht. Als Normverbrauch gibt Abt zwischen 27,0 und 32,6 kWh je 100 Kilometer an, was nach unserer Testfahrt durchaus glaubhaft erscheint.
Elektro-T6.1 von Abt mit Original-VW-Teilen
Weil viele Originalteile von VW zum Einsatz kommen – das Ladegerät aus dem e-Golf beispielsweise für 7,2 kW beim AC-Laden (Ladezeit 5,5 Stunden) und 50 kW beim DC-Laden (80-Prozent-Ladung in 45 Minuten) – können die Ersatzteile über VW Nutzfahrzeuge bezogen werden. Wie bei anderen E-Autos von VW gibt es eine Garantie auf die Batterie von acht Jahren bis 160.000 Kilometer.