Volkswagen Amarok: Ford-Technik im VW-Pelz

Der neue Pickup VW Amarok während der Fahrt im Gelände
Der VW Amarok fühlt sich auch im Gelände wohl© Volkswagen

Im Jahr 2020 gab VW das Ende des in Hannover gebauten Amarok bekannt. Ein Jahr zuvor war bereits eine Kooperation mit Ford beschlossen worden. Die hat Früchte getragen. So ist der aktuelle VW Amarok im Kern ein Ford Ranger. ADAC Test, Daten, Infos, Bilder.

  • Top-Motorisierung: V6-Diesel mit 240 PS

  • Amarok und Ranger laufen bei Ford parallel vom Band

  • Hoher Verbrauch im ADAC Ecotest und langer Bremsweg

Nach zehn Jahren beendete VW 2020 das Pick-up-Abenteuer Amarok. Zumindest am Produktionsstandort Hannover und damit auch für den deutschen Markt. Ende 2022 ist die Baureihe zurückgekehrt. Unter der Blechhaut steckt nun allerdings der Ford Ranger. Beide Modelle werden parallel im südafrikanischen Ford-Werk in Silverton für Europa, Nahost, Australien und Afrika produziert.

VW hat einen großen Aufwand betrieben, der Neuauflage eine authentische Amarok-Optik zu verpassen. Die Silhouette entspricht zwar der des Ford-Modells, doch die Front prägt ein VW-Gesicht mit eigenständig gestylter Kühlergrill-Scheinwerfer-Kombination. Wie beim alten Amarok sind die Radhäuser halbrund, ins Blech der Heckklappe ist nun in großen Lettern der Modellname eingeprägt.

Im Grunde steckt im aktuellen Amarok aber unübersehbar ein Ranger. Im ADAC Test werden diese Parallelen auch klar ersichtlich. Der Amarok teilt sich die Abmessungen, den Motor und zahlreiche Bauteile außen wie innen mit seinem Plattform-Bruder.

Amarok: VW-Blechkleid über Ford-Technik

Im Vergleich zum alten Amarok, der in den kommenden Jahren weiter für den südamerikanischen Markt in Argentinien gebaut wird, ist die Neuauflage um 10 Zentimeter in der Länge auf 5,35 Meter gewachsen. Der Radstand hat um 17 Zentimeter auf 3,27 Meter zugelegt. Segmenttypisch gibt es eine Version mit zweitüriger Einzelkabine und eine mit viertüriger Doppelkabine. Auf die Ladefläche der Version mit Doppelkabine, die im ADAC Test zum Einsatz kam, passt eine Europalette, beim Single Cab sind zwei Paletten möglich.

Der viertürige Amarok mit fünf Sitzplätzen überzeugt im Kapitel Alltagstauglichkeit erwartungsgemäß eher mit seiner Vielseitigkeit als Transport- und Zugfahrzeug, denn mit seinen kompakten Abmaßen für den alltäglichen Straßenverkehr.

So bietet der VW-Pick-up, der serienmäßig mit einer Anhängerkupplung ausgestattet ist, eine maximale Anhängelast von 3,5 Tonnen und eine Stützlast von mächtigen 210 Kilo. Die maximal zulässige Zuladung beträgt 892 Kilo, aufs Dach darf der Amarok 85 Kilo nehmen. Mit einer Breite von über 2,2 Metern inklusive der Außenspiegel und einer Länge von fast 5,4 Metern wird er in beengten Umgebungen schnell zum echten Problem. Der Wendekreis von 13,5 Metern ist ein weiterer Beleg dafür, dass der große Pick-up kaum Innenstadt-kompatibel ist.

360-Grad-Bick in den Innenraum

Optional: Elektrische Sitze & Nobel-Sound

Ein neuer beige-metallic-farbener Pickup VW Amarok, parkend im Gelände, auf der Heckklappe steht groß Amarok
Die aktuelle Generation des VW-Pick-up gibt es in fünf Ausstattungslinien© Volkswagen

Fünf Ausstattungsvarianten gibt es für die aktuelle Pick-up-Generation. Basis ist der Amarok, der sich durch eine Arbeitstier-Optik mit unlackierten Schürzen auszeichnet. Höherwertig und optisch urbaner kommen Life und Style daher. Betont lifestylig fahren die Versionen Panamericana und Aventura vor. Letztere zeichnen sich unter anderem durch elektrisch verstellbare Ledersitze und ein für andere Ausstattungen optional erhältliches Harman-Kardon-Soundsystem aus.

Das Bedien- und Anzeigekonzept des VW Amarok besteht aus einer volldigitalen 12-Zoll-Instrumentenkombination, einem 12-Zoll-Zentralmonitor sowie haptischen Bedienelementen.

Das Zentraldisplay wird rein über Toucheingaben bedient. Die Menüstruktur ist logisch aufgebaut, darüber hinaus geben kleine Infobuttons neben den jeweiligen Punkten im Einstellungsmenü eine Erklärung der Funktionen. Die Reaktion des Monitors ist zumeist einwandfrei, nur selten kommt es zu Eingabeverzögerungen. Die Ablesbarkeit ist dank der hohen Auflösung, Helligkeit und guter Entspiegelung sehr gut. Gleiches gilt für die digitale Instrumentenkombination.

Unterhalb des Zentralmonitors platziert VW eine Reihe von Direktwahltasten für Funktionen wie die Klimaautomatik, die Fahrassistenzsysteme oder die Parkhilfen. Allerdings ist die komplette Bedieneinheit der Klimaautomatik, im Gegensatz zum Plattform-Bruder Ford Ranger, in das Touchdisplay gewandert, und es fehlen Schnellwahltasten für häufig genutzte Funktionen wie Navigationssystem, Radio oder die Fahrzeugeinstellungen.

Der Wechsel der Innenraumtemperatur oder die Aktivierung von Sitz- und Lenkradheizung geschieht über kleine Touchfelder und ist somit nicht zuletzt im Geländebetrieb deutlich erschwert. Immerhin haben die Wolfsburger beim Amarok anstelle der VW-typischen Slider einen Drehregler für die Lautstärke spendiert.

Der Amarok bietet vorn auch groß gewachsenen Fahrern ausreichend Platz. Die Messungen zeigen: Die Beinfreiheit reicht für Personen bis zu einer Größe von 1,95 Metern, die Kopffreiheit sogar für Personen mit 2,10 Metern. Hinten reicht die Beinfreiheit für bis zu 1,90 Meter Körpergröße, die Kopffreiheit sogar für 1,95 Meter. Für drei Leute wird es im Fond aber recht eng.

Nur mit Allrad für den deutschen Markt

Die Automatik-Gangschaltung des neuen Pickup VW Amarok
Alle Motorisierungen über 210 PS werden mit einer Zehngang-Automatik kombiniert© Volkswagen

Während für einige Märkte auch eine Heckantriebsvariante vorgesehen ist, ist der Amarok in Deutschland wahlweise mit zuschaltbarem oder permanentem Allradantrieb zu haben. Die Motoren stammen allesamt von Ford.

Über alle Märkte hinweg gibt es drei Vierzylinder-Diesel mit einem Leistungsspektrum von 110 kW/150 PS bis 154 kW/209 PS, wobei die schwächste Version den afrikanischen Märkten vorbehalten bleibt. Die Top-Motorisierung, ein 3,0-Liter-V6-Diesel mit 177 kW/240 PS, kam im ADAC Test zum Einsatz. Damit ist der Amarok für die alltäglichen Fahraufgaben sehr gut motorisiert und auch für den Einsatz als potentes Zufahrzeug gerüstet.

Der Überholvorgang von 60 auf 100 km/h gelingt in flotten 5,3 Sekunden. Von 80 auf 120 km/h geht es in 7,4 Sekunden. Den Standardsprint von 0 auf 100 km/h gibt VW mit 8,8 Sekunden an, bei 190 km/h wird elektronisch abgeregelt. Auch die Zehngang-Automatik mit zweistufigem Verteilergetriebe stammt von Ford. Sie schaltet präzise und ruckfrei, sofern die passende Getriebetemperatur erreicht ist. Ist das Getriebe kalt, agiert es dagegen mitunter recht unsanft.

Angesichts des ADAC Ecotest-Verbrauchs von 10,2 Litern Diesel pro 100 Kilometer kommt der Amarok mit drei von fünf möglichen Ecotest-Sternen nur deshalb einigermaßen gut weg, weil er seine Schadstoffemissionen ordentlich im Griff hat. Und das, obwohl beim ADAC unter erschwerten Bedingungen gemessen wird, also mit höheren Lasten als bei der Homologation.

ADAC Ausweichtest: Kein Ruhmesblatt

Im Pylonen-Parcours des ADAC Ausweichtests tut sich der große und massige Amarok schwer. Die indirekte Lenkung ist unpräzise, die Vorderräder setzen die Lenkbefehle verzögert um, das Gripniveau der "Highway-Terrain"-Bereifung liegt weit unter Pkw-Niveau. Dank gut regelndem ESP bleibt der Amarok aber stabil und droht nicht mit einem ausbrechenden Heck. Die Lenkung ist im Vergleich mit modernen Pkw unpräzise und träge im Ansprechverhalten.

Der Bremsweg fällt auch wegen der Reifen zu lang aus. Bei einer Vollbremsung aus 100 km/h benötigt der Pick-up 41,7 Meter zum Anhalten. Wo der kürzlich getestete VW ID.3 bereits steht, ist der Amarok noch mit knapp 35 km/h unterwegs. Die Folgen kann man sich ausmalen.

Der Amarok bietet eine große Auswahl an Assistenzsystemen, wenngleich das ein oder andere Komfort- und Sicherheitsfeature auch nicht gegen Aufpreis erhältlich ist. Verfügbar sind unter anderem Abstandstempomat, Verkehrszeichenerkennung oder das LED-Matrix-Licht IQ.Light. Zu den elektronischen Fahrhilfen gehören auch sechs Fahrmodi, die den Fahrer unter anderem auf rutschigem Untergrund oder im schwierigen Gelände unterstützen.

Die Preise für die Basisversion Amarok beginnen bei 47.121 Euro. Der Amarok Life startet bei 52.798 Euro. Für den getesteten Amarok Style werden mindestens 60.967 Euro fällig, der nahezu komplett ausgestattete Testwagen kam auf 72.052 Euro. Die Top-Ausstattung Amarok Aventura kostet ab 70.163 Euro, und der Amarok Panamericana schlägt mit 69.009 Euro zu Buche.

VW Amarok: Technische Daten, Preis

Technische Daten (Herstellerangaben)

VW Nutzfahrzeuge Amarok Doppelkabine 3.0 V6 TDI SCR Style 4MOTION Automatik (ab 05/23)

Motorart

Diesel

Hubraum (Verbrennungsmotor)

2.993 ccm

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

177

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

240

Drehmoment (Systemleistung)

600 Nm

Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor)

3.250 U/min

Antriebsart

Allrad

Beschleunigung 0-100km/h

8,8 s

Höchstgeschwindigkeit

190 km/h

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

265 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

10,1 l/100 km

Leergewicht (EU)

2.367 kg

Zuladung

983 kg

Anhängelast ungebremst

750 kg

Anhängelast gebremst 12%

3.500 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre

Länge x Breite x Höhe

5.350 mm x 1.910 mm x 1.884 mm

Grundpreis

62.366 Euro

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)

VW Nutzfahrzeuge Amarok Doppelkabine 3.0 V6 TDI SCR Style 4MOTION Automatik

Überholvorgang 60 – 100 km/h

5,3 s

Bremsweg aus 100 km/h

41,7 m

Wendekreis

13,4 m

Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest

10,2 l Diesel/100 km, 315 g CO₂/km (Well-to-Wheel)

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

***

Reichweite

780 km

Innengeräusch bei 130 km/h

67,0 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

2408 / 892 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch

985 / – / – l

ADAC Testurteil

ADAC Testergebnis

VW Nutzfahrzeuge Amarok Doppelkabine 3.0 V6 TDI SCR Style 4MOTION Automatik (ab 05/23)

Karosserie/Kofferraum

2,6

Innenraum

2,5

Komfort

2,8

Motor/Antrieb

2,1

Fahreigenschaften

4,3

Sicherheit

1,5

Umwelt/EcoTest

3,3

Gesamtnote

2,7
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

VW Amarok im Video

Video: Motorjournalist Lars Hönkhaus war für den ADAC im VW Amarok unterwegs ∙ Bild: © news to do GmbH + ADAC/David Klein, Video: © ADAC e.V.

Text mit Material von SP-X

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