Mercedes G-Klasse: Testfahrt im Kult-Mobil

Seit knapp 45 Jahren gibt es die Mercedes G-Klasse. 2018 wurde der legendäre Geländewagen komplett erneuert. Die Testfahrt klärt, wie gut die aktuelle Generation ist. Plus: Crashtest, Daten, Motoren und Preise
Motoren: Benziner mit 422 und 585 PS, Diesel mit 330 PS
Dank längerem Radstand mehr Platz im Fond
Serienmäßig mit Widescreen-Cockpit
Die Preise starten bei 118.256 Euro
Auf den ersten Blick könnte die aktuelle G-Klasse von Mercedes auch als besonders umfangreiches Facelift der seit 1989 gebauten Baureihe 463 durchgehen. Doch die aktuelle Generation des kantigen Klassikers, die im Frühsommer 2018 auf den Markt gekommen ist, weist einige deutliche Unterschiede auf. Sie ist rund fünf Zentimeter länger und zwölf Zentimeter breiter geworden – das merkt man vor allem im Fond. Hier ist nun ordentlich Platz.
Design: Eine typische G-Klasse

Mit der Rundum-Vergrößerung wurde auch die Optik leicht angepasst. Zwar bleiben markante Details wie Türgriffe mit Knopfdruck, Schutzleisten, Ersatzrad am Heck und exponierte Blinker auf den vorderen Kotflügeln erhalten, dennoch wirkt die aktuelle G-Klasse sanfter. Das liegt vor allem an den stärker abgerundeten Kotflügeln und Stoßfängern, aber auch an der etwas stärker gekrümmten Frontscheibe. Auffällig sind auch die Scheinwerfer und Rückleuchten, die dank LED-Technik moderner wirken als bisher.
Während das Exterieur des klotzigen Kraxlers wunderbar in die Ahnengalerie passt, fand im Innenraum ein deutlicherer Umbruch statt. So sind seit einer Modellpflege im Sommer 2020 analoge Rundinstrumente auch in der Basis-Ausstattung endgültig Geschichte: Das bislang optionale Widescreen-Cockpit, bei dem zwei je 12,3 Zoll große Displays unter einer gemeinsamen Glasscheibe zusammengefasst sind, ist jetzt Teil der Serienausstattung. Ebenso wie etwa der Fahrmodus "Desert" für maximale Traktion auf sandigem Untergrund oder das Park-Paket mit Rückfahrkamera. 2022 hat Mercedes ein überarbeitetes Ausstattungs-Angebot unter anderem mit der Version "Professional Line Exterieur" nachgeschoben.
Innenraum: Cockpit mit riesigen Displays

Dazu gibt es optional einen Aktiv-Multikontursitz mit Heiz-, Kühl- und Massagefunktion sowie Luftpolstern in den Wangen, die sich zur Unterstützung des Seitenhalts aufblasen können. G-typische Details wie der Haltegriff vor dem Beifahrer oder die drei mittig positionierten Knöpfe für die Differenzialsperren bleiben erhalten. Die G-Klasse ist aber – allen Komfort-Features zum Trotz – ein echter Offroad-Könner geblieben. Besonders wenn die drei hundertprozentigen Differenzialsperren über die im Mitteldom platzierten Tasten aktiviert werden wird klar, dass der "G" weiterhin kein SUV, sondern ein beinharter Geländewagen ist.
Dank einer Wattiefe von 70 und einer Bodenfreiheit von 24 Zentimetern gibt es wenige Situationen, die den "G" aus der Ruhe bringen. Steile Aufstiege sind seine bevorzugten Spielwiesen. Wie sich dieser riesige Kasten mit stoischer Ruhe glatte Felsen hinaufschiebt, ist beeindruckend.
Der Rivale: Land Rover Defender
Die Neuauflage des Land Rover Defender bleibt ihrer kastig-kultigen Optik treu. Und die Testfahrt beweist: Der aktuelle "Landy" ist nach wie vor eine Klasse für sich.
Test Land Rover Defender
Motoren: V8-Benziner und Diesel

Aber auch im normalen Straßenbetrieb haben die Ingenieure aus Stuttgart ordentlich nachgelegt. Dank einer neuen elektromechanischen Lenkung und dem Schritt von der Starr- zur Mehrlenkerachse samt bei der Diesel-Versionen optional und beim AMG-Modell serienmäßig adaptivem Fahrwerk ist die G-Klasse nicht mehr ganz so schwammig und indirekt zu fahren. Zwar sind Hochbeinigkeit und das charakteristische Schaukeln bei Lastwechseln weiterhin Teil des typischen G-Gefühls, doch man fühlt sich dank der Lenkung der Straße jetzt deutlich verbundener.
Einen großen Teil der Souveränität steuern die beiden V8-Benziner sowie der erneuerte Antriebsstrang bei. Mercedes hat den G 500 mit 422 PS und den AMG G 63 mit 585 PS, maximal 850 Newtonmeter und vier Liter Hubraum samt Turboaufladung im Angebot. Klingt nicht nur sehr üppig, es ist auch so.
Der G 63 schiebt eindrucksvoll vorwärts und untermalt das Gesamterlebnis mit einem tiefen Donnergrollen aus der Klappenabgasanlage samt Sidepipes. Die Neungang-Automatik bewegt den 2,6-Tonner sanft und geschmeidig durch die Fahrstufen. Lediglich im Sportmodus hält das Getriebe die Gänge gefühlt zu lange und nervt den Fahrer mit hohen Drehzahlen.
Wer die G-Klasse ohne allzu schlechtes Gewissen im Alltag fahren will, sollte die verbliebene Diesel-Variante mit Dreiliter-Reihensechszylinder wählen. Der G 350 d mit 286 PS und starken 600 Nm Drehmoment wurde inzwischen eingestellt. Übrig geblieben ist auf Selbstzünderseite der G 400 d. Er bringt es auf 330 PS, 700 Nm und einen Basispreis von 118.256 Euro.
Fazit
Im Großen und Ganzen hat Mercedes beim aktuellen Modell viele Bereiche deutlich verbessert und das Auto auch für den Normalbetrieb nutzbarer gemacht. Trotzdem wird kaum ein Käufer das volle Potenzial im Gelände je ausnutzen und wäre daher eigentlich mit einem normalen SUV besser bedient. Aber für viele gilt: Man kauft hier nicht nur ein Auto, sondern eine Tradition, ein Image und ein Gefühl. Das G-fühl.
Mercedes G-Klasse: Technische Daten, Preis
Technische Daten (Herstellerangaben) | Mercedes-Benz G 400 d Station-Wagen lang 9G-TRONIC (ab 03/22) | Mercedes-Benz G 500 Station-Wagen lang 9G-TRONIC (ab 03/22) | Mercedes-Benz G 63 AMG Station-Wagen lang Exclusive Line Interieur SPEEDSHIFT PLUS 9G-TRONIC (ab 03/22) |
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Motorart | Diesel | Otto | Otto |
Hubraum (Verbrennungsmotor) | 2.925 ccm | 3.982 ccm | 3.982 ccm |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 243 | 310 | 430 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 330 | 422 | 585 |
Drehmoment (Systemleistung) | 700 Nm | 610 Nm | 850 Nm |
Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor) | 3.600 U/min | 5.250 U/min | 6.000 U/min |
Antriebsart | Allrad | Allrad | Allrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 6,4 s | 5,9 s | 4,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 210 km/h | 210 km/h | 220 km/h |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 289 g/km | 334 g/km | 369 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 11,0 l/100 km | 14,7 l/100 km | 16,2 l/100 km |
Kofferraumvolumen normal | 667 l | 667 l | 667 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.941 l | 1.941 l | 1.941 l |
Leergewicht (EU) | 2.489 kg | 2.429 kg | 2.560 kg |
Zuladung | 661 kg | 721 kg | 640 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg | 750 kg | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 3.500 kg | 3.500 kg | 3.500 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre | 2 Jahre | 2 Jahre |
Länge x Breite x Höhe | 4.606 mm x 1.931 mm x 1.969 mm | 4.606 mm x 1.931 mm x 1.969 mm | 4.676 mm x 1.984 mm x 1.969 mm |
Grundpreis | 118.256 Euro | 130.204 Euro | 187.247 Euro |
Mercedes G-Klasse im Crashtest: 5 Sterne
Die Mercedes-Benz G-Klasse erreicht gerade noch volle 5 Sterne. Das Fahrzeug ist mit Gurtkraftbegrenzern, Gurtstraffer, Kopfairbags sowie optischen und akustischen Gurtwarnern in der ersten und zweiten Sitzreihe ausgestattet. Für die vorderen Plätze sind zusätzlich Seiten- und Knieairbags verbaut. Optional sind für die zweite Sitzreihe Seitenairbags erhältlich.
Der Insassenschutz ist insgesamt noch gut, doch sind die Gurtbelastungen für den Oberkörper teilweise hoch. Für Kinder in der zweiten Sitzreihe besteht jedoch ein sehr hohes Verletzungsrisiko für die Halswirbelsäule im Frontalcrash. Es sind ISOFIX-Halter an den äußeren hinteren Sitzplätzen montiert mit i-Size-Kennzeichnung, für den Beifahrersitz sind sie nicht erhältlich.
Der Frontairbag auf der Beifahrerseite ist deaktivierbar. Die G-Klasse ist mit einem umfassenden Assistenzpaket mit automatischem Notbremsassistenten und etwas schwachem Spurhaltesystem serienmäßig ausgestattet.
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Text: Max Friedhoff/SP-X