Xiaomi YU7: Der nächste Senkrechtstarter aus China

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Von Redaktion

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Sieht eher aus wie ein Sportwagen, firmiert aber als SUV: Xiaomi YU7 © Xiaomi

Der Xiaomi YU7 lässt das Tesla Model Y alt aussehen – und die europäische Elite gleich mit. Das meint Autor Thomas Geiger, der das Auto in China fahren konnte. Bis Xiaomi das Auto offiziell in Europa verkauft, wird es aber noch eine ganze Weile dauern.

  • Elektro-SUV mit 320 bis 690 PS

  • Viel Platz und Komfort

  • Ultraschnelles Laden mit über 500 kW

Sie sind noch gar nicht richtig da und schwingen sich schon zum Angstgegner auf. Nachdem Xiaomi mit dem 1500 PS starken Sportwagen SU7 den Porsche Taycan in die Schranken gewiesen hat, nimmt der chinesische Elektronik-Gigant jetzt auch die Flotte der elektrischen SUV-Elite ins Visier: Fahrzeuge wie der Porsche Macan E, sein Ingolstädter Vetter Audi Q6 e-tron, der BMW iX3 oder der Mercedes GLC EQ und nicht zuletzt das Tesla Model Y sehen gegen ihn plötzlich ganz schön alt aus.

Das Elektromobil namens Xiaomi YU7 ist fünf Meter lang und für ein SUV ungewöhnlich flach – die Chinesen beschreiben den YU7 daher auch als "Landwagen, der auf dem Wind reitet". Von vorne erinnert der YU7 an Porsche, die Silhouette zitiert den Ferrari Purosangue, und von hinten schimmert der Aston Martin DBX durch. Da kann man schon mal ins Schwärmen geraten.

Cockpit als Mischung aus Tesla und BMW iX3

Das Cockpit des neuen Xiaomi Yu7
Kaum Tasten wie bei Tesla, Panoramic Display an der Scheibe wie im BMW iX3© Xiaomi

Innen orientiert sich Xiaomi vor allem an Tesla, entsprechend nackt und nüchtern kommt der YU7 daher, er hat genauso wenige Schalter und zwingt einen selbst zur Einstellung von Spiegel und Co. auf den Touchscreen, der fast im A3-Format vor der Mittelkonsole schwebt.

Der Clou allerdings ist die zweite Bildschirmebene am Fuß der Frontscheibe: Was uns BMW mit seinem Panoramic iDrive Display gerade als Highlight der Neuen Klasse verkaufen will, hat Xiaomi schon seit diesem Sommer auf der Straße. Und selbst wenn die Chinesen dafür noch ein paar einzelne Screens zusammengesetzt haben und die Grafiken womöglich nicht ganz so frei konfigurierbar sind, sollte das die Bayern auf den Boden der Tatsachen holen.

Der Kofferraum des neuen Xiaomi Yu7
Der Kofferraum soll 678 Liter Volumen bieten© Xiaomi

Dazu gibt es reichlich Platz im Innenraum, was bei glatten drei Metern Radstand keine Überraschung ist und dank des formatfüllenden Panoramadachs zudem ein betont luftiges Raumerlebnis bietet. Außerdem haben die Chinesen nicht nur 678 Liter Platz im Kofferraum geschaffen, sondern im Frunk unter der Bughaube noch einmal 141 Liter Stauraum vorgesehen.

YU7 mit drei verschiedenen Antrieben

Der neue Xiaomi Yu7 fahrend von hinten seitlich zu sehen
Der Xiaomi ist schnell – bei Bedarf auch sehr schnell© Xiaomi

Beim Antrieb hat Xiaomi im Vergleich zum SU7 noch mal kräftig nachgelegt. Schon das Basismodell des YU7 hat einen 235 kW (320 PS) starken Motor an der Hinterachse, beschleunigt in 5,9 Sekunden auf Tempo 100 und bekommt Auslauf bis 240 km/h. Sein Akku hat eine Kapazität von 96,3 kWh und reicht für rekordverdächtige 835 Kilometer – wenn auch nur in der etwas laxeren China-Norm.

Die Version YU7 Pro hat zwei Motoren und 365 kW (496 PS), sodass der Sprint nur noch 4,3 Sekunden dauert. Dafür schmilzt aber die Reichweite auf 770 Kilometer. Im Flaggschiff YU7 Max kommen die beiden Magnetläufer auf solide 507 kW (690 PS). Dann wird die Tempo-Anzeige schon nach 3,2 Sekunden dreistellig und die Elektronik zieht erst bei 253 km/h den Stecker.

Zu den stärkeren Motoren gibt's auch einen anderen Akku mit NCM- statt LFP-Zellen. Der ist zwar mit 101,7 kWh kaum größer und ermöglicht deshalb auch nur 760 Norm-Kilometer, verkürzt aber die Ladezeiten noch mal dramatisch.

Wer steckt hinter Xiaomi?

Xiaomi ist ein Elektronik-Hersteller in China (Smartphones u.a.), der 2021 eine Automobilsparte gegründet hat. Xiaomi Automobile arbeitet mit Chinas bekanntem Autohersteller BAIC zusammen und hat im September 2025 ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in München eröffnet.

Das erste Fahrzeug von Xiaomi, der Sportwagen SU7, ist in Deutschland über das Portal "Auto China" erhältlich. Auf dem Heimatmarkt hat Xiaomi binnen 1,5 Jahren rund 500.000 Fahrzeuge verkauft. Damit ist Xiaomi aktuell der am schnellsten wachsende Autohersteller weltweit.

Aufladen in 12 Minuten

Die Akkutechnologie ist zweifellos eine Stärke des YU7, der die europäische Konkurrenz mit enormen Ladeleistungen von über 500 kW locker aussticht: Der, nun ja, kleine 96-kWh-Akku schafft den Sprung von 10 auf 80 Prozent SoC (State of Charge = Ladezustand) in nur 21 Minuten, der große sogar in spektakulären 12 Minuten.

Während der Gran Turismo SU7 betont stramm ist und nicht nur bei der Fahrdynamik, sondern auch beim Handling einem Porsche nacheifert, lässt es das SUV YU7 sehr viel entspannter angehen: Die Doppelkammer-Luftfederung waltet mit Milde und Nachsicht und die Lenkung ist weniger scharf programmiert. Im sportlichsten Fahrprofil geht es trotzdem zackig um die Ecken, ohne dass man dem SUV sein Schwergewicht von 2,8 Tonnen anmerken würde.

Faustschlag mit dem Samthandschuh

Der neue Xiaomi Yu7 fahrend seitlich zu sehen
Von null auf 100 km/h in 3,2 Sekunden, Spitze 253 km/h© Xiaomi

Wer mit dem roten Knopf im Lenkrad die volle Leistung freischaltet, dem schlägt beim Kickdown eine Faust in den Magen – wenn auch mit weichem Samthandschuh. Und wie eine Familienkutsche übt der YU7 auf Bodenwellen und in engen Radien höfliche Nachsicht, federt weicher, lenkt sanfter und leistet sich sogar ein eigenes Schonprogramm für besonders empfindliche Passagiere.

Im Schonprogramm rekuperiert er noch behutsamer, beschleunigt verhaltener, gleicht Wankbewegungen besser aus, reduziert Vibrationen und schlechte Schwingungen. Dann fühlt man sich tatsächlich wie auf Wolken gebettet und in Watte gepackt.

Darüber hinaus bietet der YU7 einen Autopiloten, für den Lidar und Co. an Bord sind. Zwar verlangt der weiterhin die Hände am Lenkrad, macht aber bis ins Stadtzentrum mit assistierten Spur- und Richtungswechseln sowie automatisiertem Einparken einen soliden Job – selbst im Chaos von Peking oder Shanghai.

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Xiaomi YU7: Moderner und billiger

Der neue Xiaomi Yu7 stehend von vorne zu sehen
Autor Thomas Geiger zeigt sich vom Xiaomi YU7 sehr beeindruckt© Xiaomi

Der Xiaomi YU7 ist moderner eingerichtet als die Mitbewerber und sticht sie antriebstechnisch spätestens beim Laden aus. Dazu ist der YU7 auch billiger. Denn los geht es in China bereits bei 253.500 RMB oder umgerechnet knapp 31.000 Euro. Das Tesla Model Y startet in China erst bei etwa 38.000, der Porsche Macan bei 70.000 Euro.

Kein Wunder, dass es zur Markteinführung einen wahren Run auf den YU7 gab: Allein in den ersten drei Minuten sind 200.000 Vorbestellungen dafür eingegangen, und nicht einmal ein halbes Jahr später ist das SUV selbst in Städten aus der zweiten oder der dritten Liga im Straßenbild sehr präsent.

Im Rest der Welt dürfen sich die etablierten Hersteller womöglich bald warm anziehen: Ab 2027, so hat es Xiaomi-Chef Lei Jun angekündigt, sollen die Autos den Weg nach Europa antreten.

Text: Thomas Geiger

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