Functions on Demand: Extras nachträglich kaufen

We Connect Shop in einem Volkswagen
Über den Bildschirm im Auto (hier im Golf 8) lassen sich Extras nachkaufen © Volkswagen

Zusatzausstattung einfach nachträglich kaufen? Bei vernetzten Autos ist das bei bestimmten Extras möglich. "Functions on Demand" lassen sich einfach via Display im Fahrzeug freischalten. So funktioniert das Ganze.

  • Bereits verbaute Extras lassen sich online freischalten

  • Im Angebot: Funktionen vom Matrix-Licht bis zum Parkassistenten

  • Manche Extras können auch zeitlich begrenzt gemietet werden

Die Online-Welt birgt nach wie vor so manche Überraschung, die früher undenkbar erschienen wäre. Auch bei Autos: Moderne Fahrzeuge erhalten über eine Online-Verbindung nicht nur Software-Updates "over the air", um die Fahrzeugelektronik auf einen aktuellen Stand zu bringen oder Bugs auszumerzen. Über die Online-Schnittstelle lassen sich sogar Extras nachträglich kaufen bzw. Funktionen auf Abruf freischalten: Immer mehr Hersteller bieten diese sogenannten "Functions on Demand" an. Sogar bei einem Golf 8 ist das schon möglich.

Ein Beispiel: Wurde beim Autokauf zum Beispiel eine Sitzheizung noch nicht mitbestellt, muss man trotzdem nicht jahrelang frösteln. Via herstellereigenem Shop auf dem Fahrzeugbildschirm lässt sich diese Funktion einfach freischalten, weil die notwendigen Heizelemente samt Kabelbaum und Steuergerät bei manchen Fahrzeugmodellen schon im Sitz verbaut sind.

Welche Extras lassen sich online kaufen?

Eine Anhängerkupplung lässt sich selbstredend nicht online ans Auto zaubern und auch neue Reifen montieren sich nicht auf Knopfdruck. "Functions on Demand" funktioniert nur bei bestimmten Extras und nur dann, wenn der Hersteller die entsprechende Hard- oder Software schon verbaut hat. Beim Beispiel Sitzheizung sind das die erwähnten Komponenten, während die Verkehrszeichenerkennung über die oft vorhandene Kamera des Notbremsassistenten für die Anzeige im Display freigeschaltet wird.

Welchen Vorteil gibt es?

Vorteile gibt es sowohl für die Autohersteller wie auch die Kunden. Der Hersteller kann eine einheitliche Ausstattung in jedes Auto einbauen, spart sich damit eine Variantenvielfalt und somit Kosten. Dass er damit auch nach dem Neuwagenkauf noch weitere Umsätze generieren kann, nimmt er wohl gerne mit.

Doch auch Verkäufer von Gebrauchtwagen haben einen Vorteil: Sie können dadurch weniger gefragte Modelle "aufhübschen" und attraktiver machen. Umgekehrt haben auch Käufer eines dürftig ausgestatteten Wagens die Möglichkeit, nachträglich eine Ausstattung zuzukaufen ohne teure Nachrüstarbeiten bezahlen zu müssen. Ein zusätzlicher Werkstattbesuch ist ebenfalls hinfällig.

Von Audi bis Tesla: Was bieten Hersteller?

Matrixlicht des Audi e-tron Sportback
Audi Matrix-Licht kann nicht nur Symbole auf die Straße werfen, es ermöglicht auch dauerhaftes Fahren mit Fernlicht und leuchtet um entgegenkommende Autos herum© Audi
  • Audi hat bei "Functions on Demand" ein besonders großes Angebot für die Modelle A3 (ab Modelljahr 2021), A4 und A5 (ab 2020), A6 und A7 (ab 2021), Q4 e-tron (ab 2023), Q5 (ab 2021), Q7 (ab 2021), Q8 (ab 2021), Q8 e-tron/Audi e-tron (ab 2020) und e-tron GT. Je nach Modell lassen sich Matrix-Licht sowie Fernlicht- und Park-Assistent gegen Gebühr freischalten, außerdem ein adaptiver Geschwindigkeitsassistent mit Übernahme der Höchstgeschwindigkeit von Verkehrsschildern, das Virtual Cockpit, eine Navigationsfunktion, Verkehrsschild-Erkennung, Smartphone-Interface und Komfort-Klima-Automatik mit zwei Zonen.

Heck eines stehenden Mercedes EQS
Verkleinert den Wendekreis: Optionale Hinterachslenkung von Mercedes© Mercedes
  • Bei BMW und Mercedes lassen sich eine Navigationsfunktion aktivieren und je nach Fahrzeug eine erweiterte Sprachsteuerung, Smartphone-Integration, Fernlicht-Assistent, eine erweiterte Hinterachslenkung und Fernsteuerung des Autos beim Einparken zubuchen. Bei BMW zudem auch der Dashcam-ähnliche Drive-Recorder oder ein WLAN-Hotspot.

  • Porsche bietet unter anderem den Spurhalte-Assistenten zum Freischalten an sowie das automatische Übernehmen der Geschwindigkeit von Verkehrszeichen, Gelände und Straßenführung (InnoDrive – u.a. automatisches Abbremsen vor Kreisverkehren und Kreuzungen), außerdem beim E-Porsche Taycan den intelligenten Reichweiten-Manager und die Servolenkung Plus.

  • Škoda hat für Fabia, Kamiq, Karoq, Kodiaq, Octavia, Scala und Superb "Functions on Demand" im Angebot, die vergleichbar mit denen von Volkswagen sind (siehe unten).

  • Tesla hat früher eine Freischaltung von mehr Akku-Kapazität und mehr Motorleistung angeboten. Aktuell kann man einen Beschleunigungsboost bei den Long-Range-Varianten von Model 3 und Model Y buchen, das serienmäßige Abstandsradar mit Lenk-Assistent (sogenannter "Auto-Pilot") zum "en-hanced Autopilot" aufwerten sowie das umstrittene "volle Potenzial für autonomes Fahren" mit Ampel- und Stoppschild-Erkennung freischalten lassen. Wobei einige Funktionen als Beta-Versionen gekennzeichnet sind.

  • Bei Volkswagen sind als "We"-Upgrades für Golf 8 Ambiente-Licht, App Connect wireless (für Android und Apple), automatische Distanzregelung ACC, Fernlicht-Assistent, Navigation, Sprachbedienung und Verkehrszeichenerkennung zum späteren dauerhaften Aktivieren verfügbar. Vergleichbares gibt es für die ID-Modelle. Bei Passat, Arteon, Tiguan, Touran, T-Roc, T-Cross, Taigo und Polo können nur Navigation, Sprachbedienung und App Connect nachträglich aktiviert werden.

Was kosten "Functions on Demand"?

Store auf dem Display in einem Cupra
Eine Online-Verbindung kostet bei Cupra gut 70 Euro© ADAC/Jochen Wieler

Die "On-Demand-"Funktionen lassen sich dauerhaft erwerben und kosten dann ähnlich viel wie dieselbe Ausstattung bei Lieferung ab Werk. Ein direkter Preisvergleich ist aber nicht immer möglich: Einerseits, weil manche Extras ab Werk nur im Paket mit anderen verfügbar sind, andererseits, weil nicht klar ist, ob das ab Werk gelieferte Extra dieselben Funktionen hat wie das per "Functions on Demand" gebuchte.

Wer für sein Auto die exakten Kosten und den Funktionsumfang recherchieren will, muss im Internet auf der Homepage nach den jeweiligen Individualisierungsmöglichkeiten suchen oder direkt in den "Shop" auf dem Fahrzeugdisplay gehen.

Um eine preisliche Vorstellung der einzelnen Funktionen zu bekommen, dient ganz gut das Angebot von Volkswagen. So kostet zum Beispiel das Ambiente-Licht im Golf 8 etwa 39 bis 59 Euro, den Fernlicht-Assistenten gibt's für 185 Euro, ACC für 385 Euro, Sprachbedienung für 269, die Verkehrszeichenerkennung für 59 Euro und für die Navigation werden 665 Euro fällig (Preise Stand 4/23).

Es geht aber auch teurer: Tesla verlangt für den oben genannten Beschleunigungsboost 1800, für den "Auto-Pilot" (Lenkassistent) 3800 und für den "en-hanced Autopilot" sogar satte 7500 Euro.

Alternative: Extras mieten statt kaufen

Manchmal lässt sich aber auch die Nutzungsdauer zeitlich begrenzen, man "mietet" die Funktion also für einen bestimmten Zeitraum statt sie zu kaufen. Das kann dann sinnvoll sein, wenn man erst ausprobieren möchte, ob man ein Extra wirklich braucht. Aber Vorsicht beim Gebrauchtwagenkauf: Käufer sollten genau nachfragen, ob eine im Fahrzeug vorhandene Funktion eventuell nach einer bestimmten Zeit abläuft und dann nicht mehr genutzt werden kann. Aussagen des Verkäufers hierzu sollte man sich am besten schriftlich bestätigen lassen.

Kostenbeispiele bei Audi (Stand 4/2023): Fernlichtassistent Test-Monat 1 Euro, sechs Monate ab 14 Euro, ein Jahr ab 27 Euro, drei Jahre ab 72 Euro und unbegrenzt ab 138 Euro. Die Preise können je nach Fahrzeug und dessen Ausstattung abweichen.

Wie lassen sich die Funktionen aktivieren?

Autodisplay in einem Cupra
Um den herstellereigenen Store nutzen zu können, muss ein persönlicher Account angelegt werden© ADAC/Jochen Wieler

Zur Buchung von "Functions on Demand" muss der Besitzer oder die Besitzerin auf der Internetseite des Herstellers einen Account anlegen (meist identisch mit dem Connect-Account für Online-Dienste o.ä.) und diesen mit der Kreditkarte verknüpfen. Dann kann er oder sie vom Bildschirm des Autos aus die gewünschten Zusatzausstattungen freischalten. Das geschieht oft binnen weniger Minuten.

Gibt es ein Widerrufsrecht?

Ja. Da es sich um einen Kauf mit einem Fernkommunikationsmittel (Online-Kauf) handelt, besteht grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht für den Verbraucher. Vor dem Kauf von "Functions on Demand" sollte man alle Vertragshinweise des Herstellers genau studieren.

Risiken bei Freischaltung durch freie Anbieter

Es gibt freie Anbieter, die mit Dongles, OBD-Apps oder Freischaltcodes versprechen, dass sie Functions on Demand zu günstigeren Preisen freischalten als die Autohersteller. Rechtlich ist das Thema weitgehend ungeklärt, der Verbraucher setzt sich also einem Risiko aus. "Im Kern steht die Frage: Wie weit darf man in Produkte und geistiges Eigentum des Herstellers eingreifen? Aus Sicht des Eigentümers/Nutzers halten wir eine Freischaltung im Rahmen des rechtlich Zulässigen für denkbar", sagen die ADAC Clubjuristen. Schwieriger werde es schon bei den kommerziellen Anbietern, inwieweit diese in Urheberrechte und geistiges Eigentum des Herstellers eingreifen.

Grundsätzlich bergen nachträgliche Eingriffe immer das Risiko des Verlusts der Herstellergarantie oder Probleme bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen. Zudem könnten bei herstellerseitigen Updates die von freien Anbietern freigeschalteten Functions on Demand verloren gehen.

Sicherheit muss gewährleistet sein

Die ständige Mobilfunkanbindung moderner Autos kann prinzipiell auch ein Einfallstor für Kriminelle sein, die per Mobilfunk Zugriff auf ein fremdes Auto nehmen wollen. Der ADAC hat bereits 2015 diesbezügliche Sicherheitslücken bei 2,2 Millionen Fahrzeugen von BMW, Mini und Rolls-Royce aufgedeckt. Und Hunderte von Fahrzeugmodellen gefunden, deren Keyless-Schließsystem deutlich leichter zu knacken ist als ein normaler Funkschlüssel. Deshalb fordert der ADAC seit über zehn Jahren, die Elektronik im Auto systematisch gegen Manipulation zu schützen. Das gilt auch für "Functions on Demand".

ADAC Empfehlungen und Forderungen

  • Hersteller müssen klarer informieren, ob die Umfänge von Extras ab Werk identisch sind mit "Functions on Demand".

  • Autokäufer sollten prüfen, ob die gewünschte Funktion ab Werk günstiger ist als bei nachträglicher Freischaltung.

  • Gebrauchtwagenkäufer sollten sich schriftlich im Kaufvertrag bestätigen lassen, welche zugebuchten Sonderausstattungen eventuell zeitlich befristet sind.

  • Die IT-Sicherheit des Autos muss zeitgemäß gewährleistet sein, damit Hacker beim Versuch, "Functions on Demand" illegal gratis frei zu schalten, keinen Schaden anrichten können.

  • Updates zum Erhalt der nachgebuchten Funktionen müssen während der ganzen Lebensdauer des Autos geliefert werden.

Fachliche Beratung: Arnulf Thiemel, ADAC Technik Zentrum