Tinnitus: Wenn es im Ohr piept, rauscht oder summt

Ein Mann mit Ohrenschmerzen hält sich sein Ohr
Bei einem Tinnitus hören Betroffene Geräusche, für die es keine äußere Quelle gibt© iStock.com/Liubomyr Vorona

Menschen mit Tinnitus hören Geräusche wie Summen, Rauschen oder Piepen im Ohr. Häufig sind Schwerhörigkeit oder ein Knalltrauma die Ursache.

  • Ab drei Monaten Dauer ist Tinnitus chronisch

  • Therapie: Behandlung von Grunderkrankungen

  • Kognitive Verhaltenstherapie kann helfen

Manchmal setzen die Beschwerden plötzlich ein und verschwinden nach einiger Zeit wieder (akuter Tinnitus), oft werden Menschen aber auch langfristig von ihren Ohrgeräuschen begleitet. Halten sie für mehr als drei Monate an, handelt es sich um einen chronischen Tinnitus. Häufig geht Tinnitus mit weiteren Symptomen einher. Betroffene leiden zum Beispiel an Schwindel, sie hören schlechter oder reagieren besonders empfindlich auf laute Geräusche.

Ein Tinnitus kann in jedem Lebensalter auftreten, die Wahrscheinlichkeit steigt jedoch mit dem Alter. Auch Menschen, die unter starker Schwerhörigkeit leiden oder sogar gehörlos sind, können betroffen sein.

Was ist der Grund für Tinnitus?

Fachleute unterscheiden zwei Arten von Ohrgeräuschen: Einige entstehen im Körper und sind theoretisch auch für andere Menschen wahrnehmbar oder zumindest mit medizinischen Methoden messbar (objektiver Tinnitus). Andere hingegen hören nur die Betroffenen selbst (subjektiver Tinnitus).

Die häufigste Form des objektiven Tinnitus sind pulssynchrone Ohrgeräusche. Ursache sind meist Durchblutungsstörungen, Gefäßfehlbildungen oder Bluthochdruck. Hat eine Person beispielsweise eine Engstelle in einem Blutgefäß (Stenose), kann das Blut nicht mehr ungehindert hindurchfließen. Es kommt zu hörbaren Strömungsgeräuschen.

Ursache eines subjektiven Tinnitus ist wahrscheinlich eine gestörte Informationsverarbeitung durch die Hörsinneszellen. Besonders häufig kommt er bei schwerhörigen Menschen sowie nach einem Lärm- oder Knalltrauma vor. Das ist eine Schädigung der Gehörsinneszellen durch eine zu hohe Lärmbelastung. Auch andere Erkrankungen des Mittel- und Innenohrs können einen subjektiven Tinnitus auslösen:

  • Mittelohrentzündung

  • Entzündung der Eustachischen Röhre (Tubenkatarrh)

  • Hörsturz (teilweiser oder vollständiger Hörverlust)

  • Otosklerose (Veränderung der Knochenstruktur im Innen- und Mittelohr)

  • Morbus Menière, eine seltene Schwindelerkrankung

  • Geplatztes Trommelfell

  • Blockade des Gehörgangs, z.B. durch Ohrenschmalz

Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Akustikusneurinom (gutartiger Tumor des Hörnervs)

  • Funktionelle Störungen der Kiefergelenke und der Kaumuskulatur (kraniomandibuläre Dysfunktion)

  • Veränderungen an der Halswirbelsäule

  • Stoffwechselerkrankungen

  • Störungen des Hormonhaushalts

  • Erkrankungen des Zentralnervensystems (z.B. Multiple Sklerose oder Hirntumoren)

  • Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Schizophrenie

  • Bestimmte Medikamente (z.B. entwässernde Medikamente /Diuretika, einige Antibiotika und Psychopharmaka)

  • Alkoholmissbrauch

Oft bleibt die Ursache für die Ohrgeräusche allerdings unbekannt (idiopathischer Tinnitus).

Tinnitus durch Stress

Stress ist zwar nicht die alleinige Ursache eines Tinnitus, er kann die Entstehung von Ohrgeräuschen aber begünstigen. Das Gleiche gilt für andere emotionale Belastungen wie Angst und Überforderung sowie psychische Erkrankungen.

Komplikationen bei Tinnitus

Ein Tinnitus kann für die Betroffenen sehr belastend sein und die Lebensqualität deutlich einschränken. Je nach Stärke der Beschwerden unterscheiden Fachleute vier Schweregrade.

  • Grad 1: Betroffene empfinden die Ohrgeräusche nicht als belastend.

  • Grad 2: Der Tinnitus macht sich hauptsächlich in einer ruhigen Umgebung bemerkbar und ist nur in bestimmten Situationen störend (z.B. bei Stress).

  • Grad 3: Betroffene sind privat und beruflich dauerhaft belastet. Es kommt zu emotionalen, geistigen und körperlichen Störungen.

  • Grad 4: Der Tinnitus führt zu erheblichen Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen.

Typische Komplikationen bei starken Beschwerden sind Konzentrations- und Schlafstörungen, Depressionen oder Angstzustände. Viele Betroffene neigen dazu, sich sozial zurückzuziehen. Manchmal führt ein Tinnitus zur Arbeitsunfähigkeit, beispielsweise aufgrund der erhöhten Geräuschempfindlichkeit.

Was kann man gegen Tinnitus tun?

Gehen Ohrgeräusche auf eine körperliche Erkrankung zurück, ist es wichtig, diese zu behandeln, um die Tinnitus-Symptome zu lindern. Welche Therapie erforderlich ist, ist von der jeweiligen Grunderkrankung abhängig. Ein Hörsturz, der häufig hinter einem akuten Tinnitus steckt, wird zum Beispiel mit Kortison behandelt.

Halten die Beschwerden längere Zeit an, stehen Maßnahmen im Vordergrund, die den Betroffenen den Umgang mit den Ohrgeräuschen erleichtern. Dazu zählen eine umfassende ärztliche Aufklärung und Beratung (Tinnitus-Bewältigungs-Therapie, TBT) sowie eine kognitive Verhaltenstherapie. Menschen mit Tinnitus lernen dabei, besser mit den Ohrgeräuschen zurechtzukommen und sich daran zu gewöhnen.

Damit dies gelingt, werden Betroffene häufig mit Ablenkungsstrategien sowie mit Methoden zur Entspannung und Stressbewältigung vertraut gemacht. Dazu zählt zum Beispiel das autogene Training. Auch Musik hilft vielen Menschen, sich zu entspannen. Der Nutzen einer Musiktherapie, bei der Betroffene lernen sollen, die Ohrgeräusche mithilfe von Musik bewusst zu kontrollieren, ist allerdings noch nicht wissenschaftlich belegt.

Medikamente kommen bei der Behandlung des chronischen Tinnitus in der Regel nicht zum Einsatz, da ihre Wirksamkeit nicht bewiesen ist. Ebenso wenig gibt es bei Tinnitus Hausmittel mit nachgewiesener Wirksamkeit.

Hörgeräte gegen Tinnitus

Bei einer ausgeprägten Schwerhörigkeit hilft häufig ein geeignetes Hörgerät oder Cochlea-Implantat, die Beschwerden zu lindern. Die Wirksamkeit von sogenannten Tinnitus-Maskern (Noisern), die zusätzlich in ein Hörgerät integriert werden können, ist nicht nachgewiesen. Der Noiser ist ein Rauschgenerator. Das dauerhafte Hintergrundrauschen ist für Betroffene nicht unangenehm und soll das störende Ohrgeräusch überlagern (maskieren).

Selbsthilfe bei Tinnitus

Wer an Tinnitus leidet, kann selbst etwas dafür tun, um besser mit den Ohrgeräuschen zurechtzukommen.

  • Ablenkung: Pflegen Sie Ihre Hobbies und sozialen Kontakte. Das kann Ihnen dabei helfen, den lästigen Begleiter auszublenden.

  • Leise Hintergrundgeräusche wie Musik können den Tinnitus überlagern. Sie helfen vor allem auch beim Einschlafen, denn in der Stille fallen die störenden Ohrgeräusche besonders auf.

  • Versuchen Sie, Ihre persönlichen Stressfaktoren zu identifizieren und diese zu bewältigen.

  • Möglicherweise gibt es bestimmte Auslöser, die bei Ihnen Ohrgeräusche auslösen (z.B. Alkohol, Kaffee). In diesem Fall ist es sinnvoll, solche Genussmittel zu meiden.

  • Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen aus. Eine Selbsthilfegruppe stellt für viele Menschen mit Tinnitus eine wertvolle Unterstützung dar.

Wann sollte man zum Arzt?

Ein gelegentlicher Tinnitus, bei dem die Ohrgeräusche nur wenige Sekunden oder Minuten anhalten, ist völlig normal. Halten die Beschwerden jedoch längere Zeit an, ist es wichtig, ärztlichen Rat einzuholen, beispielsweise beim Hausarzt oder Experten für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO).

Kann Tinnitus wieder weggehen?

Ein Tinnitus verschwindet bei etwa zwei von drei Menschen von allein. Bei anderen Betroffenen bleiben die Probleme jedoch dauerhaft bestehen. Allerdings ist es auch bei chronischem Tinnitus möglich, dass sich die Ohrgeräusche mit der Zeit verringern. Weder mit Medikamenten noch mit anderen Maßnahmen – heilbar ist ein chronischer Tinnitus nicht.

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Mit Tinnitus fliegen oder Autofahren?

Mit Tinnitus zu fliegen, ist grundsätzlich möglich. Vorsicht ist bei bestimmten Erkrankungen geboten, beispielsweise einer Mittelohrentzündung oder einem Knalltrauma. Lassen Sie sich im Zweifelsfall am besten von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt beraten.

Auch Autofahren ist kein Problem, wenn dem Tinnitus keine körperliche Erkrankung zugrunde liegt, die die Fahreignung einschränkt.

Behinderung durch Tinnitus

Ein Tinnitus kann Betroffene so einschränken, dass er zur Behinderung wird. Eine Schwerbehinderung (Grad der Behinderung von 50 Prozent oder mehr) besteht, wenn die Ohrgeräusche zu schweren psychischen Störungen und sozialen Problemen führen. Betroffene haben dann Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis und damit auf bestimmte Nachteilsausgleiche.

Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.