Hörgeräte: Arten, Kosten und alles, was Sie darüber wissen sollten

Audioprosthetis wählt nach der Höruntersuchung für hörgeschädigte Patienten zwischen Im-Ohr- und Hinter-dem-Ohr-Hörgeräten zur Behandlung von Taubheit
Mit einem Hörgerät lässt sich eine Schwerhörigkeit behandeln© Shutterstock/Peakstock

Hörgeräte können Schwerhörigkeit ausgleichen und das Alltags- und Berufsleben erleichtern. Welche Hörgeräte es gibt und wann sie infrage kommen.

  • In Deutschland braucht jeder Zehnte eine Hörhilfe

  • Hörgeräte können bei den meisten Formen von Schwerhörigkeit helfen

  • HNO-Arzt ist erste Ansprechperson

Laut dem Deutschen Schwerhörigenbund hört in Deutschland jede fünfte Person schlecht. Bei acht Millionen Menschen ist das Gehör so schwach, dass sie eine Hörhilfe oder eine medizinische Behandlung benötigen.

Im Alter wird das Hörvermögen zunehmend beeinträchtigt. Etwa ab dem 50. Lebensjahr nimmt es ab, und es kann zu Schwerhörigkeit kommen. Weitere Ursachen für Hörprobleme sind neben starkem oder dauerhaftem Lärm auch verschiedene Erkrankungen wie Entzündungen oder ein Hörsturz.

Schwerhörigkeit – eine Frage des Alters?

Ob von Geburt an, im Lauf der Kindheit oder im Erwachsenenalter – Schwerhörigkeit kann in jedem Alter auftreten. Das Gehör ist jedoch grundlegend für die allgemeine und sprachliche Entwicklung. Deshalb ist es wichtig, dass Beeinträchtigungen bei Kindern möglichst früh erkannt werden. Falls erforderlich, ist eine Versorgung mit einem Hörgerät besonders entscheidend.

Wann brauche ich ein Hörgerät?

Bei einer dauerhaften Hörminderung kann ein Hörgerät eine Therapieoption sein. Die elektronische Hörhilfe gleicht eine Schwerhörigkeit wie eine Schallleitungs- oder Schallempfindungsschwerhörigkeit weitgehend aus, wenn diese nicht behandelt werden kann.

Ab wann ein Hörgerät sinnvoll sein kann, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Es kommt infrage, wenn normal laut gesprochene Sprache nicht mehr genügend wahrgenommen wird. Dies entspricht einem Hörverlust von ca. 30 Dezibel im Frequenzbereich von 500 bis 4000 Hertz und damit etwa den Frequenzen der menschlichen Sprache, auf die das Gehör am sensibelsten reagiert. Auch der Leidensdruck von Betroffenen sowie das Sprachverstehen oder Hörvermögen auf dem anderen Ohr sind ausschlaggebende Faktoren, die bei einer möglichen Versorgung mit einem Hörgerät eine Rolle spielen.

Was sagen Hertz- und Dezibelwerte aus?

Hertz und Dezibel sind die beiden Maßeinheiten, mit denen das Hörvermögen beurteilt werden kann. Die Tonhöhe oder Frequenz wird in Hertz erfasst, die Lautstärke hingegen in Dezibel. Erst wenn eine bestimmte Frequenz erreicht ist, kann die Lautstärke wahrgenommen werden.

Die Maßeinheit Hertz gibt an, wie oft eine Schallwelle pro Sekunde schwingt – je höher die Frequenz, desto höher nimmt der Mensch einen Ton wahr. Mit einem gesunden Gehör kann man eine Frequenz von 20 bis 20.000 Hertz hören. Schallwellen mit besonders niedriger Frequenz unter 20 Hertz (Infraschall), wie sie zum Beispiel von Windparks oder Meeresrauschen erzeugt werden, sind nicht hörbar. Dasselbe gilt für besonders hohe Frequenzbereiche über 20.000 Hertz (Ultraschallwellen).

Dezibel beschreibt die Lautstärke, also wie stark die Schallwellen sind. Geräusche wie lauten Straßen- oder Baulärm empfinden Menschen als unangenehm – ein Presslufthammer oder Laubbläser erreicht Dezibelwerte über 100. Übersteigen Geräusche 80 bis 85 Dezibel ist bei Dauerbelastung ein Lärmschutz notwendig.

Wie wird ein Hörgerät verordnet?

Wer eine Hörminderung bei sich feststellt, sollte dies bei einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder einer -Ärztin abklären lassen. Wird dort eine Schwerhörigkeit festgestellt, ist unter bestimmten Voraussetzungen die Verordnung eines Hörgeräts möglich, wobei gegebenenfalls auch andere Behandlungsoptionen in Betracht gezogen werden. Das besprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin – auch welches Hörgerät für Sie das passende sein könnte.

Mit der ärztlichen Verordnung wenden Sie sich an einen Hörakustiker oder eine Akustikerin. Ein Hörgerät wird immer individuell eingestellt. Meist sind dafür mehrere Termine notwendig. Anschließend ist ein Kontrolltermin in der HNO-Praxis notwendig, um den korrekten Sitz und den Behandlungserfolg zu überprüfen.

Welche Hörgeräte gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Hörgeräten: Luftleitungsgeräte, Knochenleitungshörgeräte sowie implantierbare Hörgeräte. Welches Hörgerät für Sie am besten geeignet ist, hängt davon ab, welche Ursache die HNO-Ärztin oder der -Arzt bei Ihnen feststellt. Auch der individuelle Höreindruck ist wichtig, also wie das durch Schall erzeugte Signal im Gehirn übersetzt wird. In den meisten Fällen erhalten Betroffene Luftleitungshörgeräte, die es als Hinter-dem-Ohr-Hörgerät oder fast unsichtbar als Im-Ohr-Gerät gibt.

Alle Hörgeräte bestehen grundsätzlich aus Mikrofon, Verstärker und Lautsprecher. Eine Batterie versorgt das Gerät mit Energie. Zudem funktionieren alle Hörgeräte ähnlich: Die über das kleine Mikrofon empfangenen Schallsignale werden verstärkt und an das Innenohr weitergegeben. Die heutzutage verbreiteten digitalen Hörgeräte verfügen über ein oder mehrere Mikrofone, Filter und Vorverstärker und einen einstellbaren Audioprozessor. Anhand dessen können die empfangenen Hörsignale individuell an den Hörgerätträger oder die Hörgerätträgerin angepasst werden.

Luftleitungsgeräte als Hinter-dem-Ohr-Hörgerät (HdO) oder Im-Ohr-Hörgerät (IO) sind unter anderem für Menschen mit geringer bis hochgradiger Schallempfindungsschwerhörigkeit (nicht bei Taubheit) geeignet. Dies ist eine Innenohrschwerhörigkeit, die durch Schädigung der Hörsinneszellen im Innenohr, seltener der Hörnerven oder des Gehirns, entsteht. Ebenso kann die seltene Schallleitungsschwerhörigkeit bei intaktem Gehörgang mit Luftleitungsgeräten versorgt werden. Bei der Schallleitungsschwerhörigkeit sind die Hörsinneszellen intakt, allerdings kann das Mittelohr den eintreffenden Schall nicht richtig an das Innenohr weiterleiten.

Wie funktionieren Luftleitungshörgeräte?

Bei Luftleitungshörgeräten wird das Schallsignal verstärkt und über einen kleinen Lautsprecher (Hörer) in den Gehörgang und das Trommelfell abgegeben. Gleichzeitig wird hier das restliche Hörvermögen genutzt und mit den Signalen des Hörgeräts abgestimmt. In der Regel haben alle Hörgeräte heutzutage mehrere Programme für bestimmte Hörsituationen wie Sprache in ruhiger Umgebung, in Störlärm oder fürs Musikhören. Diese werden entweder automatisch oder durch die Tragenden selbst eingestellt, z. B. per App auf dem Smartphone.

Beim klassischen HdO-Hörgerät sitzen Energieversorgung und weitere Elektronik hinter der Ohrmuschel, ein kleines transparentes Kabel (Schallschlauch) führt in den äußeren Gehörgang. Dort befindet sich entweder ein individuell angefertigtes Ohrpassstück (Otoplastik) oder ein löchriges Schirmchen, das mit dem Schallschlauch verbunden ist. Je nachdem welche Art und welcher Grad an Schwerhörigkeit vorliegt, können unterschiedliche HdO-Arten zum Einsatz kommen.

Da die Ohren bei jedem Menschen unterschiedlich sind, werden IO-Hörgeräte mittels eines Ohrabdrucks individuell angepasst. Sie können noch leicht sichtbar in der Ohrmuschel (Concha-Geräte) oder kaum sichtbar im Gehörgang (Complete-in-Canal-Geräte) sitzen. Beide Arten von Hörgeräten werden von Herstellern auch als Mini-Hörgeräte bezeichnet.

Die selteneren Knochenleitungsgeräte sind für Personen mit Schallleitungsschwerhörigkeit geeignet. Besteht zudem eine Innenohrschwerhörigkeit von bis zu 40 Dezibel – wenn zum Beispiel die Geräusche einer ruhigen Wohnstraße, Flüstern oder Uhrticken nicht mehr wahrgenommen werden können – lässt sich diese oftmals auch durch ein Knochenleitungshörgerät behandeln.

Wie funktionieren Knochenleitungshörgeräte?

Bei Knochenleitungshörgeräten wird das Hörsignal verstärkt und über den Schädelknochen ins Innenohr übertragen. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie dies erfolgen kann: Zum einen äußerlich, indem ein Knochenleitungsbügel am Knochen hinter dem Ohr (Fortsatz des Schläfenbeins) das Hörsignal an einen Wandler leitet, der dann das Schallsignal überträgt. Zum anderen operativ, indem eine Titanschraube in denselben Knochen hinter dem Ohr fest verschraubt wird. Nach der Heilung kann daran das Hörgerät mit dem Signalwandler befestigt und angepasst werden.

Ein implantierbares Hörgerät eignet sich für alle Menschen, bei denen

  • eine Schallempfindungsschwerhörigkeit nicht mit einem Luftleitungshörgerät ausgeglichen werden kann.

  • eine Schallleitungsschwerhörigkeit nicht operativ verbessert werden kann.

Daneben gibt es das Cochlea-Implantat-System, das zum Einsatz kommt, wenn klassische Hörgeräte nicht ausreichen oder eine vollständige Gehörlosigkeit vorliegt, weshalb es auch als elektrische Hörprothese gilt.

Wie funktionieren implantierbare Hörgeräte?

Bei implantierbaren Hörgeräten wird operativ ein elektromagnetischer Wandler direkt an den Gehörknöchelchen eingesetzt – das sind die kleinsten Knochen des menschlichen Körpers. Bei einem gesunden Gehör leiten diese drei miteinander verbundenen, im Mittelohr gelegenen Knochen durch Schwingung den Schall vom Trommelfell an das Innenohr weiter. Bei Menschen mit einer Schwerhörigkeit bringt der implantierte Wandler die Gehörknöchelchen in Schwingung und sorgt so für die Weiterleitung an das Innenohr.

Beim Cochlea-Implantat-System werden Elektroden in die Hörschnecke (Cochlea) eingebracht, wodurch der Hörnerv stimuliert wird und Impulse an das Gehirn weiter gegeben werden.

Kosten von Hörgeräten

Die Kosten für Hörgeräte unterscheiden sich je nach Modell und Ausstattung. Sie reichen von mittleren dreistelligen Summen bis hin zu höheren vierstelligen. In der Regel sind Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte preisgünstiger als Im-Ohr- oder Mini-Hörgeräte. Spezielle Funktionen wie ein Hörgerät mit Bluetooth, das man beispielsweise direkt mit dem Mobiltelefon oder Fernseher verbinden kann, spiegeln sich auch in den Kosten wider.

Wenn Sie eine ärztliche Verordnung für ein Hörgerät erhalten haben, trägt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten. Dies beschränkt sich jedoch auf Funktionen und Modelle, die medizinisch notwendig sind. Mehrkosten aufgrund individueller Wünsche müssen selbst übernommen werden. Wie hoch der Betrag für das Kassenmodell ist, ab wann und für welche Sonderfunktionen Sie möglicherweise die Kosten tragen müssen oder ob Sie eventuell einen Antrag auf Übernahme der Mehrkosten stellen können, erfragen Sie am besten im Vorfeld direkt bei Ihrer Krankenkasse.

Welche Modelle von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden und welche nicht, erfahren Sie im Beratungsgespräch beim Hörgeräteakustiker. In der Regel stellen diese den Antrag bei Ihrer Krankenkasse und informieren Sie über weitere Aspekte, zum Beispiel wie Sie das Hörgerät reinigen oder welche Vor- und Nachteile Batterien oder Akkus bei Hörgeräten haben.

Autofahren trotz Schwerhörigkeit?

Wer schwerhörig ist, darf grundsätzlich Auto fahren. Bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit dürfen jedoch keine anderen schwerwiegenden Mängel (z.B. Seh- oder Gleichgewichtsstörungen) vorliegen. Entscheidend ist, ob die schwerhörige Person einen Pkw- oder Motorradführerschein hat (Gruppe 1) oder einen Lkw- oder Busführerschein (Gruppe 2). Wenn eine Fahreignung besteht, gibt es bei der Fahrerlaubnis für Pkw und Motorrad keine Auflagen oder Beschränkungen. Wer jedoch eine Fahrerlaubnis der Gruppe 2 besitzt, muss sich bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit einer fachärztlichen Eignungsuntersuchung unterziehen und danach regelmäßig zur ärztlichen Kontrolle.

Führerscheininhaber, die ein Hörgerät tragen müssen, bekommen einen Eintrag im Führerschein mit der Schlüsselzahl 02: "Hörhilfe/Kommunikationshilfe". Das Fahren ohne Hörgerät führt zu einem Verwarnungsgeld. Bei einem schweren Unfall mit Personenschaden wird ein Strafverfahren eingeleitet. Wenn eine Fahrungeeignetheit festgestellt wird, kann der Entzug der Fahrerlaubnis folgen.

In der Straßenverkehrsordnung ist außerdem geregelt, dass die Person, die ein Fahrzeug führt, dafür verantwortlich ist, dass Sicht und Gehör nicht durch Mitfahrende, Tiere, Beladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Daher ist es verboten, die Musik im Fahrzeug so laut aufzudrehen, dass entscheidende Verkehrsgeräusche übertönt werden (z.B. das Martinshorn). Es droht ein Bußgeld von 10 Euro. Das betrifft auch alle, die auf dem Fahrrad oder E-Scooter unterwegs sind.

Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.