Anschnallpflicht: Gurt rettet Leben

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Immer noch schnallen sich viele Autofahrer nicht an – trotz Gurtpflicht. Mit schlimmen Folgen bei einem Unfall. Wir klären die größten Mythen rund ums Anschnallen und sagen, was Sie beachten sollten.

Sicherheitsgurt ist Lebensretter Nummer eins

Bei Unfällen rettet der Sicherheitsgurt Menschenleben. Schon bei 30 km/h wird es unangeschnallt richtig gefährlich. Ein Aufprall mit diesem Tempo hat ähnliche Folgen wie ein Sturz aus vier Metern Höhe. Sind Fahrer oder Beifahrer bei 64 km/h nicht angeschnallt, führt der Crash selbst mit Airbag zu lebensgefährlichen Verletzungen an Kopf oder Brust, die Beine können zertrümmert werden.

Das zeigte auch ein ADAC Test: Bei unserem Crashtest prallte ein Opel Astra (gebaut von 2004 bis 2010) mit 64 km/h auf eine verformbare Barriere, die Dummys waren nicht angeschnallt. Die Airbags lösten zwar aus – konnten die vorderen Insassen aber nicht schützen. Wie dramatisch die Folgen waren, zeigt das Video der Unfallsimulation:

  • Knie und Oberschenkel prallen gegen Armaturenbrett und Lenksäule

  • Insassen durchschlagen den Airbag mit Brust und Kopf

  • Die Verunglückten kollidieren mit Frontscheibe und Dachhimmel

  • Nach dem Anprall des Fahrzeugs schleudern die Insassen unkontrolliert zurück und stoßen mit den Köpfen aneinander

  • Fast wie zusammengefaltet stecken die Beine des Fahrers nach dem Crash im Fußraum, die Knie verbiegen das Armaturenbrett, die Füße klemmen abgeknickt unter den Pedalen

Anschnallen rettet Leben

Die Gurtanlegequote für erwachsene Pkw-Insassen erreichte 2018 mit 99 Prozent einen neuen Höchststand. Eine außerordentlich positive Entwicklung. Denn eine Auswertung der Unfalldatenbank (UDB) der Unfallforschung der Versicherer zeigt: Die Zahl der Unfalltoten, die nicht angeschnallt waren, ist mit 28 Prozent weit überdurchschnittlich. Erhebungen aus der ADAC Unfallforschung (siehe Grafik) zeigen zudem: Die Beifahrer auf der Rückbank waren deutlich seltener angegurtet als Fahrer und Beifahrer. 

Der Gurt muss passen

Der Gurt muss nicht nur angelegt werden, um schützen zu können, er muss auch passen. Da die Menschen unterschiedlich groß und schwer sind, forschen Zulieferer an der Entwicklung von so genannten adaptiven Rückhaltesystemen. Diese sollen durch unterschiedliche Sensoren erkennen, wie dramatisch ein Unfall sein wird, und wie schwer, groß und sogar alt die zu schützende Person auf dem Sitz ist. Ob diese adaptiven Rückhaltesysteme in der Praxis funktionieren, haben die ADAC Ingenieure getestet.

Nicht angegurtet: Das sind die Ausreden

Laut einer Onlinebefragung, die die Unfallforschung der Versicherer 2017/2018 in Auftrag gegeben hat, sind die meisten Fahrer nicht angeschnallt, weil sie der Meinung sind, dass es sich bei kurzen Strecken für sie gar nicht lohnt. Ein fataler Fehler, wie unser Crashtest und die Zahlen aus der Unfallforschung belegen. Auf dem zweiten Platz landete die Begründung: "Ich war in Eile." Bei den Beifahrern dominiert das "Vergessen". Immerhin zehn Prozent geben an: "Gurt ist unbequem bzw. passt nicht gut."

Gurt anlegen: Das sollten Sie beachten

Wird der Gurt nicht ordentlich angelegt, verliert er seine Schutzwirkung. Besonders gefährdet sind Kinder, die auf dem Platz eines Erwachsenen sitzen und mit einem Dreipunktgurt gesichert wurden. Sie können bei einem Unfall so starke Quetschungen erleiden, dass sie daran sterben. 

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Darauf müssen Sie beim Angurten achten:

  • Niemals zu zweit anschnallen: Dies gilt für das Nebeneinandersitzen ebenso wie für das Sitzen auf dem Schoß eines anderen Passagiers

  • Den Gurt nicht unter der Achsel hindurchführen. Das mag bequemer sein, weil dann der Gurt nicht am Hals kratzt – ist bei einem Unfall aber lebensgefährlich

  • Einen verdrehten Gurt immer entwirren

  • Verschleißstellen oder Einrisse im Gurt nie selbst reparieren oder nähen

  • Gurte immer wieder straffziehen

  • Kopfstütze richtig einstellen (Oberkante Kopfstütze gleich Kopf-Oberkante)

  • Erst dann losfahren, wenn alle Insassen angeschnallt sind

  • Vor allem Kinder regelmäßig kontrollieren

  • Dicke Winterjacke oder dicken Mantel unbedingt vor dem Anschnallen ausziehen. Das ist besonders bei Kindern wichtig!

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Anschnallen: Die größten Mythen

Stimmt es, dass …

1. ... Männer sich häufiger angurten als Frauen?
Nein. Laut unserer statistischen Auswertung aus der ADAC Unfalldatenbank (siehe Grafik) schnallen sich Frauen häufiger an. Basis dieser Daten sind 273 Patienten der ADAC Luftrettung gGmbH, welche aufgrund von schweren Verkehrsunfällen versorgt wurden.

2. ... junge Fahrer sich seltener angurten als ältere Autofahrer?
Ja, das sagt die Statistik unserer Unfallforschung. Basis dieser Daten sind 271 Patienten der ADAC Luftrettung gGmbH, welche aufgrund von schweren Verkehrsunfällen versorgt wurden. Junge Insassen gurten sich im Vergleich zu anderen Altersgruppen seltener an.

Muss ich mich im Ausland anschnallen?

Mittlerweile herrscht in den meisten Ländern der Welt Gurtpflicht. Für Kinder gelten oftmals besondere Bestimmungen. Wir empfehlen deshalb allen Urlaubern, sich vor Reiseantritt über die genauen Vorschriften des Reiselands zu erkundigen. Übrigens: Wer im Ausland mit einem Mietwagen unterwegs ist, sollte vor Fahrtantritt die Funktion der Gurte kontrollieren.

Muss ich mich im Taxi anschnallen?

Fahrgäste eines Taxis müssen sich anschnallen. Der Fahrer muss diesbezüglich für seinen Fahrgast Sorge tragen. Verweigert ein Fahrgast das Anschnallen, so besteht keine Beförderungspflicht, und der Taxifahrer kann sich weigern, die Fahrt anzutreten. Auch für Taxifahrer gilt die Anschnallpflicht.

Gibt es eine Gurtpflicht im Bus?

Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen angelegt werden. Wer der Sicherungspflicht nicht nachkommt, handelt ordnungswidrig und muss 30 Euro bezahlen. Der Busfahrer muss die Fahrgäste vor Fahrtantritt auf die bestehende Anschnallpflicht hinweisen. Anderes gilt für Kraftomnibusse, die sowohl für den Einsatz im Nahverkehr als auch für stehende Fahrgäste gebaut sind. Sie müssen nicht mit Sicherheitsgurten ausgerüstet werden.

Anschnallpflicht: Das sind die Ausnahmen

Tatsächlich gibt es Ausnahmen von der Gurtpflicht, allerdings nur unter strengen Bedingungen. Wer sich aus gesundheitlichen Gründen von der Gurtanlegepflicht befreien lassen will, muss einen entsprechenden Antrag bei der Straßenverkehrsbehörde stellen. Zusätzlich ist eine ärztliche Bescheinigung nötig. Sie muss belegen, dass der Antragsteller wegen einer Erkrankung zwingend von der Gurtpflicht befreit werden muss, und ob diese Krankheit vorübergehend oder dauerhaft ist. Auch bei einer Körpergröße von weniger als 150 cm (Vorlage Personalausweis) kann eine Ausnahme von der Gurtpflicht gemacht werden.

Sollten die Probleme durch geeignete Maßnahmen, etwa einen Hosenträgergurt, beseitigt werden können, so sind diese Lösungen vorrangig zu wählen. Beachten Sie, dass bei Krankheiten, die eine Befreiung von der Gurtanlegepflicht rechtfertigen, im Zweifelsfall auch die Fahrtauglichkeit des Antragstellers überprüft werden kann.

Keine Anschnallpflicht haben:

  • Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig ihr Fahrzeug verlassen müssen. Dazu gehören Paketzusteller

  • Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen

  • Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist

  • Das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern

  • Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes

Nicht angeschnallt: Dieser Ärger droht mit der Versicherung

Auch die Kfz-Haftpflichtversicherung kann Probleme bereiten, wenn Sie bei einem Unfall nicht angeschnallt waren. Ansprüche können im Einzelfall wegen Mithaftung gekürzt werden. So muss nachgewiesen werden, dass Verletzungen, die der Fahrzeugführer oder die verletzten Insassen beim Verkehrsunfall erlitten haben, durch das Anlegen des Sicherheitsgurts hätten verhindert oder zumindest verringert werden können.

ADAC Forderungen

  • Flächendeckende Einführung von adaptiven Rückhaltesystemen

  • Auch auf allen Reihen der Rücksitze müssen Gurtwarner zum Standard gehören